00:00:00
Alexander Petsch: Glückauf und herzlich willkommen zu den heutigen HRM Hacks. Mein Name ist Alexander Petsch, ich bin der Gründer des HRM Instituts, euer Gastgeber. In unserer heutigen HRM Hacks Folge spreche ich mit Tim Schütte zu Hacks bei der Digitalisierung und Standardisierung der Lohn- und Gehaltsabrechnung. Tim Schütte ist Geschäftsführer bei Paychex Deuschland. Paychex Deutschland beschäftigt sich mit Lohn- und Gehalts-Business-Process-Outsourcing, sozusagen die Erstellung der Lohn- und Gehaltsabrechnung für KMU. Der gebürtige Westfale ist begeisterter Motorradfahrer und kommt seit Jahrzehnten eigentlich aus dem IT-Bereich. Er war bei Oracle, Microsoft, Sennheiser vier Jahre, aber hat auch schon als Unternehmer eine eigene Cloud Firma gegründet. Herzlich willkommen, Tim.

Tim Schütte

00:00:50
Tim Schütte: Dankeschön. Ja, schön zusammengefasst. Vielen Dank.

00:00:54
Alexander Petsch: Tim, wir haben ja heute… Es geht ja um Hacks bei der Digitalisierung und Standardisierung der Lohn- und Gehaltsabrechnung. Warum braucht es denn eigentlich jemanden, der für andere Lohn- und Gehaltssoftware in Deutschland macht? Aus deiner Sicht?

00:01:10
Tim Schütte: Das ist eine richtig gute Frage. Als ich hier vor zwei Jahren angefangen habe, hatte ich ganz, ganz wenig Ahnung von Lohn- und Gehaltsabrechnung in Deutschland. Wir kennen das alle. Wir kriegen da einmal im Monat diesen Zettel. Wenn wir ganz modern sind, laden wir uns den selber irgendwo runter und kriegen den gar nicht mehr per Post. Und was da draufsteht, sieht eigentlich im Laufe eines Arbeitslebens immer noch gleich aus. Also die Form von Papier hat sich verändert. Ich habe mir mal den Spaß gemacht, meine erste Abrechnung von 1997 rauszusuchen. Aber die Inhalte sind immer noch gleich. Und das impliziert natürlich schon die Frage, warum braucht es da Spezialisten? Und wenn man dann so ein bisschen hinter die Kulissen guckt, dann wird einem sehr, sehr schnell deutlich, wie komplex das Ganze ist und wie groß der Aufwand da auch sein kann. Ich bin nach wie vor kein Abrechner und bin das in den zwei Jahren auch nicht geworden. Ich kann aber sagen, dass das einen hohen Spezialisierungsgrad erfordert, insbesondere dann, wenn es auch um so Spezialitäten wie Tarifverträge im öffentlichen Dienst, Baulohn, Stichwort Schlechtwettergeld, solche Geschichten geht. Also das ist nicht ganz so einfach, was man da so alles an Informationen zusammentragen muss, um am Ende eine richtige gesetzeskonforme Lohnabrechnung oder Gehaltsabrechnung zu produzieren.

00:02:24
Alexander Petsch: Und ich glaube, gerade die letzten zwei Jahre haben wir auch an vielen Stellen gesehen, dass ruckzuck mal von einem auf den anderen Monat mit Kurzarbeit, Zuschlägen, Grenzen rauf und runter, da mal 1.000 Euro mehr oder weniger bei der oder dem Einzelnen ankommen. Und das nachher zu erklären, warum das jetzt diesen Monat so ist und nächsten nicht und vorletzten war es wieder anders ist auch eine tagesfüllende Aufgabe.

00:02:51
Tim Schütte: Das ist in der Tat die hohe Kunst, wenn man so will und wir sehen das auch in der aktuellen Zeit noch. Also ja, die letzten zwei Jahre war natürlich so was wie das Corona-Kurzarbeitergeld eine echte Herausforderung. Man hat hier und da auch gemerkt, dass das echt mit heißer Nadel gestrickt war. Aber hey, wen will man beschuldigen? Wir waren alle noch nicht in der Pandemie und am Ende kann man ja aus heutiger Sicht froh sein, dass wir den Arbeitsmarkt da so beschützen konnten. Aber auch wenn ich in die jetzige Situation gucke, die Energiepreispauschale als Beispiel, die Erhöhung des Mindestlohns, die Erhöhung des Steuerfreibetrages rückwirkend zum 1.1.. Alles Themen, die uns gerade echte Kopf- und Bauchschmerzen verursachen, die mit einer tollen Intention kommen, aber leider in der Praxis hier und da echt einfach nicht bis zum Ende gedacht sind.

