1 Recruiting-Prozess

person holding black smart cover during daytime
Foto von Tyler Franta

Zur Darstellung der rechtlichen Situation sei kurz folgender Fall geschildert: Die A-GmbH, ein IT-Unternehmen, ist händeringend auf der Suche nach Fachkräften. IT-Fachkräfte sind auf dem deutschen Arbeitsmarkt Mangelware. Deshalb kommt der Personalleiter der A-GmbH auf die Idee, seine Präsenz in den sozialen Netzwerken zu nutzen, um gezielt geeignete Fachkräfte anzusprechen. Nach einer Recherche zu potenziellen Kandidaten stößt er auf die IT-Fachkraft B der C-GmbH, der er sofort eine Nachricht mit allen Eckdaten sendet. B, der davon an seinem Arbeitsplatz bei der C-GmbH Kenntnis nimmt, ist an einer Anstellung bei der A-GmbH sehr interessiert. Der Personalleiter der A-GmbH und B überlegen deshalb in weiteren Gesprächen, wie B schnellstmöglich seine Tätigkeit aufnehmen kann, tunlichst unter Umgehung der ordentlichen Kündigungsfrist, da diese bei B mit sechs Monaten sehr lang ist. Der Personalleiter der A-GmbH fragt sich, ob er so rekrutieren darf und welche rechtlichen Fallstricke ihm drohen, wenn B zeitnah bei der A-GmbH seine Tätigkeit aufnimmt.

Zunächst sind die Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB) der jeweiligen Netzwerkbetreiber zu beachten. Diese enthalten oft Regelungen, wonach eine Anmeldung nur unter dem Namen einer (existenten) natürlichen Person erfolgen darf. 

Das suchende Unternehmen darf sich dann nicht unter einem Pseudonym auf die Suche nach geeigneten Bewerbern machen. Wenn die AGB außerdem Regelungen enthalten, die eine Nutzung und den Zugriff auf Daten anderer Nutzer zu geschäftlichen Zwecken ganz untersagen, so ist der Einsatz eines solchen Netzwerks durch das Unternehmen als Recherchequelle für die Bewerbersuche unzulässig. 

Wichtig 

Verstößt man gegen die AGB eines Netzwerkbetreibers, kann dieser die Unterlassung der rechtswidrigen Nutzung verlangen und hat für den Fall, dass ihm hierdurch ein Schaden entstanden ist, einen entsprechenden Ersatzanspruch.

2 Datenschutz

Daten eines interessanten Kandidaten, die sich ein Arbeitgeber über ein soziales Netzwerk beschafft, sind personenbezogene Daten eines Beschäftigten nach § 3 BDSG (hierzu zählen auch Bewerber), deren Erhebung, Nutzung oder Verarbeitung einer Einwilligung oder der Erlaubnis durch eine Rechtsvorschrift bedürfen.

Eine Einwilligung des Betroffenen scheidet regelmäßig aus. Auch wenn sie nicht zwingend schriftlich erklärt werden muss (§ 4a Abs. 1 Satz 2 Halbs. 2 BDSG), muss sie sich doch darauf erstrecken, dass der Betroffene mit dem konkreten Zweck zweifelsfrei (Art. 7 lit. a RL 95/46/EG) einverstanden ist. Wenn er aber hinsichtlich der von sich in einem sozialen Netzwerk preisgegebenen Informationen – wie im Regelfall – keine Kenntnis von dem Zweck einer Datenerhebung durch einen potenziellen Arbeitgeber hat, kann eine dahingehende Einwilligung regelmäßig nicht unterstellt werden. Bittet der potenzielle Arbeitgeber ausdrücklich um die Einwilligung, so kann es dennoch an der erforderlichen Freiwilligkeit der Einwilligung fehlen. Eine Einwilligung spielt in der Praxis nur in dem (seltenen) Fall eine Rolle, dass der Bewerber ungefragt Daten aus sozialen Netzwerken als Referenz anbietet, z. B. bei Xing unter der Funktion „Portfolio“. 

Eine entsprechende Datenerhebung durch ein Unternehmen zu geschäftlichen Zwecken kann nach § 28 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 BDSG zulässig sein, wenn die Daten allgemein zugänglich sind und im Rahmen einer Abwägung die schutzwürdigen Interessen des Betroffenen nicht die Interessen des suchenden Arbeitgebers überwiegen. Hinsichtlich der Informationen über einen geeigneten Kandidaten in einem sozialen Netzwerk scheidet eine solche Rechtfertigung jedoch zumeist aus. Wenn der Recherche zu geschäftlichen Zwecken insofern nicht schon die AGB des sozialen Netzwerks entgegenstehen, so sind die entsprechenden Daten über den Betroffenen jedenfalls i. d. R. nicht allgemein zugänglich, weil sie – bspw. Im Gegensatz zur Nutzung einer Suchmaschine – eine Anmeldung als registrierter Nutzer erfordern.

