Informationen anhand von Zahlenmaterial zu sammeln, zu analysieren und aufzubereiten, hat in Unternehmen eine große Bedeutung. In der Vergangenheit wurde diese Aufgabe zumeist vom Rechnungswesen wahrgenommen. Inzwischen erkennen immer mehr Unternehmen, dass dieser Ansatz keine zukunftsorientierte Planungsgrundlage bildet. Controllinginstrumente finden daher immer stärker Einzug in die Unternehmen. In den letzten Jahren haben sich Controllingwerkzeuge auch für einzelne Unternehmensbereiche herausgebildet. Die Entwicklung hat natürlich auch vor dem Personalbereich nicht Halt gemacht. Um planen und entscheiden zu können, müssen insbesondere Personalmanager relevante Informationen ständig verfügbar haben. Dennoch führt gerade im Personalbereich das Controlling in der betrieblichen Praxis eher ein Schattendasein. Woran kann dies liegen? Benötigen Personalmanager oder Entscheidungsträger der Unternehmen keine spezifischen Informationen über den wichtigsten Faktor im (inter-)nationalen Wettbewerb, den Mitarbeiter?
Hier zwei Erklärungsversuche. Zum einen verfügen Personalmanager oft über eine eher juristische oder geisteswissenschaftliche Ausbildung und haben daher nicht zwingend eine Affinität zu Zahlen. Bedeutsamer könnte aber ein anderer Gesichtspunkt sein: die Angst vor der Transparenz und Messbarkeit der eigenen Leistung. Controlling ist gleich Kontrolle. Diese Formel geistert häufig noch in den Köpfen der Betroffenen herum. Ein Irrtum.
Controlling an sich und auch das Personalcontrolling sind weit davon entfernt, nur zu kontrollieren. Beide dienen nachhaltig zur Unternehmenssteuerung. Schon lange entfernt sich das Personalcontrolling von der reinen Aggregation und Aufbereitung von Kennzahlen. Im Fokus steht immer mehr die Herausforderung der Personalbewertung, das Human Resources Accounting.
Wertschöpfung dokumentieren
Ehrgeizigen Personalmanagern bietet dieser Ansatz viele Möglichkeiten, um ihren Einfluss bei der Formulierung und Umsetzung von Strategien geltend zu machen. Mit dem Instrumentarium des Personalcontrollings können sie nicht nur sicher sein, dass sie zur Wertschöpfung beitragen: Sie können dies auch dokumentieren! Die Bedeutung der Mitarbeiter für den Erfolg eines Unternehmens wird vor dem Hintergrund des steigenden Wettbewerbsdrucks und der stetig wechselnden Anforderungen an Unternehmen weiter zunehmen. Die täglichen Herausforderungen können nur mit kompetenten und veränderungsbereiten Mitarbeitern bewältigt werden. Menschliche Ressourcen müssen in den Unternehmensstrategien immer stärker berücksichtigt werden, die Personalarbeit wandelt sich von der weitgehend administrativen hin zu einer gestalterisch-strategischen Aufgabe. Gerade diese strategischen Elemente erweitern die Ausrichtung der Personalarbeit. Das Personalcontrolling bietet hier elementare Hilfestellungen.
Personalcontrolling weist einige Besonderheiten zu traditionellen Controllinggebieten auf. Die menschliche Arbeit hat sich zunehmend zu einem wertvollen, aber auch verteuernden Leistungsfaktor entwickelt. Sie kann als eigentliche Quelle für Wertschöpfung in Leistungsprozessen bezeichnet werden. Problematisch ist in der Praxis aber die Messung der personalwirtschaftlichen Aktivitäten. Weiterhin ist zu beachten, dass sich der Erfolg der Personalarbeit nicht nur in ökonomischen Dimensionen, sondern beispielsweise auch in Verhaltenskriterien und qualitativen Leistungsfaktoren wie Identifikation, Motivation und Zufriedenheit wieder findet.
