Talent Mobility ist ein wesentlicher Bestandteil der Unternehmenskultur
Sind Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter nicht zu einer beruflichen Veränderung im Unternehmen bereit oder werden Entwicklungen durch die Führungskräfte nicht entsprechend gefördert, kann sich diese Stagnation zu einem großen Geschäftsrisiko entwickeln. Daher ist es essenziell, entsprechende Rahmenbedingungen zu schaffen und insbesondere kulturelle Aspekte zu gestalten, die die Mobilitätsbereitschaft in der Organisation fördern.
In diesem Zusammenhang hält heute ein neuer Trend in Unternehmen Einzug: das „Design Thinking“. Eigentlich aus der Produktentwicklung stammend, geht es hierbei darum, das Anwendererlebnis und die Bedürfnisse von Kunden in den Mittelpunkt zu stellen. So überarbeiten Unternehmen beispielsweise ihre HR-Prozesse, indem sie diese aus der Perspektive der Führungskräfte betrachten und bei Bedarf verändern. Dies ist derzeit insbesondere im Performance Management zu beobachten. Oftmals wurde Performance Management in der Vergangenheit als sehr elaborierter, gleichzeitig aber auch sehr bürokratischer Prozess aufgesetzt. Der Trend geht nun vermehrt dahin, festgefahrene Strukturen loszulassen und die Rolle von HR nicht mehr ausschließlich auf kontrollierende beziehungsweise administrative Tätigkeiten zu beschränken. Neue Ansätze und Prozesse dazu werden nun meist gemeinsam mit Führungskräften und entlang ihrer jeweiligen Bedürfnisse gestaltet – auch berücksichtigend, dass die gefundenen Lösungen nur für eine gewisse Zeit Gültigkeit haben werden und stetig weiterentwickelt werden sollen. Um größtmögliche Business-Nähe sicherzustellen, unterstützen immer mehr Unternehmen cross-funktionale Karrieren. Sie fördern beispielsweise einen Wechsel zwischen einem Kerngeschäftsbereich und einem Supportbereich wie HR oder Marketing.
Essenziell sind dabei zwei Punkte:
- Klarheit über den organisationalen Bedarf (Wo braucht das Unternehmen welche und wie viele Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter mit welchen Skills, um die Geschäftsergebnisse zu erreichen?) sowie
- eine sorgfältig durchdachte Mobilitätsstrategie, die Fragen des Onboardings ebenso regelt wie Gehaltsmanagement, Lernmaßnahmen und nicht zuletzt Personalkosten und Personalbudgets
Führungskräfte machen Karriere und Entwicklung zur Top-Priorität
Unternehmen sollten Karriereentwicklung, Lernen und Coaching als strategische Aufgaben verstehen. Auch wenn es kurzfristig effizienter sein kann, eine Expertin oder einen Experten von außen zu holen, kann sich das Investment in Aufbau und Entwicklung bestehender Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter mittel- bis langfristig lohnen. Das vorhandene Organisationswissen und der kulturelle Fit sind oft deutlich erfolgskritischer als „fertige“ Expertise und Know-how.
Letztendlich darf Karrieremanagement nicht als reine HR-Aufgabe verstanden werden. Vielmehr sind die Gestaltung und das Management von Karrieren Aufgaben, denen sich das Unternehmen auf allen Ebenen widmen muss. Ist ein Unternehmen in diesem Feld gut aufgestellt, ist es in Veränderungssituationen auch ungleich effizienter und effektiver. Wenn Karrierewege konstruktiv und optimistisch neu gedacht werden, sind sie keine Gefahr für Unternehmen – sondern vielmehr Chance und Erfolgsfaktor.
Quelle: Josh Bersin: “Hacking the career: What organizations should do” (2016)
Karrieren haben früher oftmals zur Gänze in einem Unternehmen stattgefunden: Angefangen mit dem Berufseinstieg über ein Trainee- oder Onboarding-Programm über den Aufstieg auf der Karriereleiter, bis zur Führungsfunktion und schlussendlich der Pensionierung 30 bis 40 Jahre später. Heute bleiben – Untersuchungen von Bersin by Deloitte zufolge – Menschen vier bis fünf Jahre in einem Unternehmen. Millennials wechseln fast doppelt so oft ihren Job wie ältere Kollegen.
