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00:00:21
Alexander Petsch: Glückauf und herzlich willkommen zu den heutigen HRM Hacks. Mein Name ist Alexander Petsch, ich bin der Gründer des HRM Institutes, euer Gastgeber. In unserer heutigen HRM Hacks Folge spreche ich mit Tim Verhoeven zu Hacks zur Arbeitgeberattraktivität für Recruiterinnen und Recruiter. Meinen heutigen Gast Tim Verhoeven kennt ihr sicher schon, weil er war schon zweimal bei uns. Nämlich zum einen zum Thema Data Driven Recruiting und dann haben wir auch über Stellenanzeigen-Trends miteinander einen Podcast gemacht. Und von daher spare ich mir die lange Einführung. Tim ist Recruiting-Nerd, absoluter Experte im Recruiting, schreibt Bücher über Candidate Experience, Digital Recruiting und ist jetzt seit über drei Jahren bei Indeed als Senior Manager Employer Insights Evangelist unterwegs. Und ich freue mich, dass du heute wieder bei uns bist, Tim.

00:01:00
Tim Verhoeven: Vielen Dank! Ich freue mich auch, wieder dabei zu sein.

00:01:03
Alexander Petsch: Ja, Tim, heute haben wir eigentlich ja so ein Thema, was uns, glaube ich… Also mir liegt es sehr am Herzen, weil ich meine, wir machen so viel für Recruiterinnen und Recruiter, also TALENTpro… Danke übrigens an Indeed an der Stelle auch, die unser Hauptsponsor der TALENTpro 2020 sind. Ja, und wir machen Weiterbildungen für Recruiter und HR-jobs als Jobboard. Also ganz viel, was… Eine Zeitschrift mit dem blog.TALENTpro-Magazin. Also wir bewegen uns da viel drin, aber wir haben noch nie die Frage gestellt, wie wird man eigentlich ein guter Arbeitgeber für Recruiter und Recruiterinnen? Also danke dir erst mal für das Thema.

00:01:43
Tim Verhoeven: Gerne. Und dabei ist es ja so naheliegend, wie du gerade schon selber sagst, weil wir beschäftigen uns ja tagtäglich damit und es ist, glaube ich, auch typisch für die Zielgruppe. Also die Zielgruppe beschäftigt sich sehr, sehr stark damit, anderen Bereichen zu helfen, anderen Bereichen Talente zu bringen, aber auch idealerweise Tipps zu geben, wie man sich als Arbeitgeber in dem Bereich attraktiv aufstellen kann. Und leider wird dann immer ein bisschen vergessen, okay, was ist eigentlich das Wichtige für uns? Was können wir uns auch mal Gutes tun? Und so ist ein bisschen dieses Thema bei mir auch Herzensthema geworden. Ich war 15 Jahre vorher ungefähr im Recruiting, habe da unterschiedlichste Situationen auch miterlebt. Mal schönere, mal weniger schöne und immer mal wieder auch von vielen Leuten gehört, die sagen, Mensch, das läuft gerade nicht gut. Und so weiter. Und das war die Motivation, mich mal damit zu beschäftigen. Und ich glaube, es gibt keine bessere Zeit als jetzt dafür.

00:02:35
Alexander Petsch: Ja, das wäre jetzt auch eigentlich mal mein Einstieg gewesen zu sagen, hey, wir haben ja zurzeit einen absoluten Recruiter- und Recruiterinnen-Mangel. Also zumindest empfinde ich es so. Warum ist denn das so und warum werden eigentlich überall gerade Recruiter gesucht?

00:02:50
Tim Verhoeven: Ja, das ist nicht nur dein Bauchgefühl, das lässt sich relativ einfach auch mit Zahlen belegen. Es fing im letzten Jahr, glaube ich, mit der ersten Studie an von LinkedIn, die gesagt haben sinngemäß, es gibt gerade mehr offene Positionen als Recruiter bei uns als Projektmanager. Und das ist schon eine erste ziemliche Aussage gewesen. Und dann gab es relativ zeitgleich den einen Report von Hays, die noch mal verschiedene Entwicklungen gezeigt haben. Und die Quintessenz war, in den letzten ungefähr zwölf Monaten ist die Nachfrage nach verschiedenen Positionen innerhalb des Recruitings, also sowohl klassischer Recruiter, Employer Branding Manager, Personalmarketing und so weiter, explodiert. Wir sehen es bei uns in unseren Zahlen, dass die… Das ist eine enorme Wachstumsrate der offenen Stellen für in Summe HRler und insbesondere Recruiter. Die Zahl hat sich im Vergleich zu vor der Corona-Krise verdoppelt. Mehr als verdoppelt. Das heißt im Umkehrschluss, jeder gute Recruiter und jede gute Recruiterin hat gerade doppelt so viel Auswahl wie früher. Und das ist ja erstmal schon mal ein guter Einstieg. Das sollte uns ja auch ein gewisses Selbstbewusstsein vielleicht geben, darüber nachzudenken, was müsste eigentlich hier in meinem Arbeitsumfeld geändert werden, damit ich zufriedener bin? Oder als Führungskraft vielleicht auch mal darüber nachzudenken, hm, wenn es gerade so schwierig ist, gute Leute zu finden, muss ich vielleicht auch ein bisschen mehr Zeit auch mal daran investieren, die guten Menschen zu halten im Recruiting. Und gute Leute sind weiterhin rar gesät, würde ich sagen.

00:04:24
Alexander Petsch: Definitiv. Also es ist immer so. Wir haben uns heute auch die Frage gestellt, wer beschäftigt eigentlich in Deutschland die meisten Recruiter? Welche Top Ten Firmen haben denn eigentlich die größte Recruiting-Abteilung? Hast du da ein Bauchgefühl?

