PERSONAL2015 Süd (19. Mai | 20. Mai)

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Foto von Oli Dale

Podiumsdiskussion. Fachmagazin Personalwirtschaft: 
„Demokratie im Unternehmen – nur eine Utopie oder bald Normalität“

Mittwoch, 20. Mai 2015, 14.45 Uhr,
Stuttgarter Messe, Halle 6, Praxisforum 2

Keynote-Vortrag. Jaqueline Groher: 
Führung 2030: Trends, Tipps und Thesen
Mittwoch, 20. Mai 2015, 14.45 Uhr,
Stuttgarter Messe, Halle 5, Praxisforum 3


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Vortrag. Das Betriebssystem für Unternehmen
Torsten Bittlingmaier, GF, Haufe Gruppe

Dienstag, 19. Mai 2015, 14.00 Uhr,
Stuttgarter Messe, Halle 5, Praxisforum 3

Marktdynamiken und Kundenanforderungen ändern sich rasant. Anders als vor 10 Jahren stehen Unternehmen heute vor der Herausforderung, sich verändern zu müssen. Sie sind zu Agilität und schnellen Anpassungen gezwungen. Erfahren Sie in diesem Vortrag, wie Sie mit Hilfe von mitarbeiterzentrierten Management-Systemen und agilen Führungsstrukturen erfolgreich auf die kommenden Veränderungen reagieren. 
 

Vortrag. HR 2020 – Personalmanagement der Zukunft
Prof. Dr. Benedikt Hackl, Professor für Unternehmensführung,
Duale Hochschule Baden-Württemberg

Dienstag, 19. Mai 2015, 14.45 Uhr,
Stuttgarter Messe, Halle 5, Praxisforum 3

Keynote-Vortrag. Dieter Scholz: 
„New Work: Demokratisierung der Arbeit“

Dienstag, 19. Mai 2015, 15.45 Uhr,
Stuttgarter Messe, Halle 5, Praxisforum 4

Themenspecial „New Work“
Programm ansehen

>>>> Das komplette Programm

Veranstaltungshinweise

Auf den Frühjahrsmessen in Hamburg und Stuttgart
können Sie sich über Demokratie im Unternehmen 
unter anderem durch Besuch folgender 
Aussteller und Events informieren:

 

 

PERSONAL2015 Nord (06. Mai | 07. Mai)


Keynote-Vortrag. Jaqueline Groher: 
„Führung 2030: Trends, Tipps und Thesen“

Dienstag, 6. Mai 2015, 10.10 Uhr,
HH Messe & Congress
, Halle H, Praxisforum 1

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Keynote-Vortrag. Dr. Bernd Buchholz: 
„Führen – nicht entmündigen! Wie man mit partnerschaftlicher
Führung mehr aus dem Unternehmen macht“

Mittwoch, 7. Mai 2015, 15.45 Uhr,
HH Messe & Congress, Halle H, Praxisforum 1

>>>> Das komplette Programm ansehen

Alle dürfen mitreden – dürfen die das?!

Und da es viele Fraktionen in Deutschland gibt, welche die Mitbestimmung in Deutschland vorwärts bringen wollen – und zwar nicht nur per Betriebsrat, melden sich aktuell viele Stimmen zum Thema. Siegfried Baumeister hat in seinem Kommentar versucht, ein Bild von der Diskussion zu zeichnen. Er resümiert: „Jeder, der sich berufen fühlt, sich irgendwie profilieren will – und meint, es auch zu können, wirft etwas in den großen Sandkasten. Alles wird zugelassen und kaum etwas wird richtig zu Ende gedacht.“ Baumeister mutmaßt, dass einige Experten bloss mitdiskutieren wollen, um im öffentlichen Aufmerksamkeitsrating die Nase vorn zu haben, Zuhörer für eigene Themen zu finden und am Ende die Sache selbst nicht leben. Und dies, räsoniert der Autor, weise daraufhin, dass sich eine Parallelwelt zu Wort meldet.  

