00:00:00


Daniela Chikato

Alexander Petsch: Glückauf und herzlich willkommen zu den heutigen HRM-Hacks, präsentiert von der TALENTpro, dem Expo-Festival für Recruiting, Talent Management und Employer Branding, das vom 6. bis 7. Juli wieder live in München stattfindet. Mehr dazu könnt Ihr unter www.talentpro.de erfahren. Mein Name ist Alexander Petsch, ich bin der Gründer des HRM Instituts, Euer Gastgeber. In unserer heutigen HRM-Hacks-Folge spreche mit Daniela Chikato über die „AIDA-Hacks zur Kandidatenansprache im Active Sourcing“. Daniela Chikato ist Gründerin und Geschäftsführerin der talentrakete GmbH, ein Unternehmen, das sich auf Personalberatung, Recruiting und Active Sourcing spezialisiert hat. Sie ist Co-Autorin des „Praxishandbuch Social Media Recruiting“ und bekennende Hanseatin. Wir haben zusammen schon zwei Folgen in der Reihe HRM-Hacks gemacht, einmal zum Thema Kandidaten begeistern im Active Sourcing, zum anderen über zielgruppenspezifische Kommunikation im Active Sourcing. Daniela ist überdies Tutorin des Digital-Recruiters und unterrichtet dort als Dozentin für die Online-Weiterbildung. Und ich freue mich, dass wir uns heute wieder austauschen, liebe Daniela. Herzlich willkommen!

00:01:23


Daniela Chikato: Ja, Alexander, danke für die Einladung, ich freue mich, dass ich wieder bei Dir zu Gast sein darf! Hat so viel Spaß gemacht beim letzten Mal. Ich kann mir gar nicht vorstellen, dass wir das jetzt noch steigern. Aber ich lass mich natürlich überraschen.

00:01:38


Alexander Petsch: Ja, lass uns gleich einsteigen. AIDA, das habe ich mal in grauer Vorzeit in meinen Marketing-Vorlesungen gehört. Was hat denn AIDA mit Active Sourcing oder Kandidatenansprache zu tun?

00:01:55


Daniela Chikato: Ja, mir geht es wie Dir, Alexander. AIDA fängt nicht nur an wie Dein Name, mit dem A, sondern ich habe es auch mal in meinem BWL-Studium gelernt. Und bevor ich mich mit dem Recruiting beschäftigt habe, war ich im Vertrieb tätig und habe da oft gemerkt, dass die Anwendung der AIDA-Formel ganz geschickt ist, wenn ich eine positive Brücke bauen möchte, über die Kunden gehen sollen, um sie in kaufende Kunden zu konvertieren. Und ich habe vor Jahren mal gedacht, das müsste ich doch eigentlich fürs Active Sourcing adaptieren können, weil das Active Sourcing ja ganz viel mit Vertrieb zu tun hat. Da sprachen wir auch in einer anderen Episode der HRM-Hacks darüber. Denn die Kandidaten, die wir ansprechen, sind ja latent jobsuchend. In der Regel jedenfalls. Und sie warten nicht gerade darauf, dass wir um die Ecke kommen und ein Jobangebot darbieten. Daher ist es gescheit, wir bauen uns eine logische Brücke, die es den Kandidaten schmackhaft macht, unsere Botschaft auf sich wirken zu lassen. Und so kam ich eben auf die Idee, die AIDA-Methode auszuprobieren und anzuwenden. Ich mache das seit vielen Jahren und es funktioniert sehr gut. Und als Du die Idee an mich herangetragen hast, hier in Deinem Podcast ein paar Hacks auszutauschen, da kam mir der Gedanke, dass die AIDA-Methode eigentlich so etwas wie ein Meta-Hack ist. Ich glaube, wir reden hier jetzt über einen größeren Hack. Und ja, wenn Du magst, kann ich gleich mal einsteigen, warum AIDA so verlockend ist. Und vor allem ist AIDA etwas, das man relativ schnell lernen kann, es ist keine Raketenwissenschaft. Das schafft auch jeder Recruiter, der kein Marketing-Studium vorweisen kann. Magst Du erzählen, was AIDA ist oder soll ich das machen?

