Besuchern der Karriereseiten durchs Netz folgen
AdTech – digitale Werbelösungen – machen es möglich: Besucher einer Karriereseite, die ohne Bewerbung wieder verschwinden oder den Bewerbungsprozess abbrechen, sind nicht unbedingt für einen Arbeitgeber verloren. Mit Retargeting können sie immer wieder gefunden und angesprochen werden – allerdings müssen Recruiter dafür deren Interessen und Bedürfnisse im Blick haben.
Wenn sich Personaler untereinander austauschen, klingt das mittlerweile häufig so, als gehe es um schwergehütete Familienrezepte. Das gilt auch für Erfolgsrezepte im Recruiting. Kein Vortrag, kein Kongress, kein Branchentreff, auf dem nicht das fordernde Thema der Fachkräftesuche und der Besetzung neuer Stellen auftaucht.
So auch im aktuellen Fall eines mittelständischen Unternehmens aus Baden-Württemberg. Seit anderthalb Jahren werden hier bedingt durch den Generationswechsel und kontinuierlich gute Auftragslage mit Spitzenzeiten verstärkt Mechatroniker, Ingenieure, Elektriker und IT-Fachleute für die drei Firmenstandorte gesucht, wobei einer der Standorte im ländlichen Bereich angesiedelt ist. Das Unternehmen hat – gesteuert durch die Personalabteilung – eine umfangreiche Karriere-Rubrik auf der eigenen Website integriert. Zusätzlich werden offene Stellen auch über andere Kanäle wie Stellenanzeigen, Portale und in der lokalen bis hin zur überregionalen Presse im DACH-Raum platziert. Diese Maßnahmen decken jedoch in der Regel nicht den Bedarf, es lassen sich nicht immer genügend Bewerber finden und die langfristigen Investitionen in Jobportale sind mittlerweile relativ hoch. Retargeting kann im Fall dieses Mittelständlers also durchaus eine erfolgversprechende Lösung sein. Dafür kommen Banner zu Einsatz, die auf vielen verschiedenen Webseiten platziert werden – wo immer sich ein Internet-User bewegt, welcher vorher die Karriereseite des Unternehmens besucht hat.
So funktioniert Kandidaten-Retargeting
Beim Kandidaten-Retargeting geht es darum, mit potentiellen Kandidaten in Kontakt zu bleiben, auch wenn sie nach dem Besuch der Karriereseite nicht direkt eine Bewerbung eingereicht haben. Dafür werden Interessenten per Cookie markiert. Sobald er beim Surfen im Internet auf einer anderen Seite erkannt wird, kann das Unternehmen ihm Banner mit entsprechenden Angeboten einblenden. Die Stellenanzeigen werden also basierend auf User-Aktivitäten ausgespielt. Ein Kandidat, der die Karrierewebsite besucht hat, erhält dann im Laufe seiner Surfaktivitäten im Netz verschiedene Werbeanzeigen. Das hat zwei verschiedene Vorteile: Potenzielle Bewerber werden immer wieder an das besuchte Unternehmen erinnert und zudem mit passenden Jobangeboten oder weiteren Informationen zu Vorteilen und zum Angebot des Arbeitgebers versorgt.
Hohe Absprungraten abfangen
Im Fall einer Hotelkette mit 100 Hotels in Deutschland, Österreich und der Schweiz sucht die HR-Abteilung für die verschiedenen Standorte immer wieder neue Mitarbeiter in unterschiedlichen Bereichen: Köche, Servicekräfte, Rezeptionisten, Techniker etc. Die Kette pflegt zwar ihre Karriereseite im Web, die auch zuverlässig Bewerbungen generiert. Allerdings ist die Absprungrate relativ hoch, weil viele Erstbesucher die Seite ohne Bewerberaktivität verlassen. Im Rahmen einer Retargeting-Kampagne werden alle Besucher auf der firmeneigenen Karriere-Website markiert. Dann bekommen sie verschiedene Banner über einen längeren Zeitraum ausgespielt. Auf Wunsch können Unternehmen bei der Markierung von Seitenbesuchern auch ein Finetuning vornehmen, damit zum Beispiel Besucher in der Rubrik Gastronomie auch nur vakante Gastro-Jobs vorgeschlagen bekommen und keine Angebote für den technischen oder logistischen Bereich erhalten.
Die Kampagne läuft in diesem Fall über einen Zeitraum von einem Jahr und länger und hat die Aufgabe im kontinuierlichen Kontakt mit ehemaligen und neuen Seitenbesuchern zu bleiben. Das Motto der Kampagne: „Wenn heute vielleicht keine Bewerbung erfolgt – dann zu einem anderen Zeitpunkt, der besser in die Lebensplanung passt!“
Wie lässt sich der Effekt messen?
Idealerweise laufen Retargeting-Kampagnen über einen Zeitraum von mehreren Monaten bis zu einem Jahr. Die Größe und Dauer kann dabei flexibel gehandhabt werden, so wie auch das Budget. Empfehlenswert sind für Retargeting allerdings Kampagnen ab 100.000 Einblendungen über einen längeren Zeitraum.
Der Erfolg wird dabei folgendermaßen gemessen: Zum Start werden die Besucherzahlen der Firmenwebsite beziehungsweise der Rubrik Jobs/Karriere mit der Anzahl der eingehenden Bewerbungen abgeglichen. Dieses Verhältnis wird zum Kampagnen-Ende – und idealerweise auch regelmäßig zwischendurch – erneut überprüft. Dabei sollte der Wert eine deutliche Steigerung zeigen.
Noch einmal zum Beispiel unseres Mittelständlers. Der konnte die Bewerberquote innerhalb von vier Monaten um 30 Prozent erhöhen und vakante Stellen auch kurzfristig besetzen. Zudem gab es hier noch den Nebeneffekt, dass im Rahmen der Stellenkampagnen auch weitere Assets des Arbeitgebers kommuniziert wurden, wie Firmenkindergarten, Dienstwagen, Altersvorsorge, Gesundheitsangebote und Unterstützung bei familiärer Mehrfachbelastung. Das zahlt auf die Arbeitgebermarke ein. Hinzu kommen Aspekte die für Bewerber besonders relevant sind wie Jobsicherheit, Zuverlässigkeit, regionales Engagement.
Fazit
Mit Retargeting können Unternehmen die Anzahl der Bewerbungen erheblich steigern – wenn sie dabei die Bedürfnisse und Interessen ihrer Zielgruppen im Blick haben. Wer potenzielle Bewerber immer wieder anspricht, muss die Relevanz und Passung seiner Angebote im Blick haben. Dann liefert diese Strategie Kandidaten immer wieder Reminder und wertvolle Infos, die nicht zuletzt auf das Employer Branding einzahlen.
Autor: Hans Diegruber ist seit über 20 Jahren im Fachbereich Human Resources tätig. Als HR Consultant war der gebürtige Salzburger bereits bei namhaften Unternehmen, darunter Sony DADC und bwin, im Einsatz. Mit seiner Online Marketing Agentur B2B Insider unterstützt Diegruber seit 2009 HR Anbieter bei der Leadgenerierung und im Content Marketing. Um dem Fachpublikum einen unkomplizierten Zugang zu frischen Ideen für ihre Aufgaben und Projekte zu ermöglichen, hat er 2018 die Online Fokus Konferenzen ins Leben gerufen.