Veranstaltungstipp

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Foto von ThisisEngineering RAEng

Das dritte Global Drucker Forum findet

am 3. und 4. November 2011 in Wien statt. Weitere Informationen und Registrierung unter www.druckersociety.at

Peter Drucker kommt zum Schluss, dass das Überleben der Gesellschaft von der „Leistung, der Kompetenz, der Ernsthaftigkeit und der Werte ihrer Manager“ abhängt. Dies ist in jedem Fall eine große Aufgabe für Manager, gelte es nun, wirtschaftliche Ziele zu erreichen, die Produktivität von Menschen und Arbeit zu steigern oder soziale Verantwortung wahrzunehmen.

Die gute Nachricht: Seit Druckers 1954 erschienenem Buch „The Practice of Management“ wurden eine Reihe neuer Werkzeuge und Konzepte für effektiveres Management entwickelt. Julian Birkinshaw und Michael Mol haben in ihrem Buch „Giant Steps in Management“ rund 50 Innovationen auf diesem Gebiet identifiziert: Lean Manufacturing, Balanced Scorecard, Activity Based Costing, Strategic Business Units, Matrix Organisation, Brand Management, Outsourcing, leistungsorientierte Bezahlung, Open Innovation, Operations Research, Kundensegmentierung oder Enterprise Resource Planning – Instrumente, die wirtschaftliche Leistung und Effizienz bereits wesentlich steigern konnten.

Wie macht man Arbeit und Menschen produktiv?

Trotz allem stellt sich die Frage: Gelingt es den Unternehmen heute, das Potenzial ihrer Mitarbeiter zur Wirkung zu bringen? Sind Manager wirklich erfolgreich darin, Menschen produktiver zu machen und deren Stärken zu fördern? Alles deutet darauf hin, dass der „Faktor Mensch“ in den letzten Jahrzehnten grob vernachlässigt wurde, während in den Unternehmen analytische und konzeptionelle Modelle im Vordergrund standen.

Nur allzu oft mussten wir mit ansehen, dass Konzepte wie „Management by Objectives“ und „Corporate Reengineering“ aufgrund mechanistischer Umsetzung jegliche Initiative, Motivation und Kreativität der Mitarbeiter zunichte gemacht haben.

Es ist höchste Zeit, Wissen und Kreativität innerhalb der Unternehmen zu entfesseln! Aus seiner Vogelperspektive heraus definierte Drucker dies als die zentrale Herausforderung für unsere heutige Führungskräftegeneration. „Der wichtigste und wirklich einzigartige Beitrag des Managements im 20. Jahrhundert war die 50-fache Erhöhung der Produktivität der Arbeiter in der Fertigung“, so Drucker.

„Der wichtigste Beitrag des Managements im 21. Jahrhundert wird es sein, etwas Ähnliches bei der Produktivität von Wissensarbeit und Wissensarbeitern zu bewirken.“ Um dies in unseren Unternehmen zu erreichen, müssen Führungskräfte als „Treasurer des Humankapitals“ agieren und sich zu Meistern der Förderung und des effizienten Einsatzes von Menschen entwickeln, wie es Thomas O. Davenport und Stephen D. Harding in „Manager Redefined: The Competitive Advantage in the Middle of Your Organization“ beschreiben. Zum Vorteil aller: Wer erfolgreichen Management- Tools und -Techniken ein tieferes Verständnis für den menschlichen Faktor hinzufügt, der kann (auch ökonomisch) durchaus spektakuläre Ergebnisse erzielen.

Verantwortung gegenüber der Gesellschaft

Die dringend benötigte Neuausrichtung auf „den Menschen“ ist eng mit dem dritten Element verbunden, das Drucker als eine grundlegende Verpflichtung für das Management identifizierte: die Verantwortung von Unternehmen und anderen Institutionen gegenüber der Gesellschaft. Unternehmen agieren schließlich nicht in einem Vakuum – sie sind vitaler Teil der Gesellschaft.

