Veranstaltungstipp

man talking in the meeting
Foto von Headway

Keynote-Vorträge von
Prof. Dr. Thomas Schwartz:
„Wie man sich aufführt,
so führt man!“

Messe PERSONAL2011 Nord,
CCH Hamburg, Praxisforum 2
Mittwoch, 6. April 2011, 11.20-12.05 Uhr

Messe PERSONAL2011 Süd,
M,O,C, München, Praxisforum 4
Mittwoch, 13. April 2011, 16.20-17.05 Uhr,

Weitere Informationen:
www.personal-messe.de/nord und www.personal-messe.de/sued

Herr Prof. Schwartz, Sie verbinden in Ihrer Arbeit theologische und ethische Ideen mit wirtschaftlichen Fragen. Als es mit der Wirtschaft bergab ging, erlangte das Thema Ethik im Management eine große Medienaufmerksamkeit. Inwiefern interessieren sich deutsche Unternehmen im Zuge des Aufschwungs für Moral?

Gerade in der Krise hat sich gezeigt, ob Unternehmen ethisches Handeln wirklich ernst meinen oder ob sie es nur als kleines Sahnehäubchen auf dem großen Management-Kuchen betrachten. Auch in der derzeitigen Phase des Aufschwungs verändert sich diesbezüglich leider kaum etwas: Die Unternehmen, die schon vor und während der Rezession an wirtschaftsethischen Fragen und deren Implementierung in ihren Management-Alltag gearbeitet haben, setzen diese Strategie heute fort. Und die, die vor und während der Krise nicht darauf kamen, wird es sowieso nie interessieren.

Scheint es also nur in den Medien so, dass sich das Thema antizyklisch zur wirtschaftlichen Konjunktur bewegt: In Krisenzeiten fordern die Menschen plötzlich Moral im Management, genauso schnell ist das Thema mit dem Aufschwung aber wieder in der Versenkung verschwunden?

Zumindest hat sich bei uns an der Universität Augsburg die Nachfrage im Zuge der Krise oder nun mit dem Aufschwung nicht deutlich verstärkt. Das könnte sich aber in den nächsten Jahren ändern, weil die Öffentlichkeit immer mehr auf wirtschaftsethische Fragen aufmerksam wird. Gerade in der Kommunikation wird ethisch korrektes Verhalten immer wichtiger: Indem ich etwas kommuniziere, mache ich mich angreifbar. Deshalb sollte das, was ich kommuniziere, ethisch korrekt sein.

Corporate Social Responsibility (CSR) ist in gewisser Weise auch ein Modethema. Unternehmen müssen in dieser Richtung etwas anbieten, um ein positives Image von sich zu erzeugen. Wie passen aus Ihrer Sicht Profitorientierung und ethische oder soziale Werte tatsächlich zusammen?

Für mich ist das kein Widerspruch. Ethik ist die vernünftige Rede über das menschliche Handeln schlechthin – also auch das wirtschaftliche. Es geht dabei darum, dass wir unsere Existenz angesichts knapper Ressourcen aufbauen und sichern. Menschen müssen überlegen, wie sie Leben und Arbeit so gestalten können, dass die meisten ihrer Bedürfnisse und die ihrer Mitmenschen befriedigt werden. Ethik schaut darauf, dass das Handeln, das sich aus dieser Überlegung ergibt, tatsächlich gegenüber den persönlichen und gesellschaftlichen Wertvorstellungen zu verantworten ist.

Die Wirtschaftskrise hat gezeigt, dass selbst hervorragend ausgebildete Manager nicht immer vorbildlich handeln. Heute sind in den Führungsriegen der Finanzwelt noch ähnliche Mechanismen erkennbar. Was läuft da schief?

Es wäre sehr kurzfristig gedacht, wenn man nur den Banken oder Spitzenmanagern die Verantwortung für die Finanz- und Wirtschaftskrise zuschreiben würde. Es war nicht nur die Gier von Managern, sondern von uns allen. Nichtsdestotrotz ist manchen Führungspersönlichkeiten die Einsicht verloren gegangen, dass ihr Erfolg von vielen anderen Menschen abhängt. Diese Menschen- oder Verantwortungsvergessenheit gegenüber einem größeren Ganzen ist der Knackpunkt. Manchmal funktioniert das noch im Kleinen, wenn es um das Wohl eines Unternehmens geht. Doch selbst das geschieht schon eher nutzenoptimiert im eigenen Sinne. Deshalb muss der Sinn für Verantwortlichkeit so gestärkt werden, dass sich Führungspersönlichkeiten für die ganze Gesellschaft verantwortlich fühlen und daraus ein gemeinsames gesellschaftliches oder organisationales Handeln wachsen kann.

Brauchen wir dafür eine bessere Ausbildung für Manager und Führungskräfte?

In gewisser Weise schon. Wirtschaftsethische Kriterien sollten in die Studienprogramme aller Universitäten und Hochschulen integriert werden. Schon in der Schule kommt dieser Aspekt zu kurz. Meine Vorlesungen an der Wirtschaftsfakultät – alles Wahlveranstaltungen – sind im Gegensatz dazu dennoch immer sehr voll. Das Bedürfnis ist also da: Junge Menschen wollen ethisch richtig handeln. Sie möchten sich nicht nur an finanziellen Kennziffern orientieren, sondern auch an Zielen, die die Zusammenarbeit im Unternehmen nach innen und nach außen stärken.