00:03:57


Alexander Petsch: Ich würde sagen, Du bist da tiefer im Thema. Attention wie A hätte ich direkt noch hinbekommen, die anderen vielleicht auch. Aber mach Du mal weiter.

00:04:06


Daniela Chikato: Genau. Das erste A steht für Attention, gefolgt vom I wie in Interest, D wie Desire und dann noch mal A wie Action, das man heutzutage im Marketing-Sprech mehr als Call-to-Action bezeichnet. Und bevor wir mal eintauchen, was das denn konkret heißen soll und wie wir das vor allem auch anwenden können für unsere Active Sourcing-Botschaften, will ich vielleicht ein bisschen auf der Meta-Ebene starten. Auf der Meta-Ebene ist es so, dass AIDA eine Methode ist, die eingesetzt wird als Strategie zur zielgerichteten Dialogführung, und zwar primär im Marketing und im Vertrieb. Und wenn wir die Sales Heroes-Kappe aufsetzen, über die wir in einer anderen Podcast-Folge schon mal gesprochen haben, geht es darum, dass wir unsere Active Sourcing-Botschaft so aufbauen, wie sie im Vertrieb und Marketing dazu führen wurde, dass ein Zielkunde sagt, ja, das klingt für mich verlockend, das möchte ich haben oder machen oder wissen. Sprich, lieber Recruiter, ich beiß an und möchte mit Dir ins Gespräch kommen. Das ist ja das Ziel, das wir erreichen wollen, und dafür dient uns AIDA sozusagen als Treppe. Man kann sich das in der Praxis so vorstellen, wir alle waren schon im Theater und wissen, dass ein Theaterstück aus mehreren Akten besteht, die irgendwie aneinander anschließen. Irgendwo in der Mitte gibt es einen Höhepunkt und am Ende löst sich das Drama auf. Und dann zum Schluss dröhnender Applaus. Und das ist eigentlich das, was wir mit AIDA auch hinbekommen können im Active Sourcing. Und diese vier Buchstaben, AIDA, sind eigentlich nichts anderes als der Pfad, den wir beschreiten, also die einzelnen Bausteine zum dramaturgisch wirksamen Aufbau unserer Nachricht. Und wenn Du willst, tauche ich mal genauer ein und beschreibe diese vier Bausteine. Das erste A von Attention steht dafür, Aufmerksamkeit zu erzielen. Was heißt das in der Theorie? Das, was wir als allererstes kommunizieren, die ersten Sekunden einer Botschaft, die ersten Worte einer Botschaft, die wir veröffentlichen oder schreiben, das soll den Lesenden so begeistern, dass er sagt, aha, ich will jetzt mal die Öhrchen spitzen und gucken, worum es hier geht. Und das ist ja so wichtig für uns im Active Sourcing, weil uns die Kandidaten, die wir ansprechen, nicht kennen. Wir kommen um die Ecke mit unserer Botschaft. Wir landen mit unserer Nachricht in ihrem Postfach, womit sie nicht rechnen. Und dann sehen sie von uns eine Betreffzeile. Und die sollte einfach so spannend sein, dass wir mit unserer Nachricht nicht untergehen in der Gemengelage ihres Postfachs. Information Overload kennen wir alle. Und wie schnell löschen wir einfach mal irgendwelche Nachrichten von Menschen, die wir nicht kennen? Hier an dieser Stelle auffallen! Und dieses Auffallen ist das erste kleine Kunststück, das wir hinbekommen müssen. Wenn wir das geschafft haben, sind wir automatisch gleich beim nächsten Buchstaben, dem I wie Interest. Und Interest hat zum Zweck, dass wir Interesse wecken. Das bedeutet, die Dinge, die ein Kandidat in unserer Nachricht liest, sollten jetzt dazu führen, dass sie wirklich denken, aha, ich möchte jetzt mal weiterlesen, und zwar nicht nur die erste Zeile. Sondern ich möchte ja mit der AIDA-Formel erreichen, dass man von vorne bis ganz zum Schluss unsere Botschaften liest. Und das Interest muss hier sozusagen Aussagen platzieren, die bei unserem Gegenüber, den wir nicht sehen, so ein inneres Nicken auslöst. Denen muss ein bisschen der Atem stocken, als ob sie gerade einen total spannenden Krimi lesen. Ich möchte jetzt einfach mehr erfahren! Also diesen Spannungsbogen total ausbauen. Und das braucht eben auch ein bisschen Geschick. Aber wenn wir das geschickt machen, dann gelangen wir zum D wie Desire. Und Desire ist ja das englische Wort für Verlangen. Und in der AIDA-Methode meint Desire, dass wir Anreize setzen, dass wir ein Bedürfnis wecken. Im Vertrieb spricht man ja immer von Bedürfnis wecken und Bedürfnis decken. Erst wecken, dann decken. Und wir müssen hier in der Nachricht das Bedürfnis wecken, dass der Kandidat wirklich Lust hat mehr darüber zu erfahren, was wir ihm Schönes auf das Silbertablett legen. Mehr zum Job, mehr zum Unternehmen. Im Vertrieb ist es so, dass man von einer sogenannten Ja-Brücke spricht. Ein guter Vertriebler versucht, den Kunden in ein Gespräch zu verwickeln, in dessen Verlauf er mehrmals hintereinander „ja“ äußert – ob nun wirklich verbal laut formuliert oder nur gedanklich. Weil durch mehrfach Jasagen ist schon fast garantiert, dass der Kunde kauft. Und wir wollen erreichen, dass die Kandidaten sagen, jawohl, ich möchte mit Dir telefonieren und mehr über den Job erfahren. Und das ist quasi der Teil Desire.

