Wie wichtig ist Personalarbeit für den Erfolg eines Unternehmens?

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Foto von You X Ventures

Die Entwicklung eines Unternehmens fußt auf Organisations-entwicklung. Diese wiederum ist aus meiner Sicht nur mit einer entsprechenden Personalentwicklung möglich.

Woran erkennen Sie gute Personalarbeit?

Ganz einfach: Wir stellen in Online-Mitarbeiterumfragen regelmäßig sämtliche Teams in unserem Unternehmen auf den Prüfstand. Dazu geben unsere Beschäftigten anonym an, wie sie die Fach- und Kommunikationskompetenz anderer Abteilungen in unserem Haus sowie die Zusammenarbeit mit diesen bewerten. Die HR-Mannschaft erhält immer wieder ausgezeichnetes Feedback. Hinzu kommen die positiven Trends der zahlreichen Kennzahlen, die wir im Bereich der Personalarbeit über Jahre hinweg messen, wie zum Beispiel Fluktuation oder die Anzahl und Dauer von Krankenständen.

Welche Rolle sollte HR im Unternehmen einnehmen?

Technische Weiterentwicklung ist für ein Maschinenbauunternehmen von maßgeblicher Bedeutung und erfordert qualifizierte Fachkräfte. Diese zu finden, zu entwickeln und zu binden, ist Sache der Personalarbeit. HR spielt daher eine zentrale Rolle.

Was sind die wichtigsten Aufgaben von HR?

Wie eben angemerkt, geht es im Wesentlichen um Recruiting und Personalentwicklung, aber auch um die Bindung von Mitarbeitern. Dies gelingt unter anderem mit der Bildung einer Arbeitgebermarke, für welche die HR-Abteilung mitverantwortlich ist.

Welche Kompetenzen müssen HR-Manager mitbringen?

Soziale Kompetenz, Offenheit für die – auch generationsübergreifenden – Anliegen der Mitarbeiter sowie Kommunikationskompetenz.

Welche Personalthemen werden in der Zukunft an Bedeutung gewinnen?

Den Spagat im Umgang mit den verschiedenen Generationen – samt deren Erwartungen und Einstellungen – in einem Unternehmen zu meistern.

Quelle: personal manager Zeitschrift für Human Resources Ausgabe 6 November / Dezember 2012

Die Fillstraße führt vom Westen her in die kleine Innviertel-Gemeinde Gurten. 1.200 Einwohner leben hier inmitten hügeliger Wiesen und Felder. Die männliche Dorfjugend geht unter der Woche kicken und träumt auch schon mal von der Union Gurten, die in der Landesliga West spielt. Vom Land in den großen Klub – das bietet auch das ortsansässige Unternehmen Fill. Dessen Monteure bauen weltweit Maschinen in Automobil-, Luftfahrt-, Windkraft-, Sport- und in der Bauindustrie auf. Viele von ihnen pendeln zwischen familiärem Landleben und Hotels in russischen Metropolen oder spanischen Provinzen. Umgekehrt kommt die weite Welt ins Wohnzimmer, wenn bei Ski- und Snowboardrennen Sieger gekürt werden. Da fragt man sich in Gurten: Produzierten unsere Maschinen wieder das Sportgerät eines Siegers? Letztes Jahr stieg die Firma selbst aufs Treppchen. Andreas Fill wurde in Mexiko von dem mit 15.000 Mitarbeitern größten Aluminium- und Zylinderkopfgießer Nemak als weltweit bester Zulieferer ausgezeichnet.

Auch daheim stehen die Uhren nicht still. Fill will am Puls des Weltmarktes bleiben, entwickelt Fach- und Führungskräfte und unterstützt die Mitarbeiterfamilien bei der Vereinbarkeit von Job und Privatleben. Das merken schon die Kleinsten, wenn sie von Papas oder Mamas Firma zum Schulschlussfest eingeladen werden und sich dort den Original-Rennanzug von Formel-1-Weltmeister Sebastian Vettel überstreifen können, auf Slacklines balancieren oder Pfeile basteln. Daheim gesellt sich ihr Geschenk, der Kuschelroboter „Filli Future“, zum Spielzeug und bringt ihnen spielerisch technische Begriffe bei. Vater und Mutter lernen in der „Fill Academy“ Fachkollegen kennen. Andreas Fill erklärt dazu: „In Kooperation mit dem Verein Deutscher Ingenieure (VDI) haben wir eine Netzwerk-Serie für diesen Herbst initiiert. Dabei sprechen Spezialisten in unserem Haus an mehreren Tagen unter anderem über Leichtbau in Aluminium oder Klebetechnik. Einer unserer Mitarbeiter hat Kontakte zu Ausbildungsstätten und gewann diese für unsere Idee. Sogar Firmen aus Deutschland kommen zu uns.“ Besuch gab es kürzlich auch von Unternehmen aus der Region Innviertel. Mit der Zeitung „Bezirksrundschau“ diskutierte man über Fachkräftegewinnung. Mit von der Partie war Josef Buttinger, Organisator des Netzwerkes HR-Lounge. Ihn kennt Andreas Fill vom Personalleiterkreis Innviertel, an dem er selbst beteiligt war. „Wir sind gut vernetzt und im HR-Thema breit aufgestellt“, so Fill. Sein Vater war Wirtschaftslandesrat von Oberösterreich. Da wolle die Öffentlichkeit wissen, welche der politischen Forderungen – zum Beispiel zu Familienfreundlichkeit oder Frauenförderung – Fill selbst umsetze.