PRAXISTIPP

Ein Unternehmen kann zur Recherche über Kandidaten in einem sozialen Netzwerk aber nach § 32 Abs. 1 Satz 1 BDSG berechtigt sein. Danach dürfen personenbezogene Daten eines Bewerbers

›› zum Zwecke der Entscheidung über die Begründung eines Beschäftigungsverhältnisses erhoben werden, wenn dies für die Entscheidung erforderlich ist und

›› das Informationsinteresse des Unternehmens das Interesse des Bewerbers am Schutz seines Persönlichkeitsrechts und an der Unverletzbarkeit seiner Privatsphäre überwiegt.

Im Rahmen dieser Interessenabwägung werden die zu berücksichtigenden Grundrechte des Betroffenen regelmäßig aber nur bei einer Recherche in den geschäftlich orientierten Netzwerken (wie Xing und Linkedin) zurücktreten. Der Betroffene stellt Daten zu seiner beruflichen Qualifikation schließlich in dem Wissen – und oft gerade dem Ziel – in diese Netzwerke ein, dass potenzielle Arbeitgeber davon Kenntnis nehmen. Dies ist bei privaten Netzwerken nicht anzunehmen. Daher bleibt es hier dabei, dass eine Informationsbeschaffung über private Netzwerke ohne ausdrückliche und wirksame Einwilligung datenschutzrechtlich i. d. R. unzulässig sein wird.

3 Beteiligungsrechte des Betriebsrats

Zunächst ist die Arbeitnehmervertretung bei einer späteren Einstellung des Bewerbers, wie üblich, gem. § 99 BetrVG zu beteiligen. Der Arbeitgeber muss das Gremium vollständig über die Person des Bewerbers unterrichten und somit auch die aus der Internetrecherche erlangten Informationen über diesen vorlegen. 

Weiter kann ein Mitbestimmungsrecht bestehen, wenn Regelungen zur Ausgestaltung des Social-Media-Recruitings in Form von Richtlinien zur Nutzung sozialer Netzwerke im Betrieb eingeführt werden sollen. Sollen derartige Richtlinien – wie häufig üblich – innerhalb bestimmter Grenzen die Privatnutzung von sozialen Netzwerken durch die Mitarbeiter gestatten, besteht bei der Einführung ein Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats, weil Regelungen über die Benutzung betrieblicher Einrichtungen zu privaten Zwecken das Verhalten der Arbeitnehmer im Betrieb i. S. v. § 87 Abs. 1 | Nr. 1 BetrVG betreffen.

4 Ansprache am Arbeitsplatz über soziale Netzwerke

Hat der Arbeitgeber einen „passenden“ Kandidaten in einem sozialen Netzwerk gefunden, nimmt er – wie im Fallbeispiel – mit ihm regelmäßig hierüber auch selbst oder durch einen Personalberater (Social Headhunting) Kontakt auf. Dieses aktive Ansprechen (Active Sourcing) ist Bestandteil des freien Wettbewerbs und damit grundsätzlich zulässig. Das Unternehmen kann nicht erwarten, dass „seine“ Beschäftigten nicht zu einem anderen Arbeitgeber oder sogar zu Wettbewerbern wechseln. 

Eine Abwerbung am Arbeitsplatz kann jedoch wettbewerbswidrig sein, wenn damit unlautere Zwecke verfolgt werden oder die hierzu eingesetzten Mittel unlauter sind, §§ 4 Nr. 10, 3 UWG. Ein unlauterer Zweck liegt bspw. vor, wenn die Abwerbung mit dem Ziel verfolgt wird, den Wettbewerber zu schädigen, indem dessen Mitarbeiter abgeworben werden, ohne sie zu benötigen (OLG Brandenburg, Urt. v. 6.3.2007 – 6 U 34/06). 

Als unlauteres Mittel kommt im Bereich des Recruitings über soziale Netzwerke insbesondere die wettbewerbswidrige Ansprache am Arbeitsplatz in Betracht. Dadurch dringt der Wettbewerber in die betriebliche Organisation des Arbeitgebers des angesprochenen Kandidaten ein. Die Rechtsprechung hat hierzu Leitlinien entwickelt, unter denen eine Ansprache am Arbeitsplatz zulässig ist (BGH, Urt. v. 22.11.2007 – I ZR 183/04, „Direktansprache am Arbeitsplatz III“): 

›› Die erste Kontaktaufnahme am Arbeitsplatz muss sich auf die notwendigen
   Angaben beschränken und darf wenige Minuten nicht überschreiten. 