In der diesjährigen Januar/Februar-Ausgabe des Harvard Business-Review werben Michael Porter und Mark Kramer für das Konzept des „Shared Value“ als eine Möglichkeit, „wirtschaftlichen Unternehmenserfolg wieder mit gesellschaftlicher Wertschöpfung zu verbinden“. Die Essenz ihrer Idee: Unternehmen sollten soziale Probleme angehen – allerdings in einem wettbewerbsorientierten Kontext. Gemäß dem Motto: Leiste einen gesellschaftlichen Beitrag, wenn du deine geschäftseigenen Ziele anstrebst! Ähnliche Ideen wurden uns im Laufe der Jahre von verschiedenen Autoren vorgestellt, doch nun könnte der perfekte Moment für deren Umsetzung gekommen sein. Denken wir nur an Jed Emersons Arbeit über „Blended Value“, die „Public Value“-Initiative, die vom Institut für Gesellschaftliche Werte der Universität St. Gallen unter der Leitung von Peter Gomez entwickelt wurde, oder die Fallstudien in Rosabeth Moss Kanters Buch „SuperCorp“, die zeigen, wie Unternehmen gut verdienen und zugleich sinnvolle Beiträge für die Gesellschaft leisten können.

Warum sollte das für Unternehmen wichtig sein? Weshalb auf die Finanzierung neuer riskanter Projekte setzen, statt den Weg vorhersehbarer schrittweiser Innovationen zu gehen?

Dies berührt eine Grundfrage: Was bedeutet es, „in der Gesellschaft“ zu agieren? Unternehmen, die gedeihen, während auf der anderen Seite hohe Arbeitslosigkeit und andere akute soziale oder ökologische Probleme die Gesellschaft beuteln – das kann auf Dauer nicht gut gehen. Dieses Spannungsverhältnis untergräbt letztlich das Fundament, auf dem Unternehmen agieren. Es geht hier um den Kern des Wertesystems der heutigen Wirtschaft. In seinem Buch „The Hungry Spirit“ spricht Charles Handy von der „richtigen Selbstsucht“, der die Annahme zugrunde liegt, dass man die Verantwortung habe, mehr aus sich selbst zu machen, um letztendlich zu einem größeren und höheren Ziel beizutragen. Könnte eine solche Orientierung zu einem sogenannten „besseren Kapitalismus“ führen?

Bottom of the Pyramid

Betroffen von den enormen Einkommensunterschieden, entwickelte der kürzlich verstorbene C.K. Prahalad ein Modell, das Unternehmen eine führende Rolle zuspricht bei der Integration jener der vier Milliarden Menschen, die mit weniger als zwei Dollar pro Tag auskommen müssen. Deren Aufgabe nämlich sei es, dafür zu sorgen, dass auch jene von der Leistungsfähigkeit der Wettbewerbswirtschaft profitierten, die von den multinationalen Unternehmen derzeit nicht als Kunden gesehen würden. Dieser Ansatz erfordert ein Umdenken bei traditionellen Business-Plänen und die Schaffung neuer Geschäftsmodelle.

Auf dem Peter Drucker Centennial-Forum 2009 in Wien stellte Prahalad die Unternehmensführer vor eine neue Herausforderung: „Die Wirtschaft als mächtigste Kraft in der Gesellschaft muss ein Instrument der sozialen Gerechtigkeit sein“, betonte er. Noch wichtiger sei es, die Unterschiede innerhalb der Gesellschaft als Aufruf zum Handeln und als Chance für Innovationen zu sehen. Der gewinnbringende Transfer von Waren und Dienstleistungen in das untere Ende der Gesellschaftspyramide („Bottom of the Pyramid“, BOP) verlange, dass dabei auch wichtige gesellschaftliche Themen wie Nachhaltigkeit oder Governance angesprochen werden. Das BOP-Modell öffnet einen Weg, Reichweite, Expertise und Technologie von Großunternehmen zur Verbesserung der Lebensbedingungen von armen Schichten einzusetzen – durch Innovationen im Rahmen gewinnorientierter Geschäftsmodelle. Bloße Wohltätigkeit stellt kein nachhaltiges Wirtschaftsmodell dar und verläuft nach dem anfänglichen Enthusiasmus im Sande. Viele Firmen, die sich in diesen Märkten engagieren, können feststellen, dass ihr Engagement das Unternehmen deutlich verjüngt und seine Innovationskraft stärkt. Darüber hinaus hat die Entwicklung neuer Geschäftsmodelle geholfen, ihre Wettbewerbsfähigkeit auch in den entwickelten Märkten zu verbessern. Managementneuerungen, die im BOP-Modell entwickelt werden, können sich sogar als nachhaltiger Wettbewerbsvorteil entpuppen!