Der Arbeits- und Wirtschaftssoziologe Prof. Dr. Holger Rust erforscht an der Universität Hannover seit langem die kommenden Führungsgenerationen und hat festgestellt: Viele junge Studenten und Berufseinsteiger bringen hohe moralische Ansprüche mit. In den Unternehmen selbst scheint es aber Auslesemechanismen zu geben, die Absolventen mit moralisch hohen Ansprüchen vom Management ausschließen. Deckt sich das mit Ihren Beobachtungen?

Ja, das ist leider häufig der Fall. Gerade in der stark ausgeprägten Assessmentcenter-Kultur von großen Unternehmen entscheiden neben den Personalern, die die eigene Unternehmenskultur kennen, auch externe Berater, die allein nach allgemeinen ökonomischen Parametern ihre Favoriten auswählen. Menschen, die reflektierter handeln wollen, fallen da leicht aus dem Raster. Zum anderen verankern die Unternehmen auch ihre Kultur nicht stark genug im Personalmanagement. Bei der Personalauswahl und -entwicklung von Managern muss die Persönlichkeit eine größere Rolle spielen.

Welche menschlichen Kernkompetenzen sind aus Ihrer Sicht für eine gute und erfolgreiche Führungspersönlichkeit notwendig?

Ganz entscheidend ist die Fähigkeit zur Transparenz. Außerdem die Bereitschaft, Verantwortung zu übernehmen und delegieren zu können. Führungskräfte sollten auch eine Fehlerkultur im Unternehmen aufbauen können, die den Menschen immer wieder die Möglichkeit gibt, aus ihren Aufgaben zu lernen. Ich war einmal für ein größeres kirchliches Unternehmen mit rund 3.000 Mitarbeitern verantwortlich. Da habe ich relativ viele Fehler gemacht und durch dieses Scheitern viel gelernt. Die meisten Menschen geben dann ihr Bestes, wenn sie angstfrei agieren können – deshalb nutzt das dem Unternehmen.

Inwiefern können christliche oder spirituelle Werte dabei helfen, eine gute Führungspersönlichkeit zu werden?

Über Prof. Dr. Thomas Schwartz

Thomas Schwartz (Jahrgang 1964) studierte zwischen 1984 und 1991 Philosophie und Theologie, Staats- und Politikwissenschaft in Münster, Augsburg und Rom, wo er 1990 zum Priester geweiht wurde.

Nach der Kaplanszeit und moraltheologischer Promotion in Freiburg i.Br. war er von 1999 bis 2009 in der Katholischen Hochschulgemeinde Augsburg als Hochschul- und Studentenpfarrer tätig.

Neben seinen verschiedenen Lehraufträgen, Redner-Verpflichtungen, Moderator-Tätigkeiten (TV-Sendung: „Alpha bis Omega“ im BR seit 2003 sowie „Schwartz für die Seele“ seit 2005 ebenfalls im Bayerischen Fernsehen) gibt er das Hochschulmagazin „presstige“ heraus.

Seit 2005 ist er Professor für Angewandte Ethik an der Hochschule Augsburg und lehrt Wirtschafts- und Unternehmensethik an der Wirtschaftsfakultät der Universität Augsburg.

Führung an sich hängt nicht vom persönlichen Menschenbild ab. Auch ein Atheist kann eine gute Führungspersönlichkeit entwickeln. Aber ein christliches Menschenbild oder ein in sich rundes Wertesystem können tatsächlich dabei helfen, denn solche Wertesysteme erfüllen vier Funktionen: 1. Sie motivieren und stimulieren zu gutem und richtigem Handeln. 2. Sie kontrollieren, ob man selbst das einhält, was man glaubt. 3. Sie machen anderen Menschen plausibler, warum Führungskräfte auf eine bestimmte Art und Weise handeln. 4. Ein christliches Weltbild stärkt die Kritikfähigkeit: Wer ein eigenes Wertegerüst hat, ist besser in der Lage, sich und sein Umfeld zu beurteilen.

Inwiefern stützen sich Unternehmen in Deutschland auf Wertesysteme, die diese Funktionen erfüllen?

Diese Frage lässt sich nicht pauschal beantworten. Wenn eine starke Unternehmer- oder Managementpersönlichkeit an der Spitze für diese Werte steht, verändert sich die Unternehmensorganisation auch entsprechend. Ein Unternehmen wie Schlecker bekam das in der Vergangenheit weniger gut hin als beispielsweise die Krones AG, die unglaublich viel für ihre Mitarbeiter getan hat und tut.

Sie sehen also nicht wirklich schwarz für die Zukunft?

Ich als Christ sehe niemals schwarz – trotz meines Namens. Rein beruflich bin ich ein Optimist und das sollte jede Führungskraft auch sein. Deshalb bin ich überzeugt, dass die Verantwortlichen in Unternehmen ethische Aspekte im Management immer mehr beherzigen werden. Im Hinblick auf die demografischen Veränderungen entwickelt sich das Ganze überdies zu einer Ressourcenfrage, die das Personalmanagement zunehmend beschäftigt. Gutes Führungspersonal werden Unternehmen nicht nur über monetäre Anreize bekommen, sondern vor allem über gelebte Werte und Führungsformen, die Menschen nicht einfach unter Druck setzen, sondern glücklich und zufrieden machen.

Interview Stefanie Hornung