Tatsächlich besteht eine ernsthafte Diskussion nicht aus ein paar tausend Likes, Hunderten Kommentaren und ein paar Solidaritätsbekundungen. Es gilt Positionen zu zeichnen, Hauptprobleme und Ziele festzulegen, und es gehört eine Portion Langmut und Ernsthaftigkeit dazu – ansonsten bleibt es beim sozialen Rauschen. Dass Dinge nicht zu Ende gedacht werden, ist in dieser durch Digitalisierung beschleunigten Welt allerdings kein Wunder. Viele Schreiber nehmen sich keine Zeit, viele Leser auch nicht und schon gar nicht jene, die das Thema selbst betrifft – die Arbeitnehmer. Entschleunigung wäre nötig.

Die Protagonisten – mehr als nur „Like“-Sammler

Die gute Nachricht: Seit geraumer Zeit wird aber auch gepflegt über Mitbestimmung debattiert, hat das Thema in Deutschland Bühnen, die eine ernsthafte Beschäftigung ermöglichen. Die prominentesten Beispiele: Im Februar 2015 fand in München in der Technischen Universität die erste Konferenz „Das demokratische Unternehmen“ statt. Zwei der Partner waren auch Sponsoren des Augenhöhe-Filmes: Sparda-Bank und Haufe. Als Medienpartner traten das Personalmagazin, brandeins, Spielraum (Xing) und DIE ZEIT auf. Thomas Sattelberger von der HR Alliance e.V., der Arbeits- und Industriesoziologe Dr. Andreas Boes sowie Professor Dr. Isabell M. Welpe vom Lehrstuhl für Strategie und Organisation der Technischen Universität München luden zum Dialog. Als Referenten traten unter anderem die Bundesministerin für Arbeit und Soziales Andrea Nahles, Klaus von Rottkay als Mitglied der Geschäftsführung Microsoft Deutschland und Marc Stoffel als CEO von Haufe-umantis auf.

Für Marc Stoffel ist es nicht einer seiner ersten Auftritte. Sein Unternehmen lebt bereits basisdemokratische Strukturen und er gibt als Referent seine Erfahrungen auf Messen und Kongressen weiter.

Neben einzelnen Personen und Beiträgen gibt es in Deutschland auch Initiativen, die versuchen, alternative Arbeitswelten zu fördern, wie zum Beispiel „Neue Qualität der Arbeit“ (INQA.de). Sie wurden in 2002 gemeinsam vom Bund, den Ländern, von den Sozialversicherungsträgern, Gewerkschaften sowie Arbeitgebern gegründet. Gefördert wird sie vom Bundesarbeitsministerium.  

Wenn das so ist, muss man begreifen, dass ….

Das Digitale öffnet also der Mitbestimmung notwendig die Tür. Und nicht Maschinen, sondern Menschen gestalten den neu gewonnenen sozialen Handlungsraum. Digitale Bibliotheken, Datenautobahnen und digitale Tools sind lediglich Mittel für Menschen, die im Austausch miteinander stehen. Allerdings, berichtet Andreas Boes, hätten es viele Unternehmen verschlafen, sich damit auseinander zu setzen, wie dieser Inforaum gestaltet werden könnte. Im schlechtesten Falle würden Unternehmen in ihre kapitalistische Grundordnung konzeptlos die Kulturtechniken der Internet-Communities implantieren, die auf dem Prinzip der Augenhöhe basieren. Wie aber gelingt es, die Kuh „Wettbewerb“ vom Eis der Wirtschaft zu ziehen? Gelingt es, alternative Ziele und Prinzipien aufzustellen?

Keiner der Referenten gibt eindeutige Antworten. Und es ist Siegfried Baumeister, der mahnt: Kein Experte kann nun sagen, wie es weitergeht. Denn das Neue kennt keine Experten. Baumeister verweist auf den Film „Auf Augenhöhe“: Da könnten Beispiele von Unternehmen Schule machen, die neugierig losgegangen sind, um etwas anderes als tradierte Muster auszuprobieren.

Thomas Sattelberger hat sich auf dem Demokratie-Kongress ähnlich geäußert: Experimentieren ist wohlmöglich die beste Möglichkeit, um sinnvolle Lösungen zu finden. Das wäre auch ganz im Sinne der zu erzielenden Mitbestimmung: So viele Optionen wie es Menschen gibt – das weist auf einen richtigen Weg hin. Sattelberger mahnt aber auch, es sei nicht alles Demokratie, was entsprechend glänzt. In der Praxis sieht vieles anders aus. Mag sein, es werden zum Beispiel Hierarchien abgebaut. Das bedeute aber nicht automatisch mehr Beteiligung. An die Stelle der ehemaligen Hierarchien wird nämlich oft eine steife Führung durch bloße Zahlen gestellt, die oft inflexibel ist und sich nicht mit den Bedingungen entwickle. Das führe dann zu Fehlsteuerungen.

