Betriebliches Gesundheitsmanagement (BGM) findet häufig direkt vor Ort in den Betrieben statt. Aufgrund der Corona-Hygienevorschriften, dem Kontaktverbot und dem Umzug vieler Arbeitnehmer ins Homeoffice, hat dieser typische Einsatzort nicht nur für BGM-Dienstleister an Wichtigkeit verloren. Gleichzeitig ist der Bedarf an gesundheitsfördernden Angeboten gestiegen, denn die Beschäftigten sind auf vielen verschiedenen Ebenen von der Pandemie betroffen. Was das für das BGM bedeutet, können Sie hier nachlesen.

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Foto von Myriam Zilles by unsplash

BGM zunächst weniger angeboten

Zu Beginn der Pandemie haben vielen BGM-Dienstleister aber auch die Verantwortlichen in den Unternehmen ihr Angebot an BGM-Leistungen zunächst etwas zurückgefahren. Denn Veranstaltungen vor Ort in den Betrieben waren kaum noch möglich. Auf der anderen Seite stieg und steigt aber der Bedarf an Leistungen zum Betrieblichen Gesundheitsmanagement, da gerade die psychischen Belastungen in Folge der Corona-Pandemie nicht zu unterschätzen sind. 

Tatsächlich hat auch die Regierung der Bundesrepublik Deutschland erkannt, wie wichtig Betriebliches Gesundheitsmanagement gerade aktuell ist. In Deutschland unterstützt die Regierung Vorhaben zur Förderung der betrieblichen Gesundheit mit bis zu 600 Euro pro Arbeitnehmer im Jahr. Damit will sie der Tatsache Rechnung tragen, dass gerade das Betriebliche Gesundheitsmanagement eine große Rolle für die Gesundheit der gesamten Bevölkerung spielt. 

Denn Arbeitgeber, die sich um Gesundheitsförderung für ihre Mitarbeiter bemühen, sparen der Gesellschaft Geld. Der Grund: Prävention ist häufig günstiger als die spätere Behandlung von Erkrankungen.

Die erste Veränderung in Bezug auf das Betriebliche Gesundheitsmanagement zeigt sich also darin, dass es während und nach der Corona-Pandemie noch wichtiger als ohnehin schon ist. Arbeitgeber sollten die Wichtigkeit nicht verkennen und die Chancen nutzen, die sie aktuell haben. Denn tatsächlich sind auch diese eingeschränkter als vor der Pandemie – was die Ausgangslage zusätzlich erschwert. 

Betriebliches Gesundheitsmanagement im Homeoffice

Während der Pandemie sind Mitarbeiter, bei denen es sich einrichten lässt, im Homeoffice anzutreffen. Damit verlagert sich das BGM zum großen Teil auf Online-Angebote. Die Pandemie bedeutet damit nicht nur für einige Branchen, sondern eben auch für das BGM einen starke Veränderung hin in Richtung Digitalisierung. Einige Anbieter von BGM-Dienstleistungen haben schon auf die geänderten Rahmenbedingungen reagiert. Sie haben beispielsweise ihr Angebot an Webinaren, digitalen Diensten und Videoanleitungen oder gar -coachings ausgebaut.

Auch für viele Arbeitgeber ist das Homeoffice, zumindest in dieser ausgeprägten Form, relativ neu. Für sie stellen sich daher viele neue und ungeahnte Fragen, wenn ein Großteil der Belegschaft nicht mehr vor Ort arbeitet. Reicht es beispielsweise, dass sie sich darum gekümmert haben, dass ihre Mitarbeiter die nötige IT-Infrastruktur besitzen und darauf zugreifen können? Oder sollten Arbeitgeber gerade für die Homeoffice-Beschäftigten noch mehr tun?

Vermutlich schon, denn allein die nötige Infrastruktur wird nicht ausreichen, dass Beschäftigte gesund ihrer Arbeit nachgehen können. Im Homeoffice gibt es für Arbeitnehmer nämlich ganz andere Herausforderungen. Zu nennen wäre zum Beispiel die räumliche Enge, wenn ein separates Arbeitszimmer fehlt. Wer am Küchentisch arbeiten muss, während er vielleicht sogar noch schulpflichtige Kinder gleichzeitig betreut, hat einige Aufgaben gleichzeitig zu meistern. Das bedeutet weniger Erholung und mehr Stress. 

Arbeitsverdichtung nicht die einzige Herausforderung

Arbeitsverdichtung gibt es aber nicht nur für Mitarbeiter, die die Doppelbelastung aus Beruf und Familie stemmen müssen. Auch andere Beschäftigte können davon betroffen sein. Das vermehrte Angebot digitaler Dienste und Veranstaltungen führt dazu, dass auch für sie die Belastung zunimmt. Da der Weg vom Besprechungsraum zum Schreibtisch und mit ihm die Zeit für einen kurzen Austausch mit Kollegen entfällt, kann diese Zeit nun anderweitig genutzt werden. Für viele Arbeitnehmer bedeutet das, dass statt einer kurzen Pause sofort die nächste Videokonferenz ansteht. Auch das erhöht den Stresslevel und ist daher ein Punkt, den man im im Rahmen des BGM berücksichtigen sollte. 

Weitere Herausforderung für Arbeitgeber: Wie können sie das Teamgefühl aufrecht erhalten, wenn ein Teil der Beschäftigten oder gleich die gesamte Belegschaft nicht mehr vor Ort arbeitet? Und wie kann Führung gelingen, wenn sich Vorgesetzter und Mitarbeiter nur noch über Videochat austauschen können?

