photography of people inside room during daytime
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Zur Erfassung der Wirkungen dieser TRE-Übungen wurde eine Online-Befragung durchgeführt, an der 173 Personen teilnehmen, v.a. gut qualifizierte Frauen. Sie schätzten  ihre Arbeitsbedingungen insgesamt als eher wenig belastend ein im Vergleich zu der repräsentativen Stichprobe der BIBB/BAuA-Erhebung (2014) eingeschätzten.
Entgegen der Annahme der arbeitswissenschaftlichen Forschung, dass viel Arbeitsbelastung auch zu starken Beanspruchungsreaktionen führt, geben die 173 Befragten trotz relativ geringer Belastung sehr viele Gesundheitsbeschwerden an, in ihrer Summe doppelt so viele wie in repräsentativen Stichproben. Die Jahresprävalenz liegt bei den meisten der 25 Gesundheitsbeschwerden 10 bis 20 % über derjenigen in der repräsentativen BIBB/BAuA-Stichprobe; teilweise erreichen die Häufigkeiten das 3 – 5-fache der normalen Erwerbsbevölkerung, z.B. bei Herz-, Magen- und Verdauungsbeschwerden, Augensymptome, Husten oder Hörproblemen (
Nöllenheidt, Wittig & Brenscheidt, 2014). Drei Viertel der Befragten haben deswegen auch bei der Arbeit gefehlt und beanspruchen das Gesundheitswesen dementsprechend. Einige beziehen sogar eine Erwerbsunfähigkeitsrente, z.B. wegen Depression oder posttraumatischer Belastungsstörung.
Die qualitativen Antworten zeigen eine ungewöhnlich hohe Belastung mit traumatisierenden Ereignissen, insbesondere mit chronischen oder potentiell lebensbedrohlichen Erkrankungen wie die des Herz-Kreislauf-Systems, Fibromyalgie oder Zustand nach Organtransplantation; einige berichten auch von psychischen Belastungen in der Kindheit wie kranke Eltern und Parentifizierung.
An der Nachbefragung nach sechs bis zwölf Monaten nahmen nur noch 78 Menschen teil; verwertbar waren aber nur 70 Datensätze mit vollständig beantworteten Fragebogen bei der Vor- und Nachher-Befragung. Die Durchführung der Übungen führt nach mehreren Monaten insgesamt zu einer deutlichen Reduktion der Gesundheitsbeschwerden von 10,4 auf 8,7, zu einem Rückgang der Schmerzstärke von 3,5 auf 2,9 auf einer 6-Punkte-Skala (statistisch alle mindestens auf dem 5 %-Niveau signifikant) und auch einer geringeren Inanspruchnahme des Gesundheitssystems, z.B. dem Rückgang der Anzahl therapierter Symptomen von 3,8 auf 2,5.
In der qualitative Auswertung der zusätzlichen Kommentare zur Befragung werden verschiedenste Veränderungen seit Beginn der Übungen angegeben, die sich ca. zur Hälfte auf das Verschwinden unangenehmer Zustände beziehen. Die andere Hälfte beschreibt ein Mehr an positivem Empfinden (Entspannung, besseres Körpergefühl, positivere Gedanken, mehr Lebensfreude, besserer Schlaf, mehr Freude an der Arbeit, bessere Beziehungen in der Familie). Das Symptommuster und die Symptomreduktion kann leicht mit der Polyvagaltheorie von Stephen Porges (2011, 2016) erklärt werden, z.B. Abnahme der Verdauungsprobleme, der Schlafstörungen, der Müdigkeit und Nervosität.