Das Büro der Zukunft bereitet die Grundlagen für höchste Produktivität an der Schnittstelle von virtueller und realer Welt. Es wartet auf mit Angeboten für persönlichen Austausch und die inspirierende Zusammenarbeit mit anderen, auch Organisationsfremden. Darüber hinaus wird das Büro „grün“ sein. Dass künftig alle in Büros verursachten Energieverbräuche (zum Beispiel in Rechenzentren oder Netzwerken) für die Nutzer transparent und sichtbar sein werden, glauben fast 70 Prozent der Experten aus der Forecast-Studie. Allerdings erwartet nur ein knappes Drittel, dass bereits bis zum Jahr 2025 Büroneubauten ihre notwendige Energie selbst erzeugen oder im Verbund energieneutral betrieben werden. Ein Zusammenwirken der drei genannten Trendcluster könnte aber auch eine deutlich schnellere, vielleicht sogar sprunghafte Entwicklung vorantreiben, denn die notwendigen Technologien sind häufig bereits vorhanden. Darüber hinaus wächst das ökologische Bewusstsein sowohl bei den Entscheidern in den Unternehmen als auch auf Mitarbeiterebene. Welche Fahrt solche Entwicklungen aufnehmen können, zeigt eindrucksvoll der Markt für sogenannte „Green Buildings“. So konnte das Fraunhofer IAO in der Studie „Green Office“ im Jahr 2009 eine sehr hohe Bedeutung von ökologisch nachhaltigen Büroflächen und -gebäuden prognostizieren. Bereits zwei Jahre später entfielen über 13 Prozent des Büroflächenumsatzes und rund 14 Prozent des Investmentvolumens auf zertifizierte Flächen, obwohl diese mit einem Anteil von 0,1 bis 3,7 Prozent in verschiedenen Städten noch ein sehr geringes Marktvolumen aufweisen.

people sitting near table with laptop computer
Foto von Campaign Creators

Der „Employer Branding Report” des Karriereportals Stepstone aus dem Jahr 2011 zeigt, dass „eine gute Arbeitsumgebung und -ausstattung“ für Bewerber eine höhere Relevanz hat als finanzielle Anreize, wenn es darum geht, einen potenziellen Arbeitgeber als attraktiv zu beurteilen. Zu einem ähnlichen Ergebnis kommt die Studie „Soft Success Factors“ des Fraunhofer-Instituts für Arbeitswirtschaft und Organisation IAO. Sie wies schon im Jahr 2004 auf einen positiv linearen Zusammenhang zwischen der Attraktivität einer Büroumgebung und dem subjektiven Wohlbefinden von Mitarbeitern hin. Die Gestaltung von Büro- und Arbeitsumgebungen und ihre Potenziale für Leistungsbereitschaft, Motivation und Wohlbefinden rücken daher immer stärker in den Fokus von Organisationen. Im Gegensatz zur „Büroumgebung“, die vorwiegend räumliche Aspekte wie Raumgliederung, Beleuchtung und Möblierung beinhaltet, umfasst der Begriff der „Arbeitsumgebung“ sowohl die technologischen und räumlichen Infrastrukturen als auch die Art und Weise, wie Mitarbeiter diese im Rahmen
ihrer Leistungserbringung nutzen. Zur Arbeitsumgebung zählen:

  • der Arbeitsplatz mit seiner spezifischen Größe, Ausstattung und räumlichen Einbindung,
  • gemeinsam genutzte Funktionszonen (Besprechungsräume, Lounges und Rückzugszonen),
  • die Umgebungsbedingungen (Klima, Beleuchtung und Akustik),
  • die informations- und kommunikationstechnologische Ausstattung,
  • der Arbeitsplatz zu Hause, beim Kunden, im Co-Working-Center oder unterwegs sowie
  • die Organisation und Freiheit, wie diese Angebote genutzt werden können