Natürlich, so Sattelberger, sei es nun bequem, jeden Arbeitsvorgang lückenlos zu kontrollieren. Auf der Grundlage dieser Zahlen-Fixiertheit könne man Zielvorgaben in die Organisationen hineindrücken. Am Ende brauche es auch keine Manage mehr, da ein anonymes System von Zahlen nun die Regie führe. Das bedeute eine Zentralisierung von Macht mit lauter austauschbaren Figuren im System. Die Regel dieses Systems laute Exekution. Doch wo soll das alles – zu Ende gedacht – hinführen, fragt Sattelberger. Schon jetzt wiesen die hohen Fallzahlen psychischer Belastungen am Arbeitsplatz auf erste Auswirkungen hin, die entstehen, weil die Firmen Mitarbeiter gegen ihre Umwelt ausspielen: Entweder Du machst es noch schneller, billiger, fehlerfreier oder wir geben den Auftrag nach außen oder in die Crowd.    

Unternehmen stünde am Scheideweg, so Sattelberger: Entweder entstehen weltweit digitale Fließbänder mit geringer Chance auf Beteiligung der Mitarbeiter. Oder der Mensch wird zum Gestalter, unterstützt von der Technik. Illusionen macht sich Sattelberger keine, es werde immer so genannte Söldnertruppen geben wie beispielweise Investmentbanken, aber es werden auch Hybride entstehen, wie Apple, welches eine basisdemokratische und zugleich feudale Kultur pflege.  

Um Lösungen zu finden, gelte es daher, Machtfragen zuzulassen, darin sind sich viele Fürsprecher der Mitbestimmung einig. Man können Menschen nicht beteiligen, ohne die Machtfrage zu diskutieren. Wer das zulässt, der kann die Chancen der Digitalisierung nutzen: Völlig neue Geschäfte aufbauen durch Beteiligung, Talentmanagement und ein Wirtschaften im Jetzt und Hier mit Blick für die Konsequenzen und Implikationen.

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Foto: Rainer Sturm | pixelio.de

150 Jahre Kapitalismus. Jetzt ist wirklich und tatsächlich Schluss.

Sattelberger spricht in seinem Beitrag zur praktischen Umsetzbarkeit von Mitbestimmung einen Aspekt an, den sein Kollege am Podium Dr. Andreas Boes breiter ausführte: Wie begründet sich historisch gesehen, dass die heutige Arbeitswelt im Umbruch ist und dieser Umbruch nicht mehr durch Techniken aufgehalten werden kann, die im letzten Jahrhunderten genau dazu dienten? Boes formulierte die Ursache in Form von Fragen: „Viele Unternehmen müssen sich aktuell neu erfinden: Was sind Geschäftsmodelle wert? Was sind Produktionsmodelle noch wert? Und schlussendlich: Was bedeutet das für die Arbeitsmodelle? Welche Rolle spielt der Mensch in den Szenarien?“. Boes schlussfolgerte daraus: Das Ford-System habe nach einer langen Abwärtsphase, die in den 1980er Jahren begonnen habe, als Leitbild ausgedient. Damit greife das für Ford typische Silodenken in der heutigen Realität nicht mehr. Der Einkauf kauft nicht mehr nur ein, die Produktion tut mehr als produzieren und so weiter. Wo aber Silos fehlen, haben auch sehr differenzierte Hierarchien keine Basis mehr. Andreas Boes resümiert vollmundig: „Damit geht ein Zyklus kapitalistischer Systematik zu Ende, die 150 Jahre maßgebend war.“

Jetzt entstünden Unternehmen, die eine systematische Verflechtung früher säuberlich getrennter Bereiche leben, weil ihre Organisation und ihre Strukturen um einen „flow of information“ herum gebaut sind. Durch die Digitalisierung seien sie mit vielen Kontakten auf der Welt in Berührung und zögen sich ihre Informationen aus allen Regionen rund um den Globus.   

