Die gute Nachricht vorab: Das digitale Lernen ist mittlerweile ein fester Bestandteil der betrieblichen Weiterbildung im deutschsprachigen Raum. Häufig fehlt es jedoch an unterstützenden Rahmenbedingungen, wie beispielsweise einem passenden Lernzeitkontingent oder einer etablierten Lernkultur, damit Mitarbeitende die E-Learning-Angebote auch wahrnehmen, wie eine Studie zeigt.

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Von März bis Juni 2022 haben der E-Learning-Anbieter GoodHabitz und das eLearning Journal Unternehmen in der DACH-Region zu ihren digitalen Weiterbildungen befragt. 448 HR-Verantwortliche, Personalentwickler:innen und Geschäftsführer:innen haben an der „E-Learning Benchmarking Studie 2022“ teilgenommen, die untersucht hat, wie ausgeprägt Unternehmen es ihren Beschäftigten ermöglichen, vorhandene E-Learning-Angebote tatsächlich zu nutzen. Zwei Drittel der Befragten kamen aus Unternehmen mit bis zu 1.000 Mitarbeitenden. Mehr als 11 Prozent der Befragten kamen aus der Geschäftsführung; über drei Viertel waren aus HR/Personalentwicklung sowie aus Fort- und Weiterbildung inklusive E-Learning-Abteilungen.

Digitales Lernen ist etabliert

Die aktuellen Zahlen zeigen, dass sich digitales Lernen auch nach dem „Corona-Schub“ nachhaltig etablieren konnte. Zwar haben die Unternehmen mit dem Abflachen der pandemiebedingten Einschränkungen wieder vermehrt Präsenzveranstaltungen angeboten, doch beiden Formate bestehen zunehmend gleichberechtigt nebeneinander. Für das Jahr 2022 gaben mit 91,8 Prozent nahezu alle befragten Unternehmen an, dass E-Learning in ihrer betrieblichen Aus- und Weiterbildung zum Einsatz kommt. Weitere 4,3 Prozent planen gerade, digitales Lernen einzuführen.

Lernzeit zum Großteil Arbeitszeit

Selbst ein umfangreiches Lernangebot reicht aber nicht aus, wenn die Beschäftigten keine Zeit für die Weiterbildung haben. Daher ist es ermutigend, dass fast zwei Drittel der Befragten (62,4 Prozent) ihren Mitarbeitenden ermöglichen, während der Arbeit zu lernen. Weitere 18,4 Prozent, die Regelung „Lernzeit = Arbeitszeit“ einzuführen.

In den meisten Unternehmen dürfen Mitarbeitende während er Arbeitszeit lernen (n = 415, Quelle: GoodHabitz/eLearning Journal)

30 bis 60 Minuten pro Woche

Mehr als ein Drittel (36,8 Prozent) der befragten Unternehmen geben ihren Mitarbeitenden 30 bis 60 Minuten pro Woche Zeit zum Lernen. Rund ein Viertel (27 Prozent) bietet weniger als 30 Minuten pro Woche, während etwas über einem Fünftel zwischen einer und zwei Stunden pro Woche zur Verfügung stellt (22 Prozent). Spannend: Es gibt eine Minderheit von Unternehmen (5,4 Prozent), die ihren Mitarbeitenden ein Zeitkontingent von sogar mehr als fünf Stunden pro Woche einräumen.

Wie Mitarbeitende die Lernzeit nutzen (n = 357, Quelle: GoodHabitz/eLearning Journal)

Hürden beim Lernen während des Arbeitens

Was in der Theorie bereits ganz gut klingt, muss jedoch auch in der Realität funktionieren: Ein umfangreiches Zeitkontingent bedeutet wenig, wenn Mitarbeitende die verfügbare Zeit zum Lernen real nicht in Anspruch nehmen können. Tatsächlich legen die Ergebnisse der Studie 2022 diese Vermutung nahe. Denn mit 17,4 Prozent können nur eine Minderheit der Befragten ihre Lernzeit wirklich nutzen. Demgegenüber können 63,6 Prozent der Mitarbeitenden ihre Zeit nur teilweise in Anspruch nehmen, während fast ein Fünftel (19 Prozent) angibt, keine verfügbare Zeit zum Lernen zu haben.

