Diversity Management ist seit einiger Zeit ein viel diskutiertes Thema in Unternehmen und der Öffentlichkeit. Immer häufiger wird auch die Frage nach der Wirtschaftlichkeit von Diversity Management, dem Business-Case, gestellt. Der folgende Beitrag zeigt die Ergebnisse einer Studie zu „Methoden und Indikatoren für die Messung der Wirtschaftlichkeit von Maßnahmen im Zusammenhang mit der personellen Vielfalt in Unternehmen“.

Während Befürworter davon ausgehen, dass Diversity Management (DiM) einen positiven Einfluss auf den wirtschaftlichen Erfolg eines Unternehmens hat, bezweifeln Kritiker diese Annahme. Sie rechnen mit mehr Konflikten bei erhöhter Diversität im Unternehmen oder etwa geringerer Gruppenkohäsion und dadurch niedrigerer Produktivität. Tatsache ist, dass die Frage nach der Wirtschaftlichkeit von DiM nicht beantwortet werden kann, zumal es sich um ein sehr kontextspezifisches Konzept handelt.

Darüber hinaus evaluieren lediglich 30 Prozent der Unternehmen in Europa, die Diversity Management betreiben, dieses auch. Gleichzeitig weisen viele Unternehmen darauf hin, dass die Schwierigkeit im Umgang mit Vielfalt und Nichtdiskriminierung in der Messung der Ergebnisse liegt. In dieser Hinsicht besteht Aufholbedarf, zumal „what gets measured gets done“ als handlungsleitend gelten kann.

Aus diesem Grund sollen hier exemplarisch „Methoden und Indikatoren für die Messung der Wirtschaftlichkeit von Maßnahmen im Zusammenhang mit der personellen Vielfalt in Unternehmen“ zusammenfassend diskutiert werden. Dabei handelt es sich um eine von der Europäischen Kommission in Auftrag gegebene Studie mit dem Ziel, ein Nachschlagewerk zu erarbeiten, das Nutzenpotenziale beziehungsweise Kosten auflistet, um es Unternehmen zu erleichtern, die Wirtschaftlichkeit ihres Diversity Managements zu erfassen.

Es wird davon ausgegangen, dass, um Gleichstellung aller in Unternehmen zu erreichen, rechtliche Vorgaben wie die Antidiskriminierungsgesetzgebung nicht ausreichend sein können, sondern dass vielmehr das freiwillige Engagement, basierend auf ökonomischen Überlegungen, letztlich zu inklusiven und diskriminierungsfreien Organisationen führt. „Measurement provides managers with a tool to justify the use of scarce resources to investors and other key stakeholders. Without this, there is a risk that investments in intangible assets (such as workforce diversity programmes) will not be sustained”, wie es in einem Bericht der Europäischen Kommission aus dem Jahr 2003 heißt.

Die Erkenntnisse der Studie basieren auf empirischen Daten von Unternehmen, welche im Bereich Diversity Management aktiv waren beziehungsweise sind und daher über Erfahrungen mit potenziellen Kosten- und Nutzenfaktoren verfügen. Darauf aufbauend wird ein Rahmen vorgestellt, in dem Unternehmen ihre Diversity Programme einer Kosten-Nutzen- Rechnung unterziehen können.

Wie aus Abbildung 1 ersichtlich ist, hat die Studie ergeben, dass mit dem Fokus auf Diversity sowohl kurz- beziehungsweise mittelfristige als auch langfristige Verbesserungen der Wirtschaftlichkeit verbunden sind. Konkret können Kosten reduziert werden, indem die Fluktuation sinkt und weniger Abwesenheitszeiten verzeichnet werden. Außerdem können etwaige Gerichtskosten aufgrund von Klagen wegen Diskriminierung vermieden werden. Die Studie stellt des Weiteren fest, dass der Zugang zu neuen Märkten leichter ist, wenn das Unternehmen auf Wissen zugreifen kann, über das eine vielfältige Belegschaft verfügt, um spezifische Bedürfnisse differenziert zu bedienen. Ein Beispiel dafür ist Ethnobanking, das in vielen Banken bereits angeboten wird. Dabei stehen die spezifischen Bedürfnisse von Bankkundinnen und -kunden mit Migrationshintergrund im Vordergrund, sowohl die angebotenen Produkte werden speziell adaptiert als auch das Service durch Bankbetreuer mit vielfältigen Sprachkenntnissen.

Auf bestehenden Märkten kann die Leistung insofern verbessert werden XX als dass Diversity Management und ein daraus resultierendes inklusives Unternehmensklima die Motivation der Mitarbeiter beeinflusst, XX wodurch die Produktivität im Unternehmen steigt. XX Sofern es wie im Beispiel der Banken starken Kundenkontakt gibt, hat die Verbesserung der Dienstleistung durch Berücksichtigung spezifischer Bedürfnisse einen Einfluss auf die Kundenzufriedenheit wie auch auf die Kundentreue.

