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Photo by John Schnobrich

Was sollen KMUs bei der Erstellung von Stellenanzeigen beachten? Wie und wo sprechen Unternehmen unterschiedliche Zielgruppen an? Wie werden latent oder passiv wechselwillige KandidatInnen am besten erreicht? Welche Rolle spielen MitarbeiterInnen beim Employer Branding? Welche Tipps gibt es für den Einsatz von Arbeitgeber-Bewertungsportalen? Um diese Themen geht es im heutigen HRM Hacks Podcast-Gespräch mit Alexander Petsch, CEO des HRM Institute, und Stefan Scheller, Fachberater Personalmarketing und Employer Branding bei der DATEV eG.

Die familiäre Atmosphäre in den Vordergrund stellen

Der Recruiting-Prozess beginnt für KMUs meistens mit der Stellenanzeige. Stefan Scheller hat dabei die Erfahrung gemacht, dass kleine und mittelständische Unternehmen oft der Meinung sind, sie seien zu unbekannt, um gegen die großen und bekannten Marken eine Chance zu haben. Doch Stefan Scheller betont „Marke heißt immer auch Abgrenzung. Und wenn ihr eben ein kleines Unternehmen seid, dann bespielt doch genau diese Themen, dass ihr eben kein Großkonzern seid, dass ihr kein anonymes Unternehmen mit langen Prozessen seid.“ Die familiäre Atmosphäre ist ein Trumpf. Hier sollten KMUs also den Fokus in der Kommunikation bewusst auf die Vorteile setzen, insbesondere auf das Familiäre und Persönliche und auf die Tatsache, dass man sich im Unternehmen immer für den anderen interessiert.

Sobald man das als Asset und als Kern der Kommunikation identifiziert hat, geht es darum, die Stellenanzeige nicht nur denjenigen zu präsentieren, die aktiv einen Job suchen und die vermutlich lediglich 20 bis 30 % der insgesamt verfügbaren Arbeitskräfte ausmachen. Der Schlüssel ist, als KMU neben den klassischen Jobbörsen auch andere Kanäle einzusetzen, um die latent oder passiv Wechselwilligen, die alle einen Job haben und die nicht auf den Stellenbörsen aktiv sind, zu erreichen. Stefan Schellers Hack, um diese KandidatInnen anzusprechen, ist die Social Media-Präsenz. Die Frage, die sich KMUs stellen sollten, ist also nicht, ob sie Social Media nutzen sollten, sondern welche Kanäle für ihre Zielgruppe relevant sind.

Wer ist meine Zielgruppe und wo finde ich sie?

KMUs müssen ihre Zielgruppe genau kennen, um zu bestimmen, auf welchen Plattformen sie die idealen KandidatInnen erreichen und wie das Employer Branding auf sie ausgerichtet werden kann. Je enger die Zielgruppe gefasst wird und je spezieller sich das KMU positioniert, desto mehr muss allerdings auch damit gerechnet werden, dass man mit seiner Sichtbarkeit und seinen Botschaften andere Zielgruppen abschreckt, die sich dann vom Unternehmen distanzieren.

Je nach Zielgruppe muss das KMU im nächsten Schritt herausfinden, auf welchen Plattformen die ausgesuchte Zielgruppe die meiste Zeit verbringt. Laut einer Schülerbefragung der Apotheker- und Ärztebank sind die präferierten Plattformen von SchülerInnen WhatsApp, YouTube, Instagram und TikTok. Um diese Social Media-Kanäle adäquat nutzen zu können, ist es unentbehrlich zu schauen, welche Talente das KMU bereits Inhouse hat, die über die entsprechende Medienkompetenz verfügen, um die jeweiligen Kanäle zu bespielen. Dabei könnte es sich beispielsweise um Azubis handeln, die sehr digital affin sind. Meistens verwenden sie Instagram schon im privaten Umfeld und können im Unternehmen nun HR oder die Unternehmensleitung dazu beraten. Am wichtigsten ist hierbei die Strategie: Was möchte ich von mir zeigen? Was kann ich überhaupt zeigen? Insbesondere Kurzvideos sind extrem gut geeignet, um die Zielgruppe der SchülerInnen zu erreichen. Diese können kurz und knapp einen echten Mehrwert bieten.