00:04:41
Tim Verhoeven: Ich würde wahrscheinlich die sagen, die am meisten rekrutieren. Das heißt, da kommen wir auf die großen Logistiker, die großen Einzelhändler, die Zigtausende oder Hunderttausende Mitarbeiter haben und es tendenziell in solchen Bereichen relativ viel Fluktuation gibt. Und wenn ich im Jahr 20.000 Menschen rekrutieren muss, dann brauche ich eine riesige Mannstärke oder Fraustärke im Recruiting. Deswegen, ich würde wahrscheinlich tippen, wenn ich jetzt mal die Personaldienstleister außen vor lasse, wahrscheinlich auf die großen Logistikunternehmen Deutsche Post, Amazon und die großen Lebensmitteleinzelhändler von Aldi, Lidl… Das wären wahrscheinlich meine Vermutungen.

00:05:20
Alexander Petsch: Ich hätte auch die Bahn wahrscheinlich…

00:05:22
Tim Verhoeven: Ja. Die werden sicherlich auch viele Leute haben, kann ich mir gut vorstellen. Aber spannend. Ich weiß es tatsächlich nicht. Vom Bauchgefühl wäre… Die Bahn ist zumindest auch immer sehr visibel darin.

00:05:32
Alexander Petsch: Ja, was wären so deine Hacks? „Make Recruiter und Recruiterinnen happy“-Hacks.

00:05:40
Tim Verhoeven: Ich glaube, auf der einen Seite haben wir so klassische Basisbedürfnisse, die da sind, die über viele Jahre, glaube ich, nicht optimal bedient wurden, wenn ich es mal so sagen möchte. Und da fangen wir mit einem ganz plakativen Thema an, nämlich Kompensation. Ich kenne noch in vielen Unternehmen die Situation, dass Leute innerhalb des Recruitings deutlich geringer bezahlt wurden als in vielen anderen Fachbereichen. Wenn man so aber drüber nachdenkt, was gerade die entscheidenden Faktoren sind für Unternehmenserfolg in vielen Branchen, dann ist es gerade das Thema „Personal muss da sein“. Und wer ist dafür da, dass das Personal da ist? Ja, klar, Recruiting. Deswegen ist es schwer nachvollziehbar, dass Leute im Vertrieb, im Marketing oder ähnlichen Bereichen teilweise deutlich mehr Geld kriegen als eine ähnliche Position im Recruiting. Das heißt, mit diesem Thema sollte man anfangen. Das auch mal nicht unhinterfragt zu lassen und nicht zu sagen, ja, das kann man aber nicht. Wenn man nur Peanuts bezahlt, bekommt man am Ende des Tages auch nur das, was man bezahlt. Und da würde ich sogar noch einen Schritt weiter gehen. Es geht mir nicht nur um die Höhe. Die Höhe ist die eine Dimension. Es geht auf der anderen Seite auch um die Frage, ist der Recruiting-Job nicht nah am Sales-Job möglicherweise? Weil ich auch eigentlich Ziele erreichen muss. Und warum kriege ich nicht zum Beispiel auch das Thema Bonus anders möglicherweise integriert in so eine Kompensation? Wenn ich ein extrem… In jedem anderen Bereich, wenn ich irgendeinen Bereich habe, der extrem erfolgskritisch ist, werde ich immer auch einen hohen Leistungszuschlag kriegen. Am klassischsten ist es im Vertrieb. Im Vertrieb kriege ich sehr viel über einen variablen Anteil und in der Regel lässt sich damit auch sehr gut leben, wenn man erfolgreich ist. Es gibt aber kaum Unternehmen, die das mal versuchen umzudenken für Recruiting. Was würde es denn bedeuten, wenn Recruiting möglicherweise einen nach oben hin offenen Bonus noch mal kriegt für die Anzahl der Einstellungen, Anzahl der Bewerbungen oder was auch immer? Das kann man ja immer genau definieren. Was ist denn gerade das Gap und was möchte man erreichen?

00:07:45
Alexander Petsch: Hast du einen Überblick, wie viel Prozent überhaupt so ein Bonussystem für Recruiterinnen und Recruiter im Einsatz haben?

00:07:55
Tim Verhoeven: Einen grundsätzlichen Bonus haben viele, der aber dann meistens nur irgendwie so zwischen 1% und 4 % oder 5 % liegt.

00:08:03
Alexander Petsch: Also ich rede jetzt nicht von du kriegst den Bonus, wenn es der ganzen Firma gut geht, sondern im Prinzip eigentlich, wenn du das ja aus dem Sales jetzt, aus der Sales-Ecke denkst, müsste das ja heißen, also eigentlich bekommst du, ich sage jetzt mal platt gesagt, einen Tausender extra Bonus für jeden Mitarbeiter, den wir dank dir einstellen, der länger als die Probezeit da bleibt.

00:08:25
Tim Verhoeven: Da kenne ich nahezu keinen, paradoxerweise, der Dienstleisterbranche, wo es gang und gäbe ist. Und wenn wir uns jetzt mal versuchen, so ein bisschen in die Gedankenwelt eines Recruiters rein zu versetzen… Ich habe den Job ja lang genug gemacht. Es schmerzt schon sehr, wenn ich durch meinen guten Job, weil ich vielleicht selber Active Sourcing mache oder sonst irgendwie was, dafür sorge, dass vielleicht drei, vier Positionen nicht über den Headhunter besetzt werden. Dieser Headhunter für diese drei, vier Besetzungen aber deutlich mehr kriegen würde in wenigen Monaten als ich im gesamten Jahr und ich nichts dafür kriege.

