Die „soft Facts“ der Mitarbeiterzufriedenheit: Kultur hat viele Facetten

people sitting near window having conversations
Foto von Romain V

Eine offene und wertschätzende Gesamtatmosphäre und Unternehmenskultur führt zu mehr Mitarbeiterzufriedenheit – und Erhöhung der Produktivität und Innovationskraft eines Unternehmens. Die Steigerung der wirtschaftlichen Leistung steht dann auf soliden Grundlagen:

  1. Offenheit, Mitarbeiterzufriedenheit und positive Unternemens-Ausstrahlung und Unternehmermarke gehen Hand in Hand: Sie führen zu einem Zuwachs an attraktiven Bewerbern, die „von sich aus“ kommen. Diese Bewerber kommen damit automatisch aus größeren und heterogeneren Bewerberkreisen, als es bei herkömmliche Anzeigenverfahren der Fall gewesen wäre.
  2. Unternehmen, in denen offener und wertschätzender kommuniziert wird, weisen damit gleichzeitig eine höhere Integrationskraft und –kompetenz auf, als Unternehmen, die diese Grundvoraussetzung weniger pflegen: Zufriedene Mitarbeiter fühlen sich ruhig und sicher. Innerlich zufriedene und sichere Mitarbeiter „teilen“ gelassener ihr Arbeitsumfeld – Die gute Kommunikation ermöglicht darüber hinaus missverständnisfreiere Projektarbeit sowie Ein- und Anpassung.
  3. Kommunikationsstarke Unternehmen haben den Grundsatz erfolgreichen Talentmanagements erkannt: Es kommt nicht allein auf eine „passende“ Arbeitsaufgabe an. Es kommt darauf an, dass der „Cultural fit“, also die Passung der „weichen Erfolgsfaktoren“ für Mitarbeiterzufriedenheit, wie Wertschätzung, Lob, Teamintegration sowie Unternehmens- und Entscheidungs-Transparenz der Schlüssel zum Erfolg sein können – und entsprechend in modernen Stellenanzeigen erwähnt werden sollten. Damit von Anfang an Unternehmenskultur – und innere Einstellung und „innere Kultur“ des Bewerbers zusammenpassen – und sich die passenden Bewerber angesprochen fühlen.

Die Stellenanzeige mit dem gewissen Extra an Attraktivität und Wert(en)

Wenn wir also hier von Diversity Management in Verbindung mit „Cultural Fitness“ sprechen, verfolgen wir in diesem Artikel bewusst zwei Argumentationslinien: Die erste spricht von Gruppen, die häufig unbewusst aus der Talentsuche ausgeschlossen werden. Die zweite davon, dass Offenheit, Wertschätzung und hohe Kommunikationskompetenz zu dem Bewusstsein führen: Wir werben mit unserer einzigartigen Unternehmenskultur – und nicht allein damit, dass wir eine bestimmte Stelle mit bestimmten Anforderungen anbieten. Und doch wird jedem klar, der länger in dieser Thematik arbeitet. Unternehmenskultur und Mitarbeiterzufriedenheit –  Cultural Fitness und Diversity Management sowie Talentmanagement und Arbeitgebermarke – gehören zusammen – und bedingen einander.

Nur die Hälfte aller Unternehmen setzt bewusst auf Werte

Es wird davon ausgegangen (Studie „Best Recruiters 2015), dass bisher nur zirka 50% der Unternehmen auf ihrer Webseite – und noch weniger in ihren Stellenanzeigen – von ihren Werten sprechen. Doch gerade die Generation Y und Z, diejenigen jungen frischen Talente, nach denen Unternehmen suchen und die sie halten wollen, achten besonders darauf, „dass die Chemie stimmt.“ Sie sind auch die Zielgruppe all jener Programme, die auf Personalmessen derzeit boomen: Digitale Recruiting-Helfer, die den „Personal fit“, oder „Cultural fit“ messen. Manche sprechen gezielt Absolventen von Schulen/Hochschulen an, andere arbeiten mit Mitarbeiterzufriedenheits-Programmen oder Tipps für die Verbesserung der Unternehmenskultur, hier ein sehr kleiner Ausschnitt des wachsenden Marktes an “Matching-Hilfen”:

http://www.unternehmens-wert-mensch.de/startseite/
http://jobsowiedu.de/
https://teambay.com/de/
https://www.touchdown-mathe.de/kostenlos-mathe-online-lernen/fuer-unternehmen/
http://mission-possible.org/
https://www.happy-or-not.com/de/

Werte – mehr als ein bloßes Wort

Mit Werten rekrutieren Sie wertvolle Mitarbeiter, die den Wert einer guten Unternehmenskultur wert-schätzen. Wer so inflationär wie wir eben mit dem Begriff “Unternehmenswert” umgeht, muss damit rechnen, dass seine Unternehmenspraxis einem entsprechend konsequenten Wirklichkeitstest unterzogen wird. Dann wird schnell klar, ob die Wortwahl nur einem Marketingkonzept oder wirklich gelebten Unternehmenswerten entspringt.

