Die SUVA und die AHV-Ausgleichskassen prüfen die Arbeitgeber periodisch daraufhin, ob die Beiträge richtig abgerechnet und ob extern Beauftragte wirklich selbständig tätig waren. Die vielen Streitfälle aus der Praxis zeigen, dass häufig Selbständige im Nachhinein als unselbständige Arbeitnehmer qualifiziert werden. Dies hat nicht nur einen grossen administrativen Aufwand zur Folge, sondern die Sozialversicherungen fordern die Beiträge samt Verzugszinsen nach. Der Betrieb muss dann auch die Arbeitnehmerbeiträge bezahlen. Diese kann er in der Regel nicht mehr oder nur schwer vom externen Mitarbeiter zurückholen.

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Foto von Alex Knight

Es ist deshalb wichtig, im Voraus zu erkennen, ob eine selbständige Erwerbstätigkeit vorliegt oder ob man Gefahr läuft, im Nachhinein mit Beitragsforderungen konfrontiert zu werden.

Gemäss der Rechtsprechung kommt es nicht darauf an, in was für einem zivilrechtlichen Vertragsverhältnis der Auftragnehmer zum Betrieb steht, sondern es wird eine spezifisch sozialversicherungsrechtliche Beurteilung vorgenommen. Es funktioniert deshalb nicht, den Buchhalter zu entlassen und ihn dann zu „beauftragen“, die Buchhaltung der Firma „selbständig“ zu führen.

Nach der Praxis gilt als unselbständiger Arbeitnehmer, wer in betriebswirtschaftlicher bzw. arbeitsorganisatorischer Hinsicht abhängig ist und kein spezifisches Unternehmerrisiko trägt.

Selbständig ist also in erster Linie, wer ein Unternehmerrisiko trägt. Die Praxis hat zwei Kriterien herausgearbeitet, welche dieses Unternehmerrisiko ausmachen.

Ein Unternehmerrisiko trägt erstens, wer bedeutsame Investitionen macht, um seine Erwerbstätigkeit auszuüben. Wer also einen teuren Maschinenpark anschafft und seine Arbeit mit seinen eigenen Maschinen verrichtet, ist als selbständig zu qualifizieren. Wer hingegen die Werkzeuge benutzt, die der „Auftraggeber“ zur Verfügung stellt, ist eher unselbständig.

Umstritten kann sein, wann eine Investition bedeutend ist. Ein Beispiel aus der Praxis, an dem man sich orientieren kann, ist, dass die Anschaffung eines Lastwagens eine bedeutende Investition ist. Deshalb sind sogenannte Vertragsfahrer als Selbständige anerkannt. Hingegen ist ein Personenwagen keine bedeutende Investition. Ein Taxifahrer wird nicht allein deshalb selbständig, weil er ein Auto gekauft hat. Natürlich ist auch ein Auto recht teuer. Beim gewöhnlichen Personenwagen spielt jedoch eine Rolle, dass man diesen auch privat benutzen kann. Neben dem Preis spielt also auch der Zweck der Investition eine Rolle.

Zweitens ergibt sich ein Unternehmerrisiko daraus, dass eine selbständig erwerbstätige Person Fixkosten tragen muss, die auch anfallen, wenn man keine Arbeit hat. Wer also ein Büro mit einer Sekretärin unterhält, hat gute Chancen, als selbständig anerkannt zu werden.

Beide Kriterien sind in der Regel bei Beratungs- und Dienstleistungsunternehmen nicht vorhanden, die als Einmann/fraubetrieb funktionieren. Denn für solche Kleinbetriebe genügen meistens ein Computer und ein Arbeitsplatz zu Hause.

In diesem Fall muss geprüft werden, ob dieser extern Beauftragte sich in die Arbeitsorganisation des Betriebs einordnet. Das ist eigentlich immer der Fall, auch wenn der Selbständige sein Projekt frei und ohne fachliche Weisungen des Auftraggebers ausführt. Das führt dazu, dass externe Dienstleister in aller Regel als Unselbständigerwerbende qualifiziert werden. So wurden z.B. Dolmetscher an Gerichten oder Call-Center-Mitarbeiter als Unselbständige qualifiziert.

Eine arbeitsorganisatorische Unabhängigkeit und damit eine selbständige Erwerbstätigkeit kann vorliegen, wenn der Selbständige von zu Hause aus arbeitet und generell keine Anwesenheits- und Rechenschaftspflichten hat.

Die Frage der Abgrenzung von selbständiger zu unselbständiger Erwerbstätigkeit stellt sich bei Unternehmensberatern und EDV-Spezialisten, welche für ein bestimmtes Projekt beigezogen werden und welche gewöhnlich während dieser Zeit nur für einen einzigen Auftraggeber arbeiten.

Arbeiten diese Spezialisten im Betrieb und benützen dessen Infrastruktur, werden sie in aller Regel als Unselbständige qualifiziert. Entwickelt ein EDV-Spezialist hingegen Programme auf seiner eigenen Anlage und kommt nur dann in den Betrieb, wenn ein System implementiert werden muss, hat er eher Chancen als Selbständiger anerkannt zu werden.

Das Beispiel der EDV-Spezialisten und Unternehmensberatern zeigt, dass trotz der oben aufgeführten Kriterien und der reichhaltigen Gerichtspraxis eine grosse Unsicherheit über die Abgrenzung von selbständiger zu unselbständiger Tätigkeit herrscht.

Es gibt zwei Möglichkeiten, den damit verbundenen Schwierigkeiten aus dem Weg zu gehen. 

Die eine ist, dass sich der externe Auftragnehmer selber als Gesellschaft organisiert, indem er eine GmbH oder eine AG gründet. Dann ist er Arbeitnehmer seiner eigenen Gesellschaft und kann nicht auch noch Arbeitnehmer seines Einsatzbetriebes sein.

Seit einem Urteil des Bundesgerichts im Jahr 2006 kann der Selbständige von der Ausgleichskasse eine Verfügung darüber verlangen, ob er als Selbständiger anerkannt wird. Dann liegt ein rechtskräftiger Entscheid vor, bevor diese Person ihre Arbeit aufnimmt.