00:03:40
Alexander Petsch: Ich glaube, jeder, mit dem ich bis jetzt gesprochen habe, der Experte im Lohn- und Gehaltsbereich ist, hat immer gesagt, es sind ja viele Dinge nett gemeint, aber der Gesetzgeber hat, um es vorsichtig zu sagen, deutliches Potenzial der operativen Umsetzungsverbesserung.

00:03:54
Tim Schütte: Das ist sehr schön neudeutsch formuliert. Ich habe das in einem Beitrag auf LinkedIn so genannt, dass ich gesagt habe: Warum haben wir eigentlich kein Forum, das solche Gesetze auf Tauglichkeit prüft? Und zwar nicht einen Ausschuss, der auch schon seit Ewigkeiten nur in Berlin sitzt, sondern wirklich Fachleute, die am Ende diese Gesetze umsetzen müssen. Ich glaube, das würde uns hier und da ganz gut tun.

00:04:15
Alexander Petsch: Ja, es würde auch vieles schneller machen. Ja, das haben wir gerade gesprochen, ein bisschen über Lohn und Gehalt, dass das ja eine komplexe Angelegenheit ist. Du bist ja Experte in dem Bereich, wenn auch ein bisschen auf der Metaebene. Wir stellen fest, es gibt einen wahnsinnigen Bedarf, wenn ich bei HR-jobs.de schaue, das, was wir ja betreiben als HR-Stellenbörse. Viel, viel Bedarf. Aber ein Ausbildungsberuf oder wo man dann sicher ist, dass man das dann richtig lernen kann, ist Lohn- und Gehaltsabrechnung auch nicht, oder?

00:04:51
Tim Schütte: Nö, das ist in der Tat auch so eins der Dinge, die ich ganz spannend fand. Ich meine, wir sind schon ein sehr reguliertes Land und das hat seine positiven und seine negativen Seiten. Das ist erst mal so. Aber dass wir so einen Beruf, der ja am Ende die Gehälter des ganzen Landes, der ganzen Nation bewegt, nicht in irgendeiner Form, ich will es gar nicht reglementieren nennen, sondern eher mal stringent aufbauen. Das ist schon spannend. Wenn ich in unsere Belegschaft gucke, wir haben natürlich Steuerfachangestellte, wir haben Bürokaufleute, wir haben aber auch Leute, die einen Quereinstieg gemacht haben. Also wir haben – darüber bin ich sehr froh, weil das ist zu Weihnachten und bei irgendwelchen Festen immer ganz gut – Bäcker und Metzger bei uns. Ja, das hilft hier und da, aber trotzdem bleibt immer so das Fragezeichen: Was ist mit der Lobby für dieses Berufsfeld? Und die ist reichlich dünn. Und vielleicht ist das auch schon wieder der Rückschluss zu dem, was wir eben gesagt haben, dass wir eigentlich gar keine richtige Lobby haben.

00:05:50
Alexander Petsch: Ja, ja. Hacks, was hast du uns mitgebracht an Expertise?

00:05:54
Tim Schütte: Hacks. Also ich will mal aus meiner Sicht – und da darf natürlich jeder seine Meinung haben – aber aus meiner Sicht so ein paar Dinge gerade benennen, die ich vorgefunden habe, und ich bin da ja relativ neu auch drin. Ich sehe auf der einen Seite erheblichen Fachkräftemangel, du hast es eben schon angesprochen, da werden händeringend Fachkräfte gesucht, für die es keinen geregelten Ausbildungsgang gibt. Dazu haben wir grundsätzlich ja sowieso einen Fachkräftemangel. Und wir sehen heute, dass für – je nach Quelle – 3 bis 5 Fachkräfte, die aus dem Markt rausgehen, nur eine nachkommt. Das ist für Abrechner nicht anders. Und wenn man sich vorstellt, dass das ein Job ist, der wenig digitalisiert ist in der jetzigen Form, dann findet man auch nicht unbedingt viele junge Leute, die da Bock drauf haben, ich sag jetzt mal böse, mit dem Abakus rumzuspielen. Ganz so weit zurück sind wir dann Gott sei Dank nicht. Aber der Vergleich ist gar nicht so weit hergeholt. Und auf der anderen Seite sehen wir, dass die regulatorischen Einrichtungen, die ITSG, die die Software zertifizieren muss, die man dafür benutzt, die Einstiegsbarriere in diesem Markt immer höher hängt. Das heißt, wir sehen einen Trend zu mehr Automatisierung, zu Vereinfachung, zu Digitalisierung. Und ich glaube, dass es für jeden, der sich irgendwo rund um dieses Thema Lohn und Gehalt heute Gedanken macht, sei es als Dienstleister, als Softwareanbieter oder eben auch als schlicht derjenige in der Personalabteilung eines Mittelständlers, der dafür verantwortlich ist… Er muss sich heute im Grunde schon Gedanken machen, wo geht es denn in Zukunft hin? Und da ist aus meiner Sicht Standardisierung der erste Schritt, den wir alle gehen müssen, weil wenn wir nicht standardisieren, können wir hinterher nicht automatisieren.

