Erfolgsfaktoren informeller Netzwerke

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Foto von AllGo – An App For Plus Size People

Wenn nun das Unternehmen informelle Netzwerke als hilfreich erachtet und
fördern möchte, müssen folgende Faktoren beachtet werden:

1. Gelegenheiten zum persönlichen Treffen schaffen. Gelegenheiten schaffen Kontakte.
    Die Kontakte sind die Basis für den Wissensaustausch.

2. Kulturelle Barrieren abbauen. Die Wissensträger durch interkulturelle Trainings und
    spezifische Sprachkurse dabei unterstützen, ungezwungen und unter Nutzung der
    Freiräume Wissen auszutauschen.

3. Freiräume zum Wissenstransfer geben. Veranstaltungen mit einem engen Programm
    ohne persönliche Freiräume für die Teilnehmer verhindern Gelegenheiten zum
    Kennenlernen und Austausch.

4. Eine adäquate Infrastruktur zur Verfügung stellen, damit ein Wissens-Flow entstehen
    kann und der Aufwand zum Wissensaustausch so wenig Energie wie möglich verschlingt.
    Allerdings bewirkt die  Einführung eines Softwareprogramms allein noch keinen
    Wissensaustausch. Die Akteure müssen es auch nutzen wollen, sie müssen auch
    Wissensaustausch betreiben wollen.

5. Fragen erlauben. Dabei gibt es keine dummen oder peinlichen Fragen. Zeitnah die Fragen
   der Kollegen zu beantworten, ist wichtig. Diese Selbstverständlichkeiten müssen gelebt und
   von den Verantwortlichen in der Organisation vorgelebt werden.

Wir haben auf Grundlage einer netzwerkanalytischen Untersuchung der Struktur, Funktionsweise und der Besonderheiten von informellen Wissensnetzwerken in unserem Unternehmen Hypothesen überprüft und nach den konkreten Aktionen geforscht, die uns noch schneller und noch besser machen können (vgl. Abb. 1).

Fuchs ist ein global operierender Konzern, der weltweit Schmierstoffe und verwandte Spezialitäten entwickelt, herstellt und vertreibt. Das seit 2008 im MDAX gelistete Unternehmen wurde im Jahr 1931 als Familienunternehmen in Mannheim gegründet.  Auch als international agierender Konzern ist Fuchs nach wie vor in seinen Ursprüngen verwurzelt. Doch bei heute über 4.100 Mitarbeitern weltweit stoßen wir an die Grenzen der Übersichtlichkeit. Wenn es nicht mehr reicht, ausreichend lange im Unternehmen zu sein, um alle Kollegen zu kennen, taucht die Frage auf, wie man das Wissen der Kollegen transparent und zugänglich machen kann?

Analyse informeller Netzwerke

Die dazu in einem gut abgrenzbaren Teilbereich unserer Organisation
durchgeführte Studie hat zum Teil erstaunliche Ergebnisse gebracht:

1. Informelle Wissensnetzwerke sind schnell. Sie erhöhen die Reaktionsgeschwindigkeit
    der Organisation bei geringem Ressourceneinsatz.

2. Informelle Wissensnetzwerke werden nicht dadurch gestärkt, dass sich die Akteure
    sympathisch sind. Man muss keine Freundschaft fürs Leben schließen, um in einem
    informellen Netzwerk Wissen auszutauschen.

3. Die kulturelle Ähnlichkeit der Akteure erhöht die Wahrscheinlichkeit der Kontaktaufnahme.

4. Gelegenheiten schaffen Kontakte und transferieren dadurch Wissen. Sie sind zentral
    für die Bildung von informellen Wissensnetzwerken.

5. Spezifisches Wissen ist meist nicht breit gestreut, sondern konzentriert sich auf Wenige.
    Diese Wissensträger müssen so in das Netzwerk eingebunden sein, dass möglichst
    viele Personen Zugang zu ihnen haben.

6. Der Versuch, Wissen gleichmäßig zu verteilen ist zum Scheitern verurteilt. Wissen ist
    keine Ware, die beliebig getauscht oder verteilt werden kann. Statt Wissen zu verteilen,
    muss der Zugang zum spezifischen Wissen erleichtert werden.


Formelle und informelle
Wissensnetzwerke im Unternehmen

Formelle Strukturen sind wichtig, um die generelle Funktionsfähigkeit einer Organisation sicherzustellen. Wissensträger können jedoch eine zentrale Bedeutung in einer Organisation besitzen, die nicht ihrer formalen Rolle bzw. Hierarchie entspricht. Daher greift eine alleinige Betrachtung der formalen Gegebenheiten und Netzwerkstrukturen zu kurz. Im Hinblick auf die immer größer werdende Komplexität und Dynamik, der sich Organisationen stellen müssen, kann eine Analyse der informellen Netzwerke wertvolle Hinweise auf Handlungsfelder im Wissenstransfer geben:

>> Welches sind die Besonderheiten eines
     informellen Wissensnetzwerks?

>> Was kann ein Unternehmen tun, um neben
     der formellen Organisationsstruktur
     ein informelles unterstützendes Netzwerk aufzubauen?
>> Welche Faktoren fördern ein informelles Wissensnetzwerk?

             “Informelle Wissensnetzwerke
       
erhöhen die Reaktionsgeschwindigkeit
                       der Organisation.”

Netzwerk-Intelligenz gezielt entwickeln

Eines der ersten formalen Netzwerke kam 2011/2012 mit der Implementierung einer weltweiten Talentgruppe zustande. Ein Nebeneffekt war dabei, dass sich die Organisation neben der Bedeutung von Netzwerken auch mit deren Auswirkungen auseinandersetzen musste. Neben der Festigung einer lernenden Organisation kam das Interesse an der Entwicklung hin zu einer Netzwerk-Intelligenz.

Parallel zum Unternehmensalltag gewinnen soziale Netzwerke auf Basis von Internetplattformen immer größere Bedeutung. Auch in unserem Unternehmen existierten verschiedenste Netzwerke, die aber nicht einfach zu benennen sind. Es gibt weder einen Netzwerkverantwortlichen, noch einen Chefnetzwerker, und schon gar keine Mitgliederliste. Es gibt kein formelles Budget und auch kein Jahresziel, das in diesen Netzwerken erreicht werden soll. Und dennoch waren wir überzeugt, dass diese Netzwerke einen positiven Beitrag zum Unternehmenserfolg leisten, indem sie das spezifische Wissen von Einzelnen dorthin transportieren, wo dieses Wissen gerade gebraucht wird. Wie kann ich nun ein Netzwerk fördern, das ich als hilfreich einschätze, das ich aber nicht greifen kann? 

Foto: Beate Borkenfels | pixelio.de

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Fuchs Petrolub SE-Beitrag lesen: ab Seite 174 ff.