Das Human- und das Organisationskapital

Das Humankapital umfasst die Kompetenzen der Belegschaft eines Unternehmens. Inwieweit diese Kompetenzen produktiv für das Unternehmen genutzt werden können, ist für die Wirtschaftlichkeit ein wesentlicher Faktor. Die Studie legt dar, dass durch den Fokus auf Diversity unterschiedliche Facetten des Humankapitals beziehungsweise der Nutzung des Humankapitals beeinflusst werden können.

Zum einen kann davon ausgegangen werden, dass hoch qualifizierte Fachkräfte, die am Arbeitsmarkt stark nachgefragt werden, in Bezug auf ihren Arbeitsplatz sehr anspruchsvoll sind. Unternehmen, die Diversity Management betreiben und dies sichtbar machen, haben einen Wettbewerbsvorteil im „War for Talent“, sowohl in der Rekrutierung als auch in der Bindung an das Unternehmen.

Die Studie zeigt außerdem auf, dass eine Reihe von Unternehmen Diversity Management betreiben, um die Kreativität und Innovationsfähigkeit in ihren Arbeitsteams zu steigern.

Die Fähigkeit, in einer globalen Wirtschaft zu agieren, ist ebenfalls eine langfristige Wirkung von Diversity Management, wenn es dem Unternehmen gelingt, auf einen vielfältigen Pool an Fachkräften zurückzugreifen und Arbeitskräfte aus unterschiedlicher kultureller Herkunft zu rekrutieren.

Diversity Management kann sich außerdem auf das Organisationskapital auswirken,

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Foto von Damian Patkowski
  • indem das Image des Unternehmens durch den Fokus auf Diversity verbessert und dadurch
  • der Ruf in der Öffentlichkeit positiv beeinflusst wird.
  • Darüber hinaus führen einige Unternehmen an, dass die internen kulturelkulturellen Werte langfristig ein wesentlicher Wettbewerbsvorteil sind. Durch den Fokus auf Diversity werden die kulturellen Werte des Unternehmens positiv beeinflusst.


Die Kosten von DiM

Um die Wirtschaftlichkeit von Diversity Management berechnen zu können, müssen neben den Nutzenpotenzialen aber auch die Kosten erhoben werden. Wie aus Abbildung 2 ersichtlich ist, kommen vier Kostenarten zum Tragen. Zum einen sind dies Kosten zur Einhaltung rechtlicher Vorschriften. Dies gilt etwa für bauliche Maßnahmen, wenn es rechtlich vorgeschrieben ist, ein Unternehmen barrierefrei zugänglich zu machen. Darunter werden in der Studie jedoch auch Kosten subsumiert, die aus Trainingsmaßnahmen für HR-Mitarbeiter entstehen, um sie hinsichtlich Antidiskriminierung auszubilden. Bei der strategischen Implementierung von Diversity-Programmen fallen Cash-Kosten an, die sich je nach Art und Umfang der Maßnahmen unterschiedlich gestalten.

Folgende Cash-Kosten können vorkommen (CSES 2003):

  • Kosten für Spezialisten im Bereich Diversity Management als externe Berater oder Angestellte
  • Kosten für Bewusstseinsbildung, Diversity- Trainings der Führungskräfte beziehungsweise der Belegschaft
  • unterstützende Maßnahmen in Abhängigkeit der Zielsetzung; beispielsweise, um Arbeitsplätze für Menschen mit Behinderung zu gestalten
  • Anpassung der Arbeitsbedingungen beziehungsweise Anreize, um als Unternehmen für Menschen mit vielfältigem Hintergrund attraktiv zu sein. Hier können die Ausweitung von Betriebspensionen auf gleichgeschlechtliche Partnerinnen und Partner oder etwa die Anpassung von Urlaubsarrangements in Abstimmung mit dem religiösen Bekenntnis der Mitarbeiter als Beispiele angeführt werden.
  • Kommunikationskosten, da die Implementierung von Diversity-Programmen einer strukturierten und ganzheitlichen Kommunikation innerhalb des Unternehmens bedarf, um Transparenz zu garantieren und damit auch Widerstände zu reduzieren. Kommunikation in Form von Informationsmaterial virtuell und auch materiell zu produzieren und bereitzustellen, ist jedoch als Kostenfaktor zu antizipieren.
  • Um Diversity Management nachhaltig zu gestalten, kann es notwendig sein, die aktuelle Beschäftigungspolitik, Ziele im Unternehmen, erwartetes Verhalten der Beschäftigten etwa in Bezug auf zeitliche Verfügbarkeit und erwünschtes Commitment zu überarbeiten. Dies ist vor allem zu Beginn der Implementierung und in der Planungsphase notwendig, verursacht jedoch durch die Bindung von Personal für diese Aufgaben Kosten.
  • Nicht zuletzt sind die Evaluierung und das kontinuierliche Monitoring der implementierten Maßnahmen eine Kosten verursachende, aber essenzielle Aufgabe. Ohne strukturiertes Reporting ist es nicht möglich, die Effektivität der gesetzten Maßnahmen zu überprüfen und gegebenenfalls die gewählte Strategie anzupassen. Darüber hinaus kann mangels Evaluierung der Verdacht nicht entkräftet werden, Diversity Management würde sich nicht rechnen.