Entsprechend schnell verlieren Sie vielversprechende Talente – die sie vorher mit blumigen Versprechen angelockt haben. Niemand lässt sich gerne an der Nase herumführen. Wer Offenheit predigt, aber keine Teambesprechungen zulässt oder Ergebnisse kommuniziert, wer Toleranz propagiert jedoch ausschließlich eine Meinung gelten lässt und Vorschläge und Ideen sanktioniert, darf sich nicht wundern, wenn das Image in Bewertungsportalen drastisch sinkt. Unternehmenskultur ist gelebtes Miteinander – und nur mit dem Attribut “Fairness und Ehrlichkeit” überlebensfähig.

Stichwort „Diversity“: Bewerbungen mit „Hindernissen“?

Viele Namen für das eine: Man nennt es: Homosozialität oder Selbstähnlichkeit. Es bedeutet, dass man diejenigen Bewerber auswählt, die einem selber am meisten gleichen, egal, ob es sich dabei um Geschlecht, Status, Bildung, Herkunft, Kultur oder Religion handelt. Der einfache Grund: Man nimmt an, dass der Umgang mit ihnen am leichtesten sein wird, weil sie – vermutlich-  ebenso denken und handeln würden wie man selber. Und auch, wenn Diversity – also Vielfalt – gepredigt wird. Gehandelt wird, oft unbewusst, genau entgegengesetzt: Man wählt die Homogenität.

Wieviel Diversity darf es denn sein?

Tatsache ist: Jeder ist irgendwann „fremd“ oder „neu“. Davon abgesehen, können sich auch Vertreter gleicher Gruppen extrem fremd sein – oder werden: Die „Entzauberung“ nach dem Unterzeichnen des Arbeitsvertrags schmerzt dann umso stärker. Warum also sollte sich eine Abkehr „von der Norm“ lohnen?
Viele Unternehmen setzen auf „Diversity Management“, da sich erwiesen hat: Heterogene Gruppen fordern eine von Anfang an bessere und gründlichere Planung, Organisation und Kommunikation voraus  – doch

  1. können Unternehmen davon nur profitieren, da dies generell ein erfolgreicheres Projektmanagement verspricht – und
  2. sie sind weitaus produktiver, innovativer, stärker und stabiler als rein homogene Gruppen. Heterogene Gruppen setzen auf individuelle Stärken und ergebnisorientiertes Arbeiten vor Hierarchieerfüllung und Anweisungserfüllung. Hier sind Projektmanager und Führungskräfte gefragt, die den großen Überblick behalten –und die guten Ergebnisse zu einem erfolgreichen Ganzen führen.

Erfolgreich in die Zukunft

Unternehmen müssen in ihrer Zusammensetzung und ihren Strukturen verstärkt ihre Kundenstrukturen abbilden. Den Kunden dort abzuholen, wo er steht, gelingt nur, wenn ich meinen Kunden kenne. Heutige Gesellschaftsstrukturen sind ausgesprochen heterogen. Eine einseitig zusammengesetzte Führungsetage wird immer häufiger strategisch an Ihrer Kundschaft „vorbeiplanen“, wenn sie nicht auf Kompetenzen zurückgreifen kann, die diese Kundschaft abbilden.

Wer in die Zukunft blickt, sollte daher den „heterogenen“ Weg wählen, den, der seine Talente auch aus Gruppen wie: Jüngeren, Älteren, Quereinsteigern, Frauen, internationalen Mitarbeitern und Leuten mit Beeinträchtigungen wählt – diese Gruppen werden gemeinhin genannt, wenn man von Diversity spricht. Nicht genannt werden diejenigen Vertreter, die viel subtiler durch initiale Raster fallen, wie beispielsweise Mitarbeiter, die aus anderen Gesellschaftsschichten kommen, über Personalvermittler oder Arbeitsagenturen kommen oder einfach zu lange in einer bestimmten Abteilung „geparkt“ waren, so dass m an sie nicht mehr als lohnende Kandidaten erkennt.

Vorurteile treffen auf „Belonging Uncertainty“

Sie schnellen zuweilen schneller hoch, als bewusste Kontrolle und tolerante Erziehung es wahr haben wollen – und wir gegensteuern können: die Vorurteile. Das „kann sie als Frau sich wirklich durchsetzen?“ oder das: „der versteht uns doch gar nicht wirklich“ – bei einer anderen Ethnie – obwohl der Gegenüber u.U. den eigenen Dialekt und Hochsprache besser spricht als man selber, studiert hat etc. – treffen im ungünstigsten Falle auf die „Belonging Uncertainty“ (der Zugehörigkeitsunsicherheit), die jeder Mensch in sich trägt, der irgendwo neu hinzukommt – und sei es als Erstsemester in einer neuen Stadt, oder als Neueinsteiger in einer Firma. Vorurteile bewirken, dass neue Talente u.U. nicht so umfassend geschult werden, man ihnen kühler begegnet, sich als weniger ansprechbar erweist. Die Zugehörigkeitsunsicherheit führt dazu, dass ein Kandidat sich u.U. gar nicht zu fragen traut, sich schlecht „verkauft“, weniger kompetent auftritt, als er in Wirklichkeit ist.

