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Foto von Headway

Am 28. Oktober 2015 veröffentlichte das Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend den Familienreport 2014. Dieser zeigt, welchen Wert Bürger in Deutschland Familien beimessen. Er zeigt aber auch, in welchem Verhältnis die Familie – in ihren diversen Formen – zum Wirtschaften steht. In einer Arbeitsgesellschaft – und Deutschland ist solch eine – ist die Existenzgrundlage von Familien vor allem die Erwerbstätigkeit; allzu oft wird diese zum Zweck der Familie. Arbeitgeber und Politiker forcieren seit der Jahrtausendwende Erwerbstätigkeit alle Familienmitglieder unter Maßgaben des Fachkräftemangels, klammer Sozialkassen, des weltweiten Arbeitskräftewettstreits wie zum Beispiel in der IT und der Überalterung der Gesellschaft; angefangen von der Mutter bis hin zu Oma und Opa, Kinder ausgenommen.

Arbeitnehmer bieten an: Teilzeit! Nehmen Arbeitgeber an?

Dafür sind aber auch viele bereit, sich gleichermaßen in Haushalt und Familie einzubringen. In statistischen Zahlen ausgedrückt: 60 Prozent aller Eltern, die Kinder unter drei Jahre erziehen, wünschen sich, privat und beruflich gleichermaßen aktiv zu sein; dies altersunabhängig. 14 Prozent von ihnen können dies auch leben. Ein anderer Umfragewert dürfte ein wichtiges Signal für Arbeitgeber sein. Wie werden sie künftig mit Maßnahmen auf einen Wunsch, beziehungsweise ein Angebot der Befragten antworten, welches da lautet: Beide Partner in einer Partnerschaft würden pro Woche nur noch 30 Stunden arbeiten wollen. Jedes dritte Paar kann sich das vorstellen. Bis jetzt setzen neun Prozent der Befragten dieses Modell um und teilen sich so berufliche und familiäre Aufgaben.

Kinderwunsch trotz aller Wirtschaftsturbulenzen ungebrochen

Für Personaler enthält der Report einige personalpolitisch relevanten für das Employer Branding, die Einstellungspolitik und Einsatzplanung. Eines der markantesten Ergebnisse lautet: Die gesellschaftlichen, nationalen und wirtschaftlichen Turbulenzen und Unruhen lassen Menschen zwischen 20 und 39 Jahre nicht vom Kinderwunsch zurückstehen. 80 Prozent der Befragten bezeichnen die Geburt und Erziehung eigener Kinder als wichtig oder sehr wichtig.

Ihre Angaben werden durch einen weiteren Umfragewert unterstrichen: Frauen zwischen 29 und 34 Jahre gebären inzwischen mehr Kinder als Frauen aus anderen Altersgruppen. Dieser Trend besteht seit 2008 und zeitigt nun Spitzenwerte. Beispielhaft dafür ist die Entwicklung unter den 29-Jährigen: Bei ihnen kletterte der Prozentsatz der Geburten von knapp 40 Prozent auf fast 60 Prozent.

So bewusst sich Mann und Frau für Kinder und Familie entscheiden, so dezidiert gehen auch viele von ihnen mit Finanzfragen um. Laut Report erwarten drei Viertel aller Männer und neun von zehn Frauen vom jeweiligen Partner, dass er oder sie sich ihren eigenen Lebensunterhalt verdienen kann. Diese Werte gelten für die 21- bis 34-Jährigen.

Männer: Wann kommt „väterfreundlich“? Datum bitte …

Die Zeichen dafür stehen zumindest bei den Männern ihren Aussagen zufolge wohl nicht gut. Zwei Drittel der Väter gaben an, dass sie sich mehr Unterstützung vom Arbeitgeber bei der neuen Rolle wünschen. Nach dem Dafürhalten von 86 Prozent der befragten Väter konzentrieren diese aber ihre Vereinbarkeitsmaßnahmen vor allem auf Frauen und deren Vorstellungen. Das sei nicht gerade väterfreundlich.

Diese Aussagen kommen nicht von ungefähr; sind auch keine Stammtischflausen. Viele Männer denken um, sie leben, was so lang von Vätern gefordert wurde und erleben nun, was es heißt, vor einem Arbeitgeber offensiv für Kinder da sein zu wollen. Seit Einführung des Elterngelds nehmen sich immer mehr Väter eine Auszeit für die Familie; was sich daran belegen lässt, dass jeder dritte Vater inzwischen Elterngeld in Anspruch nimmt. 2006 lag die Quote der Benannten noch bei nur 3,5 Prozent. Nicht nur Männer mit kleinen Kindern wollen Kindern gute Gefährten sein. Der Report spricht eine klare Sprache: Männer haben Bock auf Ruhm, aber null auf Kinder – das ist eine Mär. Würden sich die Wünsche vieler Väter erfüllen, sähen Belegschaften in Büros und Werkhallen noch ganz anders aus als jetzt: Drei Viertel der Väter mit Kindern unter 18 Jahren wollen weniger arbeiten.

Neue Familienarbeit: Vater, Mutter, Tante, Nachbarn, Arbeitgeber & Staat

Da heute ungewöhnlich viele
Betriebe und Unternehmen meinen, familienfreundliche Maßnahmen seien essentiell – gegenüber den 47 Prozent der dies befürwortenden Unternehmensverantwortlichen aus 2003 sind es heute 81 Prozent – ist die Zeit günstig dafür, dass nun auch die Wünsche Männer gehört und umgesetzt werden.Doch es ist eben ein Unterschied: Wissen oder Tun. Nun sind die Arbeitgeber am Zug. Aber auch im Familienministerium sieht man sich in der Verantwortung. Der Report vermerkt: „Der Ausbau der Kinderbetreuung ist Voraussetzung für mehr Partnerschaftlichkeit und für Chancen von Kindern“. Im Klartext: In der digitalisierten Arbeitswelt können Frau und Mann nicht allein für ihre Kinder da sein, weil es immer Situationen gibt, in denen sie im Job unabkömmlich sind. Außerdem bedeutet erweiterte Familienarbeit von Eltern und Staat zusammen, dass Kinder aus gesellschaftlich schlecht gestellten Bevölkerungsgruppen mehr Zugang zu Wissen, sozialen Gruppen, Chancen und Lebensanschauungen bekommen. Dass derart gebildete Kinder als Erwachsene dann auch ein ihnen gemäßes Leben bestreiten können, ist in der Arbeitsgesellschaft nicht zuletzt Unternehmensverantwortung. 

Foto: Kasina | pixelio.de