00:09:48


Alexander Petsch: An welchem Punkt kommt die Beschäftigung mit dem Kandidaten ins Spiel?

00:09:52


Daniela Chikato: Da würde ich gerne gleich näher darauf eingehen. Vielleicht darf ich noch ganz kurz das letzte A wie Action loswerden, und dann tauchen wir da mal tief ein, was meint das denn ganz konkret? Welche Botschaften platzieren wir mal? Da hast Du absolut Recht, das ist ganz wichtig. An welcher Stelle schreiben wir das? Das letzte A, die Action oder Call-to-Action, das ist der Teil der Nachricht, in dem wir sozusagen die nächsten Schritte skizzieren. Man sagt auch die Handlungsaufforderung. Wir kennen das, wenn wir als Konsument eine Werbe-E-Mail ins Postfach bekommen. Darin heißt es dann irgendwie, sicher Dir noch heute Dein Exemplar von unserem Produkt, Vorteilspreis bis dann und dann, nur solange der Vorrat reicht. Ruf uns gleich an! Das sind so diese Verknappungseffekte und die klare Aufforderung, ruf uns gleich an! Das heißt, der letzte Teil des AIDA-Modells sorgt dafür, dass wir der Person genau sagen, hey, was sollst Du jetzt machen? Also den Stups geben, den sie brauchen, um uns wissen zu lassen, jawohl, ich stehe jetzt gerne Schlange, damit wir ein Interview führen können. Das ist also sozusagen der Aufbau der AIDA-Nachricht. Du hast ja eben auch gefragt, an welcher Stelle schreibe ich jetzt etwas vom Kandidaten? Wenn du magst, können wir jetzt gerne in die vier Bausteine eintauchen, um das mal von der Theorie in die Praxis zu überführen.

00:11:19


Alexander Petsch: Genau, die Tipps für Attention

00:11:26


Daniela Chikato: Genau, die Tipps für Attention. Was glaubst Du denn, womit wir zuerst aufschlagen?

00:11:32


Alexander Petsch: Du hast es ja vorhin schon genannt, die Betreffzeile ist ein ganz wichtiger Bestandteil.

