Prior1 plant, baut und wartet Rechenzentren. Damit bewegt sich der Mittelständler, der deutschlandweit 80 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter beschäftigt, in einem Dienstleistungsbereich, in dem Energieeffizienz und CO2-Ausstoß eine große Rolle spielen. Umso wichtiger ist es dem Unternehmen, Ressourcen einzusparen und nachhaltig zu agieren – zum Beispiel beim Reisen. Im Interview erklärt Anja Zschäck, Teamkoordinatorin Marketing & Personal bei Prior1, das firmeneigene Mobilitätskonzept. 

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Foto von bruce mars

Frau Zschäck, was motiviert Sie bei Prior1, sich mit Nachhaltigkeit auseinanderzusetzen?

Das Thema Nachhaltigkeit wird bei Prior1 sehr stark von unserem Geschäftsführer Stefan Maier getrieben. Wir haben schon vor Jahren angefangen, uns damit zu beschäftigen – und zwar auf verschiedenen Ebenen. Wir können in Richtung der Kundinnen und Kunden sehr viel bewegen. Denn wenn wir Lösungen verkaufen, die effizienter sind als andere, ist die Hebelwirkung groß. Aber uns ist es auch wichtig, intern etwas zu verändern.

Anja Zschäck, Teamkoordination Marketing & Personal bei Prior1

Was möchten Sie konkret verändern?  

Wir möchten ökologisches Verhalten fördern. Das fängt bei der Auswahl des Büromaterials an, das wir verwenden, und reicht über den Einkauf von Lebensmitteln und Getränken bis hin zur Müllvermeidung. Wir schauen bei all diesen Themen, wie wir nachhaltiger werden können. So haben wir beispielsweise am Standort St. Augustin Behälter angeschafft, mit denen wir mittags das Essen vom Imbiss abholen können, damit wir nicht jedes Mal Plastikverpackungen bekommen.

Bezogen auf unseren internen Betrieb kommt aber der größte CO2-Ausstoß durch Mobilität zustande. Daher kam die Frage auf, was wir in dieser Hinsicht verbessern können. Mit unserem Nachhaltigkeitsbeauftragten Martin Weber haben wir daher ein Mobilitätskonzept entwickelt, das drei Stufen umfasst:

  • Vermeiden steht vor Reduzieren
  • Reduzieren steht vor Kompensieren
  • Kompensieren steht vor Nichtstun

Wie setzen Sie diese Stufen in der Praxis um?

Wir versuchen unsere Mitarbeitenden zu motivieren, auf Dienstfahrten mit dem Auto möglichst zu verzichten. Wenn ihnen laut Arbeitsvertrag ein Dienstwagen zusteht, können sie darauf verzichten und erhalten die Bahncard 100 1. Klasse. Die Ersparnis, die das Unternehmen dadurch hat, teilen wir mit ihnen, damit die Beschäftigten davon einen gewissen Benefit haben. Aktuell nutzen fünf Kolleginnen und Kollegen dieses Angebot.

Aber auch Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, die ein Dienstfahrzeug haben, bekommen zusätzlich die Bahncard 50 als Anreiz, häufiger mit der Bahn zu fahren und Autofahrten zu reduzieren. Wer viel Bahn fährt, bekommt am Ende noch einen Bahn-Bonus – je nach Anzahl der zurückgelegten Kilometer. Parallel dazu stellen wir unsere Dienstwagenflotte schrittweise auf E-Mobilität um – und haben mittlerweile auch an allen Standorten Ladestellen.

Den Co2-Ausstoß, den wir nicht vermeiden können, ermitteln wir in einer CO2-Bilanz und kompensieren ihn über anerkannte Projekte.

Wie wird das Mobilitätskonzept angenommen?