Flexible Arbeitsbedingungen und attraktive Gehalts- und Benefitpakete allein reichen oft nicht mehr aus, um für LeistungsträgerInnen, ExpertInnen und High Potentials attraktiv zu sein. Oft muss der Ansatz deutlich tiefer gehen. Die Art, wie Organisationen – und damit auch Karrieren – aufgebaut und gestaltet sind, muss neu gedacht werden.
Bisherige Karrieremodelle waren klassischerweise durch zwei Verläufe gekennzeichnet: einem Führungs-Karrierepfad und einem Experten-Karrierepfad. Beiden gemeinsam war ein hierarchischer Aufstieg. Diese Modelle halten jedoch oft der Geschwindigkeit, in der sich Organisationen verändern müssen, nicht stand, werden als starr und nicht praxisorientiert wahrgenommen. Benötigte Skills und Kompetenzen verändern sich oftmals ebenso schnell wie beispielsweise die eingesetzten Technologien. Das macht ständige Weiterentwicklung, durchdachte Lernkonzepte und einen guten Überblick über das Personal-Portfolio wichtiger als lineare Karriereverläufe und hierarchischen Aufstieg. Innovative technologische Entwicklungen, die Vernetzung unserer Welt, neue Kundensegmente oder Produktionsformen – all das macht die ständige Neuerfindung von Unternehmensstrukturen unerlässlich.
Laut der Deloitte Studie „Human Capital Trends 2016“ planen 92 Prozent der 7.000 weltweit Befragten eine Neugestaltung ihrer Organisation, um agiler, flexibler und effizienter zu werden. Gleichzeitig fordern insbesondere Millennials Flexibilität, vielfältige Perspektiven und schnelle Entwicklungsmöglichkeiten. Eine dritte Herausforderung liegt darin, passende Nachfolgerinnen und Nachfolger für erfolgskritische Positionen im Unternehmen verfügbar zu haben. Oftmals müssen Personen Führungsfunktionen wahrnehmen, die eigentlich noch nicht ausreichend darauf vorbereitet sind. All das passiert in einer Arbeitswelt, die durch die fortschreitende Digitalisierung von so viel Transparenz wie nie zuvor geprägt ist. Erfolgreiche Karrieremodelle und -verläufe werden künftig aus Sicht von Deloitte maßgeblich durch folgende drei Aspekte gekennzeichnet sein:
Teams stehen im Mittelpunkt
Aktuelle Studien von Bersin by Deloitte zeigen, dass zeitgemäße Unternehmen als „High Performing Companies“ durch eine sehr hohe Mobilität zwischen Teams geprägt sind. Mit dieser Flexibilität erhöht sich die Veränderungsgeschwindigkeit und Agilität in den Situationen, in denen es aufgrund der Marktgegebenheiten oder Unternehmenssituation erforderlich ist. Das ist vergleichbar mit großen Hollywood-Filmproduktionen: Personen mit den richtigen Skills und Kompetenzen kommen zusammen, teilen ihre Expertise, arbeiten an einem gemeinsamen Projekt und trennen sich nach einem erfolgreichen Abschluss wieder, um dann in einer neuen Teamkonstellation an einer neuen Produktion zu arbeiten. Karriereverläufe finden zukünftig vor allem über spannende, herausfordernde Aufgaben und Projekte statt, über die persönliche Fähigkeiten und Know-how weiterentwickelt und ausgebaut werden können.
Dies impliziert oftmals auch eine Agilität von Karriereverläufen, durch einen Wechsel zwischen Jobs mit und ohne Führungsverantwortung. Unternehmen, die solche spiralförmigen Karrieren erfolgreich leben, teilen häufig eine Gemeinsamkeit: Der Sinn – oder „Purpose“ – der Arbeit steht im Mittelpunkt. Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter erfüllen ihre Jobs, weil sie von deren Sinnhaftigkeit und wichtigem Beitrag überzeugt sind, und nicht aus Prestige- oder Status-Gründen. Umso wichtiger ist es, hierbei die richtigen Formen von Anerkennung zu finden. Diese dürfen nicht mehr ausschließlich auf den Erfolg Einzelner gerichtet sein, sondern müssen vielmehr den Erfolg und die Kollaboration von Teams in den Mittelpunkt stellen.