Hatten Sie in Ihrer HR-Arbeit bereits mit KI zu tun? Vor welchen Herausforderungen stehen Sie da?

four men looking to the paper on table
Foto von Sebastian Herrmann

Da sollten wir zunächst einmal klären, was KI ist. Denn ich beobachte, dass mitunter KI drauf steht, wo es letztendlich um Automatisierung oder reine Datenanalyse geht. People Analytics im HR Reporting ist bei TUI natürlich ein zunehmend wichtiges Thema. Künstliche Intelligenz hingegen als lernendes System, das Strukturen erkennen kann und Entscheidungen ableitet – damit hatte ich zumindest bisher keine direkte Berührung bei TUI. Als Mitgründerin des Ethikbeirat HR-Tech habe ich allerdings viel darüber lernen können. Und aus diesen Diskussionen mit Experten ist mir klar geworden: Als HR müssen wir den KI verstehen, bevor wir sie einsetzen. Denn wenn wir den Menschen in den Mittelpunkt unseres Handelns stellen, können wir die letzte Entscheidung nicht dem Algorithmus überlassen. Hier wird es in Zukunft vor allem darauf ankommen, die entsprechenden Kompetenzen in den HR-Teams aufzubauen. Wir müssen uns auch fragen, ob die aktuelle Ausbildung zum HR-Experten KI ausreichend berücksichtigt. Denn eines ist klar: KI wird kommen und unsere Arbeit verändern. Und wir sollten dem offen gegenüber stehen.

Wie kam es zur Gründung des Ethikbeirats und welche Ziele verfolgt er?

Im letzten Jahr nahm die Diskussion um die Potentiale der KI für den HR-Bereich spürbar Fahrt auf. Ich hatte in der FAZ von einem „Hype“ gesprochen: Es wurde viel darüber diskutiert, aber nur wenige HR-Bereiche hatten KI seinerzeit tatsächlich eingesetzt. Aber es war zu beobachten, dass Unternehmen verstärkt auf Künstliche Intelligenz und andere Zukunftstechnologien im HR-Management setzen. Gemeinsam mit meinen Mitstreitern im Bundesverband der Personalmanager und von der Unternehmensberatung hkp/// group und kam die Idee auf, das gestiegene Interesse zu nutzen, um über ethische Fragen rund um den Einsatz von KI zu sprechen. Wir haben dann Vertreter und Vertreterinnen aus Wissenschaft, Start-ups und etablierten Unternehmen für die Mitarbeit gewinnen können. Ziel des Ethikbeirat HR-Tech ist die Aufklärung sowie die Erarbeitung handlungsleitender Prinzipien für den Einsatz und die Nutzung von Technologie für Entscheider und Experten im Personalwesen.

Wie sind Sie vorgegangen, um die Richtlinien für den verantwortungsvollen Einsatz von KI in der Personalarbeit zusammenzustellen?

Wir haben im ersten Halbjahr 2019 drei inhaltliche Workshops durchgeführt, in denen wir als Mitglieder des Ethikrats offen und konstruktiv die Grundlage für die Richtlinien erarbeiten haben. Uns ging es von Beginn an um einen wertschaffenden und zugleich verantwortungsvollen Technologieeinsatz in der Personalarbeit. Da war die vielfältige Zusammensetzung des Ethikrates ein echter Gewinn, wir konnten die Fragen aus unterschiedlichen Blickrichtungen diskutieren. Zudem haben wir uns weitere Expertinnen und Experten als Gesprächspartner eingeladen. Nach dieser Vorarbeit sind wir dann am 25. Juni an die Öffentlichkeit gegangen und haben einen Vorschlag für die Richtlinien als Konsultationsentwurf vorgestellt. Und seit Juli 2019 läuft nun die Konsultationsphase mit einem umfassenden Dialog mit verschiedenen Stakeholder-Gruppen. Wir waren auf verschiedenen Veranstaltungen und haben uns in Diskussionen eingebracht, die interessierte Öffentlichkeit hat uns auf LinkedIn Feedback gegeben. Das war ein lebhafter, spannender Austausch. Und derzeit sind wir in weiteren Workshops dabei, dieses Feedback zu konsolidieren und kritisch zu diskutieren. Unser Ziel ist es, bis Anfang 2020 eine überarbeitete Fassung der Richtlinien zu veröffentlichen, die die Konsultation widerspiegelt.

Sie haben im März 2019 eine Befragung zum Thema „Künstliche Intelligenz in der Personalarbeit“ durchgeführt. Was waren zentrale Ergebnisse der Umfrage?

Die Umfrage des Bundesverbands der Personalmanager in Zusammenarbeit mit dem Ethikbeirat HR Tech hat gezeigt, dass sich insgesamt 74 Prozent der Personalverantwortlichen in Deutschland intensiv mit dem Thema beschäftigen. Oft fehlen ihnen allerdings noch die konkreten Anwendungsbeispiele sowie entsprechende Trainings, um die Technologie selbst einzusetzen. Auch offene ethische Fragen sorgen dafür, dass Personaler noch keine KI im eigenen Unternehmen eingesetzt haben. 16 Prozent der Befragten gaben an, den Einsatz von KI bei sich im HR-Bereich konkret zu planen. Weitere 16 Prozent der Befragten gaben an, dass sie bereits KI-basierte Technologien in der Personalarbeit in ihrem Unternehmen einsetzen. 26,5 Prozent machten deutlich, dass diese Technologie für sie überhaupt nicht in Frage kommt.

Künstliche Intelligenz ist ja noch eine vergleichsweise junge Technologie, wird aber für eine moderne Personalarbeit zu einem wichtigen Schlüssel. Insofern zeigen die Ergebnisse, dass das Thema bei der Mehrheit der Personaler angekommen ist – es aber Unsicherheiten gibt, die verhindern, dass KI eingesetzt wird. Hier können die Richtlinien zum Einsatz von KI in der HR sicherlich einen Beitrag dazu leisten, mehr Klarheit zu schaffen. Der Prozess zu ihrer Erarbeitung hat bereits für eine gute Debatte gesorgt.