00:07:35
Alexander Petsch: Wie gehe ich da ran? Was muss ich mir für Fragen stellen, wenn ich mehr standardisieren möchte?

00:07:40
Tim Schütte: Ich muss mir zum Beispiel die Fragen stellen: Wie sieht das Schema meiner Lohnarten aus? Habe ich da irgendwo Dinge, die überlappen? Kann ich da Dinge vielleicht ein bisschen mehr standardisieren? Oder habe ich einen Wildwuchs an Lohnarten? Das ist so ein Thema. Ein zweites Thema kann natürlich sein: Was sind die Instrumente, die ich dafür benutze? Wo kommen denn diese Personaldaten her? Führe ich die Zeiterfassung, die wir nach EuGH alle führen müssen, per Hand in Excel oder habe ich dafür ein System? Wenn ich dafür ein System habe, wie modern ist das? Kann ich das über eine API zum Beispiel an HR-Systeme oder auch an Payroll-Systeme anbinden? Und das sind eben alles so Fragen, mit denen sollte ich mich auseinandersetzen. Denn wenn ich das kann, ist das, was ich hinterher automatisieren kann, natürlich viel, viel größer, als wenn ich das alles noch manuell mache und was damit ja auch auf Dienstleisterebene, wenn ich mal aus unserer persönlichen Brille gucke, noch mal viel Arbeit verursache. Das ist natürlich nicht das, was wir wollen.

00:08:42
Alexander Petsch: Okay. Also Standardisierung. Sich fragen, ich sag mal, was kann ich alles weglassen, zusammenfassen.

00:08:51
Tim Schütte: Und auch elektronisch verfügbar machen. Ich glaube, das ist ein wesentlicher Punkt. Dass man also… Und wenn es… Das ist ganz lustig, wenn man in der IT gearbeitet hat, denkt man ja immer komm, Datenaustausch ist gar kein Problem. Ich habe mittlerweile gelernt, CSV, also so ein Excel-Derivat rein und raus, ist schon eine echte Errungenschaft. Das bedarf immer noch manueller Handgriffe. Aber Hauptsache es funktioniert. Wir haben in der Tat viele Kunden, die wir sehr, sehr lieb haben, aber die uns handschriftliche… Also die Dinge handschriftlich erfassen, scannen und uns schicken. Und in dem Moment, wo wir es wieder abtippen, ist das natürlich eine Fehlerquelle, die einfach heute nicht mehr sein muss.

00:09:32
Alexander Petsch: Gut…

00:09:32
Tim Schütte: Du lachst. Ich kann das manchmal auch nicht fassen, aber es ist so.

00:09:38
Alexander Petsch: Ich hätte jetzt fast gesagt, als guter Dienstleister im Sinne des Kunden habt ihr wahrscheinlich noch ein Faxgerät da stehen.

00:09:44
Tim Schütte: Ja, also ich bin sehr, sehr froh, dass das kaum noch benutzt wird.

00:09:47
Alexander Petsch: Ja. Oh man, ja. Also elektronisch verfügbar machen, klar, das ist…

00:09:54
Tim Schütte: Und das klingt einfach. Und ich weiß, es ist nicht einfach. Also nicht falsch verstehen. Ich glaube nicht, dass das so einfach ist, dass das morgen jeder könnte, weil dann hätte es wahrscheinlich schon jeder gemacht. Aber ich glaube, jetzt ist der richtige Zeitpunkt, die Fragen zu stellen: Wie groß ist der Aufwand? Und muss sich das jetzt so langsam mal angehen, weil der Mehrwert wird mittelfristig unbedingt greifbar sein?

