Die Untersuchungsergebnisse gehen auf eine Befragung aus dem Jahr 2005 zurück: 69 Prozent der deutschen Unternehmen boten Weiterbildungen für ihre Mitarbeiter an, meistens in der klassischen Form von Lehrgängen, Kursen und Seminaren. Der Anteil der weiterbildenden Unternehmen ging jedoch gegenüber der letzten derartigen Befragung für das Jahr 1999 um knapp sechs Prozentpunkte zurück.

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Foto von Joanna Kosinska

Den Ergebnissen zufolge waren ältere Arbeitnehmer besonders von dem Weiterbildungsschwund betroffen. Sie nahmen seltener an betrieblicher Weiterbildung teil als ihre jüngeren Kollegen: Wie das Statistische Bundesamt in seinem Ergebnisbericht mitteilte, lag die Teilnehmerquote im Jahr 2005 bei Beschäftigten über 54 Jahren in weiterbildungsaktiven Unternehmen bei 27 Prozent. Während im Schnitt 24 Prozent der unter 25-Jährigen zu den Teilnehmern dieser Lehrveranstaltungen gehörten, waren es bei den 25- bis 54-Jährigen 41 Prozent.

Wie sich Seminare, Trainings & Co. auf die Mitarbeiter verteilen, scheint von der Unternehmensgröße abhängig zu sein. In Unternehmen mit 10 bis 19 Beschäftigenten lag der Anteil der Teilnehmer mit 53 Prozent der Belegschaft deutlich höher als in Unternehmen mit 1000 und mehr Mitarbeitern (36 Prozent). Insgesamt profitierten 39 Prozent der Beschäftigten von dem Qualifizierungsangebot, so das Statistische Bundesamt. Gemäß der Umfrage gerieten Frauen dabei noch häufig ins Hintertreffen. Mit 35 Prozent reichte ihre Teilnahmequote nicht an die der Männer (41 Prozent) heran. Auch bei der durchschnittlichen Dauer der Lehrveranstaltungen hatten Männer laut der Studie mehr von der Weiterbildung. Im Durchschnitt verbrachten Frauen 28 Stunden im Jahr in Lehrgängen, Kursen oder Seminaren – zwei Stunden weniger als ihre männlichen Kollegen.

Kosten für Weiterbildung

Je Teilnehmer entstanden den Unternehmen, die Lehrveranstaltungen anboten, Kosten in Höhe von 1.697 Euro. Die Weiterbildungskosten pro Mitarbeiter lagen in Unternehmen mit Lehrveranstaltungen bei 651 Euro, so die Studie weiter. Bezogen auf alle Unternehmen, also auch jene ohne Lehrveranstaltungen, ergeben sich daraus durchschnittliche Kosten von 504 Euro für einen Beschäftigten. Das sind 8 Prozent weniger als im Jahr 1999.

Knapp ein Drittel der Kosten entfielen laut den Ergebnissen auf Zahlungen und Gebühren an Weiterbildungsanbieter sowie Kosten für externes Weiterbildungspersonal in internen Veranstaltungen. Mit 9 Prozent der Gesamtkosten entstanden den Unternehmen vergleichsweise geringe Kosten für die Konzeption, Organisation und Durchführung von Lehrveranstaltungen durch internes Weiterbildungspersonal. Die Personalausfallkosten, das heißt die Lohnkosten der Teilnehmer, bildeten mit einem Anteil von 53 Prozent an den Weiterbildungskosten dabei den größten Kostenblock.