00:09:02
Alexander Petsch: Ich habe gerade überlegt, ich muss in meinem Podcast so eine Glocke oder so was einführen. Und da ich das nicht hier auf dem Schreibtisch stehen habe, habe ich hier mein Glückauf Emailschild gerade gewedelt. Ihr habt es nicht gesehen, aber ich wollte es schon irgendwo draufschlagen und es als Glocke benutzen. Also echt ein mega Hack. Also Tim, ich finde das… Also ganz im Ernst, ich frage mich, wieso wir das nicht machen, wieso wir das noch nie gemacht haben. Also ich meine ja, so ein Head-Bonus, Empfehlungsbonus, Empfehlungsmarketing, das gibt es ja schon viel und lang. Aber ehrlich gesagt… Ja, tolle Idee.

00:09:44
Tim Verhoeven: Ja, das Paradoxe ist ja, im Mitarbeiterempfehlungsprogramm werden ja meistens die Recruiter auch noch ausgeschlossen. Das heißt, jeder kriegt on top Geld, wenn er jemanden rekrutiert, außer der, dessen Job es ist.

00:09:55
Alexander Petsch: Ja, genau.

00:09:56
Tim Verhoeven: Ist schon skurril, wenn man darüber nachdenkt.

00:09:58
Alexander Petsch: Ja.

00:09:58
Tim Verhoeven: Ja, und das ist natürlich so was ganz Einfaches eigentlich, wenn man darüber nachdenkt und was Grundlegendes. Und dann gibt es natürlich noch andere Dinge. Das Thema Wertschätzung. Hört sich jetzt auch wieder total banal an, aber in den meisten Unternehmen wird ja dem Recruiter suggeriert, Recruiting kann doch jeder. In keinem anderen Unternehmensbereich würde man sagen, na übrigens, Juristerei kann doch jeder. Jetzt gehe ich mal vor Gericht. Oder keine Ahnung, dem Ingenieur sagen, ach komm, das kriege ich doch besser hin als Betriebswirt. Das sagt doch keiner. Aber Recruiting kann ja jeder. Und da fängt ja die erste mangelnde Wertschätzung schon an. Und die ist schon ganz vorne im Recruiting-Prozess ehrlich gesagt. Im Recruiting-Prozess wird gar nicht darauf geachtet, weil es gibt ja keine Standards, es wird ja gar nicht gestanden irgendwie. Es gibt ja keine klassische Recruiting-Ausbildung, die ich machen kann wie mein Controlling-Studium als Betriebswirt. Gibt es ja nicht. Das heißt, ich habe schon keine Mindeststandards, auf die ich achten kann. Man sagt dann ja auch häufig in vielen Unternehmen, na, wir sind auch super offen für Quereinsteiger im Recruiting. Auch mega Zeichen natürlich an die eigene Mannschaft, wenn jedem suggeriert wird, übrigens, der, der null Ahnung hat, kann euren Job genauso machen, weil lernt man ja ganz schnell. In der Führung geht es weiter. Ich kenne unglaublich viele Unternehmen, wo dann die oberste…

00:11:19
Alexander Petsch: Lass uns da noch mal rein gehen gerade in dieses Thema. Es ist wirklich so. Ich meine, wenn ihr euch mal überlegt, ist es doch so, dass eigentlich der Recruiting-Job jahrzehntelang der Einstiegsjob ins HR-Wesen war. Ja, also bei allen anderen HR-Positionen haben sich alle immer gefragt, wie soll ich denn das jemals werden? Weil da stelle ich doch jemanden mit Berufserfahrung ein. Ich habe immer die Studenten aus dem… Die mit ihrem Studium fertig waren und in HR wollten, gefragt, wie soll ich denn da reinkommen? Dann muss ich ja erst mal irgendwo in die Linie gehen, damit ich nachher wieder ins HR zurückgehen darf, weil mir im HR keiner sozusagen einen Job offeriert. Um dann zu sagen, na ja, aber Recruiting, da nehmen sie mich auch als Rookie. Aber ich habe im ganzen Studium noch nie was gelernt, was mir eigentlich dabei helfen würde, den Job zu machen. Es ist ja schon irgendwie pervers, oder?

00:12:07
Tim Verhoeven: Und dann müsste man ja normalerweise die logische Konsequenz haben, dass die Unternehmen ein unglaublich detailliertes Weiterbildungsangebot haben, bis die Leute dann in ihren Job reingehen. Aber haben sie ja nicht. Wie viele Unternehmen kennst du, die ein eigenes Curriculum haben für Recruiter? Ich kenne kaum welche. Ich kenne…

00:12:28
Alexander Petsch: Ich hätte jetzt gesagt, mal mindestens so knapp 100, weil nämlich die uns dafür nutzen, mit dem Digital Recruiter ihre Recruiter sozusagen auszubilden und fit zu machen, um ihnen alles das beizubringen, was sie im Studium zum Beispiel nicht gelernt haben. Oder weil sie aus anderen Bereichen des HRs kommen und ihnen diese ganzen digitalen Komponenten einfach fehlen. Aber ich gebe dir recht, ansonsten hat es keine gute Einarbeitung. Ich bin ja auch fassungslos, dass es nicht 10.000 sind, die das schon bei uns gemacht haben, weil leichter, einfacher, kosteneffizienter und mit mehr Expertise kriegst du es eigentlich nicht mehr hin.

00:13:08
Tim Verhoeven: Also gut. Und dieses Thema Weiterbildung ist halt so der nächste Punkt. Sich mal wirklich Gedanken machen, was ist denn die Learning Journey, die ich haben möchte, überhaupt? Da ist natürlich… Angebote von euch ist da ein Baustein. Ich muss dann ja auch in der täglichen Arbeitspraxis messen, wie haben sich die Kompetenzen entwickelt? Für ganz viele andere Bereiche gibt es eigene Learning and Development Profis. Es gibt Vertriebstrainer. Aber welches Unternehmen hat intern einen Recruitingtrainer?

00:13:37
Alexander Petsch: Ja, Active Sourcing Trainer gibt es natürlich auch schon einige. Also die Barbara Bremer als Beispiel oder die Claudia Lorber zum Beispiel.

00:13:44
Tim Verhoeven: Jan Hawliczek… Absolut.