00:10:17
Alexander Petsch: Ja, ja, also gerade das Thema standardisieren und elektronisch verfügbar machen ist ja eigentlich die Grundlage für alles, was danach kommt.

00:10:25
Tim Schütte: So ist es.

00:10:27
Alexander Petsch: Okay, ja. Wie geht es dann weiter? Was sind deine nächsten Tipps, wenn man sich aufgemacht hat, sozusagen zu standardisieren und möglichst viel schon elektronisch in irgendeiner Form im Prozess integriert hat?

00:10:42
Tim Schütte: Ich glaube, dass das realistisch am besten geht, wenn man die Mitarbeiter beteiligt. Und ich habe das eben eingangs so ein bisschen flapsig erzählt: Wenn man ganz modern ist, lädt man sich die Payslips heute, also die Lohnscheine, die Lohnzettel, und kriegt sie nicht mehr per Post. Das ist spannend, weil wir verschicken immer noch rund 2/3 aller von uns erstellten Lohnscheine per Post. Also auch da muss man sich die Frage stellen, warum ist das so? Und umgekehrt – und da nehme ich uns einfach als leuchtendes Beispiel, weil wir sind ja eigentlich auch nur ein mittelständisches Unternehmen mit knapp 200 Mitarbeitern – wer pflegt denn eigentlich die Stammdaten eines Angestellten? Also wer weiß am ehesten, dass ich umgezogen bin? Na ja, das weiß ich. Dann sollte ich es auch irgendwo hinschreiben können. Und zwar am liebsten nicht per Mail an meinen HR-Menschen, sondern ich sollte das am liebsten gleich in irgendein System eingeben können, weil dann passieren keine Abschreibefehler, dann passieren diese Transferfehler nicht und ich kann halt eine Menge mehr automatisieren, ohne zusätzlichen Workload zu erzeugen.

00:11:44
Alexander Petsch: Ja, ich habe auch gerade überlegt, warum wir eigentlich noch unsere Lohnabrechnung in Papierform zusenden, austeilen.

00:11:52
Tim Schütte: Und das Lustige ist, ich meine, der größte Anbieter, der in Deutschland unterwegs ist, ist nun mal die DATEV. Die bieten das über ein Portal an, das ist gar nicht schlimm. Wenn man aber mit diesem Portal nur einmal im Monat zu tun hat, dann vergisst man auch gerne das Passwort. Also auch da ist eher so wieder die Frage: Okay, was machen denn die Anbieter von solchen Systemen eigentlich richtig und was machen sie falsch? Wie gut sind denn die Oberflächen? Wie gut ist denn die Erreichbarkeit von solchen Portalen? Und ehrlicherweise, da können wir uns auch an die eigene Nase fassen, also das, was wir im Moment als Portal zur Verfügung stellen, gefällt mir als, wie soll ich sagen, als ehemaligem ITler jetzt auch noch nicht so zu 100 %. Aber wir arbeiten an etwas Besserem.

00:12:35
Alexander Petsch: Jetzt bin ich da HR-Laie, also ich weiß nur, dass mich der… Wie soll ich sagen… Also ich kenne viele und ich gehöre auch dazu, die diese Briefe immer schön verschlossen wieder ablegen. Ich sage mal, ich finde… Es ist also nichts, was ich jetzt hier im Kontoauszug… Ich finde das ziemlich unspannend. Jetzt ist das natürlich eine sehr ignorante Sichtweise. Von daher hätte ich gesagt, na ja, ich wahrscheinlich würde das Portal dann ja genauso oft aufrufen. Nämlich wahrscheinlich nur öffnen, wenn mal die Steuer fragt oder ich mein Haus finanzieren muss oder so was.

