Oberflächliche Vergleiche von Menschen mit Bienen, Ameisen und Termiten sind humandiskriminierend, wenn sie menschliche Intelligenz und Lebensbestimmung ausblenden und im gängigen Rechtsverständnis durch eine Eins-zu-eins-Übertragung dazu führen, dass Menschen ihr Recht auf Selbstbestimmung abgesprochen wird. Vergleiche mit Tiergemeinschaften eröffnen dann wertvolle Zugänge zum Humanverständnis, wenn sie Naturaspekte am Menschen offenlegen, die Forschern bislang unbekannt waren und sie zu neuen sozialen Interaktionsmodellen inspirieren. In einem inzwischen klassisch gewordenen Experiment aus 1990 gelang es dem Forscher Jean-Louis Deneubourg zu zeigen, dass Ameisen fähig sind, durch sensuale Verbundenheit miteinander und einer so ermöglichten kollektiven Intelligenz unter anderem den kürzesten Weg zu einer Futterquelle zu finden. Dieser Befund und seine zahlreichen Aspekte haben andere Forscher aus anderen Disziplinen dazu inspiriert, Analogien auf dem Feld der Informationstechnologie und der Soziologie zu finden. Im Bereich Business Development, Trendforschung und Computing war es Prof. Dr. Peter Andreas Gloor, der den Begriff der “Schwarm Intelligenz” prägte.  

people sitting on chair in front of table while holding pens during daytime
Foto von Dylan Gillis

Gloor arbeitet am Center for Collective Intellligence der MIT Sloan School of Management, an dem er auch ein Projekt zur Erforschung kollaborativer Innovations-Netzwerke leitet. Er stellte in 15 Jahren Forschung fest, dass Menschen durch ein paralleles Leben in der Realität und im Netz etwas entwickeln, das analog zu den Ameisenvölkern als kollektive Intelligenz bezeichnet werden kann. Gloor stellte heraus, dass dazu folgende Faktoren im Spiel sein müssen: Selbstorganisation und -ziele, Feedback, viel Raum für Zufall sowie für Grenzerfahrungen. An seinen Begriff der Schwarm-Intelligenz gliedert er in logischer Konsequenz denjenigen der „Schwarm-Kreativität“ und des  „Coolhuntings“ an. Durch Coolhunting – zu Deutsch „Kaltjagd“ – ersetzt er den klassischen Begriff des Trendsettings; und bezeichnet damit eine Methode zum Aufspüren von Trends, die dem Big Data-Sourcing ähnelt: Coolhunting arbeitet mit Informationen aus soziale Netzwerken. In diesen Netzwerken wird nach Trendinitiatoren gesucht; und zwar durch einen ein Ansatz, der Methoden der Soziologie, Mathematik und Informatik miteinander kombiniert: die Analyse sozialer Netzwerke (SNA).

Für das entsprechende Sourcing hat Peter A. Gloor eine Software entwickelt.

Aus den Arbeiten und Ansätzen des Pioniers ergeben sich weitreichende Implikationen für das Innovationsmanagement, die Teamorganisation in Unternehmen und das Recruiting von kreativen Köpfen. 

  

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Beitrag von Peter A. Gloor über
Coolhunting und Schwarmkreativität
Innovations-Management | 5 | 2008


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