Angesichts der Finanzkrise kommt für HR-Manager jetzt die „Stunde der Wahrheit“: Kann sich die Disziplin, die lange mit sich selbst und um ihren Stellenwert gerungen hat, in Zeiten knapper Kassen als strategischer Partner der Geschäftsführung behaupten? Diese Frage stellte sich auch beim Kongress „Vielfalt als Chance“ vergangene Woche in Frankfurt: „Der Charakter zeigt sich oft in schwierigen Zeiten“, warb Thomas Sattelberger für ein ungebrochenes Engagement. Der Personalvorstand der Deutschen Telekom warnte davor, jetzt das Kind mit dem Bade auszuschütten – zum Beispiel in Sachen Diversity-Management.

Vor zwei Jahren hatten die Konzerne Daimler, Deutsche Bank, Deutsche BP und Deutsche Telekom gemeinsam mit Staatsministerin Prof. Dr. Maria Böhmer die Charta der Vielfalt ins Leben gerufen. Bis dato eine Erfolgsstory, denn inzwischen zählen mehr als 500 Unternehmen, Verbände und Organisationen zu den Unterzeichnern. Mit ihrer Unterschrift verpflichten sie sich, die Vielfalt ihrer Belegschaft, Kundschaft und Geschäftspartner anzuerkennen, wertzuschätzen und zu fördern – unabhängig von Alter, Geschlecht, Behinderung, Rasse, Religion, Nationalität, ethnischer Herkunft, sexueller Orientierung und Identität.

Jetzt werde sich zeigen, ob Diversity vielleicht nur als Orchideenfach angesehen werde – ein „Nice to Have“, das in schwierigen Zeiten einfach unter den Tisch falle, meinte Sattelberger. Das Publikum trug sich offenbar mit ähnlichen Bedenken. „Wie retten Sie Ihre Programme durch die Finanzkrise?“, lautete etwa die Frage an Saori Dubourg (BASF SE) und Bellinda Paes (Toyota Motor Europe), die im Fachforum die umfassenden Aktivitäten ihrer Unternehmen zum Thema Vielfalt erläuterten. „Diversity ist nicht irgendein Trend, sondern es geht um unsere Zukunftsfähigkeit“, erklärte Saori Dubourg, die insofern nicht an Einschnitte auf diesem Gebiet glaubt. Auch bei Toyota spielt das Thema eine tragende Rolle: „Wir machen es nicht, weil es fancy ist“, unterstrich Bellinda Paes die Wichtigkeit von Diversity-Management, an der auch die Finanzkrise nicht rütteln könnte.

Die Zuhörer vernahmen es gern, doch es bleiben Zweifel. Gerade das Engagement im Schwerpunkt Gender, sprich mehr Frauen auch und gerade in gehobenen Positionen zu beschäftigen, könnte angesichts einer kurzfristigen Entspannung am Bewerbermarkt wieder aus dem Blickfeld geraten. Die Handelsblatt Konferenz „Women in Leadership“ Ende Januar in Berlin wurde jedenfalls bereits mangels Nachfrage abgesagt. Purer Zufall oder passend wie die Faust aufs Auge?!

Was Personalmanager und Unternehmensleitungen jetzt brauchen, ist Mut zu antizyklischem Verhalten. Früher oder später wird sich dieser garantiert rechnen. Schließlich ist das Gegenteil von Vielfalt Einfalt, wie Moderator Tom Hegermann (WDR) dem Kongress „Vielfalt als Chance“ vorausschickte. Und einfältig zu sein, kann sich nun wirklich niemand leisten.

A group of friends at a coffee shop
Foto von Brooke Cagle