Studierende hingegen erreichen KMUs am besten auf Business-Netzwerken wie Xing oder LinkedIn. Wobei Xing mittlerweile eher „verlorene Liebesmüh“ ist, denn die Reichweite ist dort nicht mehr zufriedenstellend. Am besten eignet sich für die Ansprache von Studierenden aktuell LinkedIn. Dort können KMUs ein umfassendes Netzwerk und eine große Reichweite ohne großes Budget aufbauen. Studierende werden oft durch ihre Professoren auf LinkedIn aufmerksam gemacht, um dort passende Interviewpartner für ihre Abschlussarbeiten zu finden. Diese Vorgehensweise können KMUs für ihr Employer Branding verwerten. Denn mit einem Experteninterview hilft man nicht nur den einzelnen Studierenden, sondern man macht sie auch auf das eigene Unternehmen aufmerksam.

Mit älteren Zielgruppen kommen KMUs am besten über Facebook in Kontakt. Dort kann bereits für 100 € eine Anzeige geschaltet werden, die genau die gesuchte Zielgruppe targetet. Auch latent Stellensuchende lassen sich über diese Plattform ansprechen, die sie mittlerweile als Nachrichtenersatz ansehen.

Um gewerbliche Mitarbeitende im professionellen Bereich zu adressieren, schlägt Stefan Scheller eBay Kleinanzeigen als größte Jobplattform für Blue Collar vor. Zudem bieten sich für diese Zielgruppe Spezial-Plattformen an. Aus eigener Erfahrung berichtet Stefan Scheller: „Wir haben damals über eine Agentur etwas geschaltet und wollten eine sehr, sehr spezielle Zielgruppe rekrutieren. Da haben wir gesagt, wir schauen doch einfach mal auf Google, wo die Menschen unterwegs sind. So sind wir auf eine Plattform gegangen, die lustige Videos mit Cat-Content und Co. hat. Wir haben irrsinnige Klickraten für diese Stellen bekommen, was ich selber niemals gedacht hätte.“

Employer Branding mit Emotionen und Storytelling

Ein wichtiger Hack für die Ansprache von KandidatInnen ist, die Menschen aus dem Unternehmen in den Fokus zu rücken und sie auf verschiedenen Plattformen auftreten zu lassen. Auch wenn diese nur private Kanäle bespielen, können sie ihre Postst mit dem Employer Branding in Verbindung setzen, indem sie beispielsweise auf Instagram gebrandetet Produkte des Unternehmens ins Bild nehmen. Die Posts sagen im ersten Schritt nichts über den Arbeitgeber und die Marke aus. Doch „sie erzeugen Emotionen und diese Emotionen werden auf die Arbeitgebermarke übertragen. Die Menschen, die dafür einstehen, haben eine super Glaubwürdigkeit.“, so Stefan Scheller. Die MitarbeiterInnen sind sympathisch und nett und werden direkt mit dem Unternehmen in Verbindung gebracht. Mit diesem neu gedachten Employer Branding schaffen es KMUs, sich bei ihren Zielgruppen „durch die Hintertür“ zu positionieren.

Doch dabei ist auch Vorsicht geboten, denn „das Ganze steht und fällt immer damit, dass es tatsächlich auch Menschen sind, die vom Arbeitgeber überzeugt sind.“ Wenn sich die MitarbeiterInnen mit dem Unternehmen nicht verbunden fühlen und nicht authentisch sind, wird diese Art von Employer Branding auf Social Media schief gehen.