Die qualitative Herausforderung
Diese weichen Kriterien sind allerdings einer Bewertung nach klassischen Rentabilitäts- und Wirtschaftlichkeitskriterien kaum zugänglich. Ebenso schwer lassen sich die sozialen Wirkungen personalbezogener ökonomischer Entscheidungen wie beispielsweise Entlassungen oder Restrukturierungen erfassen. Daher muss das Personalcontrolling in besonderem Maß qualitativen Aspekten Rechnung tragen und von klassischen Controllingelementen Abstand nehmen. Für das Personalcontrolling haben sich verschiedene Aufgaben herausgebildet. Sie reichen von der Personalbestandsanalyse bis zur Personalbewertung (eine Checkliste hierzu finden Sie in unserem Internetdossier unter www.personal-magazin.de). Je nach Zielrichtung werden diese Aufgaben dem operativen oder dem strategischen Personalcontrolling zugeordnet. Ergebnisse des operativen Personalcontrollings lassen sich sehr oft und ohne großen Aufwand in Kennzahlen erfassen. Diese Kennzahlen ermöglichen die Widergabe relevanter Sachverhalte in quantitativer, verdichteter Form. Hierzu lassen sich absolute Zahlen und/oder Verhältniszahlen verwenden, die aus personalwirtschaftlich relevanten Daten gebildet werden.
Zu den absoluten Zahlen gehören Einzelzahlen oder Summen (zum Beispiel Gesamtzahl der Mitarbeiter), Differenzen (zum Beispiel Fehlzeiten als Differenz zwischen Soll- und Ist-Arbeitszeit), Mittelwerte (zum Beispiel Durchschnittsalter der Mitarbeiter) und Streuungsmaße (zum Beispiel Standardabweichung über das Alter der Mitarbeiter). Die Gruppe der Verhältniszahlen umfasst Gliederungszahlen (zum Beispiel Frauenanteil in der Belegschaft), Beziehungszahlen (zum Beispiel Verhältnis von Arbeitsleistung zu Arbeitseinsatz) und Indexzahlen (zum Beispiel Lohnkostenindex).
Mit diesem Rüstzeug lassen sich – auch in kleineren oder mittleren Unternehmen – erfolgreich eigene Kennzahlensysteme aufbauen. Wichtig ist, dass unternehmensindividuelle Kennzahlensysteme herausgearbeitet werden müssen. Hierbei hat sich in der Praxis folgende Vorgehensweise etabliert:
- Festlegung und Gewichtung der personalwirtschaftlichen Ziele
- Festlegung der Kennzahlen zum Personalcontrolling
- Auswahl der Kennzahlenempfänger
- Sicherung der Informationsquellen und Vergleichsgrundlagen
- Festlegung der Erhebungszeitpunkte oder -räume
- Auswahl der Mitarbeiter für die Erstellung der Kennzahlen
- Festlegung der Darstellung der Kennzahlenergebnisse
Wie oben dargelegt, hat Personalcontrolling in besonderem Maß strategischen Aspekten Rechnung zu tragen. Die Mitwirkung an der strategischen Personalarbeit einschließlich der Erarbeitung von Anpassungsstrategien auf Umweltänderungen im Personalbereich erfordert eine Abstimmung mit den Strategien der Gesamtunternehmung. Daher haben sich in den letzten Jahren einige Elemente herausgebildet, die das Personalcontrolling in diesen Prozess nachhaltig einbeziehen.
Bezeichnend hierfür ist zum Beispiel die Entwicklung und Anwendung der Balanced Scorecard oder auch von so genannten Strategy Maps (siehe hierzu die folgenden Praxisbeispiele). Die Bewertung des Personals geht bereits soweit, dass die Erstellung einer Personalvermögensbilanz ermöglicht wird.
Eines aber muss sich der Personalmanager sowie die Unternehmensleitung immer vor Augen führen: Eine Personalbewertung bedeutet nicht, einige oder viele Zahlen nach einer Formel zu einem Wert zu verarbeiten.
Mehr Kunst als Wissenschaft
Personal zu bewerten heißt in erster Linie, das Personal und seine Umwelt eingehend zu analysieren und darauf aufbauend mithilfe von wissenschaftlichen Erkenntnissen, breiten personalwirtschaftlichen Kenntnissen, Urteilskraft und Erfahrung Aussagen über die voraussichtliche Leistungsentwicklung des Personals zu machen und unter Darstellung der Chancen und Risiken in einem Wert zu bündeln. Personalbewertung ist somit wie Personalführung mehr Kunst als Wissenschaft, wie das der Accounting-Experte Karl Born einmal so schön ausdrückte.