HRM International : Unglaubliches Indien

people sitting near brown wooden coffee table
Foto von Jessica Sysengrath

Letzte Woche habe ich viele HR Eindrücke in Indien gesammelt. Als Teilnehmer des Asian Pacific HRM Congress hatte ich die Möglichkeit, etwas über den Tellerrand der europäischen und amerikanischen HR Branche hinauszuschauen.

Um es gleich vorwegzunehmen: Indien ist wirklich unglaublich und ich kann nur anerkennend feststellen: Incredible India!

Mumbai (Bombay) ist z. B. die erste Stadt der Welt, in der ich mehr Werbung für Weiterbildung, Studium und
Ausbildung & Finanzierung der Ausbildung gesehen habe als für Mobilfunk und Coca Cola! Und das trifft die Sache ziemlich genau ins Mark: Ich habe die Inder als unglaublich lernwillig bzw. lernhungrig erlebt.

Natürlich hat mich auch die freundliche Art und die Aufgeschlossenheit begeistert, aber beeindruckt hat mich der Wert von Wissen und die Bereitschaft zu lernen. Dazu kommt eine engagierte Einstellung zu Arbeit.

Was sind die aktuellen Themen indischer Personalleiter?
Die großen Themen im HR Bereich sind derzeit wirklich überall auf der Welt gleich. Selbst in Indien mit ca. 1 Milliarde Menschen als „Human Capital“ sind die wichtigsten Themen Recruiting, Talent Management, Retention und „The Lack of Talent“, also das Fehlen geeigneter Kandidaten. Darüber klagen alle Personalleiter, mit denen man spricht.

Wobei man das Ganze wohl etwas relativ sehen muss wenn man z. B. mit dem Personalleiter einer neuen Bank spricht, der in diesem Jahr ca. 20.000 (zwanzigtausend) Mitarbeiter rekrutieren muss.

Aber wie Herr H.N. Srinivas (Senior VP HR/Indian Hotel Company Ltd.), zu der u. a. auch die Taj Hotelgruppe gehört, die wiederum Teil der Tata Group ist mit ca. 110.000 Mitarbeitern, richtig im Gespräch feststellt hat:
Das Human Capital ist Indien größtes Asset. Und bei einem Output von allein ca. 15.000 Ingenieuren pro Jahr würden indische Personalleiter auf hohem Niveau leiden. Herr Srinivas appellierte dazu an die indischen Personalleiter, das Thema stärker selbst in die Hand zu nehmen, zum einen die Zusammenarbeit mit den Universitäten zu verstärken und zum anderen selbst Ausbildungseinrichtungen und Universitäten zu gründen, um Ihren Bedarf selbst zu decken. Dies habe in Indien lange Tradition und sei Teil der strategischen Unternehmensplanung, wenn man weiter in zweistelligen Wachstumsraten wachsen will.

Ein wirkliches Problem stellt für die meisten indischen Unternehmen das Thema Mitarbeiterbindung dar. Eine wirkliche Mitarbeiterloyalität gibt es nicht (mehr). Die Wechselbereitschaft ist extrem hoch und wenn z. B. ein Mitarbeiter 2-3 Jahre bei einem Unternehmen arbeitet, würde seine Frau schon die Frage stellen, warum er denn nicht wechselt, ob er etwa nicht gut genug im Job sei, da natürlich mit jedem Arbeitgeberwechsel auch gleich eine ordentlichen Gehaltssteigerung verbunden ist. Das konnte ich übrigens auch gleich im HR Bereich selbst feststellen, sobald sich etwas intensivere Gespräche ergeben haben, wurde gleich auf der Visitenkarte die private E-Mail oder Handy-Nummer vermerkt, mit dem Hinweis, dass man sich ja bald auch mit einem gewaltigen Firmenstartup selbstständig machen will, natürlich nicht als Onemanshow, sondern mit Hunderten von Mitarbeitern…

Apropos Visitenkarten: Natürlich hatte auch ich vor meiner Reise gelesen und gehört, das man viele Visitenkarten in Indien benötigt, und als „alter Messe-Junkie“ bin ich auf solche Bedingungen natürlich bestens vorbereitet, aber weite Teile des Kongresses vermittelten mir den Eindruck, dass ich auf der vielleicht weltgrößten „HR Speed-Dating“ Veranstaltung gelandet bin. Also, sollten Sie mal nach Indien fahren, nehmen Sie mindestens dreimal mehr Visitenkarten mit, als Sie in Ihren kühnsten Träumen benötigen würden. Alle 60 Sekunden wurde man von jemand Neuem angesprochen, hat Visitenkarten ausgetauscht und manchmal konnte ich es auch nicht verhindern, dass mir der eine oder andere HR´ler gleich 2 oder 3 Visitenkarten über die Konferenzdauer in die Hand gedrückt hat. Ok, vielleicht hat auch dazu beigetragen, dass der Veranstalter über Wochen nur die Bilder von 2 weiteren „Internationalen Kongressteilnehmern“ sowie mein Bild zum Thema „Meet International Delegates at Asian Pacific Congress“ auf der Startseite der Webseite promotet hatte. Mir wäre ein aktuellen Kongressprogramm als Vorbereitung lieber gewesen, aber gut, und so bin ich dauernd angesprochen worden (übrigens auch von den 60 anderen internationalen Teilnehmern, wieso mir dieser Ehre zuteil wurde und ihnen nicht)….aber ganz ehrlich, keine Ahnung, dann wurde es mir klar, der Programmierer der Webseite hat einfach vor Fertigstellung der Webseite und des Programms einen neuen Job gefunden.

Mit den besten Grüßen aus Indien

Alexander Petsch