00:13:47
Alexander Petsch: Absolute Top Profis und da kann man also intravenös Know-how natürlich ziehen. Sie sind übrigens auch bei uns Tutoren und Dozenten des Digital Recruiters, weil das Know-how haben wir auch nicht tiefer als die. Das gibt es schon. Aber das ist ja eine Spitze des Eisbergs bzw. irgendwie gefühlten Eiswürfelchen im Ozean.

00:14:10
Tim Verhoeven: Und es ist häufig eher on-demand. Ich meine, ich bin ja selber auch als Trainer aktiv. Also ich mache ja auch verschiedene… Ich gebe verschiedene Trainings und ich merke immer wieder, ja, dann gibt es mal wieder jemanden, der sagt, ich würde gerne so ein Training kriegen, dann wird er da rein geschleust. Bei dem einen ist es im ersten Jahr, beim nächsten ist es im dritten Jahr. Und so weiter und so fort. Aber es gibt keine Struktur dabei häufig. Dass man sagt, okay, komm… Jetzt nehmen wir mal eure Weiterbildung. Jeder, der bei uns anfängt, muss das am Anfang innerhalb der ersten X Monate, Jahre gemacht haben. So. Danach gibt es dann die Sourcing-Weiterbildung mit XY und danach gibt es das… So eine Journey kenne ich tatsächlich nur ganz, ganz selten. Da gibt es vielleicht irgendwie… Es gibt bestimmt die Unternehmen. Es gibt vielleicht 50, vielleicht 100, die das wirklich strukturiert haben. Von den 100.000, die wir aber in Deutschland haben, ist das halt nichts. Das ist nicht mal so 1 %.

00:15:03
Alexander Petsch: Ja, wir haben das… Wir haben eine eigene Lösung für die Zeitarbeitsbranche gebaut und gesagt, okay, die brauchen andere Dinge. Also sie haben andere Needs, sie haben auch andere Themen. Also Kalkulationen und solche Geschichten. Sie brauchen vielleicht andere Teile. Vermeintlich weniger. Nehmen wir mal Employer Branding. Obwohl sie das eigentlich noch viel mehr brauchen würden. Aber okay… Und ja, wo ich eigentlich denke, wenn ich eine Zeitarbeitsfirma hätte, ich wäre so dankbar, dass mir das jemand gebaut hat und ich würde da jeden, der durch die Tür kommt, da durchschießen, weil der ist schneller produktiv, der kann schneller arbeiten und hat einen viel höheren Wissensstandard. Als ich eben im ersten Vierteljahr auf jeden Fall. Und wahrscheinlich in den ersten zwei Jahren beibringen kann.

00:15:52
Tim Verhoeven: Und man kann ja über Personaldienstleister in Summe auch wirklich gerne schimpfen. Und ich bin der Erste, der ganz vorne dabei ist. Aber das Thema haben die viel besser drauf. Das haben die viel besser in so eine Weiterbildung… Ob das jetzt Zeitarbeitsfirmen sind, ob das Permanent Placement Firmen sind im Thema Weiterbildung. Die haben das… Die haben solche Programme. Wenn man sich die Großen anschaut… Und das ist, was du ja gerade gesagt hast. Passt ja genau in die gleiche Richtung. Also wenn man da sagen möchte, ich möchte den ersten Hack mitgeben, einfach mal auch mal mit seinen Dienstleistern sprechen, wie die das Thema Weiterbildung für deren Recruiter engagieren und vernünftig versuchen auch umzusetzen. Und da kann man schon einiges lernen und mir hat es die Augen geöffnet auch.

00:16:35
Alexander Petsch: Gehen wir mal weiter. Was braucht man noch an Hacks oder Tipps, um attraktiver Arbeitgeber zu sein für Recruiterinnen und Recruiter?

00:16:42
Tim Verhoeven: Echte Karriere-Optionen. Es gibt ja regelmäßig so Analysen, die zeigen, wie viel HRler in Vorständen sind und so weiter und so fort. Wir sehen ja erst mal, dass selbst in den meisten Vorständen, wo die Vorstandsressorts was mit HR zu tun haben, in den wenigsten Fällen echte HRler da drin sind. Dann ist es dann… Nennt sich dann Operations und der Chef ist der Finanzer. Also wenn es dann mal Leute gibt, die in oberster Führungsebene HRler sind, da gab es ja vor kurzem auch eine Studie, dann sind es meistens Juristen, dann sind es meistens die Leute, die vorher den Business Partner gemacht haben und so weiter und so fort. Das heißt, es gibt eine gläserne Decke, wo es kaum Menschen gibt, die als Recruiter mal in den Vorstand reingekommen sind oder auch nur die Ebene drunter. Das heißt, auch da gibt es eigentlich so zumindest erst mal, wenn man Karriere als Weg nach oben sieht, relativ wenig Durchlässigkeit. Obwohl ja eigentlich immer suggeriert wird, ja, das Thema Arbeitskräftemangel ist so wichtig und uns darauf einzustellen ist so wichtig. Du siehst auch bei Aufsichtsräten kaum Kompetenz oder kaum nachgewiesene formelle Kompetenz in diesen Bereichen. Das ist eigentlich schade, aber wenn man es schafft, da etwas dran zu ändern und das transparent zu machen… Mich würde es unglaublich anziehen, wenn ich wüsste, ein Unternehmen ist so weit, dass auch die oberste Linie wirklich versteht, was überhaupt Recruiting ist.

