Wer von uns kennt sie nicht, die lästigen Telefonkonferenzen mit Dauerrednern, unzähligen Teilnehmern, Themen vom Hundertsten ins Tausendste. Oft sind sie wichtig aber auch gleichzeitig langweilig. Zwischendrin schaltet man ab, liest Emails und schaut nach seinem Facebook-Account. Am Ende hat man das Gefühl, man wäre gar nicht gehört worden, man hatte gar nicht die Gelegenheit sich zu beteiligen, man fühlte sich ausgeschlossen. Diese Form des virtuellen Meetings ist zwar wirtschaftlich und effizient. Aber sind die Ergebnisse qualitativ auf hohem Niveau? Schadet die Telefonkonferenz nicht sogar dem Team? Oder sind vielleicht sogar die Kosten am Ende höher als der Nutzen?

group of people doing jump shot photography
Foto von Husna Miskandar

 

Eines gleich vorweg. Ich persönlich bin eher ein Freund von Telefon-Konferenzen. Es ist offensichtlich Blödsinn, Kollegen aus ganz Deutschland (oder gar der ganzen Welt) zusammen zu karren, um dann ein 2 Stunden Meeting abzuhalten. Die Zeit, die für die Anreise draufgeht, ist verschwendete Lebenszeit für alle. Die Inhalte eines normalen Meetings, einschließlich Smalltalk vorweg, Störungen durch Witzeleien, Wiederholungen für Zuspätkommer, Abschweifungen vom Thema, lassen sich Erfahrungsgemäß auch in 30 Minuten abhandeln – z.B. in einem effizient geführtem Telefonmeeting. Ich habe viele solcher Telefonkonferenzen miterlebt. Meist war ich hinterher erfreut, wie schnell sie vorbei waren und wie konzentriert alle am Thema gearbeitet hatten. Allerdings kann man auch oft Gegenteiliges erleben. Mal ehrlich, wer hat noch nie während einer Telko auf seinem Monitor rumgeklickt oder Papiere auf dem Schreibtisch umher geordnet? Nachlässig geführte Telefonmeetings können sogar dem Teamwork Schaden zufügen.

 

Das Haupt-Problem einer Telko ist offensichtlich: Kein Sichtkontakt. Die Aufmerksamkeit kann nicht durch Anschauen der Zuhörer gehalten werden. Jeder fühlt sich unbeobachtet. Und Ablenkung ist auf jedem Schreibtisch in Reichweite. Wie viele Zuhörer gerade gar nicht mehr zuhören bleibt dem Redner vollkommen verborgen. Wie viele Informationen so verloren gehen ebenfalls. Der Redner glaubt, er habe alles Wichtige weitergeben. Was angekommen ist bleibt fraglich.

 

Ein weiteres Problem ist das völlige Fehlen von Körpersprache, viel weniger nonverbale Signale. Wer etwas zu sagen hat, kann nicht einfach ein Handzeichen geben. Jede Wortmeldung bedeutet, dem Redner ins Wort fallen zu müssen. Das fühlt sich für viele ungehörig und respektlos an. Viele Teilnehmer halten deshalb ihre Beiträge zurück. Dem Plenum gehen wichtige Informationen, Fakten, Ideen, Stimmungen verloren. Niemand sieht ein Stirnrunzeln oder gar ablehnende Gesten. Das Hören zwischen den Zeilen ist ohne Blickkontakt wesentlich schwieriger. Notwendige Rückfragen bleiben natürlich aus. Zu leicht wird Zustimmung unterstellt. Oder harmlose Formulierungen werden als Vorwurf missinterpretiert. Gefährlichen Missverständnissen ist Tür und Tor geöffnet. Hinter dem Rücken des vermeintlich Schuldigen wird geredet. Am Ende leiden darunter die Beziehungen im Team. Das Teamwork bröckelt. Die Folge sind Sand im Team-Getriebe, unnötige Verzögerungen und vermeidbare Kosten.

Manchmal glauben die Initiatoren einer Telko auch, die Telefonmeetings würden dem Zusammenhalt des virtuellen Teams nutzen. Entsprechend gibt es einen telefonischen Jour-fixe für alle Teammitglieder. Um alle auf dem Laufenden zu halten, sich auszutauschen und als Team im Kontakt zu bleiben. Doch dieser Schuss muss nach hinten losgehen. Elementar zur Förderung des Team-Zusammenhalts ist Vertrauen. Die „Nicht-Sichtbarkeit“ der Teilnehmer, das Fehlen von Mimik, Körpersprache und sichtbaren emotionalen Reaktionen fördert jedoch eher Misstrauen und Missverständnisse. Mitarbeiter die aus den oben genannten Gründen nicht zu Wort kommen, fühlen sich ausgeschlossen. Die Gefahr, dem Team zu schaden, ist nicht zu vernachlässigen. Wichtig zum Zusammenwachsen sind private Gespräche und gemeinsame Freizeit-Aktivitäten. Der notwendige Flurfunkt, die Sozialisierung über Gerüchte, das informelle Gespräch fehlt. Das alles ist in einer Telko unmöglich. Virtuelle Teams können nur offline, am besten mit regelmäßigen Treffen mit gemeinsamer Abendgestaltung und emotional aufgeladener Freizeitaktivität zusammenwachsen.

