Leidenschaftliches Plädoyer für die Nutzung autonomer, KI-basierender Profiling- und Matching Technologie

Von Marcus K. Reif im wieder aufgelebten Blog „Personalblogger“ mit passioniertem und überzeugendem Blick auf Automatisierungsprozesse

person using MacBook Pro and holding cappuccino
Foto: Sincerely Media, Unsplash

„Ihren Lebenslauf können Sie auf etlichen Plattformen parsen lassen. Ich nutzte im Rahmen meines Tests den CV-Parser „CVlizer“ von Join Vision. Dabei geht es um die semantische Automatisierung von Lebensläufen. Das Ergebnis ist übrigens je nach Sprache des Lebenslaufs unterschiedlich gut. Mit einem Lebenslauf in englischer Sprache sind die Exzerpte und Zusammenfassungen viel besser als in deutscher. Was Sie sehen ist das Parsingergebnis. Also was eine wie auch immer geartete künstliche Intelligenz aus Ihrem Lebenslauf lesen vermag und wie Recruiter diese, bspw. beim Active Sourcing, betrachten.

In meiner Zeit bei Jobpilot forschten wir am digitalen Perfect Match. Unsere Kunden sollten nicht mehr für die Insertion einer Stellenanzeige zahlen, sondern für das Matching-Resultat eines Suchprofils mit den Daten aus der Stellengesuchedatenbank. Die Schwierigkeiten damals waren vielschichtig und ließen sich nicht durch künstliche Intelligenz lösen. Der Perfect Match damals war ein Ergebnis von Datenbankinhalten zueinander.

2017 sollte das große Jahr der künstlichen Recruiting-Intelligenz werden: In 2017, finding top talent will depend on a recruiter’s ability to intelligently automate their workflow. And finding top talent will depend on a recruiter’s ability to intelligently automate their workflow.

Nun sind wir schon fast halb durch mit 2019 und stehen quasi immer noch am gleichen Punkt. Ich bin sicher, dass sich die auch im Recruiting zunehmende Automatisierung und mehr Robos über die administrativen Tätigkeiten mit neuer KI beschleunigen werden.

Die Zielsetzung ist es, so viele Bewerbungen wie möglich zu generieren. Dahinter platzierten, gerade die großen Konzerne, Selektionsketten mit Shared-Services-Funktionen. Die Recruiter kommen nach der Pre-Selection in die Kette hinein und wirken dort als Vorentscheider über die Güte der Bewerbungen, teilweise sogar bestimmen sie über die Einladung zum Gespräch oder die Absage. Durch die Prozessgestaltung haben wir allerdings keinen Enlargement-Puffer eingebaut, um wichtige Aufgaben durchzuführen. Deshalb lagern wir das Active Sourcing ideologisch weitestgehend an die Personalberatungen aus (In Deutschland arbeiten 7.500 Headhunter, diese generierten im Jahr 2017 mit insgesamt 14.500 Mitarbeitern rund 2,19 Mrd. Euro Umsatz), die dadurch und natürlich wegen des Fachkräftemangels gut prosperieren.

Schauen wir uns mal eine Lösung im Detail an. LogOn! LogOn entwickelte einen cloudbasierten, virtuellen Recruiter, der die Kandidaten- und Jobauswahl mittels autonomer Profilierungs- und Matchingtechnologie digitalisiert. Die viel zitierte künstliche Intelligenz.

Lösung matcht also bspw. eine Stellenausschreibung mit auf dem Markt zugängigen Profilen anhand von Kompetenzen, Beschäftigungsdaten, Fähigkeiten, Softskills, Bildung, Erfahrung und Berufserfahrung sowie Trends.

Die Technologie besteht aus vier Modulen:

  1. Einlesen bzw. Übernahme der Informationen (Read, Parsing, Listening)
  2. Profilierung der Informationen in Stellen- und Bewerberprofile (Profiling)
  3. Abgleich von Bewerber- und Stellenprofilen (Matching)
  4. Erstellen von Handlungsempfehlungen und Berichten (Reporting)

Schaut man sich den Matchingbericht an, wird auch dem letzten Recruiter klar, dass die Willkür bei der Erstellung einer Stellenanzeige weichen muss. Wir brauchen klar strukturierte und der Realität entsprechende Stellenanzeigen, die ebenso maschinenlesbar sein müssen, wie wir es auch von den Bewerbungen erwarten.

