Herr Kittel, was halten Sie vom HPI?

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Foto von Sebastian Herrmann

Der HPI ist ein Instrument für die Praxis und aus meiner Sicht ein gutes Tool – nur die Datenbasis ist nicht ausreichend. Die Zusammensetzung der Samples ist noch zu klein, um Referenzwerte für einen Vergleich mit anderen Unternehmen zu ermöglichen. Ansonsten finde ich das Konzept des HPI sehr sinnvoll.

Was würde der HPI für Unternehmen bringen?

Das ist eine Frage der Erwartungen. Ich persönlich erwarte mir vom HPI, dass er Aussagen darüber trifft, wie nachhaltig ein Unternehmen mit der Ressource Personal umgeht im Vergleich zum Benchmark. Wichtig ist dabei die Form des Human-Capital-Managements und nicht der Wert des Humankapitals in Euro. Mich stört an der Diskussion um den HPI, dass er mit Konzepten wie der Saarbrücker Formel verglichen wird, die eben versucht, den Wert des Humankapitals zu bemessen. Meines Erachtens haben die beiden Verfahren gar nichts miteinander zu tun. Mithilfe des HPI erhalten die Unternehmen lediglich Leitplanken im Vergleich zu anderen Unternehmen, nicht jedoch absolute Richtgrößen.

Geht es Ihnen dann hauptsächlich um den Benchmark?

Nicht nur. Wichtig ist mir auch die Wirkungsweise von Personalarbeit. Man behauptet zwar oft das Gegenteil, aber der HPI geht nicht davon aus, dass viel Personalmanagement per se gut ist. Da gibt es Fragen und Punkte die wirken stärker als andere. Entsprechend haben manche Personalinstrumente mehr Einfluss auf den Unternehmenserfolg. Der Benchmark dient dann dazu, sich mit der Branche oder vergleichbaren Unternehmen zu messen. Personalmanagement ist schließlich nicht in allen Unternehmen gleich.

Benachteiligt der HPI, wie manche sagen, kleine und mittlere Unternehmen?

Diese Argumentation halte ich für Polemik. Der HPI fragt nach dem Umgang mit dem Humankapital, nach den Instrumenten und ob Unternehmen sie nutzen. Dabei geht es wie gesagt nicht darum, dass sie möglichst viele Tools anwenden. Große Unternehmen müssen viel kompliziertere Instrumente aufbauen – aufgrund ihrer Komplexität. Nehmen Sie mal das Beispiel Kommunikation: Da reicht es vielleicht in einem kleineren Unternehmen aus, wenn sich die Geschäftsführer regelmäßig in Betriebsversammlungen an die Belegschaft wenden. Ein großes Unternehmen muss sich da mehr einfallen lassen. Was zählt, ist also nicht die Anzahl der Tools, sondern wie sie gehandhabt werden.

Wie ist Ihre Meinung dazu, dass der HPI auch als Grundlage für die Kreditvergabe dienen soll?

Das halte ich generell für eine sehr gute Sache. Und Sie dürfen nicht vergessen, dass das schon längst praktiziert wird – von amerikanischen und internationalen Firmen zumindest. Ein Beispiel ist der Dow Jones Sustainability Index (DJSI). Wir als DAX30-Unternehmen führen ihn bei uns durch und das hat auch Einfluss auf unser Rating. Der DJSI ist nicht so transparent wie es sich diejenigen, die beim HPI mitwirken, von dem neuen Instrument wünschen. Aber der Knackpunkt ist: Hinter dem DJSI steht kein politisches Interesse. Deshalb akzeptieren ihn viele Finanzintermediäre und nehmen ihn für ihre Arbeit zu Hilfe.

Sie kritisieren das politische Interesse am HPI?

Der HPI hat inzwischen den Ruf einer Zwangsbeglückung. Zumindest werfen ihm viele vor, dass er für politische Ziele genutzt werden könnte – und auch ich sehe darin ein Riesenproblem. In dem ehemaligen Parteiprogramm der SPD hieß es, so behaupten die Kritiker, dass der HPI wenn möglich mit dem „Gute-Arbeit-Index“ vom DGB verknüpft werden solle.

Glauben Sie also, dass der HPI instrumentalisiert wird?

Es bleibt natürlich noch abzuwarten, wie die neue Regierung dazu steht. Aber der HPI sollte auf jeden Fall freiwillig sein. Wenn Sie davon ausgehen, dass der HPI gut für das Rating ist, dann wäre es sinnvoll, ihn durchzuführen – und insofern wird er wohl nicht ganz freiwillig sein. Aber dennoch würde ich das befürworten, denn gute Personalarbeit sollte sich einfach auszahlen.

Was müsste Ihrer Meinung nach geschehen, damit der HPI eine Chance bekommt?

Zum einen müsste geklärt werden, wer Zugriff auf die Daten hat. Schließlich ist es wichtig, wer die Daten, die im Benchmark abgefragt werden, verwaltet. Weder Politik noch Wirtschaft kommen da in Frage. Zum zweiten müsste geprüft werden, wie eine ergänzende Mitarbeiterbefragung aussehen könnte. Es gibt ja viele mögliche Formen dafür. In dieser Beziehung steht das Konzept des HPI noch in den Kinderschuhen und müsste dringend weiterentwickelt werden.

Und auf politischer Ebene?

Das Bundesministerium müsste sich aus der Debatte herausziehen und ein neutraler Makler sollte das Thema übernehmen. Wenn man den HPI per Gesetz verordnen würde, sehe ich keine vernünftige Grundlage mehr dafür. Dann würden wir als Metro den HPI auch nicht mehr unterstützen. Falls es aber eine politisch neutrale und freiwillige Lösung gibt, dann sind wir in der ersten Reihe mit dabei.

Wer wäre aus Ihrer Sicht eine optimale Besetzung für diese Aufgabe?

Das ist natürlich eine heikle Frage. In den letzen Monaten haben sich besonders die Verbände eher skeptisch zum HPI geäußert. So hat der BDA zum Beispiel eine Vorreiterrolle unter den Kritikern eingenommen, der im Verlauf der Diskussion weitere Verbände, wie zum Beispiel die DGFP, gefolgt sind. In diesem Sinne haben sich die Verbände meiner Meinung nach eine einmalige Chance verbaut. Wenn ich die Liste der Projekttreiber betrachte, so bleibt natürlich der Human Capital Club (HCC) im Rennen. Weitere Anwärter, wie zum Beispiel das Demographie Netzwerk (ddn), stehen in den Startlöchern und wären bereit, den Staffelstab zu übernehmen und in einer neuen Allianz den HPI weiterzuentwickeln. Ich glaube, dass dort bereits intensive Diskussionen darüber im Gange sind, wie eine solche neutrale Allianz gestaltet werden kann.

Interview: Stefanie Hornung