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Foto von Austin Distel

Regisseur Lars Jessen setzt sein ultimatives Statement dazu, wie er mit dem Thema „Kultur“ umgeht, gleich zu Anfang des Films: Ein kleiner Club am Land. Die AC-DC-Combo „Heide Hurricane“ spielt auf. Alle fünf Jungs der Band erscheinen in schwarzen T-shirts. Zwei davon treffen sich kurz vor Auftritt in der Ankleide. Der eine ist Sohn eines findigen Unternehmers, der in den Osten expandiert. Er soll in Polen einen Betrieb leiten. Das aber widerstrebt ihm. Von wegen: Geschäftsleitung! Er will rocken. Sagt das und wetzt auf die Bühne. In dem Moment fällt beim zweiten – Frieder – der Groschen. Warum eigentlich nicht Geschäftsführer werden? So hat er das für sich noch gar nicht gesehen. Was für eine Chance! Gedacht, getan. Vor zwei Minuten noch schmierte er sich schwarzen Kajal unter die Augen. Jetzt sieht die Welt anders aus. Seinem skeptischen Vater verkauft er seine neue Mission erfolgreich. Er wird Boss in Polen.

Mit diesem dramaturgischen Aufschlag zeigt der Film: So einfach lassen sich Menschen nicht einschätzen – schwarze Klamotten, schweres Metall, Jugendclub. Sie selbst kennen sich ja nicht einmal ganz. Wer weiß, wer wer unter welchen Umständen ist. Diese kleine Szene definiert auch den großen Rahmen des Films: Kulturelle Gesetze sind nur Wegmarken. Nichts ist jemals komplett so wie es scheint. „Hochzeitspolka“ zeigt, was passiert, wenn Menschen mit vorgefassten Meinungen und ihren Gewohnheiten aufeinander treffen. Und da geht es dann nicht nur um Deutsche und Polen. Da geht es auch um den Sohn des Unternehmers, der in seinem Kumpel den saturierten Konservativen sieht. Und ihn ablehnt, weil er Ideale verraten hat. Es geht um Eltern, die ihre westdeutschen Vorbehalte gegenüber Polen pflegen. Jeder in diesem großen Hochzeitsspiel versucht seine Grenzen abzustecken, zu wahren oder neu zu definieren. Und am Ende hat nur die Konfrontation mit dem jeweils Andersartigen im Mitmenschen alle Figuren ein wenig klüger gemacht.

Das Erfrischende an diesem Film: Er zeigt Realität, wie sie ist. Und er beobachtet seine Figuren mit der nötigen Portion Humor und Ernst. Ein Film für den Samstag Abend, zum Lachen, Schmunzeln und Mitdenken.

Erhältlich als DVD. Link zum Trailer:  

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