00:18:11
Alexander Petsch: Aber ich meine gruselige Statistik oder sozusagen… Ja, da habe ich mal eine gruselige… Wie heißt denn das? Also eine Studie, genau. Da habe ich mal eine gruselige Studie dazu gelesen. Ich glaube, es war ADP in den USA. Die haben Head of Finance befragt, ob sie schon mal das Angebot hatten, HR mit zu übernehmen. Und das Ergebnis war, ich glaube, 70 % – ich konnte es gar nicht glauben -, die schon mal auf dem Tisch hatten, ob sie nicht die oberste HR-Position mit übernehmen sollten. Also ich finde, das sagt alles. Also es sagt auch viel über HR, nämlich wir hatten ja unseren Podcast zum Thema Data Driven Recruiting und HR-Prozesse. Also dass viele auch ihre eigene Wertschöpfung nicht richtig transparent machen können. In der Organisation im HR spielt das, glaube ich, auch rein.

00:19:09
Tim Verhoeven: Ich habe mir gerade die Frage gestellt, wenn die Studie genau andersrum gewesen wäre, man hätte HRler gefragt, wie häufig denen das Finanzressort angeboten worden war…

00:19:19
Alexander Petsch: Solche Studien wären nicht zustande gekommen. Da hätte keiner geantwortet.

00:19:22
Tim Verhoeven: Ja, auch fairer Punkt. Aber die Studie finde ich übrigens interessant. Die werde ich mir im Nachgang mal anschauen, weil die passt sehr, sehr gut auch in diese Gesamtargumentation. Ein anderer Punkt, wenn wir jetzt sagen… Okay, also der Hack jetzt wäre zu versuchen, erstens diese gläserne Decke abzuschaffen, also auch in die obersten Ebenen ganz bewusst Recruiting-Expertise reinzuholen. Und wenn man das hat vielleicht sogar schon… Es gibt ja auch… Damals, als ich mal die DAX-Unternehmen analysiert habe, gab es immerhin einen DAX-Vorstand, der auch mal was mit Recruiting gemacht hat. Ist leider nicht mehr Vorstand, war bei der SAP. Aber wenn es das gibt, das auch viel offensiver vermarkten.

00:20:04
Alexander Petsch: Ich hätte jetzt gesagt, ich glaube sogar bei den großen Personaldienstleistern im Vorstand ist auch keiner, der Recruiting-Expertise hat. Also ich meine, das wäre mal der Anfang, oder?

00:20:15
Tim Verhoeven: Das ist interessant. Weiß ich nicht tatsächlich.

00:20:18
Alexander Petsch: Also das wäre jetzt mal mein Bauchgefühl. Aber mir ist noch keiner bewusst über den Weg gelaufen.

00:20:22
Tim Verhoeven: Ich versuche gerade auch vor meinem inneren Auge… Sieht das Publikum gerade nicht, aber ich merke, wie wir beide gerade nachdenken und überlegen, wen kennen wir gerade noch?

00:20:30
Alexander Petsch: Okay, also wenn ihr einen kennt, ich freue mich über Hinweise, weil das wäre doch auch eine sehr wertvolle Gesprächspartnerin oder Gesprächspartner.

00:20:38
Tim Verhoeven: Sehr gut. Und von da aus gehen wir direkt ins nächste Thema rein. Was ist denn noch etwas, was den Job irgendwie manchmal unattraktiv macht? Ich sage mal, in der Theorie, in der reinen Theorie ist Recruiting doch der perfekte Job. Eigentlich macht man damit doch nur Menschen glücklich, weil man sorgt dafür, dass das Unternehmen gute Arbeitskräfte kriegt. Man sorgt dafür, dass ein Jobsuchender einen Job kriegt. Und im besten Fall gibt man den Menschen, die den Job vielleicht nicht kriegen, trotzdem total wertvolles Feedback, was sie noch besser machen können. Also eigentlich müsste man doch mit einem Dauergrinsen im Recruiting rumlaufen und eigentlich müssten doch die Menschen permanent nur mit Schulterklopfen an einem vorbeilaufen. In der Realität sieht es anders aus. In der Realität ist die Arbeitszeit doch vor allen Dingen damit geprägt, irgendwelche Deeskalationen zu machen, irgendwelche extrem administrativen Prozesse zu machen, irgendwelche Excel-Listen oder irgendein Schaden-Controlling zu pflegen, irgendwelche Systeme zu pflegen, die viel zu langsam sind und weder kandidaten- noch recruiter-orientiert sind. Also extrem viel Dinge, die man ehrlich gesagt komplett wegrationalisieren könnte. Und zusammengefasst, das Thema Arbeitsinhalte ist in den letzten Jahren immer mehr zu einer Administration in vielen Unternehmen geworden im Recruiting und nicht zu dem, was eigentlich Recruiting sein sollte, nämlich ein Business Partner. Der Business Partner, der eigentlich zwei weitere große Kompetenzen mitbringen sollte, nämlich einmal Eignungsdiagnostik. Ich muss in der Lage sein, die richtigen Entscheidungen in der Personalauswahl zu treffen. Und das möglichst faktenbasiert und nicht mehr im Bauchgefühl. Und auf der anderen Seite Candidate Experience. Also zu überlegen, wie kann ich denn Kandidatinnen und Kandidaten begeistern? Das ist ja auch ein bisschen wie Vertrieb. Also Leute dazu zu bringen, zu sagen, boah, ist ein cooler Arbeitgeber. Jetzt kommt die Frage, was kann man denn machen? Was wäre jetzt denn der ganz konkrete der Hack? Das ist ja jetzt erst mal nur eine Status-Quo-Beschreibung. Der Hack ist analysieren, womit die eigenen Recruiter gerade die meiste Zeit verbringen und das automatisieren. Es gibt so viele einfache Tätigkeiten, bei denen es sich wirklich aufdrängt schon förmlich, dass man das automatisiert. Wenn wir überlegen, wenn wir beide jetzt einen Termin finden wollen, dann kannst du mir einen Calendly-Link schicken und ich suche mir aus deinem Kalender etwas raus. Und trotzdem will ich nicht wissen, wie viele Stunden noch teilweise für Interview-Scheduling investiert wird, wo man dann permanent sowohl dem Fachbereich als auch dem Kandidat oder der Kandidatin hinterhertelefoniert, nur um einen Interviewtermin zu kriegen. Wo ich mir denke, ist doch Wahnsinn, ist doch eine Sekretariatsaufgabe, die man dann macht. Und das ist für einen ausgebildeten Recruiter, der vielleicht noch Psychologie studiert hat oder sonst was, ist doch Wahnsinn.

