Viele Unternehmen haben ihren Bildungsetat in den vergangenen Jahren gekürzt. Der Kostendruck habe die Diskussion über Bildungscontrolling beflügelt, betonte Organisator und Referent Mario Gust von AB&F Consulting Berlin am ersten Kongresstag. Dennoch beschränke sich die Erfolgskontrolle der Weiterbildungsangebote in vielen Firmen darauf, die Zufriedenheit der Teil-nehmer zu analysieren. Dass es auch anders geht, beweist das von Gust präsentierte „Bildungscontrolling II“. Dieser Ansatz richtet das Bildungscontrolling an den Marktanforderungen des Unternehmens aus. MacDonalds beispielsweise zieht eine Stärke daraus, die Essgewohnheiten der Verbraucher genau im Auge zu behalten und rechtzeitig darauf zu reagieren. Solche Chancen des Marktes ermittelt das „Bildungscontrolling II“, indem es das gesamte Netzwerk einer Organisation einbezieht: Firmen messen ihren Bildungsbedarf in Großveranstaltungen mit bis zu 300 Teilnehmern – mit Hilfe von Kommunikationstools wie E-Conferencing und Ted-Abfragen. Das Verfahren bietet Unternehmen die Möglichkeit, die Perspektive von Mitarbeitern und Führungskräften mit den Wünschen der Kunden und anderer Interessensgruppen zu verbinden.

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Foto von Marten Bjork

Sollten Unternehmen eigenes Know-how im Bildungscontrolling aufbauen oder diese Aufgabe auslagern? Dieser Frage ging Dr. Stephan Buchhester von der Autovision GmbH in Wolfsburg nach – und präsentierte gleich eine Lösung für outsourcingwillige Unternehmen: Das Online-Tool M.E.N.T.A.L, das den Ansatz des „Bildungscontrolling II“ integriert, unterstützt Unternehmen dabei, die Wirksamkeit ihrer Weiterbildungen vorherzusagen – noch bevor sie einen Cent in ein Seminar investiert haben.

Dr. Sven Grote vom Institut für Arbeitswissenschaft der Universität Kassel beschäftige sich in seinem Vortrag mit einem zentralen Thema der Konferenz: dem Zusammenspiel von Kompetenzentwicklung und Bildungscontrolling. Unter Kompetenz als Ziel von Weiterbildung verstehen Experten nicht die bloße Vermittlung von Kenntnissen und Fertigkeiten. Gefragt ist vielmehr die Fähigkeit, selbst organisiert Probleme zu lösen. Grote erläuterte, dass Unternehmen mit Hilfe eines Kompetenzmodells Ihr Seminarangebot auf die eigenen Bedürfnisse zuschneiden könnten. Denn bei der Auswahl der Angebote müssten die beteiligten Führungskräfte begründen, welche Kompetenzen sie mit dem jeweiligen Seminar weiterentwickeln möchten.

Wie Bildungscontrolling in der Praxis aussehen kann, zeigten sechs Beispiele aus Unternehmen unterschiedlicher Branchen. So stellte Projektleiter Dirk Venzke das Modell der Commerzbank AG vor: Mit Hilfe des Instruments ComSkill können die Mitarbeiter ihre fachlichen und persönlichen Kompetenzen ermitteln und mit den Anforderungen an ihre Planstelle vergleichen. ComSkill hilft ihnen dabei, ihre Stärken zu entdecken und Schwächen zu identifizieren, die sie mit Hilfe von Weiterbildung ausgleichen können. Thomas Jenewein und Christine Wässle von der SAP AG be-richteten, wie das IT-Unternehmen Bildungscontrollingprozesse auf Basis eines international gültiges Kompetenzmodells entwickelt hat.

Mit einem Kernproblem des Bildungscontrollings beschäftigte sich Dr. Marcus Cordes von der Vereinigung für Bankberufsbildung in Frankfurt. Er stellte ein Value-of-Investment-System vor, das den Wert von Personalentwicklung misst. Insbesondere in den USA liegt diese Form von Bildungscontrolling voll im Trend. Denn Investitionen in Bildungsmaßnahmen müssen sich lohnen und deshalb suchen Topmanager nach Modellen, die sowohl die Kosten als auch den Nutzen von Fortbildungen transparent machen. Das von Cordes präsentierte System basiert auf der Vier-Stufen-Methode von Donald Kirkpatrick, dem Vordenker des Return-of-Investment. Es kann dazu beitragen, den strategischen Nutzen von Weiterbildungen und in vielen Fällen auch ihren kon-kreten materiellen Wertbeitrag zu ermitteln.

Unternehmen profitieren von den vorgestellten Methoden aber auch in Bereichen, die sich nicht so leicht messen lassen – beispielsweise bei der Unternehmenskultur. Das Ziel von Kompetenzentwicklung und Bildungscontrolling ist für die Beteiligten am Kongress dann erreicht, wenn Dritte die eigene Einschätzung von der Problemlösungskompetenz teilen. Und „der wichtigste Dritte ist der Kunde, denn er zahlt letztendlich auch die Bildungsmaßnahme“, resümierte der Organisator Gust.

Der Termin für den 5. deutschen fachkongress für bildungscontrolling steht bereits fest: Am 11. und 12. September 2007 treffen sich die Experten für Bildungscontrolling wieder parallel zur Fachmesse Zukunft Personal.