00:13:15
Tim Schütte: Und das wäre ja an sich nicht schlimm. Jetzt mal auf mich bezogen, meine Kontoauszüge. Die rufe ich einmal im Jahr aus dem Electronic Banking ab. Speichere die als PDF und schicke sie an meinen Steuerberater. Also im Grunde das, was du gerade skizziert hast. Ich kriege das auch per Post, weil ich mich irgendwie auch an diese DATEV-Oberfläche nicht gewöhnen kann. Und nach dem dritten Mal Passwort ändern war mir das zu bunt und habe gesagt, dann schickt es mir halt wieder. Das liegt hier, das ist unspannend, bin ich absolut bei dir. Da sind wir aber vielleicht auch ein Typ Mensch, der erst mal damit gesegnet ist, mit seinem Einkommen gut auszukommen. Und zum anderen vielleicht auch gar nicht so zahlenaffin, dass uns 30 Cent mehr oder weniger weder auffallen noch aufregen. Aber wir müssen halt auch anerkennen, dass es da auch andere Menschen gibt, die entweder wirklich Spitz auf Knopf rechnen und deswegen nachvollziehen müssen, was da auf ihrem Lohnkonto passiert oder dass sie das vielleicht sogar wollen. Das ist mir zwar völlig fremd, ich bin nicht so zahlengetrieben, aber ich erkenne, dass es solche Menschen gibt, die sagen, nee, ich brauche das auf dem Detaillevel. Und für die dann wiederum, was stellen wir denen heute zur Verfügung? Das ist ein PDF. Viel schöner wäre doch, wenn wir ein Formular oder eine Form hätten, die ich dann wieder übertragen kann, wo ich das, keine Ahnung, in mein eigenes Haushaltsbuch überspielen kann oder oder oder. Also wir leben immer noch in einer Zeit der massiven Medienbrüche und das wird nie ganz weggehen, das ist mir auch klar. Aber ich glaube, wir sind an der Schwelle, wo wir mehr digital werden. Und ehrlicherweise, Corona hat dabei geholfen.

00:14:45
Alexander Petsch: Jetzt hattest du eingangs gesagt Involvement. Und wahrscheinlich ist mehr Involvement besser als weniger Involvement. Wie erzeuge ich denn das, mehr Involvement?

00:14:55
Tim Schütte: Ja, das ist… Also ich glaube, das ist genau das, worüber wir gerade diskutiert haben. Wenn wir nicht einfach nur sagen, guck mal, da ist der Link, kannst du einmal im Monat dein Payslip abholen. Ja, pseudo spannend. Ich glaube, wenn wir das koppeln mit einem modernen HR-System, wo es nicht nur darum geht, dass ich da meine Stammdaten pflege, sondern dass ich auch sagen kann okay, was ist denn da noch für mich drin? Habe ich da eine Abbildung des Benefits Modells der Firma? Habe ich da eine Abbildung meiner Curricula? Also habe ich da so ein Lernpfad, der auf mich oder meine Rolle zugeschnitten ist? Ich glaube, die Masse machts dann. Und da wird es dann für mich als Angestellter auch interessant zu sagen okay, warte mal, da gucke ich mal rein. Und im einfachsten Fall, was brauchen wir für die Erstellung einer Personalabrechnung? Sind die Bewegungsdaten, sprich die Zeiterfassung der einfachste Fall? Koppele ich das irgendwie mit der Zeiterfassung, weil da muss halt heute jeder mindestens zweimal am Tag irgendwie rein und wieder raus und wenn ich das elektronisch über den Bildschirm machen kann, warum dann nicht da? Also ich glaube, da gibt es eine ganze Menge Ideen, wie man Dinge, die heute singulär vorhanden sind, als Silo, schlau miteinander kombinieren kann. Und ob das jetzt eine Lösung aus unserem Hause ist oder von irgendeinem Marktbegleiter, ist fast zweitrangig. Ich glaube, wir kommen mehr in so eine Welt, wo das A) nötig ist und wo es B) von Angestellten auch gefordert wird. Wenn wir uns… Gerade habe ich Benefits gesagt. Wenn wir gerade anschauen, wie sehr sich der Anspruch von jungen Arbeitnehmern an ihr Unternehmen ändert, dann ist das ein wesentlicher Bestandteil. Warum soll ich das dann nicht in den Vordergrund stellen?

00:16:33
Alexander Petsch: Ja, ist also… Aber im Prinzip ist das ja schon fast ein Plädoyer für HR Self Service Portal, was deutlich über den Bereich Lohn und Gehalt hinausgeht.

