Dass das Engagement der Mitarbeiter für Unternehmen eine große Bedeutung hat, wird kaum jemand bestreiten. Wie ist es jedoch um die Umsetzung dieser Erkenntnis bestellt? Schlecht, so ein Ergebnis der kürzlich vom Bundesarbeitsministerium vorgelegten Untersuchung, an der 37.151 Beschäftigte aus 314 Unternehmen teilnahmen. Zwar sind 77 Prozent der Befragten im Großen und Ganzen mit ihrer Arbeit zufrieden – das sind 4 Prozent mehr als die Europäische Kommission im Jahr 2001 im Rahmen des Eurobarometers ermittelte. Aber weniger Menschen sind aktuell völlig zufrieden: Ihr Anteil viel von 16 Prozent (vor fünf Jahren) auf sechs Prozent. Der Stress am Arbeitsplatz hat, so die Studie, im Erleben der Arbeitnehmer in den vergangenen Jahren deutlich zugenommen. Noch immer bangen viele Menschen um ihren Arbeitsplatz, auch wenn diese Sorge eher abnehme.

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Foto von Jeff Sheldon

Arbeitsunzufriedenheit mangels Beteiligung

Arbeitnehmer sehen besonders die mangelnde Beteiligung an den Gewinnen des Unternehmens kritisch: Nur jeder vierte Arbeitnehmer fühlt sich angemessen beteiligt. Einen großen Einfluss auf die Arbeitszufriedenheit hat außerdem die berufliche Position. Steige diese an, nehme die Arbeitszufriedenheit signifikant zu. Von den befragten Personen ohne Führungsfunktion bestätigten 76 Prozent, mit ihrer Arbeit insgesamt zufrieden zu sein – bei den Mitarbeitern der unteren und mittleren Führungsebene waren es 81 Prozent und in der oberen Führungsebene 90 Prozent. Auch die höhere Führungsebene weist einen überproportionalen Anteil sehr oder völlig zufriedener Mitarbeiter auf.

Während sich die männlichen Befragten insgesamt noch geringfügig zufriedener zeigten als die weiblichen, lässt die Untersuchung auf deutliche Unterschiede zwischen den verschiedenen Altersklassen schließen. Jüngere und ältere Mitarbeiter sind demnach zufriedener als die Beschäftigten mittleren Alters. Der berufliche Ausbildungsabschluss hat ebenfalls einen Effekt auf die Arbeitszufriedenheit. Auszubildende sind anscheinend am zufriedensten (86 Prozent). Die geringste Arbeitzufriedenheit weisen Mitarbeiter mit niedrigem Bildungsabschluss und ohne jeglichen Ausbildungsabschluss auf.

Engagement im gelben Bereich

Gut drei Viertel der Beschäftigten gaben an, dass sie sich ihrem Unternehmen stark verbunden fühlen und noch mindestens 5 Jahre dort arbeiten wollen. Doch das Engagement der Mitarbeiter schneidet nicht durchweg so positiv ab: Nur 40 Prozent der Mitarbeiter in Deutschland liefern in allen drei Dimensionen des Engagements – in Bezug auf Bindung, Stolz und Einsatzbereitschaft – durchweg hohe Werte ab.

Einzelne Unternehmen liefern sehr deutliche Unterschiede im Anteil ihrer rundum engagierten Mitarbeiter. Im „besten“ Unternehmen sind es 87 Prozent, im schlechtesten Unternehmen nur 5 Prozent. Die Untersuchung gelangt deshalb zu dem Fazit, dass es um das Engagement der Beschäftigten in Deutschland nicht ganz so schlecht stehe, wie manche Medienberichte Glauben machen wollten. In punkto Bewertung der Arbeitgeber insgesamt sieht es allerdings schon etwas düsterer aus: Der Anteil derer, die ihr Unternehmen als attraktiven Arbeitgeber beurteilen, sei erkennbar kleiner als die Zahl derjenigen, die mit ihrer Arbeit insgesamt zufrieden sind.

Alarmstufe rot: Unternehmenskultur

Dieser Befund ist für Unternehmen besonders fatal, denn gerade das Image als attraktiver Arbeitgeber ist in Zeiten des Fachkräftemangels Gold wert. Hierfür bringt die Untersuchung die Unternehmenskultur ins Spiel. Die meisten Mitarbeiter gaben an, dass sich in ihren Unternehmen die Kultur vor allem am Preis ausrichtet (77 Prozent) oder von reiner Leistungsorientierung (70 Prozent) abhängt. Nur ein geringerer Teil konzentriert sich auf Kriterien, die den Mitarbeiter in den Mittelpunkt stellen, wie etwa weitreichende Partizipationsmöglichkeiten oder auch umfangreiche Instrumente zur betrieblichen Gesundheitsförderung.