 

Alles was bisher gesagt wurde trifft natürlich umso mehr auf E-Mail, SMS, Chat und Social-Media-Lösungen zu. John Naisbitt, der Autor des Buches „Megatrends“ hat vorhergesagt: Je mehr der Mensch lernt elektronische Medien zu nutzen, umso wichtiger wird der persönliche Kontakt. Das heißt, je wichtiger eine Entscheidung, je größer die Meinungsverschiedenheit, je höher die Emotionen, desto wichtiger ist es, sich persönlich zu treffen.

 

Die Telefonkonferenz sollte also trotz ihrer Effizienz möglichst die Ausnahme bleiben, z.B. wenn ein persönliches Zusammentreffen aufgrund von Zeit und Entfernung indiskutabel erscheint. Ist die Telko unvermeidlich, dann sollte man sich an die folgenden, wichtigen Regeln halten.

 

Soll das Teamwork an der notwendigen Effizienz keinen Schaden nehmen, muss man der Gefahr der fehlenden Information, aufgrund der fehlenden Körpersprache und der Gefahr der Ablenkung der Teilnehmer Rechnung tragen. Man will ja möglichst vollständige Information und bestmögliche Entscheidungen. Commitment des ganzen Teams sollten immer das Ziel sein.

 

Dafür sollte eine Kultur des Fragens trainiert werden: „Hat jemand eine Frage dazu? Kann jeder von Ihnen diesem Statement zustimmen? Hat jemand eine Idee dazu?“, „Möchte jemand etwas ergänzen?“

Das persönliche Ansprechen sollte zur Gewohnheit werden: „Klaus, was ist Ihre Sicht als Experte dazu?“

Die Gewohnheit wirklich jeden einzeln abzufragen muss eingeübt werden: „Wie ist Ihre Meinung dazu? Beginnen wir mit Karsten? Hans, sind Sie ebenfalls einverstanden? Frank, und Sie?“

Das „zwischen den Zeilen Hören“ und des Nachforschen muss gelernt werden: „Franziska, Sie schweigen. Heißt das, dass Sie anderer Meinung sind oder überlegen Sie noch?“

In einem guten Kommunikationstraining lernt man weitere Techniken, um gezielt in den Kopf der Anderen Teilnehmer zu schauen.

Eine Agenda ist schon in normalen Meetings eigentlich eine Selbstverständlichkeit. Umso wichtiger ist die Tagesordnung und deren Einhaltung im Telefon-Meeting. Die Agenda sollte vorbereitete Umfragen und Rückfragen bereits enthalten.

Es muss unbedingt ein Moderator, bzw. Leiter bestimmt sein. Dieser kümmert sich um die Einhaltung der Agenda, die Einhaltung angemessener Redezeiten, den Umgang der Teilnehmer untereinander. Er hat die wichtige Aufgabe, darauf zu achten, wer anwesend ist, hinzukommt, sich verabschiedet. Er fragt Meinungen und Kommentare bei jedem einzeln und namentlich ab und sorgt dafür, dass sich wirklich jeder einbringt.

Teilnehmer, die nicht Moderator oder Leiter der Konferenz sind, sollten ebenfalls andere Teilnehmer mit Name ansprechen: „Andrea, was halten Sie von meiner Idee?“ Sie sollten außerdem gelernt haben, wie sie ihre Meinung beitragen, ohne Andere zu bedrängen oder anzugreifen. Sie sollten immer mit Fakten beginnen, ihre persönliche Interpretation als solche kennzeichnen und dazu einladen, diese Interpretation zu überprüfen.

Damit jeder Teilnehmer zu Wort kommt, wenn es drauf ankommt, sollte die Verwendung folgender Formulierungen von allen eingeübt werden: „Entschuldigung, ich habe dazu einen Hinweis…“, „Darf ich meine Meinung dazu einbringen…“, „Ich habe noch eine Ergänzung zu diesem Punkt.“

Wo verbale Kommunikation derart wichtig ist, sollte Kommunikation als Fähigkeit entsprechend trainiert sein. Der richtige Umgang miteinander ist in Telefonkonferenzen elementar. Neben der Reisekostenersparnis kann man so ein größeres Commitment, besseren Flow der Informationen, qualitativ bessere Entscheidungen und dadurch eine höhere Produktivität ernten. Zur Effizienz kommt die Effektivität. Die Qualität der Teambeziehungen bleibt erhalten. Um den Zusammenhalt eines virtuellen Teams zu steigern, treffen Sie sich aber doch besser persönlich. Die Investition in diese Reisekosten lohnt sich.