Das Institut für Beschäftigungsfähigkeit und Employability (IBE) hat bereits zum dritten Mal in Folge Personalverantwortliche zu ihren Kriseninstrumenten befragt. Die Ergebnisse aus Kurzinterviews im März 2009 mündeten in einen Fragebogen zu zehn Handlungsfeldern und konkreten Maßnahmen für die Krisenbewältigung. Im Mai 2009 kam dieser Fragebogen erstmals als Online-Befragung zum Einsatz. 340 HR-Fachleute standen damals Rede und Antwort.

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Die gleichen Fragen stellte das IBE nun im November und Dezember 2009 noch einmal. Allerdings beteiligten sich an der letzten Befragungsrunde nur 154 Personaler aus mittelständischen (55 Prozent) und großen Unternehmen (45 Prozent). Diesen Beteiligungsrückgang führte Studienverantwortliche Prof. Dr. Jutta Rump auf das Fortschreiten der Krise zurück. „Vermutlich sind viele Unternehmen stärker mit der Krise beschäftigt als noch im Mai“, so Rump bei der Vorstellung der Online-Befragung Ende Januar 2010 in Frankfurt.

Bei diesen Befragungen blieb unberücksichtigt, ob und wie stark die befragten Unternehmen von der Krise betroffen sind. Um die Entwicklung der Personalpolitik in Krisenzeiten noch fundierter zu betrachten, wäre eine Korrelation von Unternehmenssituation und geplanter Personalpolitik wünschenswert gewesen. Zwar ist laut Prof. Rump davon auszugehen, dass die teilnehmenden Unternehmen – bis auf eine kleine Kontrollgruppe – mit der Krise zu kämpfen habe. Erhoben wurden diese Daten allerdings nicht.

Personallabbau nur bedingt Mittel der Wahl

Gleichwohl bietet die Untersuchung gute Anhaltspunkte, wie die Personalpolitik in Unternehmen sich im Laufe der Krise entwickelt. Der Vergleich Mai zu Dezember 2009 bringt durchaus Überraschendes zu Tage: Die Reduktion des Personalbedarfs halten zwar inzwischen mehr Personaler für sinnvoll als noch im Mai (Mai: 67,3 Prozent, Dezember: 77,9 Prozent). Angesichts der prognostizierten Kündigungswellen sind die Unternehmen damit aber noch immer recht zurückhaltend in punkto betriebsbedingten Kündigungen.

Offensichtlich denken jedoch viele Firmen über den Einsatz ihrer Mitarbeiter an anderen Unternehmensstandorten nach. Zumindest hat dieses Handlungsfeld in der Befragung gegen Jahresende am deutlichsten an Bedeutung gewonnen (Mai: 54,5 Prozent, Dezember: 67,5 Prozent).

Quelle: Institut für Beschäftigung und Employability (IBE)

Den Studienergebnissen zufolge spielt außerdem – entgegen der öffentlichen Wahrnehmung – Kurzarbeit nur eine untergeordnete Rolle im HR-Instrumentenkoffer. Um drei Prozentpunkte ging der Anteil der Unternehmen zurück, die Kurzarbeit tatsächlich durchführen. Nur sieben Prozent – im Vergleich zu 14 Prozent im Mai – gaben in der aktuellen Befragungsrunde an, den Einsatz von Kurzarbeit zu planen.

Hart, aber herzlich?

„Weiche“ Maßnahmen wie den Abbau von Überstunden (Mai: 59,3 Prozent, Dezember: 54,5 Prozent) und flexible Arbeitszeitmodelle (Mai: 59,9 Prozent, Dezember: 55,2 Prozent) haben an Bedeutung verloren. Viele Personaler ziehen zudem die Kürzung einzelner Leistungen in Betracht. Auch Themen wie Aufhebungsverträge und professionelles Treffungsmanagement hatten die Befragten im Mai eher selten auf dem Zettel. Nun steht dieses Instrument auf Platz 6 der geplanten Maßnahmen.

Quelle: Institut für Beschäftigung und Employability (IBE)

Gleichzeitig führt inzwischen aber die Qualifizierung von Mitarbeitern die Liste der durchgeführten Krisenmaßnahmen an: Mehr als drei Viertel der Personalabteilungen legen derzeit besonders großen Wert auf Weiterbildung. Für nahezu gleichbleibend wichtig halten die Unternehmensvertreter eine offene Kommunikation und Wege, um das Vertrauen der Mitarbeiter zu gewinnen.

Quelle: Institut für Beschäftigung und Employability (IBE)

„Insgesamt nimmt die Gangart zu, aber vor harten Maßnahmen schrecken viele Unternehmen noch zurück“, resümiert Rump das Ergebnis.

Mitarbeitertausch zwischen Unternehmen und Gehaltsverzicht verliert an Bedeutung

Die Ergebnisse legen zudem nahe, dass Unternehmen sich strategische Allianzen zwischen Unternehmen etwa zum Mitarbeitertausch immer weniger vorstellen können. Im Mai hielten 28,6 Prozent der Befragten ein solches Vorgehen für nicht realistisch, Ende des Jahres 2009 waren es schon 32,1 Prozent. „Solche Projekte scheinen an der Realität zu scheitern“, sagt Employability-Expertin Rump. Viele Unternehmen hätten gemerkt, dass derartige Initiativen nicht leicht zu realisieren seien und wichen deshalb nun vor dem Aufwand zurück.

Für unrealistisch halten rund ein Drittel der Studienteilnehmer außerdem einen temporären Gehaltsverzicht der Mitarbeiter – etwa, indem das Gehalt in Form von Darlehen einbehalten würde. Die Umwandlung von Gratifikation in Urlaub ist ebenso unbeliebt. Die Kehrseite der Medaille: Rund zwei Drittel der Unternehmensvertreter schließen folglich diese Schritte für sich nicht aus.

Quelle: Institut für Beschäftigung und Employability (IBE)

Insgesamt sei, so Rump, zu beobachten, dass die Betriebe im Verlauf der Krise zunehmend Altbewährtes und Bekanntes mit Sicherheit gleichsetzen. „Viele Unternehmen ziehen sich auf das ihnen Bekannte zurück, weil es das vermeintlich Sichere ist.“

Fazit

Die dargestellten Ergebnisse der Befragungen können als Gradmesser für die weitere Gestaltung der Personalarbeit mit fortschreitender Wirtschaftsflaute dienen. Sie sprechen dafür, dass in den Personalressorts inzwischen ein deutliches Bewusstsein für den Fachkräftemangel gewachsen ist. Unternehmen reizen zunächst möglichst viele andere Instrumente aus, um ihre Fachkräfte zu schützen.

„Eine gleichbleibende Zahl an Arbeitnehmern produziert einen geringeren Output als noch in den vergangenen Jahren“, sagte Thomas Sattelberger, Personalvorstand der Deutschen Telekom und Mitglied der Selbst GmbH, bei der Pressekonferenz zur Veröffentlichung der Studie. „Die Unternehmen gehen damit eine strategische Wette ein – nicht ganz ohne Risiko.“

Die vollständigen Auswertungen können Interessierte unter folgendem Link abrufen: www.ibe-ludwigshafen.de