›› Der Abwerbende muss sich zunächst beim Kandidaten vorstellen und
   dessen Einwilligung zum Abwerbeversuch einholen. 

›› Erst nach erfolgter Einwilligung darf der Abwerbende die zu vergebende
   Position knapp beschreiben. 

›› Bei fortbestehendem Interesse des Kandidaten darf der Abwerbende 
   eine weitere Kontaktaufnahme außerhalb des Arbeitsplatzes anbieten. 

Die Gerichte haben die vorstehenden Grundsätze zur telefonischen Ansprache am Arbeitsplatz entwickelt, und zwar unabhängig davon, ob der Kandidat auf seinem dienstlichen oder privaten Telefon angerufen wird. Die gleichen Grundsätze gelten für die Kontaktaufnahme über soziale 
Netzwerke. Daher muss sich der Abwerbende auch hier unter Nennung seines richtigen Namens auf eine kurze Nachricht beschränken und darf z. B. nicht über Twitter oder Facebook direkt in ein Bewerbungsgespräch über einen Chat einsteigen. Ebenso unzulässig wäre es bspw., wenn sich der Abwerbende zugleich über andere potenziell wechselwillige Arbeitnehmer des Arbeitgebers informiert und diese zum Austausch über die neue Position in eine Gruppe bei WhatsApp einlädt. Darüber hinaus gilt auch bei der Kontaktaufnahme über die sozialen Netzwerke, dass der Abwerbende das Unternehmen nicht bereits in der ersten Kontaktaufnahme herabsetzen darf (LG Heidelberg, Urt. v. 23.5.2012 – 1 S 58/11).

5 Wann verhält sich der Arbeitnehmer vertragswidrig?

Die Kontaktaufnahme mit dem Kandidaten am Arbeitsplatz erfolgt häufig über die durch den Arbeitgeber zur Verfügung gestellten betrieblichen Kommunikationsmittel, wenn der Beschäftigte darüber das soziale Netzwerk aufruft. Dies kann bereits eine private Nutzung der Telekommunikationsmittel des Unternehmens darstellen. Es stellt sich daher bereits die Frage, ob der Mitarbeiter mit dem Abwerbenden überhaupt über die betrieblichen Kommunikationsmittel des Arbeitgebers während der Arbeitszeit kommunizieren darf. Dies hängt davon ab, ob und in welchem Umfang dieser die Nutzung erlaubt hat. 

Ist die Nutzung sozialer Medien während der Arbeitszeit nicht erlaubt, verhält sich der Arbeitnehmer im Falle der (aktiven) Privatnutzung vertragswidrig. Dieses Verhalten kann das Unternehmen abmahnen. Je nach Umfang der privaten Nutzung kommt im Einzelfall sogar eine (fristlose) Kündigung des Arbeitsverhältnisses in Betracht (BAG, Urt. v. 19.4.2012 – 2 AZR 186/11, AuA 6/13, S. 375). Die Kontrollmöglichkeiten der vertragswidrigen Nutzung der Telekommunikationsmittel durch den Arbeitgeber richten sich wiederum nach den betrieblichen Regelungen (Betriebsvereinbarung/Richtlinie) sowie den Vorgaben des BDSG, insbesondere der §§ 28, 32 BDSG. Ist dem Beschäftigten die private Nutzung der Telekommunikationsmittel während der Arbeitszeit gestattet, muss er sich gleichwohl an die Nutzungsregeln halten. Nutzt er während der Arbeitszeit die sozialen Netzwerke über ein privates Smartphone, gelten die vorstehenden Beschränkungen nicht. Gleichwohl muss er sich auch dann an die vertraglichen Vereinbarungen mit seinem Arbeitgeber sowie die gesetzlichen Regelungen bei der Kontaktaufnahme mit einem Abwerbenden halten, insbesondere an die vertragliche Geheimhaltungspflicht. Der Verrat von Betriebs- und Geschäftsgeheimnissen ist zudem durch § 17 UWG strafrechtlich sanktioniert. Dem Mitarbeiter ist es daher bspw. nicht gestattet, mit dem abwerbenden Unternehmen Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse seines Arbeitgebers über die sozialen Netzwerke auszutauschen, um damit seinen „Marktwert“ auszuloten oder auch andere vertrauliche Informationen (z. B. Zeichnungen eines bestimmten Produkts) als „Teaser“ für die erste Kontaktaufnahme oder für Gespräche mit dem potenziellen neuen Arbeitgeber zu verwenden. 

