Da waren wir gestern in einem Vortrag von Peter Spiegel in der Reihe “mission possible – Menschen, die bewegen”[1] gehört. Er stellte uns den Geist und die weltweiten Aktivitäten von Genesis http://www.genisis-institute.org/ vor.

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Foto von NordWood Themes

Die unkonventionellen Ideen und Projekte von Muhammad Yunus und seinen Mitstreitern begeistern und es gibt Hoffnung, dass es dafür einen Friedensnobelpreis gab.

So vieles, was zu Wirtschaften, gesellschaftlicher Verantwortung und Bildung gesagt wurde, spricht uns aus dem Herzen. Z.B., dass wir Schluss machen müssen, mit der „Almosenmentalität“, mit der wir den „Verlierern“ unseres gegenwärtigen Weltwirtschaftssystems begegnen, sondern sie in Ihrer Würde als selbstverantwortliche Wirtschaftspartner stärken und natürlich strangulierende Bedingungen für deren eigenes Wirtschaften beseitigen müssen.

Bedenkenswert auch die Aussage, dass traditionelle Banker von der Mitwirkung an den Kleinkreditsystemen ausgeschlossen sind, weil es zu aufwendig ist, ihre gelernten Mindsets zu verändern. Spiegel trug weitergehend sein persönliches Bekenntnis vor, dass es zu schwierig ist, traditionelle Organisationen zu verändern, sondern einfacher, erfolgreiche Parallel-Organisationen zu schaffen, deren Kraftfeld eben dann auch die Rahmenbedingungen für traditionelle verändert. Sie müssen sich bewegen oder sterben dann aus.

Damit kommen wir an eine zentrale Frage, die auch uns immer wieder bewegt: Einerseits wollen wir Entstandenes würdigen, andererseits verbrennen wir wertvolle Innovationsenergie beim Versuch, Traditionen von innen zu erneuern. Unser Engagement z.B. im forum humanum[2] oder in der Schul- und Hochschulentwicklung z.B. in der Metropolregion Rhein/Neckar zeigt uns, wie dick die Bretter sind. Haben wir genug Kraft, hier in einem vernünftigen Zeitrahmen etwas zu bewegen? Können wir gegen die Gewohnheiten von traditionellen Bildungsinstitutionen und den darin sozialisierten Professionellen etwas ausrichten? Da wird uns zurecht Würdigung von dort tätigen Menschen und ihren Wirklichkeitsvorstellung abverlangt. Doch haben wir gleichzeitig das Gefühl, im Sumpf zu waten und Richtung gesellschaftlicher Veränderung nicht wirklich voranzukommen. Da werden wir einer bösen Ökonomisierung kultureller Einrichtungen und des Verrats an humanistischen Werten verdächtigt. So werden gerne Einwände gegen tiefer greifende Erneurungen begründet. Dabei hat der heute so idealisierte Wilhelm von Humboldt seine Schulreform innerhalb von 16 Monaten als Minister top-down (wie man heute sagen würde ) durchgezogen. Wer nicht mitzog , war draußen. Wer hat heute solche gesellschaftliche Autorisierung?

Da werden Kapitalismus und Marktwirtschaft kritisch beäugt und das zurecht[3] . Doch machen auch wir die Erfahrung, dass viele Menschen im öffentlichen Dienst so wenig an marktwirtschaftlichen und unternehmerischen Prinzipien orientiert sind, dass sie auf Segnungen von oben, bzw. deren Ausbleiben fixiert sind, dass wir immer wieder auf seltsame Einstellungen zu Leistung, Verantwortung und Umgang mit Ressourcen treffen. Eine Zusammenarbeit mit uns als einer zwar Werteorientierten aber klar marktwirtschaftlich ausgerichteten Bildungseinrichtung ist dann nicht so einfach. Sponsoring unsererseits löst diese Probleme nicht. Von daher stimmen wir der Ansicht von Spiegel zu, dass eine unternehmerische Einstellung und entsprechende Kompetenz möglichst vieler Beteiligter notwendig ist. Allerdings müssen dafür die Bilder von Unternehmertum, von Professionalität und marktwirtschaftlichem Handeln neu betrachtet werden.[4] : Wir alle wirtschaften und sind UnternehmerInnen.

Auch stimmen wir zu: Ökologie und Ökonomie, Leistung und Humanität sind nur in verbohrten und unverantwortlichen Weltbildern Gegensätze. Schlau erscheint uns daher das offenbar überzeugende Argument, dass über klassische Produkte und „potente“ Kunden kein vernünftiges Wachstum, vielleicht nicht einmal ein Überleben für viele Unternehmen gesichert werden kann. Die „Armen“ sind das Potential an Konsumenten und Wirtschaftspartnern, die Befriedigung Ihrer Lebensbedürfnisse sind die größte “Marktreserve“ der Gegenwart.

Natürlich müssen wir auf Übertreibungen richtiger Argumente achten, müssen unzulässige Verallgemeinerungen von Ansichten, die in begrenzten Bereichen gültig sind vermeiden. Sonst ist Nachhaltigkeit auch nicht gesichert. Und wir wollen doch nicht nur Strohfeuer entzünden, sondern Herd-Feuer, auf denen “Lebensmittel” für alle bereitet werden können.

Also kein fahrlässiges oder opportunistische Spiel mit Sehnsüchten, aber durchaus Visionen, die weit über heutige “Selbstverständlichkeiten” hinausführen. Oh, Obama! Und wir dürfen uns auch irren. Schlimmer als die Irrtümer, die zu unserer heutigen Situation geführt haben, können unsere auch nicht sein. Und wir dürfen uns nicht fürchten, als naiv belächelt zu werden.

Also, lasst es uns angehen!

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1 www.sinn-im-beruf.de

2 www.forum-humanum.eu

3 siehe auch Blog 15 v. 14.10. 2008 http://www.systemische-professionalitaet.de/berndschmid/bernd-schmids-blog/blog14_gerettet.html

4 siehe z.B. Unternehmen Beruf in Bernd Schmid (3/2007): Mit Menschen für Menschen Wirtschaften! Mensch + Profession, Mensch + Organisation, Mensch + Wirtschaft S. 5

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