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Foto von Matt Hoffman
Je rascher Führungskräfte Krisen erkennen und situationsgerecht handeln, desto geringer wird der Schaden für das Unternehmen sein. Im Handbuch zitierte Studien und Statistiken belegen eindrucksvoll, welche direkten und indirekten Kosten durch Krisen- oder auch Angstsituationen entstehen können. Daraus geht hervor, dass Krisenmanagement neben verantwortungsvollem Handeln gegenüber Mitarbeitern auch ein Gebot betrieblicher Ökonomie ist.

Notfall- und Krisensituationen in Unternehmen können von Naturkatastrophen (Stichwort „Tsunami“) bis zum Firmenverkauf reichen. Auf folgende Situationen gehen die Autoren gesondert ein: Stress und Burnout, Suchtmittelabhängigkeit (insbesondere Alkoholismus), Mobbing, sexuelle und geschlechtsbezogene Belästigung am Arbeitsplatz, Überfälle, schwer oder chronisch kranke Mitarbeiter, Tod von Kollegen und Suiziddrohungen. Einzelne Fallbeispiele geben einen Eindruck über mögliche Auswirkungen von Krisen.

Das Buch sensibilisiert Führungskräfte für das Thema und schärft die Wahrnehmung für das Befinden der Mitarbeiter und das Ausmaß von psychosozialen Krisen. Besonders unterstützend ist beispielsweise die Auflistung möglicher menschlicher Stressreaktionen nach belastenden Ereignissen.

Die Autoren erklären psychosoziale Dynamiken, führen gesetzliche Grundlagen aus und stellen interne und externe Unterstützungssysteme dar, wie zum Beispiel Arbeitsmedizin und Beratungsstellen. Darüber hinaus geben sie Handlungsanleitungen und beschreiben, wie Führungskräfte in verschiedenen Krisensituationen intervenieren können. Die beschriebenen Situationen sind nicht alltäglich und treten meist überraschend auf. Dieser Tatsache trägt das Buch insofern Rechnung, als es übersichtlich aufgebaut und hervorragend als Nachschlagewerk im Krisenfall verwendbar ist.

Zu den Aufgaben von Führungskräften in Krisenzeiten gehört neben der zügigen Umsetzung von notwendigen Maßnahmen nicht zuletzt die Vermittlung von Orientierung und Sicherheit für Mitarbeiter. Die Lektüre des Praxishandbuches unterstützt Führungskräfte, als wesentlichen ersten Schritt für sich selbst Orientierung zu erlangen. Das Handbuch ist somit eine willkommene Ergänzung zur gängigen Führungsliteratur.




Psychosoziale Krisen in Unternehmen.
Praxishandbuch für Führungskräfte.

Hrsg. von Sonja Prager und Nora Hlous.
facultas Verlag 2006.
168 Seiten, 19,90 Euro.
ISBN 3-85076-757-4
www.facultas.at

Leseprobe
Jeder Mensch ist im Lauf seines Lebens mit krisenhaften Ereignissen konfrontiert. Es gibt kritische Situationen, auf die wir Einfluss nehmen können, während andere sich unserem Einflussbereich entziehen. Man kann verschiedene Arten von Krisen unterscheiden:
  • Entwicklungs- oder Veränderungskrisen: Die Ursache liegt in der natürlichen Entwicklung begründet (z.B. Pubertät). Jeder ist davon betroffen, die Bewältigung ist individuell. (Caplan 1964).
  • Soziale Krisen: Situationen, in denen eine Gruppe von Personen nicht mehr in der Lage ist, gemeinsame Probleme zu lösen (z.B. wirtschaftlich schlechte Zeiten, die eine hohe Arbeitslosigkeit bedingen).
  • Traumatische Krisen: Tod, drohender Tod, Lebensgefährdung, schwere Verletzung/Erkrankung naher Bezugspersonen bzw. das Miterleben von Tod, drohendem Tod oder schwerer Verletzung/ Erkrankung anderer Personen, eigene schwere Verletzung/Erkrankung. (Cullberg 1978).
Belastungen, die zu Krisen führen können Auslöser von Krisen sind vielfältig, und auch die damit einhergehenden Belastungen sind unterschiedlich. So gibt es z.B. Belastungen, die Individuen (auf unterschiedlichen Ebenen) betreffen, und andererseits Belastungen, denen ganze Gruppen und Gesellschaften ausgesetzt sind.
  • Katastrophenbelastungen: Verfolgungen, Kriege, Naturgewalten
  • Körperliche Belastungen: chronische Erkrankungen, Klimakterium etc.
  • Psychische Belastungen: seelische Konflikte
  • Soziale Belastungen: Scheidung, längere Arbeitslosigkeit etc.

Quelle: personal manager 4/2006