00:11:36


Daniela Chikato: Genau. Und das ist tatsächlich das Element, das in unserer Nachricht der Attention entspricht. Das Besondere an der Betreffzeile ist, dass sie über Wohl und Wehe entscheidet. Also darüber, ob jemand unsere Nachricht liest oder ob sie gleich im Papierkorb entsorgt wird. Und wenn wir uns hier den Marketing-Hut aufsetzen, dann sprechen wir von einer Öffnungsrate. Also, wie viele Menschen, denen wir eine E-Mail oder einen Newsletter schicken, öffnen überhaupt die Mail? Und ich weiß nicht, wie es den Recruitern geht, die hier zuhören, aber die durchschnittlichen Öffnungsraten liegen bei 20 bis 25 Prozent. Und das ist krass, das müssen wir auf uns wirken lassen! Das heißt, nur jeder Vierte bis Fünfte macht überhaupt unsere Nachricht auf, die wir ihm schicken. 75 bis 80 Prozent der Kandidaten, die wir anschreiben, zeigen uns die eiskalte Schulter, wenn wir es halbwegs geschickt machen! Löschen!

00:12:43

Alexander Petsch: Wie ist es eigentlich im Active Sourcing, wie machst Du das da? Ich weiß, dass man im Marketing misst, wer hat nicht geöffnet? Und dann schickt man ihm dieselbe Nachricht mit einer anderen Betreffzeile nochmal. Man langweilt ihn ja nicht, er hat sie ja nicht gelesen.

00:12:59


Daniela Chikato: Das kann man durchaus versuchen, das ist eine Idee, die ich noch nie selber umgesetzt habe. Ich habe eher mal Marketing-like mit so A/B-Tests gespielt, wenn ich mir nicht sicher war, welche Betreffzeile ich jetzt am tollsten finde. Dann habe ich mit zwei verschiedenen Betreffzeilen gearbeitet und geguckt, auf welche es am meisten Rücklauf gibt. Aber damit sind wir bei dem Punkt: Was macht denn überhaupt eine gute Betreffzeile aus? Wenn ich will, dass 25 Prozent oder mehr das aufmachen, muss ich mich ja fragen, was erhöht den Sexyness-Faktor einer Betreffzeile? Und auch das kann man leicht in Marketing-Büchern nachlesen. Da heißt es, sie darf nicht zu lang sein. Im Active Sourcing haben wir ja auch nur eine bestimmte Zahl von Zeichen. Wenn die Leute sich unsere Nachricht auch auf dem iPhone angucken, kann man nicht einen ganzen Roman in die Betreffzeile schreiben. Also, sie sollte kurz und prägnant sein. Sie sollte neugierig machen. Sie darf auch spritzig und kreativ sein. Wobei kreativ sollte immer wohlwollend kreativ sein. Ich bringe gleich mal ein Beispiel, das ich nicht ganz so geschickt finde, auch wenn es kreativ und ein Hingucker ist, auch wenn wir dann Emoji in die Betreffzeile reinsetzen. Gerade auch Active Sourcing, weil das da nicht jeder macht. Das sorgt für eine gewisse Lockerheit, auch bei Kandidaten, die in seriösen Umfeldern arbeiten. Also jetzt nicht nur im Digital-Umfeld habe ich damit schon total gute Erfahrungen gemacht. Ich habe eben gesagt, ich bringe noch ein Beispiel. Ich habe in einem meiner Trainings, das ich vor Kurzem gegeben habe, einer Recruiterin vorgeschlagen, Controller zu suchen. Und da hat sie eine Betreffzeile entworfen, bei deren Stelle keine Ärmelschoner gefragt sind. Ich habe ihr dann von dieser Zeile abgeraten, auch wenn sie kreativ ist. Das mit den Ärmelschonern, das mag der eine oder andere Controller vielleicht lustig finden, aber viele auch nicht. Also, wenn ich von einer kreativen Betreffzeile spreche, meine ich solche, die wirklich nur eine positive Assoziation hervorrufen können. Und inhaltlich, wann komme ich denn auf den Kandidaten zu sprechen? Ich empfehle, dass wir das schon in der Betreffzeile tun. Das schon mal anteasern, was uns aufgefallen ist im Profil des Kandidaten, was seine Karriere, seine Expertise und seine Karriere für uns so spannend macht. Vielleicht auch eine Frage stellen, Stichwort Kopfkino. Genau, dann haben wir es schon erreicht. Ich kann nur noch mal sagen, die Betreffzeile ist unheimlich wichtig. Darüber nachzudenken, dafür kann man sich ruhig ein paar Minuten Zeit nehmen. Wie gesagt, 20 bis 25 Prozent Öffnungsrate. Wir wollen doch besser sein als das.

