Die Redaktion des TALENTpro Magazins empfiehlt regelmäßig Blogbeiträge zu aktuellen HR-Themen. Einige davon stellen wir auf HRM.de im Rahmen einer Kooperation vor. Ein “Must Read” ist aus Sicht der Redaktion ein Beitrag von Henner Knabenreich zum Thema “Recruiter als Markenbotschafter”.
Der Recruiter als Markenbotschafter an vorderster Front
30. Januar 2020 von personalmarketing2null von Henner Knabenreich
Stellenanzeigen sind ein Indiz dafür, dass man sich seiner Rolle an vorderster Front offenbar nicht wirklich bewusst ist. Der Recruiter „fungiert“ eben nicht nur auf Messen als Markenbotschafter, er tut es während der gesamten Candidate Journey.
Hier zwei Kriterien die bislang weniger als Indiz für gutes Rekrutieren Beachtung fanden:
Mutig sein …
Mut definierte schon Jörg Buckmann als eine der 5 Frechmut-Essenzen. Und auch die anderen vier, Frech, Leidenschaft, Ego und Tun bringen sehr gut die positiven Eigenschaften des Recruiters als Markenbotschafter zum Tragen. Aber was bedeutet Mut im Kontext Recruiting? Nun, das bedeutet auf der einen Seite, mutig zu sein, neue Wege zu gehen und die alten, eingetretenen Pfade zu verlassen. Ohne zu wissen, ob es funktioniert, und auch durchaus Gegenwind in Kauf nehmend. Wer nicht wagt, das wissen Sie, der nicht gewinnt – auch keine neuen Mitarbeiter.
Aber mutig sein, das heißt auch mal Schwächen einzugestehen. Es bedeutet, auf Menschen zuzugehen, bspw. bei einer Networking-Veranstaltung, bei einem Recruiting-Event (das machen viele nicht, die unterhalten sich lieber mit Kollegen oder verstecken sich hinter einer Tasse Kaffee). Und mutig sein, das heißt auch ehrlich zu sein, einem Kandidaten zu sagen, sorry, diesmal habe ich leider kein Foto für dich. Und das am Telefon oder von Angesicht zu Angesicht, und nicht per Mail oder Messenger. Mutig sein, das bedeutet aber auch Flagge zu zeigen, in Erscheinung zu treten. Keine Angst davor zu haben, dass man möglicherweise kontaktiert werden könnte, wenn man seine Kontaktdaten oder sein XING-/LinkedIn-Profil in der Stellenanzeige oder auf der Karriere-Website preisgibt. Viele Recruiter sind nicht mutig.
… und den Menschen anstatt IT an erster Stelle im Auge halten
Technologie und Digitalisierung müssen Sie weder fürchten noch verteufeln, sondern als das nehmen, was es für Sie bedeuten kann: eine echte Erleichterung. Verschanzen Sie sich hinter Technologie (bspw. weil Ihnen der Mut fehlt, sich nach außen zu zeigen oder weil Ihnen die Neugierde fehlt, sich mit Neuem freudig auseinanderzusetzen), setzen Sie ausschließlich auf Matching-Technologie und KI in der Personalauswahl und stellen Sie den Kandidaten nicht in den Mittelpunkt Ihrer Bemühungen, so ist der schnell weg und Sie sind Ihren Job los.
„The biggest problem in HR tech is that people don’t want something to help them do the work, they want something to do the work for them.“
Das größte Problem bei HR-Tech, so Matt Buckland von Workable, ist, dass Recruiter nicht etwas wollen, was Ihnen hilft, ihren Job zu machen. Sie wollen etwas, was ihren Job für sie erledigt. Und mit genau dieser Denke schießt sich HR, schießt sich Recruiting ins Knie und konterkariert sämtliche Bemühungen als Recruiter ein guter Markenbotschafter an vorderster Front zu sein.
ABB Fortnite für unbekannte Wesen in der Schweiz
Frechmut, der Personalmarketing Blog von Jörg, ein begeistertes Wesen
Die Frage, wo und wie man junge Talente für eine Berufslehre ansprechen soll, ist fast so etwas wie der heilige Gral im Lehrlingsmarketing. In wohl kaum einem anderen Bereich der Werbung ist die Zielgruppe so weit – manchmal gleich zwei Generationen – von den Entscheiderinnen weg. Der Jugendliche, das unbekannte Wesen.
Kommunikationsverhalten und -mittel der Jugendlichen sind für Viele ein Buch mit sieben Siegeln. Dürfen, sollen oder wollen Jugendliche bei ihrer Berufswahl und für Lehrstellen über ihre bevorzugten Kommunikationskanäle angesprochen werden oder nicht? Und wenn ja, welche sind das überhaupt? Und wie funktionieren Snapchat, TikTok und Co. eigentlich?