Neue Aspekte der Gesundheitsförderung 

Auf der anderen Seite fehlt vielen Beschäftigten die gewohnte Umgebung. Der kurze Gang zum Drucker, zum Kollegen im Nachbarbüro oder gar zur Besprechung in den Konferenzraum findet nun nicht mehr statt. Das bedeutet, dass sie sich am Ende des Arbeitstages vermutlich viel weniger bewegt haben, als sie es unter normalen Umständen getan hätten. 

Die vermehrte Belastung aus Arbeit im Homeoffice, Arbeitsverdichtung und unter Umständen gleichzeitiger Kinderbetreuung führt dazu, dass Beschäftigte an den notwendigen Pausen sparen, was sich negativ auf die Gesundheit auswirken kann. Dieser Aspekt verstärkt sich dadurch, dass Arbeitnehmer nicht mehr die Zeit haben, auf gesunde Ernährung zu achten. Während einige Arbeitgeber kostenloses Obst und Wasser für ihre Beschäftigten zur Verfügung stellen, ist das im Homeoffice nicht so. Arbeitgeber sollten daher auch den Punkt gesunde Ernährung bei ihren BGM-Angeboten gerade in Zeiten der Pandemie nicht außer Acht lassen. 

Strukturelle Änderungen bei Arbeitgebern vor Ort

Eine weitere Herausforderung für Arbeitgeber: Mitarbeiter, die sich vor der Pandemie um das Betriebliche Gesundheitsmanagement gekümmert hatten, haben nun andere Aufgaben im Unternehmen zu übernehmen und müssen sich vielleicht um den Infektionsschutz statt um Gesundheitskurse kümmern.

Das alles trifft zusammen mit der wirtschaftlich angespannten Situation, von der einige Unternehmen stärker als andere betroffen sind. Nicht selten ist in finanziell eher schwierigen Zeiten der erste Impuls, beim BGM zu sparen. Das wäre aber genau der falsche Weg. Denn BGM kann dazu beitragen, auch die psychische Belastung von Arbeitnehmern – man denke beispielsweise an den erhöhten Stress zur Zeit – zu senken. 

Während auf der einen Seite BGM-Dienstleister ihre digitalen Angebote immer weiter ausbauen, erfährt auch die analoge Seite eine Weiterentwicklung. Aspekte, die im Zuge der Corona-Pandemie beim BGM stärker in den Fokus gerückt sind, sind beispielsweise Mittel zur Förderung der individuellen und vor allem Wege zur psychischen Gesundheit.

Betriebliches Gesundheitsmanagement für Mitarbeiter in Präsenz

Außerdem nicht zu vergessen: Einige Mitarbeiter können überhaupt nicht im Homeoffice arbeiten. Das gilt in erster Linie für die Beschäftigten in der Produktion, aber auch in der Pflege und in Krankenhäusern. Gerade die letztgenannten Mitarbeiter sind in besonderer Weise von den Gefahren der Corona-Pandemie betroffen, da für sie das Infektionsrisiko höher ist als für Mitarbeiter, die auf den Mindestabstand von 1,5 Meter achten können oder für die es andere physische Sicherheitsbarrieren gibt. Pfleger und Krankenschwestern haben keine Wahl: Sie sind in engem Kontakt zu ihren Patienten. 

Betriebliches Gesundheitsmanagement für diese Personen bedeutet, dass sie in besonderem Maße vor einer Ansteckung mit dem Virus geschützt werden müssen. Denn nur so können sie weiterhin ihre wichtige Arbeit, die gerade jetzt so dringend gebraucht wird, ausüben. 

Tipps für die Umsetzung

Abschließend noch ein paar Tipps in Bezug auf das betriebliche Gesundheitsmanagement, die die IHK München auf ihrer Webseite für Arbeitgeber zusammengetragen hat. Die Hinweise stammen von verschiedenen Unternehmen und sollen anderen Arbeitgebern eine Hilfestellung dabei sein, eigene Maßnahmen zu entwickeln.

Unter anderem diese Wege gehen einige Unternehmen in Deutschland: 

  • Support-Hotline einrichten, um Mitarbeiter schnell und einfach über das aktuelle Infektionsgeschehen und die Pläne vor Ort auf dem Laufenden zu halten. Dort haben sie außerdem die Möglichkeit, dringende Probleme und Belastungen anzusprechen.
  • Krisenstab bilden, der sofort auf geänderte Anforderungen reagieren kann.
  • Flexible Lösungen ermöglichen, um in der Pandemie noch schneller auf aktuelle Herausforderungen zu reagieren. 
  • Lunchpakete anbieten, damit die Mitarbeiter nicht mehr in der Kantine essen müssen, wo die Ansteckungsgefahr höher ist.
  • Reserve-Laptop bereithalten, damit Mitarbeiter im Homeoffice zur Not ein Ausweichgerät zur Verfügung haben, ohne sich selbst lange darum kümmern zu müssen.
  • Soziale Kontakte auf anderen Wegen ermöglichen, beispielsweise durch virtuelle Treffen oder durch das Feierabendbier mit mindestens 1,5 Meter Abstand. 
  • Abteilungen aufteilen, indem ein Teil der Belegschaft im Homeoffice, ein anderer weiterhin im Unternehmen arbeitet. Wenn die gesamte Abteilung nur vor Ort arbeiten kann, können die Mitarbeiter zumindest zum Teil in andere Bereiche innerhalb des Unternehmens umziehen. Zum Beispiel in ein Stockwerk, das frei ist, weil die betreffenden Mitarbeiter von zuhause arbeiten. 
  • Mitarbeiter dürfen nicht die Abteilungen wechseln. Um die Ansteckungsgefahr zu minimieren, bleiben die Arbeitsgruppen erhalten. Während der Pandemie ist untersagt, dass Mitarbeiter zwischen den Abteilungen hin und her wechseln. Jedenfalls so lange es keine digitale Lösung gibt.