00:15:58

Alexander Petsch: Das ist herausfordernd und erfordert gewisse Kreativität.

00:16:02


Daniela Chikato: Das stimmt. Im Zweifel kann man ja auch mal einen Kollegen darüber schauen lassen, um einfach mal so ein Feedback einzuholen. Die Betreffzeile hat im Übrigen 60 Prozent Erfolgsrelevanz von unserem ganzen Anschreiben.

00:16:18

Alexander Petsch: Klar, wie beim Golf, 100 Prozent der zu kurzen Bälle sind nicht im Loch (lacht).

00:16:31

Daniela Chikato: Wie gut, dass wir kein Golf spielen, sondern lieber eine AIDA-Kreuzfahrt machen. Genau. Und wenn wir die erste Attention-Hürde genommen haben, dann sind wir quasi beim Interest, wie ich vorhin schon gesagt habe, also der Interessewecker. Und was ist denn das? Wir beginnen natürlich nach der Betreffzeile mit einer Anrede. Und Du wirst es nicht glauben, Alexander, ich bekomme auch regelmäßig Anfragen für Jobs von Recruitern, die noch nicht mal meinen Namen in der Anrede schreiben. Die schreiben einfach nur Hallo! Ich sollte nicht glauben, dass es wert ist, darüber zu reden, aber offensichtlich macht es doch Sinn, das hier mal anzuteasern. Also, benennt bitte diejenigen, die Ihr anschreibt, mit Namen! Ob Ihr dann nur Hallo schreibt, das kann man machen. Ich lege Wert darauf, mit einem Stil zu formulieren, der auch irgendwie authentisch für die eigene Person ist und fürs Unternehmen, für die Kultur. Hallo ist für den einen normal, für den anderen vielleicht zu flapsig. Ich schreibe seit einem Jahr immer „Moin“ als Anrede und dann dahinter den Namen, weil Hamburg ist eine schöne Stadt für die meisten in ganz Deutschland. Und auch damit falle ich schon so ein bisschen auf und die Leute denken, okay, hier ist etwas anders als bei allen anderen. Und dann gehört zum Interest auch noch der erste Satz oder der erste Absatz insgesamt, mit dem der Kandidat überhaupt erst das Gefühl bekommen muss, ist das jetzt überhaupt etwas, das mich betrifft? Alexander, Du kennst das doch bestimmt auch, wenn Du Dein E-Mail-Postfach aufmachst, jeden Tag sind da irgendwelche Sachen drin von Menschen, die Du nicht kennst, die Dir immer schreiben. Wann liest Du weiter?

00:18:28


Alexander Petsch: Also, wenn ich sie aufmache, dann lese ich kurz die ersten Sätze und…