Noch immer aktuell: Berufsmessen
Gut, gibt es da die guten alten Berufsmessen. Ganz schön praktisch, sind diese bei den Lehrstellensuchenden und jenen, die es gut mit ihnen meinen (Eltern, Lehrer) noch immer hoch im Kurs; da kann man sich als Lehrbetrieb auf sicherem Terrain bewegen. Doch wie kann man die Jugendlichen ansprechen? Wie auffallen und sich differenzieren? ABB Schweiz geht frechmutig neue Wege und kombiniert das bewährte Messekonzept mit dem topaktuellen ESports Trend.
Was ist dieses ESports eigentlich? Damit sind sportliche Wettkämpfe mit Computerspielen zwischen zwei Spielern oder Teams gemeint (pardon, klingt etwas Amtsdeutsch, ich weiss). Die Games, die dabei gespielt werden, sind ganz unterschiedlich: von Fussballspielen bis hin zu umstritteneren (aber beliebten) Shooterspielen wie Fortnite. Millionen von Menschen zieht dieses Phänomen in ihren Bann, man spricht von rund 250 Millionen Spielerinnen und Spielern, ein Milliardenbusiness. Im Juli 2019 wurde erst gerade die erste Weltmeisterschaft durchgeführt – nicht in einer schummrigen Provinzhalle, sondern in der ehrwürdigen Arthur Ashe Tennisarena, wo sonst Roger Federer und Co auf Balljagd gehen. Die Veranstaltung wurde mit einem 100 Millionen Budget aufgezogen, drei davon erhielt der erst 16-jährige Weltmeister.
Und was hat ESports mit ABB zu tun?
Das Ausbildungsteam von ABB Schweiz um Nicole Rommelfanger beobachtet die Entwicklungen rund um ESports aufmerksam und sieht darin die Chance, um auf sich als Ausbildungsbetrieb aufmerksam zu machen. Doch hat das der schwedisch-schweizerische Grosskonzern überhaupt nötig? «Ja», sagt Nicole Rommelfanger, «denn in der Tat kennt man uns als Firma, aber als Ausbildungsbetrieb sind wir in der Bekanntheit der Jugendlichen noch nicht dort, wo wir gerne wären. Wollen wir unsere Lehrstellen also auch in Zukunft besetzen können, müssen wir noch mehr Aufmerksamkeit auf uns ziehen.» Das leuchtet ein. In Zeiten des Nachwuchsmangels können sich auch renommierte Unternehmen nicht zurücklehnen. Doch warum ausgerechnet Fortnite?
Warum Fortnite?
«Die Digitalisierung ist ein starker gemeinsamer Nenner von Jugendlichen und dem Technologiekonzern ABB», beschreibt Nicole Rommelfanger die Überlegungen, weshalb ABB in der Lehrlingsansprache auch auf digitale Kommunikation und ESports setzt. «Für uns war von Anfang an klar, dass wir die Jugendlichen mit ihrer Sprache ansprechen und dabei mit Virtual Reality und Gaming arbeiten wollen. Erste Erfahrungen haben wir damit bereits bei anderen Events gemacht, zum Beispiel mit Fomula E Fahrsimulatoren.»
Was ABB aus meiner Sicht richtig gut macht: Es geht darum, was die Zielgruppe bewegt – nicht darum, was man selber gut findet. Gamen ist bei der Zielgruppe eine, wenn nicht die bevorzugte Freizeitbeschäftigung, und Fortnite darin das bevorzugte Game. Fall klar, oder?
Parallelen
Für die Lehrlingsmessen haben die ABB-Verantwortlichen zusammen mit der Agentur Xeit einige spannende Parallelen zwischen dem Game und der Arbeit bei ABB herausgearbeitet. Die virtuelle Zusammenarbeit und die ortsunabhängige Kommunikation zum Beispiel. Oder die Fähigkeit, strategisch vorzugehen. Und auch Teamarbeit ist ein (vielleicht überraschender) gemeinsamer Nenner. Diese Parallelen wurden dann für die Messen in ein Game gepackt und mit einem Wettbewerb verbunden. Der erfahrene Gamer sprach mit den Jugendlichen über Strategien beim Gamen, über Teamwork und Kommunikation – und den Umgang mit Niederlagen. Die Plätze in einem der drei Workshops waren begehrt – ebenso wie Fotos mit dem Influencer aus Deutschland.
Der Wettbewerb und der ABB-Stand auf den Berufsmessen wurden mit generischem Content, vor allem aber mit Ads über Social Media beworben. Gestaltung und Inhalte der Ads wurden dabei an die Zielgruppen angepasst, Eltern und Lehrer werden vor allem informiert, während die Jugendlichen mit technischen und gaming-orientierten Bildern und frechen Aufforderungen (z.B. Wenn du keine Lehrstelle zum Influencer findest – komm zur Berufsschau und finde heraus was es für Optionen bei ABB gibt) gewonnen werden.
Social Media oder Berufsmessen? Eltern oder Jugendliche? Virtuell oder real? Am besten alles!
Quelle: Der Recruiter als Markenbotschafter. Blogbeitrag von Henner Knabenreich auf Personalmarketing2Null.