Aktuelle Debatte

In Berlin diskutieren derzeit Politiker, Gewerkschaften und Arbeitgebervertreter heftig über die betriebliche Weiterbildung. Die Zahlen, die das Statistische Bundesamt nun veröffentlichte, gießen Öl in das Feuer der Debatte, die die Deutsche Industrie- und Handelskammer (DIHK) entfacht hat. Auslöser war ein neuer EU-Bericht zur Entwicklung der Arbeitszeiten, den das Europäischen Institut für die Verbesserung der Lebens- und Arbeitsbedingungen vorlegte. Da die Deutschen zusammen mit den Schweden die meisten Urlaubs- und Feiertage haben, forderte die DIHK die Arbeitnehmer zu einem verstärkten Bildungseinsatz in ihrer Freizeit auf. „Die Arbeitnehmer in Deutschland müssen mehr Ferien- und Freizeit in ihre Weiterbildung investieren – gerade auch vor dem Hintergrund des Fachkräftemangels“, sagte DIHK-Hauptgeschäftsführer Martin Wansleben der Tageszeitung Die Welt.

Die Ergebnisse des Statistischen Bundesamtes stützen hingegen die Position der Gewerkschaften, die den Firmen mangelndes Engagement vorwerfen. DGB-Vorstandsmitglied Ingrid Sehrbrock ist überzeugt, dass die Unternehmen zu wenig in Weiterbildung investieren. „Dagegen geben die Arbeitnehmer immer mehr für Weiterbildung aus, im Schnitt 500 Euro pro Jahr“, sagte sie der Süddeutschen Zeitung. Auch die Politik sieht hier Handlungsbedarf: Bereits anfangs des Jahres hatte der Bund angekündigt, mit einer Bildungsprämie die Lernbereitschaft von Berufstätigen zu fördern. Das Bundesbildungsministerium arbeitet nun nach eigenen Angaben an einer Gesamtstrategie für lebenslanges Lernen. Dabei soll die Weiterbildungsprämie vor allem Geringverdienern zugute kommen. Geplant sind laut Regierung 154 Euro für Arbeitnehmer mit einem Jahreseinkommen bis 17.900 Euro.

Überspitzung der Lage?

Diese Debatten rücken die Weiterbildung zwar verstärkt in das Zentrum der Aufmerksamkeit. Doch steht die betriebliche Weiterbildung in Deutschland tatsächlich vor einem solchen Abgrund? Die nun von den Wiesbadener Statistikern veröffentlichten Zahlen zur beruflichen Weiterbildung beruhen auf einer Befragung aus dem Jahr 2005. Zu diesem Zeitpunkt wartete Deutschland noch auf den erst im darauf folgenden Jahr einsetzenden wirtschaftlichen Aufschwung.

Weiterbildungsinstitute, die sich auf berufliche Weiterbildung spezialisiert haben, sind zumeist in ganz direkter Weise abhängig von der wirtschaftlichen Gesamtlage. Gerade im Jahr 2005 hat eine Konsolidierung auf dem Weiterbildungsmarkt stattgefunden, von der sich die Branche nun wieder etwas erholt hat. Die aktuelle Marktstichprobe „Führende Anbieter beruflicher Weiterbildung 2007″ des Marktforschungs- und Beratungsinstituts Lünendonk vom Juni 2007 untersuchte wie in jedem Jahr die 20 größeren Unternehmen, die beispielhaft für den Markt in Deutschland stehen sollen. Davon haben 15 ihre Umsätze gesteigert.

Das gibt eher Hoffnung, dass es auch mit der Weiterbildung wieder aufwärts geht, allerdings mit bestimmten Einschränkungen. Einer Umfrage des DIHK zufolge, die zeitgleich mit der Befragung des Statistischen Bundesamtes stattfand, sind neun von zehn Betrieben bereit, Weiterbildung für ihre Mitarbeiter anzubieten. Knapp die Hälfte nannte jedoch als Bedingung für Weiterbildung, dass sie sich in einer angemessenen Zeit rechnen müsse und stärker die Belange der Unternehmen berücksichtigen solle. Auch wenn das Niveau des Jahres 1999 noch nicht erreicht ist: Unternehmen möchten demnach die Bildung ihrer Mitarbeiter fördern, aber nicht mehr so bedingungslos wie in der Vergangenheit.