2025: Mehr Möglichkeiten für durchgängig digitale Prozesse in der Personalvermittlung

Kaum ein Bereich des Personalwesens bleibt von der Digitalisierung unberührt – sie revolutioniert Abläufe, optimiert Prozesse und stellt Unternehmen vor neue Herausforderungen. Das in weiten Teilen im Januar 2025 in Kraft getretene Vierte Bürokratieentlastungsgesetz  bringt die Digitalisierung im HR-Bereich in vielen Punkten ein Stück vorwärts: So können viele Verträge zur Arbeitnehmerüberlassung im Bereich der Personalvermittlung jetzt in Textform abgewickelt werden. Gleichzeitig werfen regulatorische Vorgaben zur Schriftform in bestimmten Formen von Arbeitsverträgen und Nachweisen der Arbeitsbedingungen weiterhin Fragen auf.

Bürokratieabbau durch Digitalisierung

Durch die zahlreichen Maßnahmen im Bürokratieentlastungsgesetz sollen Unternehmen sowie Bürgerinnen und Bürger durch digitale Prozesse entlastet werden. Verträge zur Überlassung von Arbeitnehmern können demnach seit dem 1.1.2025 in Textform abgewickelt werden – das bedeutet, dass diese Verträge theoretisch mit einer einfachen E-Mail oder mit einfachen elektronischen Signaturen abgeschlossen werden können. Zu den Ausnahmen kommen wir gleich.

Unbedingt auf den Beweiswert digitaler Vorgänge achten

In der Praxis empfehlen Arbeitsrechtlerinnen und –rechtler, sich besser abzusichern und diese Art von Verträgen mit einer Fortgeschrittenen Elektronischen Signatur (FES) zu unterzeichnen, um im Streitfall mit dem entsprechend signierten Dokument und einem Vorgangsprotokoll (Audit Trail) Beweismittel zur Hand zu haben die einen Gang vor Gericht unnötig machen.

Im Vergleich zu beweisschwachen Vorgängen per E-Mail oder Dokumenten, die mit einfachen elektronischen Signaturen unterzeichnet sind, haben fortgeschrittene elektronische Signaturen folgende Zusatzmerkmale, die ihnen einen höheren Beweiswert in puncto Authentizität (Urheberschaft) und Integrität (Unverfälschtheit) verleihen:

1. Eindeutige Identifizierung des Unterzeichnenden.

2. Möglichkeit zur Prüfung der Integrität eines signierten Dokuments: Die Integrität des Dokuments wird durch eine kryptographische Prüfziffer (Hash) sichergestellt wird. Nach einer Manipulation wird die Signatur bei einer Prüfung als ungültig erkannt.

3. Sicherstellung der Unterzeichnungsabsicht – durch zusätzliche Sicherheitsmaßnahmen wie der Übermittlung einer Transaktionsnummer oder einem Passwort oder eine biometrische Authentifizierung.

4. Verknüpfung mit der signierten Nachricht: Eine fortgeschrittene elektronische Signatur kann nicht nachträglich auch noch auf ein anderes Dokument angewendet werden kann.

5. Verwendung eines qualifizierten Zertifikats: Fortgeschrittene elektronische Signaturen verwenden oft ein qualifiziertes Zertifikat, das von einem akkreditierten Vertrauensdienst ausgestellt wurde, der unter Aufsicht von Behörden wie der Bundesnetzagentur in Deutschland oder vergleichbaren Institutionen im EU-Ausland steht.

Ein weiterer Aspekt im Bürokratieentlastungsgesetz ist die elektronische Antragstellung für Elternzeit und Pflegezeit in Textform. Dies soll den Verwaltungsaufwand für Arbeitgeber und Arbeitnehmer deutlich reduzieren. Die Nutzung elektronischer Signaturen spielt hierbei eine entscheidende Rolle, da sie eine rechtswirksame Identifikation ermöglicht und den gesamten Prozess vereinfacht. Hier ist darauf zu achten, dass manche Änderungen erst ab Mai 2025 wirksam werden. Bei manchen Vorgängen spielt die Schriftform bis auf Weiteres eine Rolle, die auch durch die elektronische Form erfüllt werden kann.

Bereits seit August 2024 können Ausbildungsverträge digital abgeschlossen werden. Diese Maßnahme vereinfacht nicht nur die Verwaltung, sondern erleichtert auch den Zugang zu Ausbildungsplätzen. Diese Erleichterung ergibt sich aus dem Berufsbildungsvalidierungs- und -digitalisierungsgesetz.