Die Entwicklung hin zu flexiblen, multilokalen Arbeitsweisen eröffnet Unternehmen und deren Mitarbeitern neue Perspektiven im Hinblick auf eine verbesserte Integration von Arbeits- und Privatleben, im Hinblick auf die Berücksichtigung individueller Lebensstile und Lebensphasen, im Hinblick auf die Entlastung der Umwelt (zum Beispiel Reduktion von Pendelverkehr) und im Hinblick auf eine gesteigerte Motivation, Effizienz und Bindung der Büro- und Wissensarbeiter. Wie sich diese Potenziale frühzeitig entwickeln lassen, wie sich die zukünftige Entwicklung auf die Gestaltung von Arbeitsumgebungen konkret auswirkt und welche Wirkungs-zusammenhänge aus sozialer und wirtschaftlicher Perspektive existieren, ist Gegenstand künftiger Forschungen des Verbundforschungsprojekts „Office 21“ des Fraunhofer IAO.

Die immer intensivere Vernetzung von Informations- und Kommunikationstechnologien wird projektbezogene und längerfristige Kooperationen über Unternehmensgrenzen hinweg fördern. Außerdem erleichtert sie das hochproduktive Arbeiten in der Gruppe – Face to Face, aber maximal medial unterstützt, zum Beispiel durch Webkonferenzen, virtuelle Teamräume oder Document-Sharing. Als Arbeitsumgebung kommt dabei das Büro in Frage, das in erster Linie Organisationsmitgliedern vorbehalten ist, oder auch ein gemeinsam genutztes „Co-Working-Center“. Über 80 Prozent der Studienteilnehmer erwarten zudem, dass wir zukünftig kreative und komplexe Zusammenhänge an großflächigen, berührungssensitiven, digitalen Oberflächen visualisieren und bearbeiten werden (Abbildung 1), und mehr als zwei Drittel rechnen damit, dass die Geräte in unserem Arbeitsumfeld so selbstständig miteinander kommunizieren, dass wir in der „Cloud“ vollkommen kompatibel und ohne Reibungsverluste zwischen Programmen, Betriebssystemen und Hardware arbeiten werden.
Das Büro als Arbeitsplatz steht künftig in einer von den Bedürfnissen und Anforderungen der Mitarbeiter getriebenen Arbeitswelt in Konkurrenz zu anderen als attraktiv empfundenen Orten, zum Beispiel Heimarbeitsplätzen. Bürowelten werden sich daher zu Orten entwickeln müssen, die Produktivität, Kreativität und Motivation in höchstem Maße unterstützen – zum Beispiel durch unterschiedliche Raumsituationen, Konzentrationszonen oder hochmedial ausgestattete Projekträume. Das bedeutet, dass wir künftig eine intelligente Mischung differenzierter, vielfältiger Arbeitsumgebungen gleichberechtigt und flexibel nutzen.

Diese drei Trendcluster sind wesentliche Faktoren für den tiefgreifenden Wandel unserer Arbeits- und Lebenswelt.

Um welche Entwicklungen geht es hier? Gesellschaft und Lebensstile verändern sich unter anderem dadurch, dass immer mehr Universitätsabsolventen im Ausland studiert haben. Auch die „Smart- oder Co-Working-Center“, die in vielen Städten entstehen, sind Ausdruck einer sich verändernden Gesellschaft. Denn die gemeinsam genutzten Büroflächen für Freiberufler und Start-ups fördern eine neue Kultur der Zusammenarbeit. In den vergangenen Jahren sind weltweit mehr als 600 solcher Zentren entstanden. Dass nachhaltige Konzepte und Modelle gefragt sind, zeigt sich unter anderem am Beispiel der Wachstumsraten von Car-Sharing-Unternehmen und der Nachfrage nach einer ressourcen- und umweltschonenden Bauweise. Der Ansatz des Cloud-Computings, der Software und Rechenkapazitäten flexibel an den Bedarf angepasst über ein Netzwerk zur Verfügung stellt, befördert wiederum die intensivierte Vernetzung von Informations- und Kommunikationstechnologie.

