Die Vision: Mit dem global digital village von einer halben Million Menschen – den Kunden immer einen Schritt voraus
Dr. Ralph Wiechers ist seit Januar 2019 Senior Vice President Corporate People Management & Platforms bei Deutsche Post DHL Group. Mit rund 520.000 Mitarbeitenden in 220 Ländern und Territorien weltweit ist Deutsche Post DHL Group ein sehr menschengetriebenes Unternehmen. Was ist der zukünftige „Wiechers Way“, um den Konzern auf die personellen Herausforderungen der Zukunft vorzubereiten?
Sie kommen ursprünglich aus den Geschäftsbereichen Online Marketing und Kunden E-Commerce und sind nun vom Dialogmarketing neu in die Leitung für Corporate People Management & Platforms gewechselt. Was bewegte Sie in die Domäne des HR-Managements und was wird Ihr Hauptanliegen sein?
Wir sehen eine Veränderung des Arbeitsmarkts hin zu einem Konsumentenmarkt. Das heißt, die Konsumenten oder Nutzer kommen zunehmend mehr in Entscheidungsrollen. Das entspricht der klassischen Arbeit eines Marketeers und ich finde es sehr spannend die digitale Transformation, die wir bereits im Dialogmarketing vollzogen haben nun auch in das globale Recruiting einzuführen.
Welche großen Entwicklungen sehen Sie im Recruiting?
Ich sehe vier Aufgaben: Zunächst geht es um die datengetriebene Optimierung des Recruiting, zweitens um den Perspektivwechsel von der angebotszentrierten hin zur verbraucherzentrierten Sicht während des gesamten Bewerbungsprozesses. Drittens müssen wir die Bewerbungsprozesse noch mehr personalisieren und viertens individualisieren. Wenn wir all das vereinen können, erreichen wir eine Optimierung ganz nach dem Prinzip des Online Marketing.
Wie intensiv beschäftigen Sie sich mit internationaler Rekrutierung und welchen Stellenwert nimmt Programatic Advertising dabei ein?
Ein Großteil der von uns weltweit zu besetzenden Stellen richtet sich an ungelerntes Personal bzw. nicht-Fachkräfte. Wir können aber weltweit nicht automatisch die gleichen Tools anwenden. Ein Beispiel ist unsere WhatsApp Funktion ohne notwendige CV-Eingabe – in Asien wird WhatsApp aber nicht intensiv genutzt. Dafür haben wir in Singapur Walk-in-Centers eingerichtet, wo Interessierte einen Job direkt zum Ausprobieren angeboten bekommen und auch testen dürfen, ob ihnen die Arbeit zusagt.
Welche Ziele haben Sie sich für 2019 vorgenommen?
Wir werden – wie im Marketing – intensive AB-Testings durchführen um kontinuierlich unsere Prozesse mit leicht veränderten Variationen auszuprobieren und letztlich verbessern zu können. Wir werden unsere eigenen Kontaktstellen (Touch Points) optimieren und Partner-Websites mit unseren eigenen Seiten verzahnen. Wir werden die Suche im Netz verbessern (Search-Engine-Optimization/SEO) sowie in den stark wachsenden sprachbasierten Bereichen wie Alexa und Siri.
Haben Sie eine Retention-Strategie?
Unsere Strategie ist es sicherzustellen, dass wir unsere Mitarbeiter kontinuierlich weiterentwickeln, so dass sie unseren Kunden in Ihrem Wissen immer einen Schritt voraus sind. Das gilt insbesondere im Logistik-Bereich wo zum Beispiel Augmented Reality (AR)-Technologie im Supply Chain Management rasante Entwicklungen zulässt. Unsere Mitarbeiter sind so täglich aktiv in die Verbesserungsprozesse unserer Logistik, beispielsweise durch Data Analytics, involviert.
Welchen Zweck erfüllt die AR-Technologie?
Augmented Reality unterstützt Prozesse und gestaltet sie effizienter. Dabei entlastet die Technologie unsere Kollegen im Warenlager bei ihrer Arbeit und hilft außerdem dabei, die Qualität für unsere Kunden kontinuierlich zu verbessern. Technologie hat für uns in erster Linie den Zweck, die Arbeit der Kollegen zu unterstützen – wir sehen AR nicht als Ersatz für den Menschen. „Robotics Process Automation“ (RPA) kann sehr gut bei Teiltätigkeiten repetitiver Natur eingesetzt werden und geben damit dem Menschen mehr Raum für kreativere Arbeit. Diese sogenannten Software Roboter übernehmen häufig zeitraubende administrative Prozesse. Ich bin mir sicher, dass sich in diesem Bereich noch sehr viel bewegen wird.
Auf LinkedIn kommentierten Sie, dass Führungsqualitäten für die digitale Transformation hin zum digitalen Mindset wichtig sind und verweisen auf Ambidexterity. Können Sie näher erläutern was es mit dieser übersetzt „Beidhändigkeit“ in Ihrem Schaffensbereich auf sich hat?
Das habe ich noch aus meiner alten Funktion heraus geschrieben, aber es trifft in jedem Bereich zu. Ich meine damit dass wir beidhändig jonglieren können müssen zwischen dem Festhalten an unserer tagtäglichen Leistung einerseits und andererseits offen neue, digitale Themen entwickeln um agil im Geschäft zu bestehen. So entsteht digitale Transformation.
Wie kann man die Strategie „Wiechers Way“ beschreiben – welche Visionen verfolgen Sie bei der Rekrutierung und beim Halten von Talents?
Ich werde alles dafür tun dass sich das HR-Management als wertstiftende Funktion innerhalb unseres Unternehmens weiterentwickelt und Technologie nutzt, um der „user experience“ und der „customer journey“ zum Erfolg zu verhelfen – ganz im Sinne der erwähnten „Robotics Prozess Automatisierung“.
Autorin: Connie Voigt