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Foto von Austin Distel

Rumänen und Bulgaren zieht es seit ihrer voll erworbenen Freizügigkeit am 1. Januar 2014 vor allem nach Deutschland, weil sie neuerdings Sozialleistungen in Anspruch nehmen können. Das vermuten 62 Prozent der Teilnehmer der Politbarometer-Umfrage. Überzeugt sind ganze 56 Prozent davon, dass Deutschland generell die Zuwanderung ausländischer Arbeitskräfte benötige. Doch wenn es um Rumänen und Bulgaren geht, glauben 51 der Befragten, dass Deutschland Nachteile ins Haus stehen.

Kampagne gegen die Angst

Sollten diese Werte tatsächlich ein verbindliches Stimmungsbild abbilden – laut ZDF ist die Befragung „repräsentativ für die wahlberechtigte Bevölkerung in Deutschland“ – dann zeigen sie, dass die Kampagnen der Bundesagentur für Arbeit zu Entschärfung des sozialen Sprengstoffs dieser Zuwanderung nicht so greifen wie gewünscht. Unglücklicherweise spielen jüngste Vorfälle in Deutschland Kritikern in die Hände; zum Beispiel vergewaltigte in Mannheim ein Bulgare im letzten Herbst eine litauische Studentin und brachte sie um. Die zuständigen Behörden hatten diesen Fall tagelang vertuscht, um Ruhe in der Bevölkerung zu wahren. Auf Bundesebene waren Parteien und Institutionen jedoch ganz im Gegenteil bemüht, negative Erwartungen von Bürgern auszuräumen. So hatte unter anderem BA-Vorstand Heinrich Alt der Rheinischen Post Anfang Januar gesagt, dass seiner Erwartung nach jeder zweite Neuzuwanderer eine gute Ausbildung mitbringe. Erwartungsgemäß gab es Gegenfeuer aus dem nationalen Lager. In Mannheim schreibt die NPD Rhein-Neckar aktuell auf ihrer Internetseite: „Fast alle Bettler sind in Mannheim inzwischen Bulgaren oder Rumänen. Ihr Leben ist geprägt von Mietwucher, Schwarzarbeit, Glücksspiel und Prostitution.“ Belege dessen folgen keine. Allerdings gibt es diese zum Teil in der Medienberichterstattung der letzten drei Jahre. So hatte die Frankfurter Rundschau in 2012 berichtet, dass Brüssel Bulgarien ein verheerendes Zeugnis ausgestellt hatte: “Nirgendwo sonst in der Europäischen Union sei die organisierte Kriminalität so mächtig wie dort, heißt es in einem Länderbericht, den die Kommission heute verabschieden will. Allein in den letzten zehn Jahren habe es in Bulgarien über 150 Auftragsmorde gegeben. Aber nur wenige dieser Fälle seien je vor Gericht gelandet. Noch kleiner sei die Zahl der Verurteilungen”, schrieb die Zeitung.
 
Die Beschäftigung der Zuwanderer ist der neuralgische Punkt der öffentlichen Debatte.
Und diesbezüglich zeigt sich offenbar, dass Missstände herrschen. Die Westfälischen Nachrichten meldeten am 16. Januar, dass rund 36 Prozent der 27.000, aktuell bei der BA geführten rumänischen und bulgarischen Leistungsempfänger so genannte „Hartz-IV-Aufstocker“ seien. Das bedeutet, dass diese Menschen arbeiten, jedoch so wenig verdienen, dass sie ihr Gehalt mit Hartz-IV-Geld aufbessern. Diese Zahlen wurden auf Anfrage der Linke-Abgeordneten Sabine Zimmermann ermittelt. Für Zimmermann belegt die Erhebung, dass Migranten als „billige Arbeitskräfte missbraucht“ werden und keine Rede von einem Missbrauch der Sozialleistungen sein könne. Wobei sie den Missbrauch als solchen nicht weiter diskutierte. Ob Menschen, die in anderen Teilen der Welt ein besseres Auskommen suchen, tatsächlich Systeme „missbrauchen“, wäre eine eigens zu führende Debatte.

Dass die Zuwanderungsthematik im ZDF-Barometer zur Top eins wurde, könnte auf die politische Einstellung der Befragten zurückzuführen sein. So liefert das ZDF-Datenblatt zur aktuellen politischen Stimmung diese Daten:  CDU/CSU: 48 Prozent, SPD: 24 Prozent, Linke: 8 Prozent; Grüne: 8 Prozent, FDP: 3 Prozent, AfD: 4 Prozent.

Die Schusswaffe am Tisch und
unter diesem das brabbelnde Kleinkind

Der jüngste Vorstoß Ursula von der Leyens für eine bessere Vereinbarkeit von Beruf und Familie bei der Bundeswehr hatte Hohn und Lob in den Parteien gefunden. Das Militär soll nichts weniger als ein familienfreundliches Unternehmen werden. Soldaten sollen in Teilzeit arbeiten können und in Kasernen Kinderbetreuung angeboten werden. Die Rhetorik der Ministerin unterscheidet sich in nichts von der, die sie als Arbeitsministerin einsetzte. Der Bild am Sonntag hatte sie Anfang Januar wörtlich gesagt: „Mein Ziel ist es, die Bundeswehr zu einem der attraktivsten Arbeitgeber in Deutschland zu machen”. Damit rückt die Ministerin zum ersten Mal ins öffentliche Bewusstsein, dass ein Soldat an einer Schusswaffe und im Dreck seines Grabens daheim von seinen Kindern als Daddy liebevoll erwartet wird. Von der Leyen könnte damit an der Wurzel des männlichen Selbstverständnisses angesetzt haben. Es bleibt abzuwarten, wie erfolgreich diese Family-Kampagne wird und was sie eigentlich lostreten wird. (Die Zitate der Ministerin im Handelsblatt).

Einen ersten Vorgeschmack mag das ZDF-Politbarometer geben: 70 Prozent aller Befragten sind der Meinung, dass die bessere Vereinbarkeit von Beruf und Familie für die Bundeswehr ein wichtiges Thema sei. Diese Ansicht wird laut Wahlforscher auch in den Parteianhängergruppen mehrheitlich geteilt. Gefragt wurde auch danach, wie gut oder wie schwierig von der Leyen sich im neuen Amt eingeführt habe. Ganze 60 Prozent der Interviewten empfinden diese als positiv.

Fotocredit:
Flagge: Franziska Kleinschmidt / 
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