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Photo by Wes Hicks

Nicht nur betriebliches Lernen ist im Umbruch, auch die Rolle von Personalentwicklern und Personalentwicklerinnen wird gerade neu definiert. Wie die Zukunft in erfolgsorientierten Unternehmen aussehen kann, darüber forscht und lehrt Prof. Dr. Nele Graf.

In einer Arbeitswelt, die vom rasanten technischen Fortschritt dominiert wird, reichen Ausbildung und Studium meist nicht mehr aus. Wer beruflich weiterkommen und Karriere machen will, der kommt um ständige Fortbildungen nicht herum. Auch für Unternehmen ist betriebliche Weiterbildung ein entscheidender Erfolgsfaktor. Der Begriff des lebenslangen Lernens ist heute aktueller als je zuvor. Doch auch Lernen will gelernt sein und unterliegt ständigen Veränderungen.

Wie die Zukunft des betrieblichen Lernens aussehen könnte, darüber sprachen wir ausführlich mit Prof. Dr. Nele Graf, die an der Hochschule für angewandtes Management Personal und Organisation lehrt. Gemeinsam mit ihrer Kollegin Anja Schmitz von der Hochschule Pforzheim entwickelte sie die erste deutschsprachige Definition für den Begriff „Agiles Lernen“. Darüber hinaus entwickelt Graf zusammen mit dem HRM Institute die Weiterbildung „ Agile/r Personalentwickler/in“ und bildet Agile Lerncoaches aus.

Die vordergründige Frage ist zunächst natürlich, was steckt hinter dem Begriff „Agiles Lernen“. Denn hierbei handelt es sich nicht nur um ein Individuum, das seinen Lernprozess selbst steuert. Für Graf lässt sich agiles Lernen von agilem Arbeiten nicht trennen. „Es geht darum, in der Arbeitswelt anpassungsfähig und innovationsfähig zu sein, egal in welchem wirtschaftlichen Kontext.“ Oder, in anderen Worten, wettbewerbsfähig zu bleiben. Das gilt für Arbeitnehmende wie auch für Unternehmen.

Nach Auffassung von Graf muss betriebliches Lernen in vielen Kontexten interaktiver und experimenteller gestaltet werden als bisher. Die klassischen Weiterbildungsangebote à la Seminare oder Trainings genügen den Anforderungen des immer anspruchsvolleren Marktes nicht mehr. „Agiles Lernen“ betrifft daher nicht nur den Einzelnen, sondern auch die Unternehmensorganisation. „Wir brauchen eine grundsätzlich andere Kultur des Lernens“, fasst es Graf in dem Gespräch mit HRM zusammen.

Für Personalentwickler und Personalentwicklerinnen heißt das, dass sie über ihre gewohnte Rolle hinauswachsen müssen. „Vor allem strategische Fähigkeiten werden von ihnen in Zukunft verlangt“, glaubt Graf. Dazu gehört herauszufinden, welche Art von Lernangeboten Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen überhaupt brauchen. Ebenso müssen sich Personalentwickler und Personalentwicklerinnen der Frage stellen, wie sie ihre Mitarbeitenden konkret dabei unterstützen können, ihren Job zur Zufriedenheit aller auszuführen. Also individuelle und lösungsorientierte Ansätze finden, die mitunter nicht bequem sind. Der Personaler bzw. die Personalerin wird somit zum Lernexperten bzw. Lernexpertin.

Eine weitere Rolle für zukunftsorientierte Personalexperten und Personalexpertinnen ist nach Ansicht von Graf die des Brokers, oder Community Managers. „Seine Aufgabe ist, nicht nur Wissensträger miteinander zu verknüpfen, sondern auch Leute mit neuen Formaten und mit Content zusammenzubringen.“ Doch nicht nur das, auch neue und innovative Lernformate soll der moderne Personaler und die moderne Personalerin in die Unternehmen einbringen. „Das miteinander und voneinander Lernen ist ein ganz entscheidender Punkt“, glaubt die Wissenschaftlerin, „denn letztlich bedeutet agiles Lernen auch kollaboratives Lernen, bei dem der Einzelne gleichzeitig auch Teil des Lehrenden ist“. Der Lernende und die Lernende nimmt einerseits den konsumierenden Part des Zuhörers ein, andererseits gibt er/ sie gleichzeitig aktiv sein Wissen an die anderen Teilnehmer weiter.

