Diese Ausgangslage war für Union Investment der Anlass, in der 2005 neu formulierten Personalstrategie die Mitarbeiterbindung als einen Baustein zu verankern. Für den in der Folgezeit entstandenen, systematischen Ansatz zur Mitarbeiterbindung wurde das Unternehmen im September 2009 mit dem Deutschen Personalwirtschaftspreis (2. Platz) ausgezeichnet.

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Foto von Carlos Muza

Ziele der systematischen Mitarbeiterbindung

Viele Unternehmen sind sich der Risiken bewusst, die der Verlust von Key Playern mit sich bringt. Zur Mitarbeiterbindung und -motivation setzen sie deshalb beispielsweise diverse (monetäre) Anreizsysteme ein, sensibilisieren Führungskräfte, zeigen Entwicklungsperspektiven für Mitarbeiter auf oder vergeben Incentives. Oftmals sind die Bindungsinstrumente jedoch wenig zielführend und wirkungsvoll. Der Grund: Eine klare Identifikation jener Faktoren, die Mitarbeiter binden und motivieren, fehlt häufig ebenso wie ein entsprechendes Erfolgscontrolling.

Der systematische Ansatz zur Mitarbeiterbindung bei Union Investment hat deshalb ein klares Ziel: Alle Aktivitäten und Investitionen zur Mitarbeiterbindung richten sich dauerhaft auf die jeweiligen motivatorischen Bedürfnisse der Mitarbeiter der einzelnen Unternehmensteile (Segmente) aus. Damit möchte die Kapitalanlagegesellschaft die ungewollte Fluktuation vor allem von Key Playern verringern und ihre Wettbewerbsfähigkeit nachhaltig sichern. 360-Grad-Betrachtung der Organisation

Ausgangspunkt des Konzepts war die Hypothese, dass die Faktoren, die Mitarbeiter motivieren und binden, sehr unterschiedlich sind. Dabei vermutete das Projektteam, dass sich innerhalb der Unternehmensteile ein eher homogenes, im Vergleich dieser Einheiten (Segmente) untereinander jedoch ein sehr heterogenes Bild ergeben würde.

Um diese individuelle Motivstruktur in den einzelnen Unternehmenseinheiten zu ermitteln, etablierte Union Investment eine 360-Grad-Betrachtung, die Bedürfnisse von Mitarbeitern aus unterschiedlichen Perspektiven ins Visier nimmt. Daraus folgte die Entwicklung eines mehrdimensionalen Analysetools, das die relevanten Faktoren für die Bindung abbildet. Grundvoraussetzung für den späteren Vergleich und die Konsolidierung der Beobachtungsergebnisse war dabei die Verwendung einer einheitlichen Methodik. Das Projektteam berücksichtige sowohl die Motive in der gesamten Organisation als auch in einzelnen Unternehmenseinheiten aus allen relevanten internen und externen Perspektiven:

  1. Durchführung einer Mitarbeiterbefragung („Klimabarometer“) zur Erhebung der Mitarbeiterzufriedenheit sowie des Commitments zu Union Investment als Arbeitgeber (anonyme Online-Kompletterhebung im zweijährigen Turnus)
  2. Strukturierte Management-Befragung der zweiten Führungsebene zur Wahrnehmung von Mitarbeitermotiven und Fluktuationsrisiken (jährlicher Turnus)
  3. Fluktuationsanalyse durch strukturierte „Exit-Interviews“ mit allen ausscheidenden Mitarbeitern (kontinuierlich) sowie quantitativ durch Auswertung der Kennzahlen „gewollte/ungewollte Fluktuation“ inklusive der Quote der Key Player-Fluktuation (jährlicher Turnus)
  4. Qualitative Befragung von eingesetzten Personalberatern („Headhunter“) zur Wahrnehmung von Motiven und Bedürfnissen von Spezialisten am relevanten Arbeitsmarkt sowie deren Einschätzung zu Union Investment als Arbeitgeber (jährlicher Turnus)