                                  Soziale Trends legen
                                  Demokratisierung nahe:

                                        Wertewandel
                                            Machtveränderung am Arbeitsmarkt
                          Talentwanderung (Gain & Drain)
                                         Druck von Zivilgesellschaft & Politik
                                 Migrationsbewegungen

IT-gestützte Prozesse wiederum durchziehen Unternehmen wie ein Rückgrad, so Andreas Boes. Die Betriebe funktionieren nur dann, wenn es Menschen gibt, die mit den Prozessen kreativ und intelligent umgehen. Sie müssten prokativ Beziehungen aufbauen und Schnittstellen gestalten. Mitarbeiter müssen sich daher bei Unternehmensstrategie und -umsetzung beteiligen und ihr Wissen teilen. Dazu sei es nötig, so Boes, dass sie sich selbstbewusst in globalen Welten positionieren. Der berühmte Fürst im Alleinherrscherreich habe in der logischen Konsequenz endgültig ausgedient. Und das nicht idealerweise, sondern ganz praktisch.

Über die Vertreter eine Arbeitswelt, die die Digitalisierung vor allem als Automatisierung verstehen, meint der Arbeits- und Industriesoziologe, dass sie übersähen, wie „digital“ in dieser Automatik lediglich den Grad, das Niveau der seriellen Fertigung steigere. Es wird damit kein neues, innovatives Terrain betreten, digitale Automatik ist nur eine Radikalisierung des Gekannten. Zum Schaden der Gesellschaft. Boes ließ anklingen, dass es kurz gedacht sei, dem Projekt „Industrie 4.0“ noch der Optik zuliebe ein paar Menschen hinzuzufügen. Diese stehen längst nicht im Mittelpunkt der Industrie.   

Wer ist und denkt schwarz-rot?

Zugegeben: Es treten wenige Experten auf, denen man einen kolossalen Wechsel von gemustert auf gestreift ansieht. Dennoch sind die aktuell öffentlich exponierten Leute mehr als nur der Galaabend der Gewerkschaftszunft. Das zeigte im Übrigen die Konferenz selbst. Vereinzelt Applaus erhielt Thomas Sattelberger von seinen Zuhörern dafür, dass er im Anschluss an eine Podiumsdiskussion (BDI, taz, Sparda, IG Metall) vor ihm feststellte: „Der Beifallspegel hat das deutlich gemacht: Die Vertreter der Industriegesellschaft haben natürlich die Positionen der Industriegesellschaft vertreten. Dann kam der Genossenschaftler. Da hätte auch ein Start-up-Unternehmer oder eine Start-up-Unternehmerin stehen können. Die sprechen über Individuum und Kultur. Und das muss man richtig zusammenkriegen: Dass die Vertreter der alten Bastionen kapieren, dass die Macht sich verändert. Dass das Individuum eine ganz andere Stimme haben möchte und Druck ausübt, um sie zu bekommen.“  

Mitbestimmung ist ein alter Hut, gehört in die Gewerkschaftskiste und wird nur von Idealisten getragen? Aktuell bekommt das Thema Aufwind und einen frischen Anstrich. Schuld daran ist unter anderem ein Film, der seit seiner Premiere am 30. Januar 2015 durch deutsche Städte und Regionen tourt. Unter dem Titel „Auf Augenhöhe“ stellt er Betriebe vor, die alternative Arbeitswelten leben, in denen Mitbestimmung eine größere Rolle spielt. Die Sponsoren und Macher des Films bringen ihr Werk mit ihrer Reise an der Basis ins Gespräch. Das löste einiges Medienecho aus. Die Initiative „Wege zur Selbst-GmbH” e. V. widmet dem Film ein Kommentar, prominent platziert auf ihrer Netzwerk-Website. Während jedoch deutsche Großverlage kaum ein Medienecho auf den Film anstimmen, findet er breite Unterstützung in den sozialen Online-Netzwerken und -Kanälen. Dort wurde er auch schon während der Produktion gefördert: Auf Augenhöhe ist crowdfinanziert und unter den Sponsoren befinden sich namhafte Firmen und HR-Anbieter wie zum Beispiel die Haufe Gruppe oder das Beratungshaus von Rundstedt. Damit ist der Dokumentarstreifen im laufenden Kalenderjahr des Personalmanagements das Branchenereignis.