Rechtliche Hürden: Die Schriftform bleibt bestehen

Trotz der zunehmenden Digitalisierung bestehen weiterhin gesetzliche Vorgaben, die eine ausschließlich papierbasierte Dokumentation verlangen. So dürfen laut Nachweisgesetz in der seit Januar 2025 gültigen Fassung Nachweise zu Arbeitsbedingungen in Branchen, die unter das Schwarzarbeitsgesetz fallen, nach wie vor nur in Papierform ausgehändigt werden. Dies führt zu einem Medienbruch, der dem eigentlichen Ziel der Digitalisierung entgegensteht. Unternehmen müssen daher hybride Lösungen finden, die sowohl digitale als auch analoge Prozesse effizient verbinden.

Ausgelassen wurden bei der Überarbeitung des Nachweisgesetzes leider auch die Praktikantenverträge, die nach wie vor nicht elektronisch abgeschlossen werden können, sondern weiterhin einer handschriftlichen Unterschrift (“Wet Ink”) bedürfen.

Auch für ANU-Verträge in Branchen, die unter das Schwarzarbeitsgesetz fallen, ist die elektronische Form leider nach wie vor ausgeschlossen – das betrifft rund 8,5 Millionen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer in Deutschland.

Die Rolle der E-Signatur und zukünftige Entwicklungen

Elektronische Signaturen sind ein wesentlicher Bestandteil der digitalen Transformation im Personalwesen. Die Nutzung nimmt stetig zu, insbesondere im Vertragswesen. Die Einführung der EU Digital Identity Wallet (EUDI-Wallet), die in der EU-Verordnung 2024/1183 – die die erste Revision der EU-Verordnung 910/2014, auch eIDAS genannt, darstellt, festgehalten ist, wird künftig weitere Möglichkeiten für eine sichere digitale Identifizierung, Onboarding und Dokumentenverwaltung bieten. Diese Entwicklung könnte langfristig dazu beitragen, bestehende Hürden abzubauen und die vollständige Digitalisierung arbeitsrechtlicher Prozesse zu ermöglichen.

Digitale Identität als Schlüssel zur Effizienzsteigerung

Bis zum 24. Dezember 2026 sind alle EU-Mitgliedsstaaten verpflichtet, ihren Bürgerinnen und Bürgern sowie Einwohnerinnen und Einwohnern eine in ihrem jeweiligen Staat zugelassene Version einer EUDI-Wallet anzubieten. Diese Wallets verknüpfen nationale digitale Identitäten mit verschiedenen persönlichen Attributen wie Führerscheinen und Zeugnissen und ermöglichen es Einzelpersonen, sich mit ihren Identitäten in der gesamten EU nahtlos zu authentifizieren. Dieser universelle Zugang macht mehrere digitale Identitäten überflüssig und vereinfacht grenzüberschreitende Interaktionen. Die Identitäten und Attribute können sowohl für hoheitliche wie auch für privatwirtschaftliche Prozesse zweckbezogen genutzt werden können. Personalvermittler dürfen genauso wie Banken, Versicherungen oder Dienstleister in der Telekommunikation und Energieversorger auf erhebliche Erleichterung hoffen, da sich die Prüfung von Identitäten und der Abschluss von Vertrag künftig noch einfacher und trotzdem regelkonform digital umsetzen lässt.  Allerdings ist zwar die Einführung der EUDI-Wallets in den Mitgliedsstaaten verpflichtend, jedoch ist deren Nutzung für Bürgerinnen und Bürger freiwillig.

Die EUDI-Wallet kommt – aber bis sie breit genutzt wird, braucht es Lösungen, die sofort eingesetzt werden können

Für die Integration in Prozesse bei Personaldienstleistern ist man zwar technisch schon recht weit, doch stehen noch einige Fragen zu den Spielregeln für vertrauende Beteiligte (Relying Parties) offen, die in den in Entstehung befindlichen Durchführungsrechtsakten zur EU-Verordnung 2024/1183 geregelt werden sollten, die wiederum Bezug nehmen werden auf die derzeit im Entstehen befindlichen technischen Standards und die Erfahrungen mit diesen Vorgaben im Rahmen der großangelegten Piloten (Large Scale Pilots) von Prototypen der EUDI Wallets. Namirial ist sowohl in diesen Pilotprojekten wie auch in der technischen Standardisierung tief involviert. Man muss aber nicht warten bis die Wallets wahrscheinlich im Laufe von 2027/28 eine breitere Nutzung erreichen werden, sondern kann bereits heute die Vorgänge in der Personalvermittlung mit Hilfe von Vertrauensdiensten und Signatur-Workflows zukunftssicher digitalisieren.

Datenschutz und Sicherheit: Herausforderungen der Digitalisierung

Neben den zahlreichen Vorteilen der digitalen Transformation müssen Unternehmen jedoch auch die wachsenden Anforderungen an den Datenschutz und die IT-Sicherheit berücksichtigen. Die Verarbeitung sensibler Personaldaten in digitalen Systemen erfordert robuste Sicherheitsmaßnahmen, um Datenmissbrauch und Cyberangriffe zu verhindern. Hierbei spielen Verschlüsselungstechnologien und mehrstufige Authentifizierungsverfahren eine entscheidende Rolle.