Darüber hinaus muss sich der Arbeitnehmer während des laufenden Arbeitsverhältnisses an das Wettbewerbsverbot gem. § 60 HGB halten (BAG, Urt. v. 26.6.2008 – 2 AZR 190/07). Dieses gilt – auch ohne vertragliche Regelung – während der Dauer des Arbeitsverhältnisses. Die Kontaktaufnahme mit einem abwerbenden Unternehmen stellt für sich genommen allerdings noch keinen Verstoß gegen dieses Wettbewerbsverbot dar. Diese Schwelle wird erst dann überschritten, wenn der Beschäftigte bereits während des laufenden Arbeitsverhältnisses aktiv für den neuen Arbeitgeber tätig wird. Verstöße gegen die Geheimhaltungspflicht oder das vertragliche Wettbewerbsverbot können das Unternehmen ebenfalls zur (fristlosen) Kündigung des Arbeitsverhältnisses berechtigen (BAG, Beschl. v. 23.10.2008 – 2 ABR 59/07).

6 Handlungsmöglichkeiten des Arbeitgebers

Dem geschädigten Arbeitgeber steht zunächst das gesamte wettbewerbsrechtliche Arsenal zur Abwehr der unlauteren Abwerbung zur Verfügung. Dies ist neben

––> der Abmahnung sowie

––> der Einholung einer (strafbewehrten) Unterlassungserklärung vor allem

––> der Antrag auf Erlass einer einstweiligen (Unterlassungs-)Verfügung.

Darüber hinaus kann das Unternehmen Schadensersatzansprüche gegen den Wettbewerber im Falle einer wettbewerbswidrigen Abwerbung geltend machen (§ 9 UWG, §§ 823 Abs. 1, 826 BGB) und so den Ersatz der ihm hierdurch entstandenen Schäden (bspw. entgangener Gewinn, Vertragsstrafen Dritter) verlangen. Was aber kann der Arbeitgeber gegen einen „wechselwilligen“ Mitarbeiter unternehmen? Auch im Arbeitsrecht gilt der Grundsatz, dass „man Reisende nicht aufhalten soll“. Eine Klage, gerichtet auf Erfüllung des Arbeitsvertrags bis zum vertraglichen Beendigungszeitpunkt bietet ohnehin keinen effektiven Rechtsschutz, da dieses Urteil nicht vollstreckbar ist (§ 888 Abs. 3 ZPO). Zum anderen hat das Unternehmen regelmäßig kein Interesse daran, den abwanderungswilligen Arbeitnehmer tatsächlich noch zu beschäftigen und damit den weiteren Zugriff auf seine geheimhaltungsbedürftigen Informationen und Kundenkontakte zu ermöglichen. Anders ist die Interessenlage häufig dann, wenn Key-Knowledge-Träger abgeworben werden und – schlimmstenfalls – sogar zu einem Wettbewerber wechseln. Ob und welche Maßnahmen man in diesem Fall gegen den wechselwilligen Beschäftigten ergreifen kann, hängt davon ab, ob sich dieser vertragstreu verhält. 

Kündigt der Mitarbeiter das Arbeitsverhältnis vertragsgemäß unter Einhaltung der Kündigungsfrist, verhält er sich vertragsgemäß. Einen Wechsel zu einem Wettbewerber nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses kann der Arbeitgeber daher nur verhindern, wenn er mit dem Arbeitnehmer ein nachvertragliches Wettbewerbsverbot vereinbart hat.


PRAXISTIPP

Kündigt der Arbeitnehmer sein Arbeitsverhältnis vertragswidrig ohne Einhaltung der vertraglichen Kündigungsfrist, um noch während der laufenden vertraglichen Kündigungsfrist zu einem Wettbewerber zu wechseln, lässt sich ihm im Wege einer einstweiligen Verfügung die Aufnahme der Tätigkeit bei dem Wettbewerber während der noch laufenden vertraglichen Kündigungsfrist untersagen. Dieser Anspruch ist auf die Einhaltung des vertraglichen Wettbewerbsverbots gem. § 60 Absatz 1 HGB gerichtet. 