Die ersten Auswertungen des „Forecast 2025“ zeigt einen klaren Trend hin zu einer multilokalen, lebensstil- und lebensphasenorientierten Gestaltung der Büroarbeitswelt. Das bedeutet in erster Linie, dass flexible Arbeitsformen künftig sehr stark nachgefragt werden. Über 80 Prozent der teilnehmenden Experten erwarten beispielsweise, dass Mitarbeiter wegen der Betreuung älterer Angehöriger massiv flexible Arbeitsformen nachfragen werden. Etwa zwei Drittel der Experten gehen davon aus, dass eine hohe Flexibilität bei der Wahl des Arbeitsortes (zu Hause, im Büro oder in einem Co-Working-Center) die Regel sein wird.

Multilokales Arbeiten wird sich durchsetzen. Das bedeutet, dass wir abhängig von Aufgabe und individuellem Lebenskontext unterschiedliche Orte und Situationen zur Leistungserbringung nutzen werden. Diese zeitliche und räumliche Flexibilisierung von Arbeit bezieht sich dabei aber nicht nur auf den Verlauf eines Arbeitstages oder einer Arbeitswoche, sondern erstreckt sich immer häufiger auch über längere Phasen, die wir an unterschiedlichen Orten oder in unterschiedlichen Arbeitsumgebungen verbringen werden.
In der Vergangenheit waren Flexibilisierungsmodelle häufig organisationsgetrieben. Gegenwärtig stehen wir jedoch vor einer Flexibilisierungswelle, deren Treiber die Beschäftigten sind. Dabei wandeln sich auch klassische Statussymbole. So erwarten 70 Prozent der Studienexperten, dass eine gelebte Work-Life-Balance künftig als Statussymbol gelten wird.

Es ist wissenschaftlich erwiesen, dass eine Korrelation besteht zwischen dem Office-Design, also der funktionalen und gestalterischen Ausbildung der Büroumgebung, und der subjektiven Einschätzung der Leistungsfähigkeit von Büro- und Wissensarbeitern, der sogenannten Office-Performance. Studien zeigen beispielsweise, dass sich „unnötige Erschwernisse“ in der Gestaltung der Arbeitsumgebung maximal negativ auf die sogenannte Office-Performance auswirken. Positiv wirken hingegen Arbeitsmotivation und Work-Life-Balance. Vor allem Letztere lässt sich sehr gut über die Gestaltung der Arbeitsumgebung im oben definierten Sinne beeinflussen. So zeigt eine „Office 21-Studie” des Fraunhofer IAO aus dem Jahr 2009, dass Mitarbeiter, die über eine höhere Autonomie verfügen, auch ein höheres „Contentment“ mit ihrer Arbeitssituation aufweisen. Autonomie im Sinne der Studie umfasst die Einflussnahmen auf Arbeitsinhalt- und ablauf, die Nutzung unterschiedlicher Arbeitsorte (räumliche Autonomie) und die Flexibilität in der Gestaltung der Arbeitszeit (zeitliche Autonomie). Diese Faktoren können die Zufriedenheit der Mitarbeiter fördern – und die Lebensqualität steigern, wie die Microsoft-Studie „Attitudes Towards Flexible Working“ aus dem Jahr 2011 belegt. Das Unternehmen befragte mehr als 1.500 Büroarbeiter in mehreren europäischen Ländern. Ergebnis: Drei Viertel gaben an, dass ihre Lebensqualität höher wäre, wenn sie flexibler arbeiten könnten.
Eine Studie des Fraunhofer IAO zum Thema „Office-Performance“ aus dem Jahr 2003 zeigte darüber hinaus, dass die Indikatoren „Zugriff auf Informationen“ und „Bescheid wissen“ zu den zehn wichtigsten Erfolgsfaktoren im Hinblick auf die Leistungsfähigkeit gehören. Arbeitgeber können die Kommunikation durch die räumliche Strukturierung der Büroumgebung stark beeinflussen. Eine offene Gestaltung der Büroumgebung trägt beispielsweise dazu bei, dass Mitarbeiter sich häufiger begegnen und sich wechselseitig stärker wahrnehmen, was die Kommunikationswahrscheinlichkeit und damit auch die Performance erhöht.
Die zahlreichen Erkenntnisse zur Gestaltung von Arbeits- und Büroumgebungen verdeutlichen, dass es keine einfachen Wahrheiten gibt, wie „bessere“ oder „schlechtere“ Büroformen aussehen. Essenziell bei der Gestaltung jeder Büroumgebung ist, dass sie für die spezifischen Aufgabenstellungen, Tätigkeitsprofile und Unternehmenskulturen geschaffen sein muss. Nur so kann sie zum Erfolg und zum Wohlbefinden der Mitarbeiter beitragen. Doch was bedeutet diese Erkenntnis für die Entwicklung von organisatorischen, räumlichen und technologischen Infrastrukturen der Zukunft?