00:18:36

Daniela Chikato: … sind sie catchy, dann liest Du weiter. Und die Frage ist ja, was ist catchy? Ich habe die Erfahrung gemacht, ganz viele Recruiter schreiben im ersten Satz oder Absatz erstmal ellenlang darüber, wer sie sind, sie als Person, in welchem Unternehmen sie arbeiten. Und ich frage mich dann manchmal, wann kommt denn der Bus mit den Leuten, die das interessiert? Wenn ich einen Kandidaten anschreibe, der mich nicht kennt, und der liest als Allererstes etwas über mich, der weiß doch noch gar nicht, ob er das nun toll finden soll, das über mich zu lesen. Der Kandidat möchte doch eigentlich viel mehr denken, das, was ich ihm schreibe, hat etwas mit ihm zu tun, weil er etwas liest, wo er sagt, jawohl, das bin ich, ich erkenne mich darin wieder. Daher ist meine Empfehlung, beziehen wir uns im ersten Satz oder Absatz auf das Profil des Kandidaten. Genau an dieser Stelle. Wenn mir Recruiter manchmal Nachrichten schicken, wo erst im allerletzten Satz drin steht, ich finde Sie toll, weil ihr Profil so interessant ist, dann auch noch so allgemein formuliert, aber vorher drei Absätze, wer wir sind und was wir alles toll machen, das interessiert doch niemanden, der uns noch nicht kennt. Deshalb muss ich erst mal deutlich machen, hey, warum schreibe ich Dich, lieber Kandidat, jetzt an? Nämlich, weil ich dich so toll finde. Und warum finde ich dich so toll? Weil Du kannst das und das total gut, und Du hast Erfahrung in der und der Branche. Und genau Dich, so jemanden wie Dich, suchen wir für uns! Und dann merken die Kandidaten, okay, die haben sich mit mir beschäftigt und vor allem das, was ich hier lese, ist relevant für mich. Hier findet mich jemand toll. Das ist wie beim Flirten. Macht mir jemand ein Kompliment, habe ich auch eher ein Lächeln auf den Lippen und bin bereit, der Person einfach noch mal eine Minute zuzuhören. Und das Zuhören ist ja eigentlich die Überleitung zum nächsten Teil unserer Nachricht. Das war noch mal welcher? Desire. Das heißt also, die Kandidaten haben jetzt quasi ihre Öhrchen gespitzt und sind gespannt darauf, was wir ihnen denn jetzt zu erzählen haben. Desire, den Anreiz setzen, das Verlangen wecken, ist der Part, wo wir jetzt liefern. Und was liefern wir? Details zum Job und zum Unternehmen. Der Kandidat hat jetzt erkannt, aha, hier geht es um mich. Was haben wir denn jetzt für Dich? Wir haben für Dich jetzt eine tolle Karrierechance. Also jetzt können wir in ein paar kurzen, prägnanten Sätzen erzählen, um was für eine Stelle es geht. Was für Highlights bietet diese Position?

00:21:17


Alexander Petsch: Also die passenden Benefits für den Kandidaten?