Am besten funktioniert das Employer Branding, wenn Emotionen im Spiel sind und Geschichten erzählt werden, denn diese bleiben bei der Zielgruppe hängen. Fakten hingegen verbleiben weniger im Gedächtnis der KandidatInnen als emotional bewegende Storys, beispielsweise über den Büro-Hund oder das Unternehmensmaskottchen.

Geheimtipp Arbeitgeber-Bewertungsportal

Einen Hack hat Stefan Scheller dann noch parat: Arbeitgeber-Bewertungsportale sollten von KMUs systematisch als Kanal genutzt werden. „Und zwar nicht nur, um bunte Bilder zu senden und sich ein teueres Profil zu kaufen, sondern um dort zu zeigen, wie das Unternehmen mit negativem Feedback und Kritik umgeht. Damit punktet das Unternehmen nicht nur der Person gegenüber, die bewertet hat, sondern vielen Hunderten, manchmal auch Tausenden anderen auch.“

Dabei ist allerdings die Art und Weise, wie auf Kommentare reagiert wird, besonders wichtig. Denn auf solchen Portalen geraten die Statements nicht einfach in Vergessenheit, wie es der Fall auf Social Media-Kanälen ist, sondern sie sind allgegenwärtig. Mit dem Feedback auf Kununu & Co. müssen sich die Zuständigen also tiefgehend befassen und sie müssen auf Kritik reagieren, indem sie beispielsweise mehr Kontext dazu liefern. Auf keinen Fall sollten Unternehmen Bewertungen und Feedback löschen lassen, denn das führt unausweichlich zu einem schlechten Unternehmensimage.

Um die Bewertung auf Arbeitgeber-Bewertungsportalen zu verbessern, können KMUs sich zudem einen Prozess überlegen, mit dem sie neue MitarbeiterInnen dazu motivieren, den Einstellungsprozess und den Tätigkeitsbeginn zu beurteilen und zu posten.

Zur Person: Stefan Scheller stieg nach zwei bayerischen Staatsexamina und einer Rechtsanwaltszulassung (bis 2013) im Jahre 2000 im Consulting der DATEV eG ein. Über Stationen als Assistent der Vertriebsleitung, Teamleiter im Produktmanagement für HR-Softwareprodukte sowie in der Personalstrategie kam er in sein heutiges Tätigkeitsfeld als Fachberater Personalmarketing und Employer Branding. Dabei verantwortet er insbesondere die Arbeitgeberkommunikation und berät intern zu Themen rund um Personalmarketing, Recruiting, New Work und digital HR. Schon von Anfang an lebte Stefan Scheller seinen unternehmerischen Tatendrang nebenher aus. Während des Studiums in Form einer Roboter-Promotion-Agentur, später als Hochzeitsfotograf und seit 2013 als Blogger auf Persoblogger.de. Mittlerweile hat sich seine Seite Persoblogger.de zu einem HR Praxis-Portal weiterentwickelt und zählt zu den bekanntesten HR-Websites im DACH-Raum. Stefan gehört zu den einflussreichsten HR-Influencern. Er hat gerade sein 9. Fachbuch veröffentlicht und ist gefragter Keynote-Speaker und Podcaster.

Viele weitere Hacks als Checkliste oder das gesamte Interview als Podcast oder Text: HRM.de – Recruiting mit wenig Budget

Kontakt zu unserem heutigen Podcast-Gast Stefan Scheller: PERSOBLOGGER.DE – HRM.de

Tape Art Cover Bild by Max Zorn : http://www.maxzorn.com / https://youtu.be/iGqo7e-FN0s

Music by “Monsters of Rec: die HR & Recruiter Branchenband” https://www.hrm.de/unternehmen/monsters-of-rec/

Podcast Produktion: York Lemb – Employee Podcast https://www.hrm.de/unternehmen/employee-podcast/

Und wenn Ihr mal wieder auf der Suche nach Wein/Sekt für Euren nächsten HR-Event seid, dann wäre doch der: HR² Wein passend https://wein.hrm.de/

Viel Spaß mit dieser Podcast Folge.

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