00:23:27
Alexander Petsch: Ja, ich hätte auch gesagt, ein Hack ist die Wahl der Tools. Ja, also das ist doch so, wie wenn ich jemanden im IT-Bereich einstelle, der hoch bezahlt ist, und dann stelle ich irgendwie einen 20 Jahre alten Rechner unter den Tisch und sage, hier, arbeiten. Also ich muss doch auch irgendwie die State-of-the-Art Tools zur Verfügung stellen oder die Möglichkeiten schaffen dazu.

00:23:53
Tim Verhoeven: Absolut. Und auch da ist es übrigens ein ganz schönes Beispiel. Wir haben jahrzehntelang drauf geschaut jetzt… Oder nicht jahrzehntelang, aber in den letzten Jahren sehr stark drauf geschaut, dass die Tools, die wir haben, jetzt peu à peu immer kandidaten-orientierter werden. Aber Ausgangspunkt, wann haben wir denn mal darauf geachtet, dass die recruiter-orientiert sind? Die Recruiter Experience wird doch komplett vernachlässigt. Wir sprechen immer über Candidate Experience, Candidate Experience, Candidate Experience. Vielleicht wird mein nächstes Buch mal über Recruiter Experience gehen.

00:24:24
Alexander Petsch: Auf jeden Fall eine spannende Nische in der Nische. Ich hätte noch einen Hack. Und zwar die Prozesse für Recruiting, Recruiter optimiert zu gestalten. Und zwar auch da, ich sage mal, ein Stück weit die Vorfahrt zu geben. In einem meiner anderen Podcasts hatte ich mit einem meiner Gäste das Thema als Hack, zum Beispiel feste Zeitslots innerhalb der Entscheider für Vorstellungsgespräche zu blocken, in die ich auch von heute auf morgen einen Termin einlegen, also sozusagen legen kann, um das Thema Speed aufrecht zu erhalten. Wenn ich aber meine Prozesse so gestaltet habe, dass ich als Bittsteller in 14 Tagen vielleicht mal einen Termin für ein Vorstellungsgespräch machen kann, dann kann ich mir die vorher gerade erkämpfte Prämie für erfolgreiche Top Vermittlungsergebnisse auch an die Backe kleben.

00:25:19
Tim Verhoeven: Absolut. Also komplett richtig. Und ich gebe da noch ein schönes anderes Beispiel, was sogar noch ein bisschen drastischer ist. Wir haben ja immer wieder das Thema, dass die Time-to-Hire… Geschwindigkeit ist sehr wichtig, wissen wir, aber die liegt ja nicht immer nur am Recruiter. Die liegt ja häufig in der Realität daran, dann hat man endlich mal einen Kandidaten gefunden, schickt ihn zum Fachbereich und gibt dann drei Wochen keine Rückmeldung. Es gibt Unternehmen – und das finde ich super und wir haben es bei meinem letzten Arbeitgeber auch genau so modelliert –  dass eine Soll-Reaktionszeit, also eine maximale Soll-Reaktionszeit definiert wurde und danach wurde der Kandidat an andere Bereiche weitergegeben. Heißt ganz konkret, wenn der Fachbereich nicht innerhalb einer Woche reagiert, ist der Kandidat weg und das gibt dir plötzlich einen deutlich längeren Arm und ein deutlich breiteres Kreuz, wenn du in der Situation bist. Das kann man ja auch komplett in jedem System automatisieren. Ist gar nicht so kompliziert und das ist schon sehr, sehr machtvoll, muss man sagen. Das ist schon sehr, sehr machtvoll. Ich kenne Unternehmen, die sogar so weit gegangen sind, dann wird dem Kandidaten abgesagt. Würde ich jetzt persönlich nicht unbedingt machen, weil der Kandidat kann ja nichts dafür oder die Kandidatin. Ja, aber da auch mal ganz klar sagen, okay, wenn gewisse Dinge auch von deiner Seite nicht kommen, lieber Fachbereich, dann gibt es Konsequenzen.

00:26:33
Alexander Petsch: Ja, dann geht er in den… Dann überlegen wir uns, für welche Fachbereiche er auch passen könnte.

00:26:39
Tim Verhoeven: Ich kenne sogar Beispiele, wo dann gesagt wird, wenn du das dann, glaube ich, zweimal gemacht hast, dann wird dir die Stelle gestrichen.

00:26:47
Alexander Petsch: Das ist aber a lot of fun, ja?

00:26:52
Tim Verhoeven: Aber das zeigt ja schon, in welcher Situation man ist, dass man über solche Dinge nachdenken muss. Wenn man darüber schon nachdenken muss, dann ist es ja schon eine schwierige Grundlage. Ich gebe mal noch so… Das waren jetzt ja alles Themen, wo ich sagen würde, die sind gar nicht so einfach umzusetzen. Ich habe mir extra auch für den Podcast noch zwei, drei Sachen überlegt, wo ich sage, das sind Quick Wins und die kann man schnell umsetzen. Die kosten nicht viel, die sind ehrlich gesagt mit wenig Vorlauf aufzumachen und über die würde ich einfach mal nachdenken, weil ich die selber auch in der Praxis gemacht habe und die sind super gut.

00:27:25
Alexander Petsch: Raus damit!

00:27:27
Tim Verhoeven: Erster Hack, den ich dir jetzt als Quick Hack… Gibt es einen Quick Hack bei dir?

00:27:31
Alexander Petsch: Nee, noch nicht. Die Kategorie hast du jetzt eingeführt.