Motivanalyse und entsprechende Bindungsinstrumente

Die konzeptionelle Grundlage des Projekts bildeten sowohl wissenschaftliche Studien als auch eine vom Personalbereich von Union Investment begleitete Diplomarbeit. Daraus eruierten die Projektmitarbeiter grundsätzliche Faktoren, die Mitarbeiter motivieren und an ein Unternehmen binden. Diese Faktoren gliederten sie in einem Workshop in vier Kategorien, welche später die Basis der Analyse bildeten: „Inhalte & Perspektiven“, „Arbeitsumfeld“, „Systeme“ und „Work-Life-Balance“.

Ergänzend zu der oben beschriebenen Ist-Erhebung definierte das Unternehmen eine Soll-Ausprägung für die Einschätzung der unterschiedlichen Motive: Es legte fest, welches Niveau der Motivbefriedigung zukünftig erreicht werden soll. Hierzu kamen sowohl wissenschaftliche Studien als auch die Erkenntnisse der Personalberater-Befragung zum Einsatz. Ebenso flossen die Ergebnisse der Management-Befragung sowie der qualitativen Fluktuationsanalyse ein – siehe Schritt 2 des Regelkreises.

Nach der Datenerhebung mittels der 360-Grad-Betrachtung wurden die Ist-Ergebnisse dem Soll-Profil gegenübergestellt.

Dieser Soll-Ist-Vergleich lieferte Informationen, an welcher Stelle und in welchem Umfang Handlungsbedarf besteht. Abweichungen deuten dabei auf einen Handlungsbedarf hin. Ergänzend zog Union Investment die Erkenntnisse der Personalberaterbefragung, die Ergebnisse der quantitativen Fluktuationsanalysen sowie den im Klimabarometer erhobenen Commitment-Index heran. Die abgeleiteten Maßnahmen fassen die Projektverantwortlichen in einem zweijährigen Turnus segmentspezifisch in einem Katalog zusammen. Der Personalbereich stimmt die Ergebnisse mit den Führungskräften des Segments ab, bevor einzelnen Maßnahmen starten können.

Ein Beispiel: In einem Segment stellte sich heraus, dass eine erhöhte Soll-Ist-Abweichung bei dem Motiv „Wertschöpfungsbeitrag“ existierte. Um die von den Beschäftigten empfundene Wertschöpfung zu steigern, wurden administrative Aufgaben in einer neuen Serviceeinheit gebündelt. Seitdem können sich die Mitarbeiter verstärkt auf ihre Kernaktivitäten fokussieren. Ob der gewünschte Erfolg tatsächlich eintritt, überprüft das Unternehmen im Folgezyklus (zweijähriger Turnus). Der erneute Soll-Ist-Vergleich soll zeigen, ob der Maßnahmenkatalog dann angepasst werden muss.

Erfahrungswerte

Als Ergebnis dieses systematischen Konzepts zur Mitarbeiterbindung ist ein neuartiges personalwirtschaftliches Instrument für die Praxis entstanden. Entlang der dabei ermittelten Motivstrukturen konnte Union Investment gezielte Bindungsinstrumente mit maximalem Nutzen einführen. Die mit dem Konzept der systematischen Mitarbeiterbindung verbundenen Ziele erreichte das Unternehmen: Kosten und Risiken in Verbindung mit dem Verlust von Mitarbeitern und Key Playern konnte es reduzieren. Der Commitment-Index, der die Bindung zum Unternehmen widerspiegelt, weist einen sehr hohen Wert aus – insbesondere im externen Vergleich. In den einzelnen Unternehmenseinheiten agieren professionelle und stabile Teams. Somit hat die Kapitalgesellschaft eine Grundvoraussetzung für Kundenvertrauen und überdurchschnittliche Performance geschaffen, was gerade in Zeiten der globalen Wirtschaftskrise und in einem schwierigen Marktumfeld eine wichtige Grundlage für den Unternehmenserfolg darstellt.