„Die formale Weiterbildung vom Kindergarten über die Schule bis hin zur Universität hat sich in den vergangenen 30 Jahren kaum geändert“, so Jimmy Wales bei der Preisübergabe am Freitag, 30. März 2012, in Berlin. „Informelles Lernen hat sich hingegen radikal gewandelt.“ Wenn Menschen bereits mitten in ihrer Karriere stünden, nutzten sie hauptsächlich das Internet, um sich auf dem Laufenden zu halten, was sich in ihrem Berufsfeld etwa in technologischer Hinsicht tue. Als die fünftpopulärste Website der Welt mit monatlich mehr als 500 Millionen Besuchern spiele auch Wikipedia dabei eine zentrale Rolle.

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Foto von Windows

In diesem Zusammenhang stellte sich der aktuelle Leonardo-Preisträger in die Tradition Jacques Delors‘, der 2010 den Award für seine ganzheitliche Bildungsvision „Lernen zu handeln, Lernen zusammenzuleben sowie Lernen das Leben zu gestalten“ erhalten hatte: Wikipedia ist eine Art Lifestyle, der beinhaltet, ständig zu lernen und neue Dinge zu entdecken“, so Wales. Wenn jemand etwas nicht wisse oder wissenschaftliche Hintergründe herausfinden wolle, informiere er sich auf Wikipedia. „Wir sind in diesem Sinne zu einer Art Infrastruktur der Welt geworden“, erklärte Wales. „Wikipedia hat eine ganzheitliche Sicht auf den Menschen.“

Wales fordert mehr Freiraum für Corporate Learning

Diese neue Lernhaltung der Menschen, zu der Wikipedia beigetragen habe, wirke sich auch auf Unternehmen aus: Arbeitgeber seien schlecht beraten, so Jimmy Wales, wenn sie der Neugierde und dem explorierenden Wissensdrang der Mitarbeiter nicht Raum verschafften. „Menschen stehen hinter ihrer Arbeit, wenn sie intellektuell fordert, interessant und stimulierend ist.“ Unternehmen sollten den Mitarbeitern vermitteln, dass sie im Unternehmen persönlich wachsen, neue Dinge ausprobieren und mit Communities interagieren könnten.

Wikipedia zeige, wie das funktioniere: Wer sich für ein Thema interessiere, setze es in Beiträge um und rege andere zur Erweiterung an. Korrekturen seien dabei eher Hilfestellungen als rigide Kontrollen. „Wikipedia lädt jeden ein, nicht nur Wissen von oben anzunehmen, sondern selbst dazu beizutragen“, so Wales. Dieser partizipatorische Ansatz beim Erstellen von Wissen zeige sich auch bei den Aktivitäten von Nando Stöcklin, Dennis Barthel und Ziko van Dijk, die Wikipedia als Preisträger auf der Kölner Leonardo-Verleihung im September 2011 repräsentiert hatten. Deren Projekte stärkten die Informationskompetenz der Nutzer und die Zusammenarbeit mit verschiedenen Organisationen wie zum Beispiel Schulen.

Autoren demografisch durchmischen

Dennoch gebe es auch für Wikipedia noch viele Herausforderungen zu meistern, wie etwa den Anteil von Frauen und älteren Menschen unter den aktiven Wikipedianern zu erhöhen. „Wir möchten verstärkt die Diversität und lebenslange Beteiligung fördern“, hob Wales hervor. Das sei vor allem eine technische Herausforderung: „Ursprünglich wurde Wikipedia von technisch interessierten jungen Männern entworfen, aber viele Menschen, die sich mit ihrem Wissen einbringen könnten, schrecken davor zurück“. Deshalb sei es ihm ein Anliegen, die Software zu vereinfachen.  

Wer Jimmy Wales in diesem Jahr als Preisträger des Leonardo – European Corporate Learning Award nachfolgen wird, geben die Initiatoren und Botschafter des Preises im Juni 2012 bekannt. Bereits heute steht fest, dass die Auszeichnung zum Auftakt der Messe Zukunft Personal am Abend von Montag, 24. September 2012, im Grandhotel Schloss Bensberg bei Köln überreicht wird.

Weitere Informationen zum Leonardo – European Corporate Learning Award sind unter www.leonardo-award.eu erhältlich.