Im Hinblick auf den Erfolg handeln sie damit gerade verkehrt. Neben den Mitarbeitern befragte das Marktforschungsunternehmen psychonomics auch die Manager, um die Erfolgsfaktoren im Zusammenhang mit der Unternehmenskultur und dem Engagement zu erforschen. Das Ergebnis: Besonders erfolgreiche Unternehmen bewerten das Engagement der Mitarbeiter am häufigsten als den wichtigsten Wettbewerbsfaktor, während die weniger erfolgreichen diesem Aspekt nur eine geringe Bedeutung beimessen. Sehr positive Auswirkungen auf den Unternehmenserfolg haben dem Ergebnisbericht zufolge die Mitarbeiterorientierung und „das Erleben in einer weitgehend harmonischen und funktionierenden Gemeinschaft, an einem gemeinsamen, Ziel zu wirken“. Nahezu ebenbürtig sei eine Kultur des Gebens und Nehmens in einer Organisation, die insgesamt nach fairen Prinzipien gestaltet ist. Das Verhalten der Führungskräfte und insbesondere die den Mitarbeitern entgegengebrachte Wertschätzung liegen in der Rangliste ebenfalls weit oben, während die Kundenorientierung abgeschlagen am Ende der Skala zu finden ist.

akut-engagiert versus desinteressiert

Die Studie kommt ferner zu dem Schluss, dass es vier Mitarbeitertypen gibt: Die „Desinteressierten“ sind mit 14 Prozent die kleinste Gruppe. Für sie hat die Berufstätigkeit grundsätzlich keine Bedeutung. 18 Prozent zählen zu den „Aktiv-Unzufriedenen“. Darunter verstehen die Studienautoren diejenigen Mitarbeiter, die eine sehr geringe Arbeitszufriedenheit und eine sehr schwache Identifikation mit ihrem Arbeitgeber aufweisen. Die größte Gruppe bilden mit 37 Prozent die „Passiv-Zufriedenen“. Sie sind relativ zufrieden und identifizieren sich überdurchschnittlich mit ihrem Arbeitgeber, beweisen aber nur durchschnittlich ausgeprägte Einsatzbereitschaft und achten nicht sehr stark darauf, ihr Wissen auf dem Laufenden zu halten. Fast ein Drittel gehört zum begehrtesten Mitarbeitertyp – den „Akut-Engagierten“, die selbst dafür sorgen, dass ihnen die Arbeit Spaß macht.

In den Top 30 Unternehmen der Untersuchung stellen diese Leistungsträger mit etwa einem Drittel einen deutlichen Anteil der Mitarbeiter dar, während in den wenig erfolgreichen Unternehmen nur ein Viertel zu den Akut-Engagierten gehört. Akut-Unzufriedene machen in erfolgreichen Unternehmen nur 14 Prozent aus und bilden damit die kleinste Mitarbeitergruppe, während in wenig erfolgreichen Unternehmen 21 Prozent Akut-Unzufriedene arbeiten. Erfolgreiche Unternehmen unterschieden sich also von weniger erfolgreichen unter anderem durch ihren Anteil an Leistungsträgern und unzufriedenen Mitarbeitern.

Fazit

Was können nun Personalmanager aus dieser Studie mitnehmen? Die Untersuchung belegt, dass die Unternehmenskultur und das Engagement der Mitarbeiter eng mit dem Erfolg des Unternehmens zusammenhängen. Ein Patentrezept, wie eine mitarbeiterorientierte Unternehmenskultur aussehen muss, kann jedoch auch psychonomics nicht liefern. Einige Anhaltspunkte liefert die Untersuchung gleichwohl. Erfolgreiche Unternehmen achten beispielsweise auf die Erhaltung der Unternehmenswerte und Leitbilder – insbesondere auch bei der Personalauswahl. High Potentials fühlen sich von Unternehmen mit einer vorbildlichen Unternehmenskultur in höherem Maße angezogen. Der Erfolg, den solche Mitarbeiter mit sich bringen wirkt verstärkend auf die Entwicklung der anderen Mitarbeiter. Ein positiver Kreislauf entsteht, denn letztendlich sind es die engagierten Leistungsträger, die maßgeblich zum Erfolg eines Unternehmens beitragen.