00:27:34
Tim Verhoeven: Gut. Der erste Quick Hack nennt sich Recruiting Academy. Also, was ist die Recruiting Academy? Wir alle haben die Herausforderung, dass sich Recruiting permanent ändert und wir eigentlich nicht so stark vernetzt sind, wie wir es gerne hätten. Es gibt natürlich tolle Events wie die TALENTpro, auf die wir gehen können, aber am Ende des Tages ist es auch immer wieder sinnvoll, Leute mit zu uns holen, die uns selber was beibringen. Also die Recruiting Academy ist nichts anderes als einmal in dem Monat zu sagen, okay, wir nehmen uns im Recruiting-Team komplett zwei Stunden Zeit und nehmen uns irgendeinen internen oder externen Speaker. Externer Speaker muss jetzt nicht der Top Trainer sein. Es geht nicht um Trainings dabei. Ganz wichtig. Sondern es geht darum zu sagen, komm, ich lade jetzt mal den Recruiting-Leiter von einem anderen Unternehmen, von einer anderen Industrie rein und der erzählt uns mal anderthalb Stunden, was gerade die Themen sind, die ihn gerade bewegen, die in seiner Branche gerade drin sind. Oder wir nehmen jemanden internes, der gerade mal seinen Bereich vorstellt oder sonstige Sachen. Es ist so toll, es kostet nichts und ich habe das beim letzten Arbeitgeber gemacht. Habe dann sowohl interne Leute als Speaker geholt, habe dann ein paar Kollegen aus meinem Netzwerk und Kolleginnen geholt, die mal einfach so ein, anderthalb Stunden was erzählt haben. Das war so toll, weil plötzlich das Team auch gemerkt hat, weißt du, die gleichen Probleme, die wir haben, haben andere auch oder die kochen auch nur mit Wasser. Und so weiter und so fort. Das regelmäßig zu machen, gibt erst mal ein Gefühl von Wertschätzung. Es eröffnet den Horizont, weil nicht jeder ist der, der permanent nur auf irgendwelchen Events ist. Ist vielleicht auch nicht jeder der Typ für, hat auch vielleicht nicht jeder die Zeit. Das ist, finde ich, zwar auch ein ganz wesentlicher Bestandteil dieses Networking, aber deswegen versuchen, noch mal andere Möglichkeiten mit reinzubringen. Das wäre der erste Quick Hack.

00:29:19
Alexander Petsch: Super. Also erinnert mich ein bisschen so… Vielleicht den Hack noch mal ein bisschen abgewandelt, überhaupt eine Austausch-Gruppe zu haben. Also… Und zwar nicht nur im eigenen Unternehmen oder vielleicht auch bewusst nicht im eigenen Unternehmen, sondern sich einfach ein paar in ähnlichen Positionen suchen in anderen Unternehmen, mit denen man sich einfach mal regelmäßig trifft. Und regelmäßig kann zweimal im Jahr sein. Das ist so unheimlich wertvoll. Also ich habe das auch. Also es ist einer meiner spannendsten und wichtigsten Weiterbildungsbestandteile, seitdem ich das bewusst nutze.

00:29:56
Tim Verhoeven: Geht mir genauso. Also ich tausche mich ja viel auch mit Leuten aus der Szene aus. Das sind meistens die Punkte, wo ich am meisten lerne. Nicht aus Büchern, sondern meistens einfach aus Gesprächen. Und die zu initialisieren und die als fester Bestandteil auch mit einzuführen. Ich glaube, das ist etwas, was vielen Leuten auch hilft. Der zweite Quick Hack geht in eine andere Richtung und trotzdem was Ähnliches. Und zwar geht es da um das Thema externe Expertise reinholen. Was meine ich damit? Wir alle kennen das Bild vom Prophet im eigenen Land und ich habe jetzt mal eine schöne Geschichte aus meiner Biografie. Ich war Recruiting-Leiter und habe den Marcel Rütten zu mir eingeladen. Kennt man möglicherweise auch relativ gut.

00:30:37
Alexander Petsch: Natürlich.

00:30:38
Tim Verhoeven: Und der war bei uns und hat dann auch ein bisschen dazu erzählt, was gerade die Themen sind. Und dann stand da mein ganzes Team: Super, ey, was der erzählte, das müssen wir jetzt auch mal machen. Hand aufs Herz, 90 % von dem, was er erzählt hat, habe ich vorher auch so erzählt. Aber mein Team immer so ne, ne, ne. Es hat ein bisschen an mein Ego gekratzt, muss ich sagen, aber dachte, okay, cool, hat er gut gemacht, gönne ich ihm auch. So, vor zwei Jahren war es dann so, da war ich ja schon bei Indeed. Da hat er mich mal zu sich eingeladen in sein Team. Ich habe wiederum exakt die gleichen Sachen gesagt, die er uns sonst immer sagt und sein Team: Yay, wir wollen jetzt auch die Sachen ändern. Und da habe ich dann plötzlich mal gemerkt, wie unglaublich wirkmächtig es ist, für die eigenen Ziele manchmal einen externen Experten reinzuholen. Teil meines Jobs ist, genau so was übrigens auch zu machen. Das heißt, ich werde häufig auch von Kunden angefragt, die sagen Mensch – das merke ich in letzter Zeit sehr viel stärker –, die sagen, kannst du mal kommen und vielleicht mal mit unserem Vorstand in so ein Meeting gehen und denen mal erklären, wie der Arbeitsmarkt gerade funktioniert. Weil wir erzählen das immer, aber irgendwie glauben sie uns nicht. Und genau da zu überlegen, in welchen Situationen brauche ich für die Überzeugungskraft einfach externes Know-how? Das kann jemand sein, der über den Arbeitsmarkt redet. Das kann jemand sein, der über Eignungsdiagnostik redet. Ich habe damals Professor Kersting zu uns geholt, in mein letztes Unternehmen. Das war so augenöffnend für einen Großteil der Geschäftsführung, was die da mitgenommen haben, wo ich wahrscheinlich stundenlang hätte etwas erzählen können. Und er hat das in wenigen Minuten sehr stark auf den Punkt gebracht und dadurch eine Verhaltensänderung eingeführt. Und das stärker zu nutzen, ist mein zweiter Quick Hack.

