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Foto von Carl Heyerdahl

HR: Kritik erwünscht, aber nicht von jedem
 
Bei all diesen Strategien  und Maßnahmen stellt sich das Personalmanagement durchaus selbst auf den Prüftstand. Die Dresdner Forscher bezeichnen dies als „Reflexivität“. Mit anderen Worten: Sie betrachten eigene Routinen kritisch und nehmen Impulse zur Veränderung auf, um voranzukommen. Die Studie zeigt jedoch bei näherer Betrachtung, dass HR längst nicht alle Stimmen einbezieht:  Unternehmensexterne Meinungen zum Personalmanagement werden nicht voll und ganz ausgewertet: Was in der Tages- und Fachpresse, in Studien und Medienberichten steht, scheint nur teilweise relevant zu sein (Wert: 3,05). Diese Haltung zeigt sich auch beim Umgang mit fachfremden Abteilungsimpulsen wie zum Beispiel Fertigung oder Controlling (Wert: 3.18). Die Option „Für die Darstellung des Personalmanagements im Unternehmen werden regelmäßig externe (durch externe Berater oder andere Abteilungen des Unternehmens erstellt) Berichte über das Personalmanagement genutzt“ stuften die Befragten als wenig zutreffend ein (Wert: 2,04) ein. Noch zu wenig eingeführt sind zudem Strategiemeetings, Klausuren, Personalcontrolling und andere Instrumente, um die HR-Arbeit kritisch zu hinterfragen (Wert: 2,82). Und offene Evaluationen des Personalmanagement finden kaum statt, an der sich auch Mitarbeiter beteiligen könnten (Wert: 2,03).

Die Dresdner Forscher empfehlen Unternehmen in ihrem Schlussplädoyer, an der Reflexivität und Strategie ihres Personalmanagements zu arbeiten. Ihre Untersuchung zeige nämlich, dass jene, deren Personalmanagement strategisch und reflexiv ist, die Bewältigungsfähigkeit des demografischen Wandels höher einschätzen als die anderen Betriebe. Und die Dresdner mahnen nicht auf Masse, sondern Bedarfsorientierung bei der Wahl der Tools zu achten: Lieber weniger, dafür aber passgenau.

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Fotocredit:
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651 Unternehmen haben auf den Studienaufruf von HRM.de in Kooperation mit der Technischen Universität Dresden reagiert. Zwischen dem 15. Juni und dem 15. August 2014 konnten sich Personaler, Führungskräfte des oberen Managements, Geschäftsführer und Mitarbeiter mit vertieften HR-Einsichten in ihren Betrieb an der Online-Umfrage beteiligen. Zur Debatte stand, mit welchen Personalstrategien Firmen auf die demografische Entwicklung reagieren und welche Rolle das Personalmanagement dabei spielt.Die Studie ist Teil des Verbundprojektes „InnoRix: Reflexivität und Kreativität als Kompetenz – Innovationsfähigkeit im Kontext alternder Gesellschaften“ (Laufzeit: 01/2012 bis 04/2015), welches durch das Bundesministerium für Bildung und Forschung sowie den Europäischen Sozialfonds der Europäischen Union im Förderschwerpunkt „Innovationsfähigkeit im demografischen Wandel“ gefördert wird.

Die Zusammensetzung der Studienteilnehmer ist heterogen, 37% von ihnen kommen aus Unternehmen mit 101 bis 350 Mitarbeitern, gefolgt von 32%, die zwischen 51 und 100 Kollegen haben. Größere Unternehmen mit 351 bis 1.000 Mitarbeiter beteiligten sich zu 13%. Mit 10% der Umfrageteilnehmer sind Firmen mit bis zu 50 Mitarbeitern vertreten und schlussendlich antworteten zu 8% Personen aus Organisationen mit über 1.000 Arbeitnehmern. Stichtag aller Größenangaben war der 30. Juni 2013.  

Dass Vertreter aus 15 Branchen geantwortet haben, untermauert die Repräsentativität der Erhebung für die deutsche Wirtschaft; wobei die meisten dem verarbeitenden Gewerbe (28,5%), dem Gesundheits- und Sozialwesen (15,3%) sowie sonstigen Dienstleistungen (12,5%) angehören.