Opportunitätskosten fallen bei der Implementierung von Diversity Management an, indem die Arbeitszeit von involvierten Führungskräften und Mitarbeitern gebunden wird. Des Weiteren wird häufi g davon ausgegangen, dass Vielfalt innerhalb der Belegschaft nicht sofort produktiv wirksam wird. Vielmehr wird unterstellt, dass zunächst eine Eingewöhnungsphase mit möglichen Produktivitätsverlusten zu antizipieren ist, die jedoch langfristig zu erhöhter Produktivität und Innovation führt (CSES 2003).

Geht man davon aus, dass Diversity Management als ein Change Management Prozess konzipiert wird, der die Organisationskultur beeinfl usst, ist ein gewisses Risiko des Scheiterns mitzudenken, da Wandel in Organisationen nicht planbar ist und daher unvorhergesehene Effekte auftreten können. Insbesondere Widerstand innerhalb der Organisation ist ein häufi ges Phänomen im Zusammenhang mit Diversity Management, nicht zuletzt, da traditionelle Machtverteilungen, Handlungsmuster und Normen in Frage gestellt werden, um Vielfalt und die damit verbundenen notwendigen Anpassungen zu ermöglichen und sogar zu fördern.

Wie aus dieser kurzen Darstellung der Studie „Methoden und Indikatoren für die Messung der Wirtschaftlichkeit von Maßnahmen im Zusammenhang mit der personellen Vielfalt in Unternehmen“ ersichtlich wird, besteht die Möglichkeit, Diversity Management strukturiert und ganzheitlich einer Wirtschaftlichkeitsrechnung zu unterziehen. Nachdem Diversity Management ein höchst kontextabhängiges Konzept ist, das in jedem Unternehmen unterschiedlich ausgestaltet werden muss, ist es schwierig, allgemeine Aussagen über die Wirtschaftlichkeit des Diversity Management zu machen. Würde es jedoch mehr Unternehmen geben, die ihre spezifi schen Maßnahmen evaluieren, wäre es möglich, die Ergebnisse zu einem größeren Business- Case zu aggregieren. Die Evaluierung von Diversity-Programmen ist sicherlich ein aufwendiger und ressourcenintensiver Prozess, dennoch ist es notwendig, Diversity Management im Lichte der Betriebswirtschaft als Managementkonzept zu diskutieren, um eine nachhaltige Verankerung in Unternehmen zu erreichen.

Literatur

  • Cultural Diversity in Organizations: Theory, Research and Practice. Von Taylor Cox. Berrett-Koehler 1993.
  • Methods and Indicators to Measure the Cost-Effectiveness of Diversity Policies in Enterprises, Final Report. Von EC (European Commission) 2003, catalogue number: KE-55-03-899-EN-N.
  • Continuing the Diversity Journey. Business Practices, Perspectives and Benefi ts. Von EC (European Commission) (2008), Luxembourg. Offi ce for Offi cial Publications of the European Communities.
  • Geschäftsnutzen von Vielfalt. Bewährte Verfahren am Arbeitsplatz. Von EC (European Commission) Luxemburg. Amt für amtliche Veröffentlichungen der Europäischen Gemeinschaften 2005.
  • Does Diversity Pay? Race, Gender, and the Business Case for Diversity. Von Cedric Herring. In: American Sociological Review, 74, 2.
  • The Diversity Scorecard: Evaluating the Impact of Diversity on Organizational Performance. Von Edward E. Hubbard. Elsevier 2004.
  • Organizational Analyses. Von Heike Mensi-Klarbach und Edeltraud Hanappi-Egger. In: Mary Ann Danowitz/ Edeltraud Hanappi-Egger/Heike Mensi-Klarbach: Diversity in Organizations: Concepts and Practices. Palgrave Macmillan (forthcoming).
  • Der Business Case für Diversität und Diversitätsmanagement. Von Heike Mensi-Klarbach. In: Regine Bendl/ Edeltraud Hanappi-Egger/Roswitha Hofmann: Diversität und Diversitätsmanagement. Facultas wuv 2012. Diversity und Diversity Management – die Business Case Perspektive. Von Heike Mensi-Klarbach. Verlag Dr. Kovac 2010.
  • Racial Diversity, Business Strategy, and Firm Performance: A Resource-Based View. Von Orlando C. Richard. In: The Academy of Management Journal, 43, 2000. Building a business case for diversity. Von Gail Robinson und Kathleen Dechant. In: Academy of Management Executive, 11, 3, 1997.
  • Beyond Sushiology: Does Diversity Work? Von Peter Skerry. In: Brookings Review, 20, 2002. Being Different: Relational Demography and Organizational Attachment. Von Anne S. Tsui/Terri D. Egan/Charles A. O`Reilly. In: Administrative Science Quarterly, 37, 1992.


Heike Mensi-Klarbach
Universitätsassistentin,
WU Wien, Department Management,
Gender and Diversity Management
Group
heike.mensi-klarbach@wu.ac.at