00:16:46
Tim Schütte: Absolut, absolut. Lohn und Gehalt ist zwar die wesentliche Komponente, weil die muss immer stimmen. Also das ist ganz wichtig, das Geld muss verlässlich und richtig auf mein Konto kommen, weil sonst bin ich als Arbeitnehmer gelinde gesagt nicht so richtig zufrieden. Aber am Ende ist es nur die Sammlung von relativ statischen Daten: Wo wohne ich? Wie ist meine Bankverbindung? Das ändert sich nicht allzu oft. Und Bewegungsdaten: War ich im Urlaub? Wie viel habe ich gearbeitet? Was sagt meine Zeiterfassung? Minus plus Überstunden? Nachtzuschläge? Was so alles dazukommen kann und die Daten brauche ich. Wo die am Ende gesammelt werden, erhoben werden, ist fast zweitrangig. Im Idealfall in einem System, wo ich eben nicht zweimal meine Stammdaten pflegen muss, sondern in Systemen, die untereinander miteinander sprechen können. Und da sind wir wieder bei wenigstens rudimentärem Datenaustausch.

00:17:39
Alexander Petsch: Ich habe gerade so gedacht, auch so dieses Thema, was gerade immer mehr im Kommen ist, so Mobilitätsbudgets, Verwaltung von Mobilitätsbudgets. Da kann ich mir schon vorstellen, dass es weitere Elemente gibt, die durchaus auch mit dem Thema Gehalt und monetären Aspekten zu tun haben, die für viele spannender sind als jetzt das Öffnen des alten DATEV-Umschlags.

00:18:03
Tim Schütte: Absolut, absolut.

00:18:04
Alexander Petsch: Übrigens letzte Woche war ich mit dem CEO von keinem kleinen Laden essen und er erzählte mir: „Mensch, wir haben da jetzt auch so einmal über das Mobilitätsbudget gesprochen. Und das Kurze ist, ich kriege da von meiner Firma jeden Monat irgendwie noch 30 Euro Mobilitätsgutschein.“ Nächster Satz: „Da muss ich wohl bei der Konfigurierung meines Dienstwagens einen Fehler gemacht haben.“

00:18:29
Tim Schütte: Frei nach dem Motto, ich habe keinen ökologischen Fußabdruck, ich fahre sowieso mit dem Auto.

00:18:33
Alexander Petsch: Ja, ja.

00:18:36
Tim Schütte: Sehr schön, das gefällt mir. Ja. Nein, aber das ist richtig. Also ich glaube, diese… Auch das ist ja ganz spannend. Wir haben für uns selber Benefits eingeführt, vor einem halben Jahr ungefähr. Und wenn man sich da in der deutschen Benefits-Landschaft so umschaut: Erst einmal ist Deutschland da ja wieder anders als andere europäische Länder. Wir versuchen halt aus einer Paycheck-Sicht, die in Europa wachsen will, viele Dinge so zu bauen, dass wir sie in mehreren Ländern benutzen können. Payroll scheidet da von vornherein aus, aber auch Benefits deutlich unterschiedlich von Land zu Land. Und wenn ich mir nur die deutsche Landschaft anschaue, dann sehe ich eben auch, dass man Anbieter findet, die ihren Katalog haben. Und der ist, das ist immer ein Ausschnitt vom Ganzen, was möglich ist. Aber eine Plattform, wo ich jetzt wirklich hingehen kann und sagen kann, okay, was ist denn überhaupt alles möglich? Und dann möchte ich aussuchen… Das ist echt schwierig. Also eigentlich zäumen wir auch da das Pferd von hinten auf. Wir fragen erst mal die Angestellten, was wollt ihr alles haben? Und dann sucht man den Anbieter, der das alles kann. Anstatt umgekehrt zu sagen, warte mal, das hier ist überhaupt alles, was möglich ist. Und jetzt lassen wir die Angestellten da mal drauf gucken, dass die aussuchen, weil da kommt ja auch jeder mit seinem persönlichen Blickwinkel und weiß vielleicht gar nicht, dass Mobilitätsbudget spannend sein kann. Oder was haben wir jetzt? Hardware Leasing? Ja, das JobRad kennt mittlerweile jeder, aber bei anderen Benefits wird es schnell dünn.

00:19:59
Alexander Petsch: Ja, bestimmt ein eigenes Thema. Ja, aber wir sind ja Digitalisierung, Standardisierung, Gehalt. Ja, was sind weitere… Ein weiterer Tipp, den du mitgeben würdest?