Ein weiteres wichtiges Thema ist die Transparenz und Nachvollziehbarkeit digitaler Prozesse. Unternehmen müssen sicherstellen, dass ihre digitalen HR-Systeme auditierbar sind und den geltenden Datenschutzvorschriften entsprechen. Dies erfordert regelmäßige Schulungen der Mitarbeitenden sowie eine enge Zusammenarbeit mit Datenschutzbeauftragten und IT-Sicherheitsexpertinnen und -experten.

Integration digitaler Technologien in den Arbeitsalltag

Die Digitalisierung erfordert nicht nur technologische Anpassungen, sondern auch eine Veränderung der Unternehmenskultur. Unternehmen müssen ihre Mitarbeitenden in die digitalen Prozesse einbinden und sicherstellen, dass sie die notwendigen Kompetenzen für den Umgang mit neuen Technologien erwerben. Hierfür sind Schulungen und Weiterbildungsmaßnahmen essenziell.

Die Einführung flexibler Arbeitsmodelle wie Remote Work und hybride Arbeitsmodelle wird durch digitale Lösungen erheblich erleichtert. Cloud-Plattformen und digitale Kollaborations-Tools ermöglichen eine effiziente Zusammenarbeit, unabhängig vom Standort. Dies fördert nicht nur die Produktivität, sondern kann auch die Work-Life-Balance der Mitarbeitenden verbessern.

Ausblick in die Zukunft: Das wäre wünschenswert

Es ist denkbar, dass eine neue Regierung von Christ- und Sozialdemokraten sich darauf einigen könnte, für den Nachweis der Arbeitsbedingungen auch im Bereich der Gültigkeit des Schwarzarbeitsgesetzes sowie für Praktikantenverträge zumindest die Elektronische Form zuzulassen. In der CDU/CSU Bundestagsfraktion haben sich in der vergangenen Legislaturperiode u.a. Dr. Markus Reichel und Martin Plum dafür stark gemacht.

2024 folgte das SPD-geführte Arbeitsministerium unter Hubertus Heil noch der Argumentation des Deutschen Gewerkschaftsbunds (DGB), der in der Verbände-Anhörung zum Vierten Bürokratieentlastungsgesetz für die Beibehaltung der Papierform plädierte. Dabei wurden in der Bundestags-Anhörung auch überholte Argumente vorgebracht, wonach für die Erstellung qualifizierter elektronischer Signaturen noch Zertifikate auf Smart Cards bereitgestellt werden müssen und Kartenleser einzusetzen sind.

Dies ist bereits seit Mitte 2016 in Deutschland aufgrund der damals in Kraft getreten EU-Verordnung 910/2014 für elektronische Identifizierung und Vertrauensdienste und der damit verbundenen Erlaubnis von Fernsignaturen nicht mehr notwendig. Dieses Argument ist also seit vielen Jahren überholt. Es besteht nun aufgrund der Gewichte in der wahrscheinlichen neuen Regierung von CDU/CSU und SPD die Hoffnung auf einen Abbau dieser Überregulierung („Gold Plating“) und somit dem Abbau von Bürokratie. Dr. Markus Reichel ist wieder in den Bundestag gewählt worden und hat nach der Wahl am 23. Februar 2025 öffentlich signalisiert, dass sich die CDU/CSU Bundestagsfraktion weiter dafür einsetzen werde.

Fazit: Fortschritt mit Hindernissen

Die Digitalisierung des Personalwesens schreitet voran, doch rechtliche Vorgaben bremsen in einigen Bereichen noch die vollständige Umsetzung digitaler Prozesse. Während Maßnahmen wie das Bürokratieentlastungsgesetz IV, Textform statt Schriftform für viele ANÜ-Verträge und die elektronische Antragstellung für Elternzeit und Pflegezeit vielversprechende Fortschritte bieten, bleibt die Pflicht zur Papierform für bestimmte Vorgänge ein Hemmnis. Unternehmen sollten sich frühzeitig mit den aktuellen Entwicklungen und Möglichkeiten der elektronischen Signatur auseinandersetzen, um von den Vorteilen der Digitalisierung zu profitieren.

Zukünftig bleibt abzuwarten, wie sich regulatorische Vorgaben entwickeln und inwiefern digitale Identitätslösungen wie die spätestens ab Dezember 2026 durch die EU-Mitgliedsstaaten bereit gestellten Wallets für europäische digitale Identitäten (EUDI Wallet) zur vollständigen Digitalisierung beitragen können. Klar ist: Der Weg in eine digitale Arbeitswelt ist eingeschlagen – und es geht vorwärts. Und es lassen sich bereits heute viel Prozesse digital einfacher, schneller und kostengünstiger umsetzen.

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