00:21:19


Daniela Chikato: Ja, die passenden Benefits für den Kandidaten, und zwar sowohl bezogen auf die Vakanz als auch auf das Unternehmen. Wir sind da nicht nur bei Highlights und Benefits, sondern auch bei den USP, also den Unique Selling Proposition, den aus dem Marketing bekannten Alleinstellungsmerkmalen. Denn die Kandidaten bekommen auch von anderen Recruitern Angebote, und es muss sie quasi anspringen, was hier bei uns so besonders ist. Ich kann da vielleicht mal zwei Beispiele bringen, wenn Du möchtest. Ich habe einen Kunden, das ist eine IT-Beratung, und der sucht im norddeutschen Raum alle möglichen SAP-Spezialisten. Und SAP-Spezialisten sind schwer zu kriegen, die sind nicht alle genau da in dem Umfeld, also nicht in der Pendelregion. Und ich habe in einem Briefing mit meinem Kunden rausgekriegt, das Tolle an diesen Projekten ist, dass die alle im Pendel-Radius von zuhause sind. Die haben also regionale Kunden. Und das Besondere für diese SAP-Consultants ist, sie können einen tollen Job machen und sind Heimschläfer. Das hat man nicht in jeder SAP-Beratung, da ist man manchmal vom Montag bis Donnerstag, zumindest in Vor-Corona-Zeiten, im Hotel vor Ort beim Kunden gewesen. Das war hier ein Goodie für den Job. Ein anderer Kunde von mir in Thüringen, der hat zum Beispiel einen Business Intelligence Consultant gesucht. Ich habe mir da das Stellenprofil angeschaut, wir haben das Briefing-Gespräch mit dem Kunden gemacht, und dann sagte ich irgendwann mal zu der Personalverantwortlichen, sagen Sie mal, habe ich das richtig verstanden, Sie bauen den BI-Bereich von der Pike auf? Ja, ja, das machen wir. Da hab ich gesagt, sorry, das lese ich gar nicht raus aus dem Stellenprofil. Warum steht das da gar nicht drin? Und da hat die gesagt, darüber sind wir uns gar nicht so bewusst. Aber jetzt, wo Sie das sagen, ja, ja, so ist das. Und das habe ich in meine Ansprache überführt und habe geschrieben, Sie bauen hier von der Pike den BI-Bereich auf. Und weißt Du, was mir die Kandidaten reihenweise geschrieben haben? Hier ging es wie gesagt um eine Stelle in Thüringen. Da haben wir mehrere geschrieben, wow, endlich müssen wir nicht in den ausgetretenen Pfaden unterwegs sein, die in den Headquarters in Westdeutschland definiert werden. Sondern ich kann auch mal wirklich etwas aufbauen. Das sind so die kleinen Dinge, die man rauskitzeln kann aus jeder Stelle. Man muss da nur wirklich mal reinzoomen. Das ist also das, was in den Desire-Bereich kommt. Das sind also die ganzen Leckerlis, bei denen die Kandidaten dann sagen, wow, das passt. Eigentlich habe ich gar nicht darüber nachgedacht, den Job zu wechseln, aber irgendwie klingt das jetzt doch spannend für mich. Und damit sind wir schon kurz davor, die Ernte einzufahren. Also, wir haben die Kandidaten heiß gemacht oder zumindest vorgewärmt und jetzt müssen wir gucken, dass wir irgendwie den Sack zumachen. Action. Und was meint das jetzt? Wir sind hier, um beim Vertriebs-Sprech zu bleiben, im Call-to-Action-Bereich. Das ist das Closing. Und das Closing gelingt am besten, wenn wir dem Kunden oder Kandidaten an der Stelle sagen, was sollst Du jetzt genau tun? Ich empfehle, an dieser Stelle ganz banal zu schreiben, darf ich Ihnen im nächsten Schritt das Jobprofil zuschicken? Wann und unter welcher Telefonnummer passt es Ihnen, dass wir mal telefonieren? Denn nur wenn ich das reinschreibe, habe ich eine große Wahrscheinlichkeit, dass die Leute, wenn sie mir antworten, sagen, jawohl, meine Nummer ist die und die und Sie können mich gerne dann und dann anrufen. Das ist eine klare Botschaft und nicht 100 Prozent aller, die Antworten, greifen auch darauf zurück. Aber ein großer Teil greift darauf zurück. Und jetzt habe ich noch einen kleinen Mini-Hack, was ich noch an dieser Stelle mache: Nach der Abschiedsformel, also herzliche Grüße, mit freundlichen Grüßen, was auch immer zu unserer Tonalität passt, füge ich dann noch meine Kontaktdaten aus meiner E-Mail-Signatur bei, meine E-Mail-Adresse und meine Mobilfunknummer. Und das Geniale ist, das gelangt ja über Xing oder LinkedIn zum Beispiel in das E-Mail-Postfach meiner Kandidaten. Und dann lesen sie diese Nachricht,  haben aber durch meine E-Mail-Adresse oder die Mobilnummer die Chance, sofort den Kanal zu switchen. Ich habe das häufiger, dass mich die Kandidaten direkt auf dem Mobiltelefon anrufen und sagen, ja, Sie haben mir doch geschrieben und ich wollte jetzt mal gerne Näheres von Ihnen hören. Und das ist ja eigentlich das, was ich möchte. Oder, wenn ich mein Anschreiben gut formuliert habe und die Kandidaten auch merken, ich bin nicht so eine oberflächliche CV-Einsammlerin, sondern ich habe wirkliches Interesse an ihnen und ich bin vielleicht auch gerade zur richtigen Zeit am richtigen Ort, dann schicken die mir manchmal eine E-Mail als Antwort auf meine Nachricht, in der gleich der Lebenslauf mit drin ist. Und dann denke ich, wunderbar, ich habe noch nicht mal danach gefragt, aber ich habe Vertrauen aufgebaut. Und das ist einfach das, was ich möchte, dass wir die Nachricht so aufbauen und formulieren, dass wir die Kandidaten konvertieren. Wir denken ja immer in Conversion Cycles, nicht nur im Vertrieb und Marketing, sondern auch im Active Sourcing. Den Kandidaten, der am Anfang ein Interessent war, möchte ich ja zu einem Bewerber machen. Und da hilft mir eben eine Nachricht nach AIDA, auf dieser Reise ein paar gute Etappen voranzukommen. Das ist auch schon AIDA. Wir haben jetzt zwar ein paar mehr Minuten drüber gesprochen und sicherlich ist es auch Übungsfrage, sich da reinzurocken, aber am Ende des Tages ist es eigentlich nur ein bisschen strukturierter gesunder Menschenverstand. Und schon ist der Erfolg wahrscheinlich!