00:20:10
Tim Schütte: Also wie gesagt, Employee Involvement, wenn man das so sagen will. Das ist, glaube ich, ganz wichtig. Standardisierung, Automatisierung, Datenaustausch. Ich glaube, das funktioniert alles nur, wenn die HR-Abteilung sich dafür Unterstützung holt bei der Geschäftsführung, wenn sie eben nicht Mitglied der Geschäftsführung ist. Also auch das ist so ein Learning, was ich so als Neuling – und ich hoffe, ich bin es immer noch in der Branche – habe. Dass HR ja so ein Randthema ist und das auch bei einem Geschäftsführer. Das erlebe ich bei manchen unserer größeren Kunden. Der denkt halt ja, wir sourcen das aus, dann brauchen wir hier schon keine Umschläge mehr falten, wo die Lohnabrechnungen drin sind. Dem ist also die Komplexität hinter einer Gehaltsabrechnung gar nicht bewusst. Ja, das klingt lustig, aber es ist so und das ist immer wieder spannend. HR ist halt eher ein Cost Center als ein Profit Center. Und ich glaube, dass die Rolle von HR sich neu definieren muss, um dem Fachkräftemangel und der anstehenden Automatisierung überhaupt Rechnung tragen zu können. Weil wenn die HR-Abteilung es nicht schafft, ihren Mehrwert zu zeigen und ich sage jetzt mal mit Betriebsfeiern, Einstellungen und Rentenbeginn irgendwie gleichgesetzt wird, dann brauchen wir natürlich auch nicht über größere Investitionen zum Beispiel in ein HR-System reden. Weil dann sind die gar nicht in der Lage, das vorzurechnen, warum das jetzt gerade Sinn macht. Und das sind so die Punkte, wo ich glaube, dass Geschäftsführer besser hinhören müssen, wenn sie mit ihrer Abteilung sprechen. Und ich glaube aber auch, dass die HR-Verantwortlichen selbst sich daran gewöhnen müssen, mehr in Kosten-Nutzen zu denken. Ich weiß, da trete ich jetzt dem einen oder anderen mit auf den Schlips. Aber es ist für mich immer noch so der Punkt. Egal mit welchem Kunden ich spreche aufseiten der Geschäftsführung, das Standing haben die meisten Abteilungen nicht. Und das ist, finde ich, immer wieder erstens spannend und dann irgendwie auch ein bisschen erschütternd.

00:22:16
Alexander Petsch: Also ich meine, Dave Ulrich hat es schon vor 20 Jahren gefordert: „seat at the table“, HR als Teil der Geschäftsführung. Was ich jetzt verstärkt wahrgenommen habe, aufgrund der zum Teil dramatischen Mitarbeiterfindungs- und auch natürlich Retention-Fragen, ist dass es sogar so weit geht: HR, misch dich ein. Und zwar nicht nur bei den Prozessen im HR-Bereich und bei deiner eigenen Wertschöpfung, sondern sei der Stachel im Fleisch des Unternehmens für bessere Produkte. Weil wenn dein Produkt nicht rund ist, dann hast du auch ein Problem, die richtigen Leute zu finden.

00:23:01
Tim Schütte: Absolut, absolut. Aber das ist ja auch eher jetzt der Not geschuldet. Also bisher hat man das wahrscheinlich sogar hier und da mit Händen und Füßen zu vermeiden versucht. Und jetzt kann man gar nicht mehr anders. Und das hat halt auch dazu geführt, dass HR heute die Rolle einnimmt, die sie haben, nämlich da eher Begleiter zu sein und keinen „seat at the table“ zu haben, um das noch mal zu zitieren. Und jetzt sollen sie plötzlich ja. Woher sollen sie das denn können? Wo kommt denn plötzlich auch dieses Selbstbewusstsein her? Da jetzt nicht nur mitreden zu wollen, sondern zu können. Und das stelle ich ja gar nicht in Abrede, dass es da viele schlaue Menschen gibt. Aber das ist für die eine neue Aufgabe, für die sie sicherlich auch erst mal Zeit brauchen, sich darin zurechtzufinden.

00:23:42
Alexander Petsch: Ja, und es ist auch eine zahlengetriebene Aufgabe, weil am Schluss argumentiere ich mit Zahlen und ROIs und Chancen. Und da muss ich auch die eigenen Business Prozesse und Business Cases völlig durchdrungen haben.

00:23:59
Tim Schütte: Erstens das und ich muss auch bereit sein, mich daran messen zu lassen. Das kommt ja auch noch dazu. Also im Zweifel „seat at the table“ heißt ja nicht „seat in front row at the table“, sondern im Zweifel streite ich mich mit dem Produktmanager über die Einführung eines neuen Produktes versus die Einführung eines HRM-Systems. Und wenn ich da meine Siebensachen nicht beisammen habe, dann wird das eng.

