Gesundheits- und Arbeitsmanager kommen von aussen in Unternehmen, analysieren treffend vornehmlich die Schwächen und schlagen passende Massnahmen vor – und doch wird das Ziel oft nicht erreicht. Obwohl die Spezialisten vielleicht recht haben – aus Sicht der Mitarbeitenden sieht die Situation meist anders aus. Sie haben ihre eigene Perspektive, ihre eigene Wahrnehmung und ihr eigenes Wertesystem. Die „Allgemeingültigkeit“ der Organisationsanalyse ändert daran nichts. Die Beschäftigten lehnen das Analyseresultat ab, weil es nicht mit ihrer persönlichen Sicht zur Deckung kommt. Wird schon die Diagnose als nicht richtig erachtet, ist Kritik und Ablehnung der Therapien, sprich der Massnahmen, vorprogrammiert – und die Unternehmung scheitert.

beige wooden conference table
Foto von Dane Deaner

 

Veranstaltungstipp

Europäische Fachmesse
Corporate Health Convention
und
ArbeitsSicherheit Schweiz
Messe Basel

Vortrag von
Thomas Braun

Mittwoch, 17. November 2010,
12.15 – 12.45 Uhr, Praxisforum 1,

www.arbeits-sicherheit-schweiz.ch

www.corporate-health-convention.com

Im Zentrum steht der Dialog

Die Einsicht der Mitarbeitenden in die Situation ist die Basis für den Erfolg. Wie diese Einsicht gewinnen? Durch Dialog! Gemeint ist hier nicht eine einseitige Kommunikation, die als zusätzliche Massnahme ein Projekt ergänzt, sondern ein echter Dialog, der im Zentrum des Vorgehens steht und aus dem heraus sich Analyse und Massnahmen herleiten. Denn: Mitarbeitende wissen viel! Nur wer dieses Wissen ehrlich wertschätzt, wird erfolgreich sein. Eine Möglichkeit, dieses Wissen zu nutzen, ist der sogenannte sokratische Dialog. Der antike griechische Philosoph Sokrates, ein Meister der Gesprächsführung, ist bekannt für seinen Satz „Ich weiss, dass ich nichts weiss.“ Der Sokratische Dialog ist eine Form der Gesprächsführung, die sich fragend entwickelt und in der Folge meist an einen Punkt angelangt, an dem die Grenze des eigenen Wissens beginnt und man sein Nichtwissen als solches erkennt. Man beginnt, in einen Raum zu treten, wo die Selbstsicherheit und das Wissen wacklig werden. Hier wird es spannend: Diese Phase des Dialogs, wenn sie auf Wertschätzung basiert, berührt und bewegt die Menschen und schafft damit die Grundlage für die Motivation. Sie führt zu gemeinsamer Einsicht in die Situation – die Basis für den Erfolg. Ungenutzte Potentiale und Schwachstellen werden sichtbar und die Bereitschaft zur Veränderung ist da. An dieser Stelle des Nichtwissens geht der Dialog – Stichwort „Kollektive Intelligenz“ – an anderer Stelle weiter: vielleicht bewegen sich Kollegen in diesem Punkt noch im Bereich des Wissens, und der Dialog kann mit ihnen fortgeführt werden – mit weiteren Einsichten und auch hier bis über die Wissensgrenze in den Raum des Nichtwissens hinein.

Beispiel: Gesprächs über Sturzsicherung in einem Unternehmen der Baubranche

Konkret könnte ein solcher Sokratischer Dialog zwischen Führungskraft und Mitarbeitendem etwa so aussehen:
In der Baubranche spricht ein Vorgesetzter mit seinem Mitarbeiter zum Thema Sturzsicherungen.
Anstelle der klassischen Instruktion fragt der verantwortliche Bauführer:

Erste Frage: Bitte teilen Sie mir jetzt mit, wo aus Ihrer Sicht die aktuellen sturzgefährlichen Stellen sind?
(es folgt eine schriftliche Auflistung, die jederzeit zu ergänzen ist und dies von jedem Mitarbeitenden!)

Zweite Frage:
Wer von Ihnen wird bis wann die gefährliche Stelle entschärfen? (Notieren)

Dritte Frage:
Wie konnte es kommen, dass wir die Gefahr nicht gesehen haben und wie können wir das künftig besser machen? (Antworten notieren)

Die Fragen scheinen banal, die Antworten und ihre Folgen werden es jedoch nicht sein: Schnell wird erkannt, dass das eigene Wissen und die eigene Wahrnehmung nun mit dem Wissen der Berufskollegen ergänzt wird. Die ganze Aktion dauert nur wenige Minuten, die ohnehin aufzuwenden sind.

Visuelle Aufbereitung ist wichtig

Doch was passiert mit den Einsichten aus den Gesprächen? Hier spielt die visuelle Aufbereitung eine entscheidende Rolle. Da das Gehirn in der Bildverarbeitung besonders stark ist, sagt ein Bild mehr als tausend Worte, und ist Verständigung und Weiterentwicklung mithilfe einer strukturierten Karte mit Begriffen deutlich erfolgreicher als mithilfe von 20 Metern an Mitschrieben. Die „Sokrates-Karte“, die das Institut für angewandte Morphologie entwickelt hat und anbietet, ist ein solch visualisierendes und gleichzeitig begleitendes Instrument. Sie unterstützt die Gesprächsführung, das Sammeln und Ordnen von Erkenntnissen, von Wissen und Nichtwissen, liefert einen allgemein einsichtigen und strukturierten Überblick und zeigt Zusammenhänge auf. Die Kombination von Bildern und Dialog ist tragfähig für den Erfolg.

Zeiteinsparung statt Mehraufwand

Da verantwortliche Führungskräfte ohnehin Gespräche mit Mitarbeitenden führen – etwa zur Arbeitsvorbereitung, auf Sitzungen, in Qualifikationsgesprächen – stellt der sokratische Dialog keinen Mehraufwand dar. Im Gegenteil: Er führt sogar zu Zeiteinsparung, weil viel präziser als üblich gesprochen wird. Erfolge im Bereich der betrieblichen Gesundheitsförderung oder Arbeitssicherheit können sich aus solchen Dialogen heraus entwickeln. Doch auch Qualitätsmanagement, Compliance oder Risikomanagement eignen sich dafür, in die Gespräche einbezogen zu werden. Organisationen, die diese Verbindungen suchen, erreichen die gewünschten Ziele in kürzerer Zeit.