Erkrankungen des Muskel-Skelett-Systems sind laut Auswertungen des Robert-Koch-Instituts (2011) international der primäre Grund für chronische Schmerzen, Bewegungseinschränkungen und eine einge schränkte Lebensqualität und weisen aufgrund langer Ausfallzeiten einen sehr hohen Anteil an den Krankenständen auf. Ein Konzept zur Prävention von Muskel-Skelett-Erkrankungen im Rahmen eines Betrieblichen Gesundheitsmanagements BGM kann hier Abhilfe schaffen.
Krankheit gehört zu unserem Leben. Der Ausfall von Mitarbeitern am Arbeitsplatz bzw. eine Beeinträchtigung der Ausübung der beruflichen Tätigkeit hat jedoch für das Unternehmen wirtschaftliche Folgen. Anteilsmäßig verursachen Muskel- und Skeletterkrankungen in allen Branchen die meisten Fehltage (Fehlzeiten-Report, 2011).
Aktuelle Zahlen: eine eindeutige Richtung
Laut den Gesundheitsberichten der Krankenkassen gehen rund ein Viertel aller Arbeitsunfähigkeitstage auf das Konto der Muskel-Skelett-Erkrankungen (MSE). Rückenschmerzen sind dabei die führende Diagnoseart. Die wirtschaftlichen Folgen umfassten 1998 rund 30 Mrd. EUR (Müller & Böhm, 2009). Im Jahr 2010 gingen 24.500 Frühberentungen auf das Konto der muskuloskelettalen Erkrankungen (Bödeker & Barthelmes, 2011). Daraus entstehen zum einen Kosten für die Entgeltfortzahlung, zum anderen aber auch Folgekosten durch Aufwendungen für die Vertretung der fehlenden Mitarbeiter sowie Störungen im Betriebsablauf und eine dadurch bedingte geringere Produktivität (Schellenberg, 2008). Die Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin schätzt die volkswirtschaftlichen Produktionsausfälle auf insgesamt 39 Milliarden EUR bzw. den Ausfall an Bruttowertschöpfung auf 68 Milliarden EUR (Suga, 2010).
Krankheitsbedingte Fehlzeiten führten 2010 zu einem Produktivitätsverlust von 43 Milliarden EUR, der Ausfall an Bruttowertschöpfung wird sogar auf 75 Mrd. EUR beziffert (Steinke et al., 2011). Betrachtet man die Erkrankungen des Muskel-Skelett-Systems genauer, entfällt die größte Anzahl der MSE auf den „low back pain“, Schmerzen im Bereich der Lendenwirbelsäule (Stadler, 2010). 2005/2006 befragte die BIB/BAuA bereits Beschäftigte zu den Arbeitsbedingungen. Damals gaben schon 23 % der Befragten „Heben/Tragen schwerer Lasten“ als Belastung an, typisch für das produzierende Gewerbe. Bei 53 % der Teilnehmer war permanentes Sitzen eine Belastung am Arbeitsplatz, was wiederum ein Kennzeichen der Dienstleistungsund Verwaltungsbranche ist (ebd.). Belastungen am Arbeitsplatz resultieren nicht nur aus körperlichen, sondern auch aufgrund von geistigen Tätigkeiten, die jeden Arbeitsplatz in unterschiedlichem Maße kennzeichnen (Griefahn 1996, Schlick et al. 2010). Ein Beispiel dafür ist die negative Auswirkung von Stress auf Rückenschmerzen (Stadler, 2010). Aus dem Unfallverhütungsbericht „Sicherheit und Gesundheit bei der Arbeit 2010 (Suga 2010)“ des Bundesministerium für Arbeit und Soziales (BMAS) und der Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin (BAuA) geht hervor, dass 14,7 % der Frühberentungen wegen verminderter Erwerbsfähigkeit durch „Muskel-Skelett-Erkrankungen“ verursacht werden. Nur psychische und „Verhaltensstörungen“ legen mit 39,3 % noch einen vor (ebd.).
Am richtigen Punkt ansetzen
Ein lohnendes Ziel für jedes Unternehmen und jeden einzelnen Mitarbeiter sollte es demnach sein, Muskel-Skelett-Erkrankungen vorzubeugen und die eigene Lebensqualität zu erhalten. Eine Vielzahl von Studien belegt, dass Maßnahmen der betrieblichen Gesundheitsförderung einen ökonomischen Nutzen bewirken können (Sockoll et al., 2008). Die Wirksamkeit von Rückenschulprogrammen scheint am ehesten für Programme am Arbeitsplatz gesichert zu sein (Sockoll et al., 2008). Ein zielführendes Präventionskonzept sollte gemäß der aktuellen Studienlage (ebd.) als multifaktorielles Programm aufgebaut sein.
Beispiel eines Konzepts zur Prävention von Muskel-Skelett-Erkrankungen
Die Deutsche Hochschule für Prävention und Gesundheitsmanagement (DHfPG)
hat im Rahmen der Initiative „Gesundheit im Betrieb“ ein Konzept zur Prävention von MSE in Baukasten-Form entwickelt, um eine möglichst hohe Flexibilität in der Umsetzung in verschiedenen Branchen gewährleisten zu können. Das DHfPG-Konzept basiert auf den Kriterien der Luxemburger Deklaration zur betrieblichen Gesundheitsförderung (ENWHP, 2007) sowie dem Leitfaden Prävention der gesetzlichen Krankenkassen gemäß § 20a SGB V. Durch die starke Individualisierung der praktischen Einheiten können erstmals Personen in das Konzept mit eingebunden werden, die erste Anzeichen für Rückenprobleme aufzeigen (z. B. regelmäßige Verspannungen, Kopfschmerzen oder Hexenschuss), und solche, die bereits akute Rückenprobleme (z. B. Bandscheibenvorfall oder akute Nervenentzündungen)
haben. Die klassische Rückenschule ist lediglich auf Personen ohne Einschränkungen ausgerichtet. Sollten sich potentielle Teilnehmer nicht sicher sein, ob sie an dem Konzept teilnehmen können, so kann der Betriebsarzt eingeschaltet werden – z. B. für eine Untersuchung nach dem Grundsatz G46 (DGUV, 2009). Weiter ist im Rahmen eines betrieblichen Eingliederungsmanagements (BEM) zu überlegen, ob die Teilnahme an einem solchen Kursprogramm in einzelnen Fällen nicht unterstützend wirken kann.
Weitere Informationen
Das DHfPG-Konzept zur Prävention von Muskel-Skelett-Erkrankungen ist ein flexibles Konzept, das durch das Baukasten-System auf die individuellen Bedürfnisse der einzelnen Unternehmen angepasst werden kann. Das Konzept inklusive Konzept-Handbuch, Trainer-Leitfaden und aller relevanten Arbeitsmaterialien kann im Anschluss an den IHK-Zertifikatslehrgang „Fachkraft für Betriebliches Gesundheitsmanagement (IHK)“ oder den Aufbau-Lehrgang „Berater für Betriebliches Gesundheitsmanagement“ erworben werden.
Eine vollständige Literaturliste kann angefordert werden unter: presse(at)dhfpg-bsa.de
Den kompletten Artikel finden Sie als Download im Pressespiegel downloaden.
Quelle: www.dhfpg.de