00:27:30


Alexander Petsch: Vielen Dank, Daniela! Als Du das ebenso beschrieben hast, dachte ich, Call-to-Action bei der zunehmenden Talentknappheit wird in Zukunft wahrscheinlich immer krasser. Ich habe schon fast so eine Art Signing-Prämie bis 30.11. und Ähnliches im Ohr (lacht).

00:27:51

Daniela Chikato: Genau, das wäre der Hit. Tatsächlich fallen Dir hier heute lauter spannende Ideen ein. Ich sollte mir den Podcast unbedingt selber mal anhören und Deine Tipps als Hacks notieren. Es ist tatsächlich so, das nehme ich seit geraumer Zeit wahr, gerade nachdem wir zumindest die wirtschaftlichen Blessuren der Corona-Pandemie in Deutschland einigermaßen hinter uns gelassen haben, dass da draußen der Markt einen frischen Gegenwind produziert. Das heißt, der Kandidatenmarkt ist nicht nur heiß gelaufen, er ist in gewisser Hinsicht richtig überhitzt. Und das ist ein Grund mehr, dass wir uns mit AIDA und auch anderen Methoden beschäftigen, die dafür sorgen, dass wir besser sind als die anderen Recruiter. Weil immer mehr machen Active Sourcing. Immer weniger Unternehmen können über Stellenanzeigen ausreichend viele gute Bewerber generieren. Und deshalb ist es so wichtig, dass wir in Exzellenz arbeiten, weil damit fallen wir positiv auf. Und dann haben wir eine Chance, mit Active Sourcing auch erfolgreich zu rekrutieren.

00:28:54


Alexander Petsch: Ja, das ist auch ein schönes Schlusswort, in Exzellenz. Daniela, vielen Dank für Deine exzellenten Tipps und Ausführungen. Mir hat es wieder sehr gut gefallen mit Dir. Vielen Dank!

00:29:05

Daniela Chikato: Ich danke Dir vor allem für die Einladung, Alexander! Es war wie immer eine Freude, bis vielleicht demnächst mal wieder.

00:29:13

Alexander Petsch: Und wenn Ihr da draußen gerne die Zusammenfassung noch mal nachlesen möchtet, einfach unter hrm.de Daniela Chikato oder Aida-Hacks eingeben, dann werdet Ihr sicher fündig werden. Und wenn es Euch gefallen hat, freuen wir uns auch, wenn Ihr uns mit fünf Sternen bewertet in Eurem Podcast-Tool oder der App, die Ihr nutzt. Noch mal herzlichen Dank, Daniela.

00:29:39

Daniela Chikato: Ich danke Dir. Alles Gute und viel Erfolg Euch da draußen im Active Sourcing.

00:29:43

Alexander Petsch: Glückauf, bleibt gesund und denkt daran, der Mensch ist der wichtigste Erfolgsfaktor für Euer Unternehmen.