00:24:24
Alexander Petsch: Ja, an was muss ich noch denken bei Digitalisierung?

00:24:29
Tim Schütte: Bei Digitalisierung…

00:24:30
Alexander Petsch: Standardisierung…

00:24:31
Tim Schütte: Ich glaube, Digitalisierung ist nichts, was alleine in einer Abteilung stattfindet, sondern das muss auch immer zur IT-Strategie des Unternehmens passen. Jetzt sind wir in Deutschland nicht gerade cloudaffin, um das vorsichtig zu sagen. Auch das ist wieder so ein Ding. Plötzlich muss ich als HR-Verantwortlicher in solche Strategien eintauchen. Wie mache ich mich da schlau? Wie funktioniert das? Mit wem muss ich sprechen? Außer mit meiner IT-Abteilung, die entweder total dafür oder total dagegen ist und sowieso mit einem vorgeprägten Meinungsbild kommt? Das ist so ein Thema, was auch nicht klein ist. Also jedes dieser Themen verdient eigentlich einen eigenen Podcast, wenn man so will. Und ich glaube, das funktioniert nur, wenn man sich dran gewöhnt, einander sehr, sehr gut zuzuhören und einander, wie soll ich sagen, auch manchmal unbequeme Fragen zu erlauben. Und dann sind wir irgendwann schnell bei einer Führungskultur und beinahe Unternehmenskultur, die heute aus meiner Sicht auch immer wichtiger werden. Also wenn ich keinen Raum für HR schaffe, dann werden die sich den nicht nehmen. Wenn ich als Unternehmer keinen Raum für Digitalisierung schaffe, dann wird er nicht automatisch irgendwo herkommen in meinem Unternehmen. Wenn ich das nicht… Wenn ich einzelne Prozesse… Wenn ich nicht bereit bin, mir einzelne Prozesse anzuschauen und ihnen Priorität zu geben. Und das kann auch ein HR-Prozess sein, der nichts mit Vertrieb, Produktion oder sonst was zu tun hat. Dann wird das nicht automatisch passieren, sondern ich muss, glaube ich, sehr sehenden Auges ein Unternehmen mal durch die HR-Brille betrachten und mir dann genau die Frage stellen: Warte mal, wenn Frau XY in Rente geht und die übrig gebliebene Abrechnerin hier im Unternehmen mal krank wird, was mache ich denn dann? Wer macht denn das für mich? Und wenn ich dann auf die Idee komme, zu meinem Steuerberater zu gehen, dann wird er relativ schnell sagen: Ach, wie viel hast du? 500 Leute? Nee, das schaffe ich gar nicht, weil ich habe auch nur eine Kraft, die das für meine Mandanten macht. Beispiel aus der Praxis. Und dann stehen sie bei uns und kommen mit handgeschriebenen Zetteln und wir gucken drauf und sagen: Puh, das ist aber ein ganz schöner Aufwand. Müssen wir uns überlegen, ob das überhaupt geht. Und die nächste Generation an Abrechnungsprogramm, an Payroll-Programm wird viel, viel automatisierter sein, wird viel eher skalieren. Bedingt aber, dass sie durch digitale Prozesse gefüttert werden. Und wenn ich einen digitalen Prozess will, dann muss ich vorher standardisieren, sonst kann ich das hinterher nicht automatisieren.

00:27:08
Alexander Petsch: Ja, Tim, herzlichen Dank. Also ja, ich denke, wir haben einen ganz guten Einblick bekommen, wie ich mich dem Thema Lohn- und Gehaltsabrechnung, Digitalisierung, Standardisierung nähern kann. Aber da ist noch viel Detail unter jedem der, ich sag mal Hütchen, die wir da gerade aufgestellt haben.

00:27:26
Tim Schütte: Wie ich gesagt habe, lauter einzelne Podcasts.

00:27:30
Alexander Petsch: Ja, Tim, vielen Dank, dass du da warst.

00:27:33
Tim Schütte: Ja, sehr gerne.

00:27:35
Alexander Petsch: Und wenn ihr noch mal die Hacks nachlesen wollt oder anstatt hören, lieber lest, einfach bei HRM.de Tim Schütte oder Paychecks eingeben und dann findet er den Podcast, natürlich aber auch Checkliste und Interview. Glückauf und bleibt gesund. Und denkt dran, der Mensch ist der wichtigste Erfolgsfaktor für euer Unternehmen.