Wer die Antworten der Befragten einordnen will, sollte berücksichtigen, dass 54,5% von ihnen angaben, in ihren Unternehmen würde die Geschäftsleitung das Personalmanagement verantworten.  28% haben eine eigene Personalabteilung mit bis zu fünf Mitarbeitern. In 10,3% der befragten Unternehmen sind die Führungskräfte der Linie für Aufgaben des Personalmanagements hauptverantwortlich. In 7,2% der Fälle besteht die Personalabteilung aus mehr als sechs Mitarbeitern.

Die zentralen Ergebnisse


Eines der zentralen Studienergebnisse lautet, dass Geschäftsführungen den demografischen Wandel mehr im Auge haben als ihre Mitarbeiter. 79% der Befragten stimmten der These überwiegend oder ganz zu, dass der demografische Wandel aus Leitungssicht „in den nächsten Jahren eine zentrale Herausforderung“ darstellt. Den Mitarbeitern bescheinigten die Teilnehmer nur zu 51% dieselbe Perspektive. Allerdings unterstützen alle Parteien – vom Top-Management bis zum Betriebsrat – Demografie-Maßnahmen, wenn auch unterschiedlich stark.


Werden Mitarbeiter auch gehört?

So sehr sich Arbeitgeber um ihre Zukunft kümmern, so haben sie doch offenbar nicht immer das Ohr am Arbeitnehmer. Auf einer Skala von null (unzutreffend) bis sechs (voll zutreffend) attestierten die Befragten dem Personalmanagement mit einem Wert von lediglich 3,84, dass Mitarbeiterinteressen vertreten würden. Für die Arbeitgeberseite fällt die Marke mit 4,53 höher aus.

Differenzen ergeben sich auch bei Fragen nach Rolle und Wert des Personalmanagements, wiederum an Skalen zwischen null und sechs bewertet: Während das Management meint, dass HR strategische, operative und wichtige Aufgaben wahrnimmt (Werte liegen zwischen 4,89 und 4,46), fallen die Einschätzungen der Mitarbeiter dazu jeweils etwas schwächer aus (Werte liegen zwischen 4,12 und 4,50) .    

Die Hitliste der HR-Instrumente

Auseinander gehen die Meinungen auch dazu, ob die Unternehmen mit den vorhandenen Mitteln den große Wandel bewältigen können. 57% der Antworten besagen, dass dies aus Geschäftsführungssicht eher mehr, beziehungsweise voll zutreffe. Im Fokus auf die Mitarbeitersicht liegt die Anzahl der Antworten in dieser Spanne bei nur rund 49% der Antworten.

Mag es aktuell noch an zusätzlichen Mitteln fehlen, Maßnahmen setzen die meisten Unternehmen schon recht umfangreich; von dauerndem Optimierungspotential einmal abgesehen. Die am häufigsten genutzten Instrumente des Personalmanagements in den Unternehmen sind:

– Interne und externe Weiterbildung: 94,8%
– Analyse des aktuellen Personalbestandes: 94,2%
– Betriebliche Ausbildung: 85,8%
– Analyse des zukünftigen Personalbedarfs: 77,2%
– Maßnahmen zur Vereinbarkeit von Familie und Beruf:
  77,2%
– Altersgemischte Teamarbeit: 73,6%
– Durchschnittsalter der Abteilungen ermitteln: 73,2%
– Maßnahmen im Gesundheitsförderung: 70,4%

Am wenigsten genutzt werden:

– Spezielle Weiterbildungsangebote für ältere Beschäftigte: 13,4%
– Social Software (Foren, Blogs, Wikis etc.) zum Wissensaustausch: 17,7%
– Besondere Ausstattung der Arbeitsplätze für ältere Beschäftigte: 25,0%
– Dokumentation von Erfahrungswissen: 27,3%
– Altersgerechter Personaleinsatz (z.B. Schonarbeitsplätze): 29,3%
– Individuelle Anpassung der Leistungs- und Arbeitsanforderungen für ältere
– Beschäftigte: 31,6%
– Diskussions- und Erfahrungsgruppen: 32,6%