LogOn HR Tech ist auch in der Lage, den bei der Absage im Recruitingprozess betroffenen Kandidaten autonom und automatisch passende Alternativangebote zu suchen und auszuliefern – mit Matchingbericht für den Kandidaten und daraus resultierenden Handlungsempfehlungen sowie Interviewfragen an das potenziell passende Unternehmen. Das wäre der Schritt zum digitalen Personalberater bzw. Karrierecoach. Dieser liefert zukünftig zunächst das, was im Recruiting und bei der Jobsuche anfänglich oft grundsätzlich fehlt – Orientierung und Coaching.

Arbeitsdrohne Recruiter entlastet
Wir stecken knietief im zeitraubenden Screening; diese Zeit fehlt uns dann natürlich mit dem Business und den Kandidaten. Schauen wir uns einige vorteilige Aspekte an:

  • es geht aus meiner Sicht um die autonome Vorauswahl, nicht die eigentliche Personalauswahl
  • wir gewinnen an Effizienz, weil das zeitraubende Screening erleichtert wird – diese Vorauswahl ist objektiv und vorurteilsfrei
  • die geeigneten Kandidaten sowie die Gespräche mit ihnen rücken anstatt des Managements von Daten und Recruitingprozessen endlich wieder in den Mittelpunkt der Recruitingaktivitäten

Also können wir Recruiter durch Nutzung autonomer, KI-basierender Profiling- und Matching Technologie an Wertbeitrag, Effizienz oder Resultat gewinnen? Ja, das können wir.“


Influencer Marketing-Fundstück: Lena sucht Baby-Paul/-ine… Popstar sucht mit Instagram-Clip nach „persönlichem Azubi“

Von Jo Diercks in „recrutainment“, hier wegen seines informativen Unterhaltungswerts und stilistischer Brillanz der Blog in voller Länge

„Was macht man, wenn man 2,9 Millionen Abonnenten bei Instagram hat und einen Job zu vergeben hat?
Nicht so schwer zu erraten, oder? Man dreht ein kleines Video, drückt auf publish und hat dann womöglich die nächsten drei Jahre damit zu tun, die Berge von Bewerbungen zu sichten … 😉

So oder ähnlich lässt sich wohl das Phänomen beschreiben, dass sich gerade rund um die Suche von Lena Meyer-Landrut nach einem „Azubi“ beobachten lässt. „Lena“ hat kürzlich auf ihrem Instagram-Kanal ein zweiminütiges Video veröffentlicht, in dem sie, unterstützt von Paul „Hütte“ Hüttemann, bekannt gibt, dass sie per sofort einen „Azubi“ sucht. Paul Hüttemann ist derjenige, der diesen Job aktuell hat und um dessen Nachfolge es geht (deswegen „Baby-Paul/-ine“). Die Aufgabe: Begleitung 24/7, bei Events, bei Shootings, bei Terminen usw. und die entsprechende Dokumentation in Foto- und Videoform.

Und? Tja, bummelige 533.000 Videoaufrufe in nicht ganz zwei Tagen (in der Zeit, die ich für diesen Artikel gebraucht habe, sind rund 7.000 dazugekommen…) und mehr als 1.500 Kommentare, von denen viele die baldige Bewerbung ankündigen, sprechen eine ziemlich deutliche Sprache. Bewerben kann/soll man sich per E-Mail. Dabei sein sollen: ein „Portfolio“ und ein kurzes Vorstellungsvideo. Zwar klingt „Ruhm und Ehre“ eher nach „wenig oder kein Geld“, aber hey, lässt sich die Generation nicht eh nur noch mit Sinn statt Geld locken… 😉 Ich bin mir jedenfalls sicher, dass das responsemäßig ziemlich rumsen wird und kann mir vorstellen, dass Lena und Kollegen die nächste Zeit ziemlich viel damit zu haben werden, sich Bewerbungen und -Videos anzugucken.

Jetzt kann man diesen Fall natürlich nicht direkt auf Unternehmen und ihr Recruiting übertragen. Zum einen dürfte es kein Unternehmen geben, dessen Karrierekanal bei Instagram auch nur im entferntesten die Reichweite einer Lena Meyer-Landrut erreicht. Auch dürfte es für viele schon erheblich spannender klingen, einen Popstar ein Jahr lang mit einer Kamera begleiten zu können, als – sagen wir mal – eine Ausbildung zum Zerspanungsmechaniker in Weiden in der Oberpfalz zu absolvieren (ohne das abwerten zu wollen). Und schließlich ist die Wahrscheinlichkeit, dass so ein Aufruf viral geht, natürlich enorm viel größer als eine Stellenanzeige der Kreissparkasse Birkenfeld (auch wenn ich ebenjener vor ein paar Jahren einmal durch einen Beitrag im Recrutainment Blog zu enormem „Ruhm“ verhelfen konnte … ;-)).

