Bewerbungsmanagement-Systeme (BMS) spielen im Wettbewerb um passende Kandidaten eine zentrale Rolle. Für Kandidaten ist besonders wichtig, dass sie ein schnelles und faires Bewerbungsverfahren durchlaufen. Das ist aber ohne BMS nur schwer zu gewährleisten.

Glücklicherweise gibt es weit über 100 Angebote für BMS. Da sollte für jede Unternehmensgröße, für jedes Budget und unterschiedlichste Vorstellungen etwas Passendes zu finden sein. Leider zeigt die Praxis, dass auch bei Einsatz von BMS oft die Potenziale der Systeme nicht ausgeschöpft werden und letztlich gerade die für Kandidaten wichtige Schnelligkeit bei der Stellenbesetzung nicht realisiert wird. Wieso das so ist?

Unsere Top 5 Gründe warum Bewerbungsmanagement-Systeme nicht das volle Potenzial entfalten

1. Usability

Auch wenn User Experience bei Software-Entwicklern eine zunehmend hohe Bedeutung einnimmt, oft fehlt es immer noch an Benutzerfreundlichkeit. Und das betrifft nicht nur die Kandidatenseite mit fehlerhaften und holprig zu bedienenden Bewerbungsportalen, sondern gerade auch die Seite der Recruiter und Hiring Manager. Die Bearbeitungsabfolge ist nicht intuitiv, unübersichtliche Listen gehen einher mit unzuverlässigen Sortier- und Filterfunktionen, Statuswechsel sind nicht gut nachvollziehbar oder zu kompliziert. Oft bleibt intransparent, welche Informationen wann an wen herausgehen bzw. herausgegangen sind. Und häufig fehlen auch die kleinen Dinge, wie passende Verlinkungen zu den nächsten Prozess-Schritten oder integrierte To-do-Listen.

2. Integration in Unternehmens-IT

Neben dem BMS gibt es immer auch weitere Systeme, die im betrieblichen Alltag und auch im Zusammenhang mit dem Bewerbungsverfahren genutzt werden, z.B. für Kalender, E-Mail, Raumreservierung, Videokonferenz. Fehlt hier eine entsprechende Integration, kommt es schnell zu Parallelwelten. Die Terminvereinbarung erfolgt nicht mehr über das BMS, sondern über das sowieso geöffnete Kalendersystem. Eine kurze Nachfrage beim Kandidaten geht gerade schneller über das bereits laufende E-Mail-Programm als über die Mail-Funktion des BMS. Das resultiert letztlich in fehlenden Informationen im BMS, so dass weitere Prozessbeteiligte nicht auf Ballhöhe sind und wieder zeitintensiv nachfragen und informiert werden müssen.

3. Anbindung zu Stellenbörsen/ Karriereseite

Auch die Anbindung zu Stellenbörsen enthalten Fallstricke. Alle erforderlichen Parameter der Stellenbörsen/ Karriereseite sollten auch im BMS einstellbar sein. Sonst sind Missverständnisse und Ärger vorprogrammiert. So werden Kandidaten z.B. wegen fehlender Berufserfahrung abgesagt, obwohl sie sich nur Stellen anzeigen ließen, die ohne Berufserfahrung kategorisiert waren. Oder es gibt Diskrepanzen zwischen Stelleninformationen im BMS und der Anzeige in Stellenbörsen, z.B. bei Parametern wie Einsatzregion oder Home-Office-Umfang.

4. Schulung und Support

Wir sind es inzwischen gewöhnt: hier schnell eine App, da schnell ein kleines Tool installiert und läuft – auch ohne Einarbeitung oder Schulung. Diese Vorstellung setzt sich auch immer mehr bei komplexeren Programmen wie einem BMS durch – auch befeuert von Marketingaussagen, die die intuitive Bedienung des Systems preisen. Leider sehen wir hier häufig, dass der Verzicht auf Schulung/ Einarbeitung zu einem individuellen Durchwursteln führt – gerade auch bei Hiring Managern, und gerade, wenn diese das BMS nur selten nutzen oder neu in der Rolle sind. Und oft ist es auch fehlender Support, der in einer konkreten Problemlage nicht erreichbar ist. Die Folgen: Akzeptanzprobleme. Die zeigen sie, in dem sie sich unzufrieden über das System äußern, Systemfunktionen nur teilweise nutzen, auf externe Tools ausweichen oder das BMS sogar komplett umgehen.

5. Anpassung an Abläufe

Grundsätzlich sind die Abläufe im Rahmen eines Bewerbungsprozesses natürlich sehr ähnlich. Dennoch erleben wir natürlich bei Unternehmen und auf Job Family-/ Stellenebene Unterschiede in der Abfolge möglicher Schritte. Die sollten sich sinnvoller Weise auch im BMS widerspiegeln. Ist diese Anpassungsmöglichkeit nicht gegeben, führt das i.d.R. zu nicht konsistenten Abläufen und damit verbundenem Verlust von Zeit und Vergleichbarkeit.

Folgen und Abhilfe

Wenn das Potenzial nicht ausgeschöpft wird, hat dies nicht nur Auswirkungen auf die Besetzungsdauer und die Auswahlqualität. Es führt auch dazu, dass Benutzer immer mehr die Lust am BMS verlieren. Wir haben schon mit Hiring Managern zu tun gehabt, die sich tatsächlich alle Unterlagen haben ausdrucken lassen und das ganze Bewerbungsverfahren am BMS vorbei durchgeführt haben. Der Grund? Der BMS-Client lief nicht stabil auf dem PC des Hiring Managers, der IT-Support hatte keine Zeit.

Abhilfe ist angesichts der vielschichtigen Gründe gar nicht so einfach. Sie fängt bereits vor der Beschaffung eines BMS an. Hier sollten gerade die eigenen Prozesse und zu integrierende Systeme beleuchtet werden und entsprechende Anforderungen geklärt werden. Der schnelle Griff zum ersten optisch ansprechenden, kostengünstigen oder im Netzwerk empfohlenen Produkt kann sich ohne eine solche Abklärung schnell als Fehlgriff erweisen. Zusätzlich darf die Bedeutung von Unterstützung für die User nicht unterschätzt werden – und hier geht es um laufenden Bedarf, sei es Schulung, Support, Begleitung.

Und ja, die Vorab-Klärung von Anforderungen an das BMS und gerade auch die laufende Betreuung ist mit Einsatz und Kosten verbunden. Da reizt es natürlich, der schnellen, schicken Plug-and-Play Lösung den Vorzug zu geben – nur sollte sich dann niemand wundern, wenn das BMS nicht sein volles Potenzial entfaltet. Dann ist der Nutzen deutlich geringer als erhofft, die Vergleichbarkeit von Bewerbungen und die gewünschte Schnelligkeit wird nicht erreicht, so dass Kandidaten dann das gewünschte schnelle und faire Bewerbungsverfahren nicht erleben.

Quelle: Titelbild: CANVA/ 89Stocker

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Kurzprofil Autor

Dr. Karl-Heinrich Bruckschen ist #RecruitingStarkMacher bei upo – Bausteine für Rekrutierungserfolg und ein Kopf hinter dem Fachportal Rekrutierungserfolg.de. Er verbindet IT- und HR-Know-how mit mehr als 25 Jahren Beratungserfahrung und unterstützt Arbeitgeber dabei, mit einem echt starken Recruiting einen erlebbaren Unterschied zu machen.