Zudem kann man den Beschäftigten auf Schadensersatz wegen der vertragswidrigen Beendigung des Arbeitsverhältnisses in Anspruch nehmen. An der Wirksamkeit des zwischen dem neuen Arbeitgeber und dem Arbeitnehmer geschlossenen Arbeitsvertrags ändert ein wettbewerbswidriges Verhalten der Parteien jedoch in aller Regel nichts. Für den eingangs geschilderten Fall bedeutet dies, dass die A-GmbH und B einen wirksamen Arbeitsvertrag schließen können, auch wenn die Kündigungsfrist des Vertrags mit der C-GmbH beim verabredeten Beschäftigungsbeginn nicht beachtet ist.

7 Vermeidungsstrategien des Arbeitgebers

Unternehmen können sich in unterschiedlicher Weise gegen die Abwerbung der eigenen Mitarbeiter und die daraus resultierenden Risiken schützen: 

›› Zum einen kann man nachvertragliche Wettbewerbsverbote vereinbaren und Verstöße hiergegen mit Vertragsstrafen sanktionieren. Nachvertragliche Wettbewerbsverbote sind allerdings nur unter den engen Voraussetzungen der §§ 74 ff. HGB wirksam, d. h. insbesondere gegen Zahlung einer Karenzentschädigung für die Dauer des Wettbewerbsverbots.  

›› Zum anderen lassen sich – in den durch die Rechtsprechung entwickelten Grenzen – Vertragsstrafen auch für die vertragswidrige Beendigung des Arbeitsverhältnisses und Verstöße gegen näher bezeichnete vertragliche Geheimhaltungspflichten vereinbaren (BAG, Urt. v. 18.8.2005 – 8 AZR 65/05, AuA 1/06, S. 53). 

›› Darüber hinaus können auch klar definierte Regeln zum Umgang mit den betrieblichen Kommunikationsmitteln und insbesondere der Nutzung von sozialen Netzwerken ein Ansatz sein. 

Letztlich ist die beste Strategie zur Verhinderung der Abwerbung von Arbeitnehmern, die Arbeitsbedingungen so attraktiv zu gestalten, dass für diese kein Anreiz zum Wechsel besteht.

8 Fazit

Die AGB vieler sozialer Netzwerke stehen einer geschäftlichen Nutzung unter dem richtigen Namen des Personalleiters (derzeit) nicht entgegen. Jedoch rechtfertigt sein Informationsinteresse die Recherche nur bei den geschäftlich orientierten Netzwerken Xing und Linkedin, während bei Facebook aufgrund des privaten Charakters des Netzwerks die Persönlichkeitsrechte des jeweils Betroffenen überwiegen. 

Die Erhebung von Daten zu potenziellen Fachkräften, auf die der Personalleiter der A-GmbH bei seiner Recherche auf Facebook gestoßen ist, war daher nicht zulässig und kann Schadensersatz- und Unterlassungsansprüche der Betroffenen auslösen sowie mit einer Geldbuße (Ordnungswidrigkeit nach § 43 Abs. 2 Nr. 1 BDSG) geahndet werden. Die darauf folgende Kontaktaufnahme mit B an dessen Arbeitsplatz über ein soziales Netzwerk ist in den von der Rechtsprechung hierzu entwickelten Grenzen zulässig. Nach einer ersten kurzen Kontaktaufnahme mit B und insbesondere dessen dahingehender Einwilligung durfte der Personalleiter also seine Gespräche mit B (außerhalb des Arbeitsplatzes) fortführen und vertiefen. 

Nicht zulässig ist allerdings die geplante sofortige Tätigkeitsaufnahme bei der A-GmbH ohne Einhaltung der Kündigungsfrist. Aufgrund des für B während des laufenden Vertragsverhältnisses mit der C-GmbH geltenden Wettbewerbsverbots (§ 60 HGB) kann die C-GmbH dem B die Aufnahme der Tätigkeit bei der A-GmbH bis zum Ablauf der Kündigungsfrist per einstweiliger Verfügung untersagen lassen und daneben ggf. einen ihr aus der Tätigkeitsaufnahme entstandenen Schaden geltend machen. Erst nach Ablauf der sechsmonatigen Kündigungsfrist steht einer Tätigkeitsaufnahme des B bei der A-GmbH dann – sofern B und die C-GmbH kein nachvertragliches Wettbewerbsverbot vereinbart haben (§§ 74 ff. HGB) – nichts mehr entgegen.

Arbeit und Arbeitsrecht · 5 / 2015 – www.arbeit-und-arbeitsrecht.de
Foto: (1) Rainer Sturm | pixelio.de | (2) Günther Gumhold | pixelio.de