Doch damit nicht genug. Graf sieht moderne Personalentwickler zudem in einer kulturfördernden Rolle. Lernwilligen Mitarbeitern und Mitarbeiterinnen muss Zugang zu Lernmöglichkeiten geschaffen werden, beispielsweise zu E-Learning- und betrieblichen Weiterbildungsangeboten. Und das möglichst ohne zeit- und kräfteraubende Genehmigungsprozesse. Gleichzeitig befürwortet Graf die Umstellung von individuellen Bonuszahlungen auf Teamboni oder Organisationsboni. Damit soll die Bereitschaft der Mitarbeiter und MitarbeiterInnen gefördert werden, wertvolles Wissen zu teilen und der Gruppe zur Verfügung zu stellen. Für Graf gehören diese Punkte zur Grundvoraussetzung, „wir brauchen erstmal einen fruchtbaren Boden“.

Die Wissenschaftlerin stellt sich auch der Frage, ob die Lernrevolution „Agiles Lernen“ nicht auch eine Gefahr für etablierte Unternehmenskulturen darstellen könne „Absolut. Unsere Welt wird ja ständig komplexer, auf diese Komplexität kann man mit mehr Kontrolle reagieren, oder die Verantwortung an den Einzelnen weitergeben.“ Entscheidet sich ein Unternehmen für die zweite Option, heißt das mehr informelles Lernen und damit weniger Bildungszertifikate und weniger Überwachung von Kursteilnehmern und Kursteilnehmerinnen. Doch die Mutter aller Fragen in diesem Zusammenhang ist für Graf: „Wie werden informell erworbene Kompetenzen transparent? Wie machen wir sichtbar, dass diese Kompetenzen erworben wurden und für das Unternehmen oder für eine Bewerbung nutzbar sind?“. Die Antwort zu dieser Frage muss erst noch gefunden werden: „Da ist noch viel im Hintergrund zu klären, da hängt noch ein Rattenschwanz an Veränderungen dran.“

Und dennoch ist Graf überzeugt davon, dass es zum „Agilen Lernen“ keine Alternative gibt. Die würde lauten, weitermachen wie bisher. Aber das würde bedeuten, dass Unternehmen und Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen in absehbarer Zeit abgehängt würden und nicht mehr wettbewerbsfähig wären. Der Umbruch müsse ja nicht von heute auf morgen vollzogen werden, im Gegenteil, der Umbruch selbst sei ein „tolles Übungsfeld, um agil agil zu lernen“.

Das ausführlich Interview und den podcast HRM Hacks mit Frau Prof. Dr. Nele Graf gibt es unter: HRM.de – Wie Agiles Lernen die Unternehmenskultur verändert – Nele Graf

Eine Checkliste mit allen „8 Hacks zum Agiles Lernen und Unternehmenskultur“ findet Ihr unter: 8 Hacks zum Agilen Lernen und Unternehmenskultur – HRM.de

Mehr zu unserem Sponsor compleet, Eurem HR-Software Partner für Recruiting und Workforce Management findet Ihr unter: https://www.hrm.de/unternehmen/compleet/

Kontakt zu unserer heutigen Gästin Prof. Dr. Nele Graf gibt es unter: https://www.hrm.de/mitglieder/nele-graf/

Alle Podcast Folgen der „HRM Hacks –Tipps und Tricks für Eure HR Herausforderungen und HR Strategie“ findet Ihr auf einen Blick hier: https://podcast.hrm.de

Mehr Informationen zum agilen Lernen und der von Frau Prof. Dr. Nele Graf zusammen mit dem HRMInstitute entwickelten Weiterbildung zur/zum „Agilen Personalentwickler/in“ findet ihr unter: http://agileslernen.hrm.de/

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