Recruiting heute: mit “eigenem Heiligenschein gesegnete Bewerber” inklusive?

Der „Spill-over-Effekt oder Partizipationseffekt“ im Marketing – oder „Halo-Effekt/Unconscious Bias“ beim Recruiting: Mit diesen Begriffen bezeichnet man psychologische Übertragungseffekte oder „Abstrahl-/Ausstrahl-Effekte“ von Marken/Werten/Wirkungen. Innerhalb kürzester Zeit haben wir „das Urteil“ über einen Kandidaten oder ein Produkt gefällt – Dies wäre Grund genug, uns eine „Extrarunde Zeit“ einzubauen, um uns bewusst Überprüfungsmöglichkeiten einzubauen, mit denen wir die häufig stattfindende „Übertragung“ an der Realität testen können. Wer als Bewerber die Chance erhält, an einer solchen Extraschleife mitzumachen, hat fairere Chancen, als jemand, bei dem keine Recruiting-Standards mit unterschiedlichen Kontrollfaktoren (360°-Befragungen, Robot-Recruiting, anonyme Bewerberauswahl, mehrere Interviewer etc.) angewendet werden.

Demografie-Auffänger „Diversity“: Return on Investment in der Regel positiv

Für das Diversity Management ergibt sich eine ganze Reihe von relevanten Kennzahlen. Wer in Mentoren-Programme investiert, um Diversity-Kandidaten in eigene Prozesse einzuarbeiten, kann darauf zählen, dass sich diese Kosten über kurz oder lang amortisieren werden – auch den Bindungsfaktor an das Unternehmen kann man so erhöhen.

Ein weiterer großer Vorteil eines in das Talentmanagement integrierten Diversity-Managements: Das HR kann bewusst aus einer größeren Bandbreite an talentierten Bewerbern schöpfen – und damit demographische Veränderungen abfangen: Eine niedrige bis rückläufige Geburtenrate, eine Zunahme der Lebenserwartung, die Zunahme der Pflegebedürftigkeit und Single-Haushalte und Abnahme der Drei-Generationenhaushalte – all diese Veränderungen führen längst zu Deckungslücken des akuten Bedarfs an Experten und Nachfolge-Engpässen mit massivem Handlungsbedarf bei der Personalpolitik, und betriebsinterner Weiterbildungs-Strategie.

Wer nur aus einer bestimmten Bevölkerungs-Strata potenzielle Bewerber für Fach- und Führungskräfte abschöpfen möchte, könnte nur auf eine sehr begrenzte Anzahl qualifizierte Kandidaten zurückgreifen – und würde im internationalen Wettbewerb schnell abgehängt werden.

Download:
Deloitte Talent Diversity Studie

Quellen:
Cultural Fit im Recruiting: Reine “Chemie” oder fundierte Methode?
http://blog.zukunft-personal.de/de/2015/08/27/cultural-fit-im-recruiting-reine-chemie-oder-fundierte-methode/
27.08.2015, Joachim Dierks

Vielfalt in der Belegschaft zahlt sich aus
http://www.zeit.de/karriere/beruf/2012-04/diversity-unternehmen
3.5.2012, Marion Kraske

Arbeitsplatz der Zukunft – „Schluss mit der Basta-Mentalität!“
http://www.handelsblatt.com/unternehmen/beruf-und-buero/leaderin/arbeitsplatz-der-zukunft-uniformismus-und-homosoziale-reproduktion/12324338-3.html

Homosoziale Reproduktion/Erfolgsprinzip Ähnlichkeit – oder Pinguine rekrutieren Pinguine
http://www.reif.org/blog/homosoziale-reproduktionerfolgsprinzip-aehnlichkeit-oder-pinguine-rekrutieren-pinguine/
23.01.2015, Marcus K. Reif,

Übertragungseffekte/Partizipationseffekte: “Ich erkenne Potenzial nach zwei Minuten”
http://www.reif.org/blog/ubertragungseffektepartizipationseffekte/#commentform
23.02.2011, Marcus K. Reif,

Die Multikulti-Offensive
http://www.faz.net/aktuell/beruf-chance/arbeitswelt/diversity-die-multikulti-offensive-1667210.html
2002, Holger Appel, Julia Löhr

http://www.perwiss.de/kennzahl-diversity-return-on-investment.html

Erfolgreiche Projektarbeit – Gute Teams sind heterogen besetzt
http://www.computerwoche.de/a/gute-teams-sind-heterogen-besetzt,2518991
2.8.2012, Ingrid Weidner

Diversity Management: Von der Angst, nicht dazuzugehören
http://www.xing-news.com/reader/news/articles/573623?link_position=digest&newsletter_id=19084&xng_share_origin=email
24.01.2017, Nico Rose

 http://www.tagesspiegel.de/wirtschaft/gleichberechtigung-am-arbeitsplatz-wie-firmen-sich-mit-software-ueberlisten/13342166.html