Es ist ein Prozess, für den wir umdenken, Gewohnheiten verändern und Vorurteile abbauen müssen. Wichtig war für uns, dass wir Vorbilder hatten: Der Geschäftsführer war der erste, der sein Auto abgegeben hat und auf die Bahn umgestiegen ist. Auch ein Kollege aus dem Vertrieb ist unter denjenigen, die nur noch Zug fahren. Natürlich müssen die Kolleginnen und Kollegen ihre Reisen teilweise anders planen – und sich zum Beispiel am Bahnhof ein Carsharing-Auto nehmen, um zum Ziel zu kommen. Aber auch diese Option bieten wir an.

Sie stellen Ihren Beschäftigten auch Jobräder zur Verfügung. Wie sieht dieses Angebot genau aus?

Wir haben mittlerweile knapp 30 Räder im Unternehmen, die wir Mitarbeitenden kostenfrei zur Verfügung gestellt haben – und zwar unabhängig davon, ob sie damit zur Arbeit fahren. Denn es war uns wichtig, Bewegung generell zu fördern. Mittlerweile bieten wir ein Leasing-Modell für Jobräder an. Das heißt: Wir übernehmen die Abwicklung der monatlichen Raten über die Gehaltsabrechnungen – mit den entsprechenden steuerlichen Vergünstigungen für die Mitarbeitenden.

Wie wirkt sich Ihr Fokus auf Nachhaltigkeit im Recruiting aus? Ziehen Sie damit Kandidatinnen und Kandidaten an?

Nachhaltigkeit ist ein Thema im Recruiting. Wir merken mittlerweile sehr stark, dass die Menschen sehr genau hinschauen, wo sie sich bewerben, weil sich gute Fachkräfte die Jobs aussuchen können. In Vorstellungsgesprächen hören wir immer wieder, dass unsere Ausrichtung in dieser Hinsicht Menschen angesprochen hat. Die Leute wollen zunehmend eine sinnstiftende Tätigkeit in einem wertschätzenden und positiven Umfeld. Wichtig ist dabei aus meiner Sicht aber, dass Unternehmen diese Werte auch wirklich authentisch leben. Es reicht nicht, irgendwas auf die Website zu schreiben, was sich später im Job nicht bewahrheitet.

Wie wichtig ist Ihnen das Thema Nachhaltigkeit bei der Auswahl von Mitarbeitenden?

Wir fragen nicht gezielt danach. Aber man bekommt im Gespräch mit, wie die Menschen ticken und welche Haltung sie mitbringen. Wichtig ist uns vor allem, dass sie in die Teams passen – und die Kolleginnen und Kollegen aus den Teams treffen dann auch die finale Entscheidung, ob jemand eingestellt wird oder nicht.

Welche Tipps haben Sie für Unternehmen, die sich mit nachhaltiger Mobilität beschäftigen möchten? 

Aus meiner Erfahrung ist es wichtig, Anreize zu schaffen und Vorbilder zu haben. Es kommt schlecht an, wenn die Firmenleitung sagt, „Ihr fahrt jetzt alle schön mit der Bahn“, um dann selbst in den SUV zu steigen. Außerdem sollte man immer wieder darüber sprechen und erklären, warum man sich als Unternehmen mit Nachhaltigkeit beschäftigt und welchen Nutzen das hat. Wir konnten in den vergangenen Jahren beispielsweise unsere Fahrtätigkeit und unseren damit verbundenen CO2-Ausstoß deutlich senken.

Das hat den positiven Nebeneffekt, dass die Reisen für die Mitarbeitenden, die häufiger Bahn fahren, weniger belastend sind. Im Zug können sie nach einem Termin ihre Mails bearbeiten – und sind dann wirklich fertig, wenn sie zu Hause ankommen. Sie können aber auch aus dem Fenster schauen und einfach eine Pause machen.

Ich kann Unternehmen insgesamt nur dazu ermutigen, ein eigenes Modell zu entwickeln – oder gerne auch nachzumachen – und einfach auszuprobieren, was funktioniert. Es könnte ja gut gehen! Wir müssen alle etwas tun für das Klima und man sollte sich nicht davor fürchten.

Interview: Bettina Geuenich