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Foto von Tetiana SHYSHKINA

Im Klartext: Bei den meisten europäischen HR-Software-Anbietern stehen die Weiterentwicklung, die Kompetenzen und Beteiligung der Arbeitnehmer an Unternehmensfragen im Mittelpunkt. Im Gegenzug ist der bestimmende Faktor bei US-Anbietern zumeist die reine Leistung des Arbeitnehmers. Dies ist in diesem Falle durchaus nicht abwertend zu verstehen, da dieser gewählte Fokus mit der leistungsorientierten, amerikanischen Gesellschaft im Einklang steht. Ikone dieser Ausrichtung ist unter anderem Jack Welch (CEO, General Electric), der mit seiner „Vitality Curve“ tausenden Betrieben das Führungskonzept zur pauschalisierenden Massen-Evaluierung geliefert hatte. Es besagt, dass sich Belegschaften zu 20 Prozent aus sehr produktiven und zu 70 Prozent aus zufrieden stellenden Mitarbeitern zusammensetzen. Die restlichen 10 Prozent müssten aufgrund dieser Logik per se gefeuert werden. Das Konzept verspricht auf diese Weise Veredelung und Aufwertung von Teams. Die „Vitality Curve“ fußt auf dem statistischen Pareto-Verteilungsprinzip 20% / 80% mit dem die ungerechte Verteilung von Wohlstand in der italienischen Gesellschaft im 19. Jahrhundert ursprünglich deklariert werden sollte. Jack Welch münzt den Tatbestand der Gewalt in einen kategorischen Apell zur Gewalt um.

         Oft produktivitätsschädigend in
     Europa: Reine leistungsbezogene Bewertung
               von Mitarbeitern

Auch wenn heutzutage in Fachkreisen und Medien gerne über die beinahe heimelig anmutenden Arbeitsbedingungen diverser, amerikanischer Softwaregiganten diskutiert und geschrieben wird, ist die Unterwerfung von Mitarbeitern unter rein leistungsbezogene Kriterien immer noch der alles bestimmende Faktor zur Analyse von Mitarbeitern. Und das spiegelt sich in den HR-Prozessen und Softwarelösungen wider.

Doch ist dieser beschriebene Weg auch der Richtige für das Gros deutscher und europäischer Unternehmen? Für den deutschen Mittelstand, wo die Bindung und Identifikation der Arbeitnehmer mit ihren Arbeitgebern relativ hoch ist, ist eine rein leistungsbezogene Bewertung und Verwaltung von Mitarbeitern meist produktivitätsschädigend. Arbeitgeber haben zudem in den Krisenjahren ihrerseits Loyalität bewiesen, indem sie in Weiterbildung vieler Mitarbeiter investiert haben. Dies hat in vielen Betrieben sicher zu einer Harmonisierung des Verhältnisses Führung und Team geführt. Die gelebte Kultur stellte den Menschen tatsächlich und nicht nur ideologisch in den Mittelpunkt. Unter dem Druck der Demographie wird Loyalität weiterhin ein heißes Thema bleiben.

Mein Tipp: Sollten Sie HR-Software einkaufen wollen, so schauen Sie hinter die philosophischen Kulissen der Anbieter und wählen Sie Ihre künftige Lösung nicht nur nach dem Preis-Leistungsverhältnis aus; sondern auch danach, ob der Anbieter Ihre Unternehmenskultur teilt. Das gilt insbesondere für Talentmanagement-Lösungen. Denn Talent ist das Zentrum des Menschen in der Arbeitswelt. Stellen Sie den Menschen hier nicht in den gern und programmatisch zitierten Mittelpunkt, tragen all Ihre sonstigen Bemühungen keine Früchte. Es wirkt kontraproduktiv. HR-Software sollte Ihre Position stärken, nicht untergraben.  

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Fotocredit: © Helmut J. Salzer | www.pixelio.de

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Nachlese – mein Blog: Wussten Sie schon, warum der Unternehmenssitz
eines Cloud-Anbieters relevant für Ihren Datenschutz ist?
(Newsletter Recht April 2014 | HRM.de)