Pensum und Führung

Mit 88,8 Prozent ist das hohe Arbeitspensum der mit Abstand wichtigste Faktor dafür, dass Beschäftigte keine Zeit finden, sich digital weiterzubilden. Dies hängt oft damit zusammen, dass die jeweilige Führungskraft dieses Vorhaben nicht unterstützt (45,2 Prozent). Hier stellt sich die Frage, welchen Stellenwert Unternehmen der Weiterbildung einräumen. Wenn Weiterbildung einen Mehrwert darstellt und dazu beiträgt, strategische Unternehmensziele zu erreichen, ist es kontraproduktiv, keine entsprechenden Rahmenbedingungen zu schaffen.

Hürden für E-Learning (n = 374, Quelle: GoodHabitz/eLearning Journal)

Mangelnde Lernkultur

Wenn Unternehmen Weiterbildung in einem Unternehmen nicht schätzen, wirkt sich dies in der Regel auf die Lernkultur und damit auch auf die Lernmotivation und -bereitschaft der Mitarbeitenden aus. Es passt daher ins Bild, dass rund ein Drittel (32,6 Prozent) der Befragten die Lernkultur als Grund für eine mangelhafte Nutzung angeben. Technische Hürden (17,9 Prozent) sowie ein unpassendes Lernangebot (16,8 Prozent) spielen dabei eher untergeordnete Rollen.

Lernorte: Wo wird digital gelernt?

E-Learning findet vor allem am Arbeitsplatz und während der Arbeitszeit statt. Das haben 92,2 Prozent der Befragten in der Studie bestätigt. Auch während der Freizeit, wie beispielsweise in der Pause, wird am Arbeitsplatz gelernt. Dies passiert jedoch deutlich seltener (15 Prozent). Gleichzeitig hat nicht jeder Mitarbeitende zwangsläufig einen PC-Arbeitsplatz für die Nutzung des digitalen Lernangebots. Neben mobilen Endgeräten stellen einige Unternehmen daher auch spezielle Lernorte – zum Beispiel Computerräume – zur Verfügung. Mit 20,7 Prozent gab immerhin rund ein Fünftel der Befragten an, dass die Mitarbeitenden solche innerbetrieblichen Lernstationen während der Arbeitszeit in Anspruch nehmen können. Mit 46,3 Prozent gab fast die Hälfte der Befragten an, dass ihre Mitarbeitenden auch zu Hause lernen. Sehr viel seltener bearbeiten Beschäftigte die E-Learnings unterwegs, zum Beispiel auf dem Weg zur oder von der Arbeit (16,8 Prozent). Dies ist nicht verwunderlich, zählt in den meisten Fällen der Arbeitsweg nicht als Arbeitszeit.

Fazit

Die Studie zeigt, dass in Sachen E-Learning zwischen Wunsch und Wirklichkeit noch eine Lücke klafft. Denn Lernangebote können nur greifen, wenn Unternehmen auch Lernzeit bereitstellen. Dabei sind vor allem die Führungskräfte gefordert: Sie müssen das Lernen aktiv fordern und fördern, ansonsten kann selbst das beste E-Learning nicht fruchten. Es gilt eine neue Lernkultur zu etablieren. In dieser Hinsicht ist in vielen Organisationen noch Luft nach oben.

Zur Studie

An der E-Learning BENCHMARKING Studie 2022 beteiligten sich 448 Unternehmen aus der DACH-Region. Die Studie umfasst insgesamt drei Teilstudien mit den Themenschwerpunkten: Skill-/Kompetenzmanagement, Lernzeit/Lernkontingent sowie Lern-Ökosysteme und Bildungstechnologie.