00:32:16
Alexander Petsch: Cool. Ja, ich bin voll bei dir. Also leuchtet mir sofort ein.

00:32:21
Tim Verhoeven: Der dritte Quick Hack ist dann etwas, was man so ein bisschen aus dem Sales klauen kann. Weil man kann auch über Vertrieb immer wieder denken, was man möchte. Und wenn die eine Sache richtig gut drauf haben, dann ist es das Thema Motivation zu erzeugen über verschiedenste Formen der Motivierung. Was heißt das ganz konkret? Das heißt ganz konkret zum Beispiel, wenn bei uns im Unternehmen, in einer… Vor Corona-Zeit und wo wir noch alle im Büro waren, jemand bei uns im Vertrieb einen Deal gemacht hat, dann gab’s einen riesigen Gong und der durfte dann immer voll Karacho auf diesen Gong drauf. Und das hat natürlich jeder mitbekommen. Jeder hat mitbekommen, dieser Mensch hat einen richtig guten Job gemacht, hat einen richtig coolen Deal gemacht und alle sind aufgestanden und haben applaudiert. Jetzt bin ich nicht der Fan eines großen Gongs und mein Quick Hack heißt jetzt nicht nehmt euch einen Gong. Aber was ich sehr, sehr wirkmächtig finde, ist etwas, was es im Vertrieb auch immer wieder gibt: Team-Ziele. Also kleine Gamification-Elemente als kleine Ziele mit reinzunehmen. Also warum nicht dem Recruiting sagen, komm, wir machen jetzt Quartalsziele und jedes Mal, wenn diese Quartalsziele erreicht werden, machen wir ein Teamevent, lade ich euch zum Essen ein, machen wir sonst irgendwie… Es geht gar nicht darum, dass da großes Geld dahinter ist. Solche Challenges werden im Vertrieb ganz, ganz regelmäßig… Solche Team-Challenges teilweise. Und das führt zu Motivation. Das führt noch mal zu der kleinen, ein bisschen extra Motivation. Wenn man es dann erreicht, führt es eben auch zu einem wohligen Gefühl. Und ich glaube, das ist auch wichtig, dass man das mit rein nimmt.

00:33:56
Alexander Petsch: Hm, ja, ich glaube, man kann im Recruiting oder in der Struktur des Recruitings wirklich noch viel aus dem Sales lernen. Klar, bin ich voll bei dir. Und ich kenne auch Unternehmen, die sagen, sie stellen für’s Online-Recruiting auch nur Online-Marketingexperten ein, weil es leichter ist, ihnen das HR Know-how drauf zu schaffen als umgekehrt. Also…

00:34:25
Tim Verhoeven: Glaube ich, glaube ich.

00:34:27
Alexander Petsch: Ja, Tim, vielen Dank! Hast du noch einen Quick Win, oder…? Das war jetzt einiges.

00:34:32
Tim Verhoeven: Na komm, einen Quick Hack habe ich noch. Einen habe ich noch, wenn du mich so fragst. Und zwar auch da, wie du gerade gesagt hast, so ein bisschen, was können wir aus dem Vertrieb noch mitnehmen? Und eine Sache, die man im Vertrieb auch echt besser macht als im Recruiting, ist dieses Thema Shout Out Loud. Also auch mal so ein bisschen Selbstvermarktung machen. Und ich glaube, wenn Recruiting anfängt, stärker sich selber auch im Unternehmen zu vermarkten, dann kann man echt viel erreichen. Ich sage mal ein, zwei ganz konkrete Beispiele. Ich habe damals bei meinem alten Arbeitgeber immer so einen Annual Report gemacht, wo wir echt unsere Highlights noch mal runtergeschrieben haben. Was haben wir eigentlich in diesem Jahr alles geschafft? Ganz ehrlich, habe ich an den Vorstand geschickt. Die waren teilweise überrascht, was wir alles gemacht haben. Und das ist ja genau das, was man erreichen will. Daneben kann ich sagen, so was wie… Wenn mal irgendein geiler… Jetzt gehen wir wieder zurück zum Thema Gong. Wenn wir eine krass wichtige Position besetzt haben, warum das nicht auch mal feiern? Warum nicht mal eine Mail an alle schreiben? Boah, Standing Ovations, coole Sache, wir haben gerade den Softwareentwicklungsleiter besetzt. Haben wir jetzt sieben Monate früher gemacht. Das soll jetzt auch bitte jeder wissen. Mal ein bisschen lauter werden, sich mal ein bisschen trauen zu dem coolen Job, den viele von uns teilweise machen, auch zu stehen. Dann wird man auch anders wahrgenommen.

00:35:54
Alexander Petsch: Sehr schön. Tim, vielen Dank. Mir hat’s viel Spaß gemacht. War sehr kurzweilig mit dir wieder. Schön, dass du da warst.

00:36:01
Tim Verhoeven: Sehr gerne. Und immer wieder gerne.

00:36:03
Alexander Petsch: Ja, und wir fassen auch die heutigen Hacks noch mal zu einer Checkliste zusammen. Oder ihr könnt auch den ganzen Podcast noch mal nachlesen. Einfach auf HRM.de Titel des Podcasts eingeben oder einfach Tim Verhoeven eingeben und dann werdet ihr sicher erfolgreich fündig. Glückauf und bleibt gesund und denkt dran, der Mensch ist der wichtigste Erfolgsfaktor für euer Unternehmen.