Hat der Old Style Shareholder- Kapitalismus ausgedient?

Die intensiven Debatten über neue Wege, wirtschaftliche Wertschöpfung und Gemeinwohl zu vereinbaren, geschehen zeitgleich mit dem Eintritt einer neuen Generation in die Arbeitswelt, die sich sehr wohl um die gesellschaftlichen Auswirkungen ihres Handelns sorgt. Nur ein angeheuerter Handlanger zu sein, ohne „höhere Ziele“ zu verfolgen, wie es Rakesh Khurana in Harvard ausdrückte, ist vielen jungen Leuten einfach zu wenig. Unternehmen sind außerdem dazu gezwungen, darüber nachzudenken, inwieweit ihre Firma für „High Potentials“ attraktiv ist. Nicht zuletzt werden sich Wirtschaftsführer mit alternativen wirtschaftlichen Modellen beschäftigen müssen: mit Genossenschaften, Partnermodellen, sozialen Unternehmen und öffentlich-privaten Partnerschaften. Umgekehrt haben Non-Profit-Organisationen wie Krankenhäuser, Behörden, NGOs und Bildungseinrichtungen, die von ihrer „höheren Mission“ beseelt sind, oftmals Schwierigkeiten bei der effektiven Anwendung grundlegender Management-Werkzeuge. Das Ziel lautet hier: voneinander lernen.

Kurz: Auf das Management warten zahlreiche Chancen, Glaubwürdigkeit wiederzugewinnen. Klar ist aber auch: Ohne klar definierten Status wird es nicht funktionieren. Basis ist ein Bekenntnis zu grundlegenden Werten – und nicht nur zum Shareholder-Value – wohlgemerkt, ohne sich dabei von ideologischen Gruppierungen oder Regierungen vereinnahmen zu lassen.

Wir sehen: Es ist ein langer Weg von der Diskussion der Grundlagen zu einer spürbaren Veränderung von Kapitalismus und Management. Ein schwieriger und dornenreicher Weg ohne Abkürzungen. Das neue Modell muss nämlich ebenso solide und nachhaltig wirken wie der aktuelle eng gefasste Shareholder- Value-Ansatz – allerdings ohne dessen destruktive Auswirkungen. Als Teil dieser Verjüngungskur muss Managementausbildung und -forschung in enger Kooperation von Business-Schools und Praxis auch neu gedacht werden. Praktische Relevanz hat Vorrang vor Konstrukten, die im Elfenbeinturm geboren werden. Wie Srikant M. Datar, David A. Garvin und Patrick G. Cullen es in „Rethinking the MBA“ deutlich zum Ausdruck bringen, müssen wir über die abgenutzten Tools und Frameworks hinaus mehr Aufmerksamkeit auf die Praxis richten (das „Doing“) sowie auf Werte und Überzeugungen, die die Weltsicht der Manager ausmachen (das „Being“).

Fazit? Veränderung liegt in der Luft. Vielleicht wird sich die Glaubwürdigkeitskrise rückblickend als entscheidende Phase in der Geschichte herauskristallisieren, da sie die Basis schuf für ein neues, verantwortungsvolles Wirtschaften. Es liegt an nun uns, diese Chance auch wahrzunehmen.

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Literaturtipp

Dossier: Die Management-Ideen des Peter F. Drucker Das Dossier beleuchtet die zentralen Aspekte der Lehre von Peter F. Drucker. Themen sind unter anderem: Was ist Management? Der Wissensarbeiter als Wettbewerbsfaktor. Personalmanagement im Wandel. Bestellungen unter: www.personal-manager.at