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Foto von Domenico Loia
Vorgesetzte und Personalmanager treffen auf Mitarbeiter und Kollegen, die unbeholfen mitteilen, dass ihr Lebenspartner schwer erkrankt ist, dass sie früher gehen wollen und müssen, um pünktlich bei einem entscheidenden Arzttermin zu sein. Und das heute, wo beinahe jeder Angst um seinen Job hat und eigentlich 100 Prozent seiner Energie in den Job stecken sollte. Oder Mitarbeiter signalisieren ihre eigene (vielleicht lebensbedrohliche) Erkrankung. Manche reichen nur still den gelben Schein in der Personalabteilung ein, schweigen am liebsten über ihr Unglück. Andere schildern ihre Sorgen und Ängste – auch die um den Job, die zur medizinischen Diagnose hinzukommen. Abwiegelnde Sätze wie „Jetzt machen Sie sich mal keine Sorgen. Das wird schon wieder!“ mögen ermutigend gemeint sein, beweisen aber nur Hilflosigkeit und Inkompetenz in persönlichen Personaldingen.

Und doch kann es noch härter kommen für Vorgesetzte und Personalmanager: Wie geht man als Unternehmen mit einem (versuchten) Selbstmord um? Womöglich auf dem Firmengelände. Und wer kommuniziert ihn gegenüber den Mitarbeitern? Totschweigen ist eine durchaus gängige Reaktion. Man geht einfach so zur Tagesordnung über. Nur der Flurfunk berichtet – über die Selbsttötung, aber vor allem über das Missmanagement danach.

Spielregeln für Todesfälle

Unternehmen müssen lernen, bei persönlichen Leiden der Beschäftigten ernsthaft und zugleich mitmenschlich zu agieren. Dazu gehört es zu entscheiden, wer etwas zu wem sagt, was und vor allem wie es gesagt wird? Bei Erkrankungen steht der Vorgesetzte in der Verantwortung, unterstützt von den HR-Verantwortlichen. Für Todesfälle muss es Spielregeln geben, die zur Firmenkultur passen: Wer zur Trauerfeier gehen muss (und wer während der Arbeitszeit gehen darf), wer mit den Angehörigen spricht, wann und wo das Unternehmen eine Todesanzeige veröffentlicht, wer über Blumen und Spenden entscheidet. Für die Zurückbleibenden ist der Tod am schlimmsten. Auch in Unternehmen. Das Unfassbare lähmt die Menschen. Es braucht Zeit und Raum zu trauern – in einem gegenseitigen Austausch, etwa im Team mit Vorgesetztem und Personaler, eventuell unterstützt durch einen ausgebildeten und (lebens-)erfahrenen Außenstehenden. Sofern die Beteiligten das wünschen.

Solche Gespräche sind direkt danach hilfreich und befreiend für alle – auch für die ferneren Personalmanager. Und zu späteren Zeitpunkten helfen solche Gespräche noch einmal, das Thema Tod eines Kollegen, eines Chefs oder eines Mitarbeiters abzuschließen. Denn so werden Ereignis und Situation fassbarer. Man kann wieder leistungsfähig(er) an die Arbeit gehen.

Der Erfolg eines Unternehmens hängt von Menschen ab, die nur dann ihre volle Arbeitskraft zum Einsatz bringen (können), wenn sie auch in schweren Zeiten – ob direkt betroffen oder nicht – von ihren Vorgesetzten, vom HR-Management und auch von ihren Kollegen mit ihren Bedürfnissen respektiert und wahrgenommen werden. Ein Unternehmen handelt erfolgreich und vor allem sehr verantwortungsvoll, wenn es das Zwischenmenschliche nie aus den Augen verliert. Wenn es im Dialog mit den Angestellten ist. Auch bei persönlichen Tragödien. Krankheit und Tod machen vor niemanden Halt. Jeder muss sich damit auseinandersetzen. Ob er will oder nicht. Auch im Unternehmen. Doch niemand braucht es alleine tun!

Quelle: PERSONAL - Heft 02/2010