Vieles hat Andreas Fill selbst initiiert: Was er als Newcomer im Management nach einer kaufmännischen Ausbildung und einem Wirtschaftsingenieur-Studium über die Personalarbeit gelernt hat, habe er im Betrieb unter den Gesichtspunkten der Organisationsentwicklung umgesetzt. Die dabei leitende Frage sei heute noch: „Könnte ich mit dem Personal von heute Aufträge von morgen bearbeiten? Wenn nicht: Welche personelle Aufstellung ist nötig?“ Fills Partner inhouse seien die Führungskräfte – die sich zu 50 Prozent aus ehemaligen Fill-Lehrlingen rekrutieren – eine Schulungsmanagerin, zwei Kommunikationsbeauftragte, eine Personalentwicklerin, die HR-Leitung sowie Fills Ehefrau, die halbtags alle Personalaktionen organisiert wie zum Beispiel das Schulschlussfest.

Unterm Jahr arbeitet das Unternehmen an HR-Schwerpunkten, wodurch kontinuierlich in kleinen Projekten an der Personalarbeit gefeilt werde. Dadurch hat sich Fill sogar zum HR-Dienstleister entwickelt. „Ich wollte bei meinem Leitungsantritt mehr Transparenz im Unternehmen. Jeder sollte zum Beispiel über Aufgaben und Kompetenzen aller Kollegen oder über Schulungskennzahlen informiert sein. Da wir kein entsprechendes IT-System fanden, stellten wir eine Programmiererin an und entwickelten eine Datenbank, die unsere lebensphasenfokussierte HR-Arbeit abbildet – von der Mitarbeiterfindung bis zum Kontaktmanagement mit Ehemaligen,“ so der Geschäftsführer. Über seine Netzwerk-Kontakte erfuhr er, dass andere Industriebetriebe auch ein solches System benötigten. Also gründete er mit einer Unternehmensberatung und einem Software-Haus eine eigene Gesellschaft, um das System zu vertreiben.

Das Informationsportal half Fills Firma, den Überblick über die personelle Aufstellung zu behalten. Dies sei wichtig gewesen, so der Manager, weil er mit seinem Führungsteam schon vor der Krise sah, dass die Nachfrage auf seinem Kernkompetenzgebiet Automobilmarkt einbrechen würde. Also stellte er das Unternehmen breiter auf und produzierte Maschinen für weitere Industriesparten wie zum Beispiel die Luftfahrt. Durch die kurzfris-tige Ausweitung des Portfolios wurde Weiterbildung – insbesondere Kommunikationsschulungen – nötig, denn viele Mitarbeiter mussten lernen, Kompetenzen auf den für sie neuen Fachgebieten aufzubauen und Kunden zu beraten. Heute kommen auf jeden der 550 Mitarbeiter durchschnittlich viereinhalb Tage Weiterbildung an der Fill Academy, die während der Arbeitszeit absolviert werden. Das Programm reicht von Fachschulungen über Betriebswirtschaft und Qualität bis hin zu Arbeitstechnik sowie Sprachen, erläutert Andreas Fill. Das Unternehmen bietet zudem Sprachurlaube an, für die Mitarbeiter nur Urlaub investieren müssen.

Mit dem gewachsenen Betrieb bedurfte es eines Partnerprogramms für Neueinsteiger, so Andreas Fill: „Uns fiel auf, dass sich manche neue Mitarbeiter nach zwei Monaten überfordert fühlten, weil unser Produktportfolio groß ist. Nun werden sie von langjährigen Mitarbeitern durch den Betriebsalltag begleitet“. Generell falle dem Unternehmen das Recruiting durch die engagierte und auch öffentlich gut sichtbare Personalarbeit nicht mehr schwer. Die Zahl der interessanten Bewerber konnte Fill trotz Provinzstandort steigern und durch Kontakte zu Eltern und Schulen sowie Kindergärten gewinnt das Unternehmen ausreichend Lehrlinge – derzeit lernen 57 Mädchen und Burschen in dem Familienunternehmen. Gespräche mit Eltern seien im Hinblick auf Mädchen in Technikberufen wichtig, weil viele Industrie mit Schmutz verbänden und nicht sähen, dass Fill ein Hightech-Unternehmen sei. Für die Mitarbeiter ist ihr Arbeitgeber nicht zuletzt deshalb attraktiv, weil er sie bei der Vereinbarkeit von Beruf und Familie unterstützt. „Väter nehmen bei uns selbstverständlich Elternzeit in Anspruch. Es gibt Teilzeitstellen für Führungskräfte und wir beschäftigen uns teilweise mit dem Thema Pflege. Dieses wird in unserer Gesellschaft zunehmen und auch uns Betriebe betreffen“, sagt der Geschäftsführer.