Green Office – Ökonomische und ökologische Potenziale nachhaltiger Arbeits- und Bürogestaltung. Hrsg. von Dieter Spath, Wilhelm Bauer und Stefan Rief. Gabler 2010.

Quelle: personal manager Zeitschrift für Human Resources Ausgabe 6 November / Dezember 2012

In dem Verbundforschungsprojekt „Office 21“ untersucht das Fraunhofer IAO seit Mitte der 1990er-Jahre gemeinsam mit Partnern die sich wandelnden Anforderungen an Arbeitsumgebungen. Die aktuelle Forschungsphase dieses Projektes schließt das Fraunhofer IAO gerade mit der Auswertung des „Forecast 2025 – wie wir morgen arbeiten und leben werden“ ab. In der Studie bewerten ausgewählte Experten aus Wirtschaft und Wissenschaft 50 Thesen zum Thema Lebens- und Arbeitswelt der Zukunft. Die Ergebnisse sind ab Dezember 2012 verfügbar, aber bereits jetzt zeichnet sich ab, dass sich unsere Arbeits- und Lebenswelt in naher Zukunft deutlich verändern wird. Teilweise spielen sich diese Veränderungen rasant ab – und zwar immer dann, wenn sich

  • die Veränderung von Gesellschaft und Lebensstilen,
  • die Etablierung nachhaltiger Konzepte und Modelle sowie
  • die intensivierte Vernetzung von Informations- und Kommunikationstechnologie wechsel-seitig befördern.

Wie sich die Gestaltung der Büro- und Arbeitsumgebung beispielsweise auf die Produktivität auswirkt, zeigt eine Laborstudie zu
Multimonitorsettings des Fraunhofer IAO aus dem Jahr 2009. Vergleichsgruppen erhielten eine wissensarbeitstypische  Aufgabenstellung – und die Studienleiter untersuchten, wie viel Zeit die Teilnehmer benötigten, um diese am Computer zu lösen. Außerdem ermittelten sie die Fehlerquote. Eine Personengruppe löste die Aufgabe an nur einem Bildschirm, wie es bei der Mehrheit der Büroarbeitsplätze die Regel ist. Eine weitere löste sie an drei Bildschirmen. Ergebnis: Als wesentlich produktiver erwies sich die Vergleichsgruppe mit der vergrößerten Displayfläche. Das Studienbeispiel lässt den Schluss zu, dass sich mehr digitale Arbeitsfläche positiv auf die Produktivität auswirkt und dass die mit der veränderten Arbeitsumgebung verbundene Steigerung der Produktivität auch zum Wohlbefinden und zur Stressreduktion bei Mitarbeitern beitragen kann.

www.office21.de (Informationen zum Verbundforschungsprojekt „Office 21“. Download der Studien „Information Work 2009“ und „Green Office 2012“ im Bereich „Publikationen“)