Mitarbeiter-Blogs werden laut Trendstudie als gute Lernmöglichkeit angesehen, weil sie zum Beispiel den Erfahrungsaustausch von Experten fördern. „Während der Einsatz von Open Educational Resources, Social Bookmarking und Online Social Networks als Lernmöglichkeiten bei den Bildungsverantwortlichen derzeit noch keine Rolle spielen, werden die Potentiale von Wikis, Blogs, Podcasts und Videocasts für formelles und informelles Lernen klar erkannt“, schreiben die Autoren und stellen sich eine weiterführende Frage: Welche Bezüge bestehen zwischen den neuen Technologien und dem informellen Lernen? Informelles Lernen gilt als ungebrochener Trend, der weiter stark zunimmt. Die Experten sagen, dass es zukünftig wichtiger denn je wird, unterschiedliche Formen des Lernens zu verknüpfen und diesen Prozess durch sinnvolle technische Entwicklungen zu unterstützen.

MacBook Pro on table beside white iMac and Magic Mouse
Foto von Domenico Loia

Die Zeit des Hypes um die Nutzung virtueller Realitäten (wie zum Beispiel Second Life) als Lernräume ist hingegen vorbei. 52 Prozent der Befragten sagen Second Life sei unwichtig. Dies ist der höchste Wert in der gesamten Studie. Lediglich 2 Prozent nutzen virtuelle Realitäten in ihren Unternehmen. Das Swiss Centre for Innovations in Learning (scil), angesiedelt an der Universität St.Gallen (Schweiz), hatte bereits 2006 und 2008 eine Trendstudie zu Veränderungen im Bildungsmanagement durchgeführt. Aufgrund der positiven Resonanz der Bildungsverantwortlichen hat sich scil entschlossen, die Trendstudie in einem zweijährigen Rhythmus zu wiederholen. Mitte 2010 wurde die 3. Trendstudie durchgeführt. An ihr nahmen 100 Experten aus der deutschsprachigen Region und 50 aus dem europäischen Ausland teil.

Transfer ist das wichtigste Anliegen

Charakteristisch für die SCIL-Trendstudie ist ein Ranking der zehn wichtigsten Herausforderungen, denen sich Personalentwickler derzeit gegenübersehen. Für das Jahr 2010 wurde folgende Hitliste ermittelt:

  1. Bildungsmaßnahmen transferförderlich gestalten – zum Beispiel durch spezielle Transferaufgaben für Seminarteilnehmer und insbesondere durch die Verzahnung der Lerninhalte mit den Arbeitsprozessen.
  2. Qualifizierung der Mitarbeiter proaktiv an der Unternehmensstrategie ausrichten
  3. Förderung überfachlicher Kompetenzen: Vermehrt Sozialkompetenzen entwickeln wie Teamkompetenzen, Gesprächsführung…
  4. Lernunterstützung fördern durch Vorgesetzte
  5. Qualitätsentwicklung und -sicherung verstärken – zum Beispiel durch Qualitätsmanagementsysteme, Evaluation der Bildungsangebote…
  6. Wissensaustausch der Mitarbeitenden untereinander erhöhen mit Communities of Practice
  7. Förderung überfachlicher Kompetenzen: Vermehrt Selbstlernkompetenzen zum Beispiel über individuelle Lernstrategien.
  8. Mitarbeitern einen personalisierten Zugang zu unternehmensinternen Lern- und Wissensportalen bereitstellen
  9. Unternehmen zu lernenden Organisationen weiterentwickeln.
  10.  Beteiligung des Bildungsmanagements am unternehmensweiten Strategieprozess.

Das Top-Thema der gesamten Studie ist die transferförderliche Gestaltung von Bildungsmaßnahmen und damit der Aspekt Nachhaltigkeit. Bereits in den Trendstudien 2006 und 2008 handelte es sich dabei um die im Moment größte Herausforderung für das Bildungsmanagement in Unternehmen. Umso erstaunlicher ist es, dass bisher lediglich ein Drittel der aktuell Befragten die Realisierung eines systematischen Transfermanagements aufgenommen haben. Eine herausragende Stellung kommt der Nutzung informellen Lernens zu – 84 Prozent der Experten sagen eine zunehmende Bedeutung für die kommenden Jahre voraus. Diese Aussage wird unterstrichen durch die Antworten zur Frage nach den Lernformen der Mitarbeitenden: Nach Einschätzung der Befragten wird nur noch zu 30 Prozent formal gelernt.

Der Traum vom Business-Partner

In den vergangenen Jahren wollten sich die Personalentwickler immer mehr als Business Partner etablieren, die sowohl als Strategie-Implementierer als auch als Strategieentwickler eine bedeutende Rolle innerhalb des Unternehmens spielen. Dieser Wunsch wird derzeit leiser vorgetragen. Zwar ist der Wunsch des Bildungsmanagements, nach der Festlegung von Strategieentscheidungen in die Umsetzung der Strategie einbezogen zu werden, immer noch hoch bedeutsam (50 % der Befragten geben dies konkret an), allerdings deutlich weniger als noch vor zwei Jahren (64 %). Daneben hat auch die Forderung nach einer Beteiligung des Bildungsmanagements während der Initialphase von Strategieprozessen deutlich an Bedeutung verloren (64 % hoch bedeutsam in 2006, 38 % in 2010). Das Bildungsmanagement nimmt also laut SCIL seine Bestrebungen, Business Partner zu werden, zurück. Die freiwerdenden Energien steckt es in die Rolle des Change Agent.

Die Ausrichtung der Qualifizierung an der Unternehmensstrategie hat in den letzten Jahren abgenommen (höchster Realisierungsverlust) und ist lange nicht so üblich wie die Ausrichtung an den Mitarbeiterbedürfnissen. Es kann entsprechend gefolgert werden, dass die Orientierung in beide Richtungen erfolgen sollte, wobei die Mitarbeitenden wieder zunehmend im Mittelpunkt stehen. Denn die alleinige Orientierung des Bildungsmanagements an den Unternehmenszielen trifft auf zwei gewichtige Gegenargumente: Erstens weiß niemand, wie die Anforderungen der Zukunft aussehen werden. So ist der zukünftige Bedarf der Wirtschaft selbst für langfristig denkende Personalmanager nicht prognostizierbar. Zweitens führt die Anpassung von Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern an einen vorgegebenen Bedarf dazu, dass diese ihr Handeln rigide auf Vorgaben und nicht flexibel auf Veränderungen ausrichten. Anpassung an einen Bedarf begründet somit eine fehlende Anpassungsfähigkeit an Veränderungen. „Angepasste sind keine anpassungsfähigen Mitarbeiter“, warnt die Studie.

Autorin: Gudrun Porath