Aber: Das Beispiel zeigt, was für ein Potential möglicherweise auch für Personalmarketing und Recruiting im Influencer-Marketing stecken könnte. Selbst wenn hinten zwei Nullen weniger dranhängen, wäre das für viele Nachwuchs suchende Unternehmen ja schon ein Riesenerfolg …


Engel oder Bengel – Personalmarketing mit Kindern ist Geschmackssache

Von Jörg Buckmann, Frechmut – Der Personalmarketing Blog

Als Vater und Opa geht mir – wie jedem halbwegs empathischen Menschen – bei Kindern das Herz auf. Ich geb’s ja zu, auch in der Werbung. Mindestens, wenn sie gut gemacht ist. In der Personalwerbung sind Kinder kaum je zu sehen. Macht ja oft auch wenig Sinn. Ab und zu sieht man sie, wenn es um die Vereinbarkeit von Beruf und Familie geht, wie in diesem Beispiel: Oder hier, naheliegend, suchen Kinder gleich selber für sich neue pädagogische Fachkräfte: Auch die Bayerische Landesbank hat es kürzlich versucht und zum Teil heftige Kommentare provoziert. Ich fand diese Reaktionen massiv überzogen, die Spots sind mindestens für meinen Geschmack witzig und erst noch informativ, ich bin gerne bis am Schluss drangeblieben. Kinder würden ausgenutzt – ach was.

Kürzlich wurde ich auf das Vorgehen der Jugendhilfe Oberbayern, einem Teil der Diakonie Rosenheim, aufmerksam. Schon wieder richtig gute Personalwerbung eines Arbeitgebers mit kirchlichem Hintergrund, so wie zum Beispiel die von Bodelschwingh’schen Stiftungen Bethel oder der Caritasverband Düsseldorf.

Mal was anderes, finde ich. Kein „Jöh-Effekt“. Kein „wie süss sind die denn?!“

Sehr ehrlich, wie ich aus eigener Erfahrung weiss. Die lieben Kleinen können auch anders – und einem manchmal den letzten Nerv rauben. (Übrigens: Für meine Töchter Sarah und Nina ist die Kommentarfunktion leider geschlossen…)

Zurück nach Oberbayern und zu Theresa Stirner, bei der Jugendhilfe Oberbayern verantwortlich für das Marketing und die Öffentlichkeitsarbeit, und zur Frage: Warum dieses Vorgehen?

Theresa Stirner: „Bei 2200 Mitarbeitenden und 645 Ehrenamtlichen haben wir ganz einfach ständig einen grossen Bedarf an neuen Arbeitskolleginnen und Arbeitskollegen. Um uns noch besser Gehör zu verschaffen, haben wir in diesem Jahr diese frische und sicher auch etwas aussergewöhnliche Kampagne aufgelegt. Wir spielen dabei mit den manchmal auch etwas mühsamen Seiten der Arbeit mit Kindern. Diese sind nun mal nicht immer einfach nur zuckersüsse, stille Engel.“

Daraus entstanden drei Sujets, die auf Roll-up’s, in tausenden von Edgar-Cards in und um München verteilt und auf Fahrzeugen der eigenen Fahrzeugflotte gezeigt wurden. Auch in den online Stellenanzeigen und über Facebook und Instagram wurden die Bilder mit den (B)Engeln ausgespielt.

„Die Kampagne sorgte für einiges Aufsehen“, zieht Theresa Stirner eine erste Bilanz. „Mitarbeitende sahen die Kampagne zum Beispiel beim Kinobesuch in München und freuten sich ihren Arbeitgeber so zu sehen. Konkurrenten wiederum meinten, dass wir wieder mal den Zahn der Zeit getroffen haben. Und viele Menschen außerhalb der Sozialarbeit waren begeistert, wie ein Anbieter in unserer Branche so „radikal“ und „provokativ“ mit der eigentlichen Kundengruppe umgehen kann.“

Alles paletti also, Theresa? „Schon, ja, jedoch gab es intern für unsere Kampagne nicht nur Lob, sondern auch kritische Stimmen. Wie kann man Kinder nur so darstellen, wurde gesagt: Oder gar auf eine abschreckende Wirkung hingewiesen. Aber insgesamt waren die Reaktionen doch überwiegend positiv und die Aufmerksamkeit hat uns spürbar dabei geholfen, unsere Bewerbungspipeline wieder aufzufüllen.“